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Die Buchbinderei auf der Bugra Einen nicht unwesentlichen Teil des graphischen Gewerbes bildet die Buchbinderei, welche vielen Erzeugnissen die letzte Form und damit ihren Marktwert gibt. Die Firmen des Buch bindereifaches haben große Anstrengungen gemacht, würdig auf der Bugra zu bestehen. Wohl noch auf keiner Ausstellung wurde die Buchbinderei so großzügig, fesselnd und belehrend vorgeführt, wie diesmal in Leipzig. Auch waren in keiner Aus stellung so viele schöne Arbeiten zu sehen wie hier. Das Jahr 1914 wird daher ein Markstein in der Geschichte des Buch einbandes sein. Die seit einigen Jahren herrschende kunst gewerbliche Bewegung ließ voraussehen, daß die Buchbinderei auf der Bugra im Zeichen des künstlerischen Handeinbandes als Qualitätsarbeit stehen würde, im Sinne des deutschen Werk bundgedankens. Am deutlichsten tritt dies bei einigen Leipziger Großbuchbindereien zutage, welche ihren Betrieben besondere Abteilungen für handgearbeitete Bucheinbände angegliedert haben und mit ihren vornehm ausgestatteten Ausstellungs kojen, gefüllt mit wunderschönen Arbeiten, eigentlich eine Gruppe für sich bilden. Sie bieten dem Kleinmeister als Kunstbuchbinder zwar heftigen, aber edlen Wettbewerb. Durch das innige Zu sammenwirken von Buchkünstlern und Kunstbuchbindern wurden Arbeiten geschaffen, wie sie schöner selbst in der höchsten Blüte zeit der Einbandkunst nicht entstanden sind. Aehnliches darf man von den übrigen deutschen Kunstbuchbindern behaupten, welche sich im Jakob-Krause-Bund zusammengeschlossen haben. Auch hier ist sehr zu begrüßen, daß vielfach Künstler für den Entwurf hinzugezogen wurden. Es war mit Rücksicht auf die Bugra ein glücklicher Gedanke der deutschen Kunstbuchbinder, sich zusammenzuschließen. Erstens wurde erst dadurch er möglicht, in solchem Umfange auszustellen, und zweitens wurde der Gesamteindruck geschlossener. Keinem Besucher wird die lange Reihe beiderseitig angeordneter, weißgestrichener Vitrinen entgehen können, welche die Arbeiten der ausstellenden Bundes mitglieder enthalten. Es ist nicht zu leugnen, daß man recht gerne einzelne Arbeiten vermissen möchte, doch offenbart sich dies nur dem Kenner und stört deshalb den guten Gesamt eindruck nicht. Der Jakob-Krause-Bund darf sich zu diesem ersten Auftreten beglückwünschen. Den Verlegereinband, soweit er Erzeugnis des maschinellen Großbetriebes ist, sieht man außer bei den ausstellenden Groß buchbindereien am besten in Gruppe XII, der Ausstellung deutscher Verleger. Hier herrscht das gebundene Buch vor, wie es überhaupt Gepflogenheit der deutschen Verleger im Gegensatz zu denen des Auslandes ist, ihre Werke gebunden auf den Markt zu bringen. Hierauf beruht auch nicht zuletzt die unverkennbare Ueberlegenheit der deutschen Großbuch binderei über die des Auslandes, sowohl in der Technik als auch im Geschmack. Besonders die Erzeugnisse der letzten 5 Jahre zeigen deutlich den Einfluß der kunstgewerblichen Bewegung unserer Zeit. Auch in Gruppe V (Der Kaufmann) wird die Buch binderei durch mehrere Geschäftsbücherfabriken vornehm und gut vertreten. Bemerkenswert ist auch hier die Mitarbeit von Künstlern, die sich hauptsächlich bei der Ausstattung von großen Hauptbüchern betätigt hat. Man ist überrascht, wie feinsinnig der ernste Charakter eines Geschäftsbuches im Entwurf zutage tritt. Die deutschen Buchgewerbekünstler stellen ebenfalls im Rahmen ihrer Vereinigung geschlossen aus und zwar in der Halle der Kultur. Für diese Ausstellung gilt das schon vorher über die deutschen Buchgewerbekünstler Gesagte. Die Ausführung der Arbeiten ist meist sehr gut, nur die von einem namhaften Stuttgarter Künstler ausgestellten Mappen in Handarbeit sind technisch leider recht schlecht. Die Buchbinderei als Kleinbetrieb ist bedauerlicherweise sehr spärlich vertreten. 