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2150 PAPIER-ZEITUNG Nr. 64/1914 falle Sprengstoffe für Armee und Marine hergestellt werden. Wenn auch diese Annahme vielleicht irrtümlich ist, erscheint es ausgeschlossen, diese Verfügung rückgängig zu machen. Dies wäre übrigens für die Industrie auch deshalb bedeutungslos, weil inzwischen der Krieg Englands gegen Deutschland erklärt wurde und infolgedessen jeder Seeverkehr aufgehört hat. Die fürs Ausland bestimmten Papierstoffe dürften bei längerer Dauer des Krieges im Inland lohnende Verwendung finden. Fürsorge Die Firma Oscar Dietrich, Papierfabriken in Weißenjels a. d. Saale, gab am 2. August ihren Mitarbeitern bekannt, daß sie alles daran setzen werde, selbst unter den größten wirtschaft lichen Opfern, den Betrieb ihrer Werkanlagen während der Kriegszeit durchzuhalten, um nach Möglichkeit allen Beschäftigten Arbeit und Verdienst geben zu können. Die Familienmitglieder der mobilgemachten Beamten sollen bis auf weiteres einen entsprechenden Gehalt weiter gezahlt bekommen. Für die Familienangehörigen der zur Fahne berufenen Arbeiter stellt die Firma zur Unterstützung einstweilen 20 000 M. zur Verfügung. Der Arbeiterausschuß wird darüber beschließen, in welchem Maße die Unterstützungsbeträge zur Auszahlung kommen sollen. Anträge werden in den kaufmännischen Kontoren der Fabriken entgegengenommen. Verein der Zellstoff- und Papier-Chemiker Sommer-Versammlung am 23. Juni in der Bugra Fortsetzung zu Nr. 60 Nunmehr hielt Prof. Dr. Schwalbe seinen Vortrag über Das Harz der Nadelhölzer und die Entharzung von Sulfitzellstoffen (Nach Versuchen, von Dipl.-Ing. R. Sieber) Harzflecke im Papier, harzhaltige Sulfitzellstoffe sind ein leidiges, stets wiederkehrendes Thema der Briefkasten unserer Fachzeit schriften. Bei der großen Bedeutung dieser Harzfleckenfrage für die Zellstoff- und Papierfabrikation hielt ich es für angezeigt, durch systematische, wissenschaftliche Untersuchungen der eigentlichen Ursache der Harzflecke nächzuforschen und die Möglichkeiten für Verhütung und Beseitigung einer kritischen Prüfung auf Grund der wissenschaftlichen Erkenntnis zu unterziehen. Ich habe deshalb Herrn Dr. ing. Dipl.-Ing. Sieber veranlaßt, das Harz und seine Veränderungen in allen Stadien der Zellstofffabrikation, vom Holz bis zum fertigen Zellstoff, zu studieren. Es lag in wissenschaftlichem Interesse, die Untersuchung nicht nur auf Fichtenholz zu be schränken, sondern auch Kiefernholz zum Vergleich heranzuziehen. Beim Studium der Holzharze war zwischen dem Harz des gut gelagerten Zellstoffholzes und dem Harz des frisch gefällten Holzes zu unterscheiden. Letzteres konnte in seinen Eigenschaften von ersterem wesentlich abweichen, auch war es von großem Interesse, die Veränderungen ganz frischen Holzharzes beim Lagern kennen zu lernen. Auf meine Bitte hin ließ daher die Kgl. Regierung Ende Januar dieses Jahres Fichte und Kiefer für diese Untersuchung gesondert schlagen. Das Holz wurde sogleich nach der Fällung in die Papier- und Zellstoffabrik Sandow geschafft, wo die Firma Paul Steinbock in Frankfurt a. O. dankenswerterweise sogleich die Entrindung und Zerkleinerung in Hackspäne vornehmen ließ, so daß schon 5 Tage nach dem Fällen das Holz zur Untersuchung kommen konnte. Zunächst seien die Ergebnisse der Untersuchung des Harzes in gut gelagertem Holz mitgeteilt. Fichte gibt etwa 1 v. H., Kiefer 2,54 v. H. an Stoffen, die sich mit Aether und Alkohol ausziehen lassen. Es ist jedoch nicht gerechtfertigt, diese schlechthin als Harz zu bezeichnen, denn sie enthalten nicht weniger als etwa 50 v. H. Fett. Zwar war schon früher bekannt, daß diesem Harz etwas Fett aus dem Zellinhalt beigemengt sein muß; überraschend aber ist es, daß diese Fettmengen so groß sind. Das vorhandene Fett leitet sich vorwiegend von der Oelsäure ab, die mit Glyzerin verestert ist, daneben wurde die Reaktion auf Linolensäure erhalten, ein Befund ähnlich dem, den Bergström über die Zusammensetzung des sogenannten „Tallöls", der öligen Abscheidung der Natron zellstoffablaugen, veröffentlicht hat. Das im Harz-Fettgemisch enthaltene Harz ähnelt sehr dem gewöhnlichen Kolophonium. Zu größerem Anteil (60 v. H.) ist das Harz-Fettgemisch in Petroläther löslich, dieser Anteil scheint, wie unten noch auszuführen sein wird, der schädliche, die Harzflecke verursachende Anteil zu sein. Das in Aether bzw. in Petroläther lösliche Harz-Fettgemisch zeichnet sich physikalisch durch seine halbfette, fast ölige Beschaffen heit aus. Das in ihm vorhandene Fett ist die Ursache dieses Aggregat zustandes, denn scheidet man Harz und Fett, so erhält man öliges Fett und brüchiges, hartes Harz. Nach