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Nr. 63/1914 Mehrlieferung im Buchdruckgewerbe Die Handelskammer zu Bochum hat sich auf die Anfrage einer Stadtverwaltung, ob bei Bestellung von Büchereikatalogen zum fest verein barten Preise ein Gebrauch besteht, wonach die Druckerei berechtigt ist, 5—10 v. H. der bestellten Exemplare mehr zu liefern, gegen besondere Vergütung, die nach dem ver einbarten Preise anteilmäßig berechnet wird, in einem ausführlichen Gutachten wie folgt ausgesprochen: „Bei Drucksachen einfacher Ausführung besteht im all gemeinen im Buchdruckgewerbe kein Handelsbrauch, wonach der Besteller Mehrabdrücke über die bestellte Zahl hinaus zu einem anteiligen Preise abzunehmen hat, wenn auch Schwan kungen der Auflage nach oben oder unten gelegentlich vorkommen. Eine Mehr- oder Minderlieferung bis zu 10 v. H. ist dagegen zulässig, wenn es sich um besonders schwierige (z. B. Farben- und Illustrationsdrucke) handelt oder um solche Arbeiten, bei denen das Papier besonders anzufertigen ist; in diesem Falle behält sich nämlich der Papierfabrikant nach den Bedingungen des Deutschen Papierfabrikanten-Vereins die Lieferung eines Mehr- oder Mindergewichts bis zu 10 v. H. vor. Bei Farben drucken ist stets mit einer größeren Zahl Fehldrucke zu rechnen. Der deutsche Buchdruckerpreistarif über Geschäftsbräuche im Verkehr mit den Auftraggebern, die sich hauptsächlich auf den Verkehr zwischen Verlegern und sogen. Lohndruckereien, die das Papier zu einer Drucksache nicht mitliefern, beziehen, bestimmt in § 15: „Die vorgeschriebene Auflage muß von der Buchdruckerei voll abgeliefert werden, sofern sie über den nötigen Zuschuß verfügen konnte. Zu einer Mehrlieferung über die bestellte Auflage hinaus ist die Firma nicht verpflichtet. Bei Farben- oder besonders schwierigen Drucken ist ein Mehr- oder Minderergebnis oft unvermeidlich und bis zu 10 v. H. zulässig. Die Berechnung desselben erfolgt durch Zu- oder Abrechnung des Fortdruck- und Papierpreises. Die Berechnung der Mehr- oder Minderlieferung erfolgt also nicht „anteilmäßig” nach dem vereinbarten Preise, sondern nach der mehr verbrauchten oder der ersparten Arbeitszeit für Druck- und Buchbinderarbeit und nach dem Mehr- oder Minderverbrauch an Papier. Die Satzkosten, die oft den über wiegenden Teil des vereinbarten Preises aus machen, sind also sowohl bei der Minder- wie bei der Mehrlieferung außer Betracht zu lassen.” W. Verpackung von Wellpappe Ich lieferte einem Kunden 5000 Stück Wellpapptafeln 25 x 70 cm groß. Diese 5000 Stück nahmen ziemlich bedeutenden Raum ein und mußten in 6 großen Ballen versandt werden, da diese Ballen weit befördert werden mußten. Ich berechnete meinem Kunden für Verpackung 75 Pf. auf jeden Ballen, insgesamt 4 M. 50 Pf. Heute schreibt mir mein Kunde, daß er ablehnt, die Verpackungsspesen zu tragen. Ist er verpflichtet, die Verpackung zu bezahlen ? Er schreibt, daß ihm von der Konkurrenz niemals Verpackung berechnet worden sei, auch wäre in meinem Angebot nichts davon erwähnt worden. Die Verpackung bestand aus drei Lagen starken Packpapiers. Großhandlung Gutachten einer Wellpappenfabrik: Einen Handelsbrauch, welcher die Berechnung der Verpackung bei Wellpappe regelt, gibt es nicht. Es wird vielmehr in allen Angeboten, sofern Ver packung in Frage kommt, was beispielsweise bei Rollen nicht der Fall ist, ausdrücklich gesagt, ob die Verpackung frei ist, ob sie berechnet oder bei Rücksendung zum vollen Werte oder zu einem Teil desselben gutgeschrieben wird. Es kommt somit lediglich auf die Vereinbarung an, die bei Abschluß des Ge schäftes getroffen worden ist. Alles dies bezieht sich indessen nur auf Lein wandpackung. Nun geht aus der Anfrage hervor, daß der Lieferant die Wellpapptafeln nur in Papier verpackt hat. In diesem Falle würden wir von einer Berechnung absehen und glauben, daß auch unsere Mitbewerber ebenso verfahren würden. Denn wenn die Verpackung berechnet werden soll, so kann nur Leinwand packung in Frage kommen und kein Papier. Durch fortgesetzte Diebstähle hatte ein verheirateter Ausgeher Johann D. aus Nürnberg seinen Geschäftsherrn, den Buchdruckerei besitzer J. L. Stich in Nürnberg schwer geschädigt. Er schleppte nach und nach größere Mengen Schriftmetall, darunter noch völlig unge brauchte Schriften, Messinglinien und Ausfüllmaterial aus dem Hause. Nach der eigenen Schätzung des Bestohlenen stellte dieses Material einen Mindestwert von 5000 M., von einer Metallgroßhandlung konnte er 372 kg wieder erlangen, doch haben diese nur noch Metall- wert, zu Druckereizwecken sind sie nach der