12 Leipziger Meistern gebührt die Ehre, die deutsche Kleinbuchbinderei zu vertreten, was diesen be sonders hoch angerechnet werden muß. Angesichts dieser Tat sache fragt man sich unwillkürlich: Wo bleibt die übrige deutsche Kleinbuchbinderei? Lag es an der Höhe der Platzmiete oder hat man die Bedeutung der Ausstellung so wenig gewürdigt? Hier hätte doch der Bund deutscher Buchbinderinnungen ein reiches Feld zur Betätigung gehabt. An Platz hat es sicher nicht gefehlt. Sollte es denn nicht möglich gewesen sein, statt der verschiedenen Verkaufsstände für die unvermeidlichen Fensterputzapparate, Kreisel u. dgl. die deutsche Kleinbuch binderei zu einer Gesamtausstellung zu vereinen ? Es brauchten ja keine Kunst einbände zu sein, sondern solide, saubere Brot arbeit, Bibliothekseinbände, Geschäftsbücher, Mappen usw. Ich glaube, bei geeignetem Vorgehen der Bundesleitung und etwas gutem Willen der Ausstellungsleitung hätte man etwas schaffen können. Dann wäre die deutsche Kleinbuchbinderei gegenüber der Großbuchbinderei, welche in der Maschinenhalle III sogar einen ständig arbeitenden Betrieb vorführt, nicht gar so sehr zurückgetreten. Wie sich die Frau in der Buchbinderei betätigt, wird im Haus der Frau gezeigt, in welchem der Letteverein auch eine kleine Buchbinderei vorführt. Die in demselben Raume ausgestellten Arbeiten verschiedener Damen zeigen zum Teil recht gute Technik. Auf wie hoher Stufe der fachliche Unter richt in Deutschland steht, sieht man in der Ausstellung „Buch gewerblicher Unterricht”. Mehrere Buchbinder-Fachschulen und Kunstgewerbeschulen mit Buchbinderklassen zeigen, was auf diesem Gebiete in den letzten Jahren geleistet wurde. Die Buchbinderklasse an der Akademie für graphische Künste zu Leipzig stellt gesondert im sächsischen Staatsgebäude aus; hier sind auch die verschiedenen Arbeitsgänge eines Hand- einbandes in sehr lehrreicher Weise zu sehen. Die historische Buchbinderei verarbeitet in der Haynsburger Papiermühle zusammen mit einer historischen Schriftgießerei und Buch druckerei das in der Mühle hergestellte Papier. Nun zur Buchbinderei des Auslandes: Oesterreich zeigt, daß auch dort die kunstgewerbliche Bewegung in der Buch binderei Fuß gefaßt hat. Die Arbeiten sind im allgemeinen vorzüglich ausgeführt. Eine Wiener Geschäftsbücherfabrik fällt besonders vorteilhaft auf. Auch die Ausstellungen mehrerer Buchbinderfachschulen beweisen einen gut geleiteten Fach unterricht. Rußland ist in buchbinderischer Beziehung nur insofern bemerkenswert, als eine Menge kostbarer historischer Einbände aus verschiedenen Sammlungen vorgeführt werden. England bewahrt seinen alten guten Ruf, jedoch sind die Einbände für unsern Geschmack zum großen Teil viel zu protzig und überladen, mit Edelsteinen manchmal wie besät. Frankreich ist sehr konservativ in der Dekoration seiner Bucheinbände. Die französischen Kunstbuchbinder verfügen über tadellose Lederstoffe. Die Einbände sind durchweg reich geschmückt, vielfach ohne Anwendung von Gold und in der Farbe von wunderbarer Harmonie. Bemerkenswert sind die reichen Verzierungen der inneren Deckelseiten im Gegensatz zu der dann meistens einfachen Behandlung des Aeußeren. Sämtliche Arbeiten zeigen unvergleichlich genaue Technik. Italien ist besonders tüchtig in Pergamentbänden und im Nach bilden historischer Einbände, auch eine gut geleitete Fachschule zeigt ihre Leistungsfähigkeit. Von den im Staatengebäude ausstellenden Ländern Spanien, Schweiz, Schweden, Niederlande und Dänemark zeigt be sonders das letzte in wirkungsvoller Form die Leistungen seiner Kunstbuchbinder. Man sieht hier nur erstklassige Arbeiten, zum Teil schon bekannt von früheren Ausstellungen. Eine besonders beliebte Technik ist die Lederintarsia, die man nicht oft in so tadelloser Ausführung zu sehen bekommt. Die Buchbinderei-Ausstellungen werden ergänzt durch die in der Maschinenhalle I untergebrachten, teilweise in Betrieb befindlichen Buchbindereimaschinen. Die Bugra beweist, daß Deutschland in der Buchbinderei an der Spitze marschiert. Die Ueberlegenheit der deutschen Großbuchbinderei ist schon längere Zeit bekannt, die der deut schen Kunstbuchbinderei ist jedoch erst neueren Datums und muß besonders hervorgehoben werden, umsomehr als ihre Er arbeitung große Opfer erfordert hat. Denn leider gibt es in Deutschland noch allzuwenig Liebhaber und Käufer für das schöne Buch im Gegensatz zu Frankreich und England. Wenn noch vor kaum 20 Jahren englische Einbandverzierungen und französische Technik zum Vorbild dienten, so gehen heute die deutschen Kunstbuchbinder eigene Wege, und auch in der Schön heit der Technik sind sie dem Ausland ebenbürtig. H. N. Erhöhung der Buchdruckpreise in Schweden. Die Buchdrucker kammer und die Ortsabteilungen des schwedischen Buchdrucker vereins in Stockholm, Göteborg und Malmö teilen durch Anzeigen und Rundschreiben mit, daß sämtliche Buchdruckereien Schwedens genötigt sind, Preiserhöhungen für Buchdruckarbeit jeder Art vor zunehmen, da der an Stelle des abgelaufenen am 1. Juli eingegangene neue Reichstarifvertrag für alle typographischen Arbeiter erhebliche Lohnerhöhungen bringt und dadurch die Arbeitskosten in gewissen. Fällen um bis zu 25 v. H. steigert, bg.