älteren Autoren ist das Terpentin ein wesentlicher Be standteil des Holzharzes. Bei der Prüfung auf Terpentin ergab sich aber, daß weder durch Wasserdampfdestillation noch durch Vakuum destillation aus dem Holzharz des gelagerten Holzes Terpentin abgeschieden werden konnte, und zwar weder bei Fichte, noch bei Kiefer. Letztere ergab jedoch bei der alkalischen Kochung kleine Mengen von Terpentin, ein Befund, auf den bei Besprechung des frischen Holzharzes noch zurückzukommen sein wird. Unterwarft man das Holzharz einer langdauernden (150 Stunden) Trocknung, so erfährt es in seiner konstanten und auch in seiner physikalischen Beschaffenheit nur noch geringfügige Aenderungen, ebensowenig sind wesentliche Aenderungen durch Einwirkung von verdünntem Chlor, Stickoxyd oder Ammoniak zu erreichen. Es hat demnach das Harz-Fettgemisch im normal gelagerten Holz schon den Beharrungszustand im wesentlichen erreicht. Vergleicht man nun die Eigenschaften eines aus ganz frisch gefälltem Holz ausgezogenen Harz-Fettgemisches mit denen des eben geschilderten gelagerten Holzharzes, so ergibt sich zunächst in der Menge eine Abweichung. Das ganz irische Holzharz wird aus der Fichte zu 1,6 v. H. gegen 0,98 v. H. beim gelagerten Holz genommen, für die Kiefer sind die entsprechenden Zahlen 4,9 gegen 2,54. Auffällig ist ferner die hohe Petrolätherlöslichkeit des frischen Harzes: 90 v. H. gegen 68 v. H.; charakteristisch auch die höhere Jodzahl, die geringere Säurezahl. Die Veränderung des frischen Harzes geht, wenn das Holz sich in Form von Hackspänen befindet, außerordentlich rasch vor sich. Es wurde das Holz im Freien gelagert, nur gegen Regengüsse bzw. Schnee über Nacht, wenn nötig am Tage, abgedeckt und nach 24 Stunden, 3, 10 und 17 Tagen Harz auszüge hergestellt und untersucht. Nach 17 Tagen nähern sich die Konstanten schon denen des Harzes aus gut gelagertem Holz. Es wird also in Hackspanform in 2—3 Wochen ein Lagerungseffekt erreicht, zu dem in Stammform etwa 2 Jahre nötig sind. Den oben geschilderten chemischen Veränderungen des frischen Holzharzes entsprechen gewisse physikalische: das Harz-Fettgemisch wird dick flüssiger, erhärtet allmählich, ein Vorgang, der bei der Fichte leichter eintritt als bei der Kiefer. Sehr merkwürdig verhielt sich das frischgefällte Holz bei der Untersuchung auf Terpentin. Nämlich geradeso wie beim alten Holz war Terpentin im Aetherauszug nicht nachweisbar, obwohl Terpentin sich in Aether spielend löst. Dagegen ließ sich durch alkalische Kochung bei 170—1 80° und 7—8 at aus frischer Fichte 0,1, aus frischer Kiefer 0,8 v. H. Terpentin abspalten. Es erfährt dem nach die alte Erfahrung der Praxis, daß man das Terpentin erst bei 170 abtreiben kann, eine Bestätigung. Diese Temperatur ist not wendig, obwohl Terpentin an und für sich mit Wasserdämpfen flüchtig ist. Man muß demnach annehmen, daß Terpentin erst bei dieser hohen Temperatur und diesem hohen Druck durch Alkali wirkung aus dem Holz abgespalten wird, wofür auch spricht, daß man aus einem Holz, das mit Aether erschöpfend ausgezogen ist, bei der Alkali-Druckkochung noch Terpentin abspalten kann. Weitere Untersuchungen betrafen das Verhalten des Harzes im Kochprozeß. Es war die Frage zu beantworten, ob in irgend einem Stadium des Kochprozesses Harz in Lösung geht. Anlaß zu dieser Untersuchung boten die Angaben eines amerikanischen Patentes von Clark, wonach in einem gewissen Kochstadium die oberen Laugenschichten im Kocher reicher an Harz sind als die unteren Bodenschichten, derart, daß man durch teilweises Ablassen der Kochlauge einen größeren Anteil des Harzes beseitigen könnte. Bei der Nachprüfung, im kleinen Versuchskocher nur, konnte eine Anreicherung der Lauge nicht konstatiert werden, allerdings konnte schichtweises Ablassen der Lauge bei diesem Kocher nicht durch geführt werden, sondern es war notwendig, die Kochung nach gewisser Zeit vollständig zu unterbrechen und die Lauge auf Harz gehalt zu prüfen. Es wurden 5 Kochungen von 1, 3, 5, 7 und 9 Stunden Dauer durchgeführt. Bei den dreistündigen und fünf stündigen Kochungen war ein ganz geringfügiges Ansteigen der gelösten Harzmenge zu beobachten; maximal betrug aber diese gelöste Menge nur 10 v. H. des Holzharzes. Nach diesen Versuchen ist es also wenig wahrscheinlich, daß etwa durch Wirkung der ge lösten Zucker- oder anderer kolloider Stoffe Harz in Lösung oder wenigstens Emulsion gerät. Völlige Sicherheit könnte nur die fort laufende Untersuchung auf Harz an einem großen Kocher bringen, und zwar Lauge aus verschiedenen Höhenlagen. Das Ergebnis vorstehend skizzierter Versuche bestätigt die schon länger bekannte Angabe, daß die Sulfitlauge fast gar kein