erfahrenen Behandlung nicht mehr verwendbar. Sein Hauptabnehmer, dem er wenigstens 7 bis 8 Ztr. Metall zuschleppte, war der 67 Jahre alte verheiratete Altmetallhändler K. von Nürnberg, der vor nicht langer Zeit wegen gewerbsmäßiger Hehlerei zu 1 Jahr Zuchthaus verurteilt worden ist. K. zahlte D. für das Pfund Schriftmetall 11, für Messingmaterial 30 Pf. Um sich den Rücken zu decken, verlangte K. eines Tages eine schriftliche Bestätigung, daß D. zum Verkauf des Metalls be rechtigt sei. Nichts leichter als das, dachte dieser, und fertigte sich selbst eine Bestätigung an, in der er einen falschen Namen einsetzte und eine gar nicht bestehende Firma als Ausstellerin eintrug. D. legte ein unumwundenes Geständnis ab, der K. will in gutem Glauben an unbedenkliche Herkunft das Metall gekauft haben. D. wird zu einem Jahr Gefängnis, K. neuerdings wegen gewerbsmäßiger Hehlerei zu 1 Jahr und 2 Monaten Zuchthaus verurteilt. Beide verlieren die bürgerlichen Ehrenrechte auf je 3 Jahre und werden sofort in Haft genommen. Ha. Heimatschutz und Reklame Auf die Außenreklame war man noch bis vor kurzem schlecht zu sprechen, weil diejenigen, die sich der Außenreklame bedienten, in der Auswahl ihrer Reklamemittel nicht immer sehr glücklich waren. Man beachtete eben in den Kreisen der Reklamehersteller und -Verbraucher zu wenig die Gesetze der Aesthetik und stellte Schilder in die Landschaft, die statt zur Kauflust anzuregen, den Beschauer ärgerten. Glücklicherweise vollzieht sich hierin ein Wandel, dank dem Zusammenschluß der Reklamemacher und dem Wirken des Verbandes der Plakat-Industriellen, der seine Mit glieder immer von neuem darauf aufmerksam macht, daß nur die Schaffung ästhetisch einwandfreier Reklamemittel geeignet sei, der unentbehrlichen Außenreklame zu dem Ansehen zu verhelfen, das sie anderwärts genießt. Heißt es doch beispielsweise in einem Bericht des Generalkonsulats in London über die Internationale Reklame-Ausstellung London 1914 wie folgt: „Ein großes Feld nehmen die Reklamebilder und -Schilder ein, und hier wurden von einer großen Anzahl von Firmen Plakate gezeigt, die in den letzten Zeiten an allen Orten Londons, an Zäunen’ und Flächen jeglicher Art das Bild des Straßenlebens farbenfreudig haben gestalten helfen. Hier sei auch einer Anzahl von Plakaten deutscher Firmen Er wähnung getan, Plakate, die, soweit bekannt, in Berlin sich lange Zeit auf der Straße und auf den Bahnhöfen der dortigen Stadt- und Untergrundbahn gehalten haben und auch noch anzutreffen sind.” Man sollte es vermeiden, bei jeder Gelegenheit der Außen reklame entgegenzuwirken; denn sie trägt in Deutschland wohl den geringsten Teil der Schuld an den Verschandelungen, die über empfindliche Aesthetiker selbst da zu erblicken glauben, wo es land schaftliche Reize kaum gibt. Wo aber wirklich Auswüchse des Reklame wesens vorhanden sind, da sollten die beteiligten Kreise sich an die Interessenvertretung der Plakathersteller, den Verband der Plakat-Industriellen in Berlin wenden, um mit diesem gemeinsam zu beraten. Chromokarton für Druckknopf-Karten Anbei übersende ich Ihnen ein Muster von Chromokarton; auf diesem sollen Druckknopf-Karten ausgeführt werden wie bei liegendes Muster, auf welchem weiße Fleckchen zu sehen sind. Die übernehmende Firma behauptet, daß mein Papier für diese Zwecke ungeeignet ist. Da ich mir jedoch bewußt bin, daß mein Papier sehr gut geleimt ist (16 kg Kasein auf 100 kg Ctina Clay), behaupte ich, daß der Fehler in der Druckfarbe liegt und dem Lithographen zu zuschreiben ist. Ich sende Ihnen zur Beurteilung einen Bogen meines an die Firma gelieferten Papieres und bitte um Ihre Begutachtung. Papier-Streicherei Der vorliegende Karton ist billig, holzschliffhaltig. Solcher Karton ist stets mehr oder weniger knotig, was von den Holz schliff-Faserbündeln herkommt. Selbst nach einem guten Auf strich lassen sich diese Knoten als dunkle, glänzende Stellen erkennen. Diese Beschaffenheit des Kartons hindert aber dessen Bedrucken nicht und darf nicht als Fehler gelten. In vorliegendem Falle hat der Drucker die Farbe nicht satt genug gedruckt, jedenfalls aus Furcht vor dem Tonen des Druckes. Er hat aber auch kein Tonschutzmittel zugegeben, um das Tonen zu ver hüten. Infolgedessen ist die Farbe nicht kräftig genug geworden. Die Streichschicht ist solchen Druckzwecken gut angepaßt, sowohl bezüglich Leimung als auch betreffs Zusammenstellung. Nach Ansicht zu Rate gezogener erfahrener Fachleute kann jeder erfahrene Drucker auf diesem Karton guten Druck er zielen, was auch die hier vorgenommenen Druckproben bewiesen.