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Nr. 62/1914 PAPIER-ZEITUNG 2101 Verzierung der Leinendeckel mit Blinddruck oder Goldprägung, bis man etwas später zu einer Vereinigung beider Verzierungs techniken kam. Dann folgten die mit reicher Goldpressung versehenen Decken, denen sich die mit farbiger, ausgestanzter Papierauflage beklebten Leinenbände anschlossen. Später übertrug man den Farbendruck des Steindruckers auf die Präge platten des Buchbinders und es entstanden die aus Gold- und oft zehn bis fünfzehn Farbdrucken bestehenden Verleger prachtbände, die — leider — jahrzehntelang den Markt be herrschten. In den 90 er Jahren entstand dann in England die bekannte durch William Morris ins Leben gerufene buchkünstlerische Bewegung, die bald auch nach Deutschland herübergriff. Hier setzt nun die historische Uebersicht ein, die uns Lüderitz & Bauer vom modernen Verlegereinband gegeben haben. Sehr wissenswert ist, was in der kleinen Schrift über die Beziehungen der Firma zu dem so früh verstorbenen Otto Eckmann gesagt wird, der damals zu den ersten Rufern im Streit für das junge Kunstgewerbe gehörte. Die Buchbinderei von Lüderitz & Bauer, so heißt es, war eine unter den ersten in Deutschland, die Gelegenheit hatte, mit diesem Künstler viele Einbände in der modernen Richtung zu besprechen und auszuführen. Es fand zu dieser Zeit eine Revolution, eine Renaissance des deutschen Einbandes statt, und man kann mit Stolz behaupten, daß die damaligen An fänge die Ursache waren, daß der seinerzeit in Deutschland mit 12 bis 16 Farben beladene Einband durch die von Eckmann tangierte Richtung verdrängt wurde. Auch zu anderen Künstlern haben Lüderitz & Bauer mannig fache Beziehungen unterhalten und sich für neuzeitliche buch künstlerische Bestrebungen stets mit großem Eifer eingesetzt. Dasselbe Verständnis wie der Kunst bringt die Firma der Technik entgegen. Die in der Wilhelmstraße befindliche Fabrik ist mit den modernsten Buchbindereimaschinen ausgestattet, ec. Haftung des Maschinen-Lieferers für Unfälle Reichsgerichts-Entscheidung vom 25. Juni 1914 Nachdruck verboten In einem Prozeß der deutschen Buchdruckerberufsgenossenschaft vertreten durch ihr Vorstandsmitglied H. zu Frankfurt a. M., gegen die Gasmotorenfabrik Deutz verlangte die Berufsgenossenschaft Ersatz ihrer Aufwendungen aus Anlaß eines Unfalls, den der Monteur Bolz am 10. Juli 1908 erlitten hatte und an dessen Folgen er gestorben war. Der in Diensten der Frankfurter Buchdruckerei Schirmer & Mahlau stehende Bolz war bei der deutschen Buchdruckerberufs genossenschaft gegen Unfall versichert. An Sch. & M. war von der Gasmotorenfabrik Deutz ein Dieselmotor geliefert worden. EinAngestell- ter der Lieferantin wurde zur Montierung der Maschine nach Frank furt gesandt und hatte die Anweisung, den Monteur der Käuferin in der Bedienung des Motors zu unterrichten. Am 1. Juli 1908 wurde der Motor in Betrieb gesetzt und am 10. desselben Monats wurde Bolz von einem zurückschlagenden Schalthebel tödlich verletzt. Aus diesem Unfall erhob die deutsche Buchdrucker-Berufsgenossen schaft Klage beim Landgericht Köln gegen die Deutzer Gasmotoren fabrik mit der Behauptung, die bei Lieferung der Maschine mit gegebenen Bedienungsvorschriften seien unzureichend und die Bauart des Hebels sei fehlerhaft gewesen: Das Zurückschlagen des Hebels hätte vermieden werden können, wenn die Schaltklinke gesichert gewesen wäre. Die beklagte Firma erbot sich, den Entlastungsbeweis nach § 831 BGB. anzutreten. Ueber die Frage, ob die Bauart des Dieselmotors fehlerhaft sei, vernahm das Landgericht den Gewerbe inspektor R. und den technischen Leiter der Rheinisch-Westfälischen Hütten, F., und gelangte auf Grund der Gutachten dieser Sach verständigen zur Klageabweisung. Hiergegen legte die Wagende Berufsgenossenschaft Berufung beim Oberlandesgericht Köln ein und machte nunmehr geltend, daß die Augsburg-Nürnberger Maschinenfabrik, die erste Herstellerin von Diesel-Motoren, ihre Fabrikate so gebaut habe, daß durch An bringung von Stiften ein Zurückschlagen des Schalthebels aus geschlossen gewesen sei. Auch das Berufungsgericht erhob durch Gutachten des Professors K. Beweis darüber, ob die von der Deutzer Fabrik gelieferte Maschine fehlerhaft gebaut sei, und ob diese etwaige Fehlerhaftigkeit der Beklagten als Verschulden angerechnet werden müsse. Die Lieferantin des Motors entgegnete, ein derartiger Unfall sei bisher überhaupt noch nicht eingetreten, auch habe die Gewerbe- inspektion die Motoren ohne die erwähnte Sicherungsvorrichtung anstandslos abgenommen. Das Oberlandesgericht verurteilte die beklagte Fabrik u. a. zu 677 M., ferner zu einer Monatsrente von 85 M- ab 1. Januar 1909 an die Witwe Bolz bis zu deren Wiederver heiratung und im Falle der Wiederverheiratung zur Zahlung der festgesetzten Rente unter Abzug von 60 v. H. Aus den Gründen: „Die Berufung erscheint begründet. Dem Maschinisten B., der bei der klagenden Berufsgenossenschaft versichert war, ist dadurch ein erheblicher Schaden zugefügt worden, daß er bei Bedienung des Diesel-Motors tödlich verunglückte. Für die Folgen des Unfalls hat die beklagte Fabrik der Klägerin zu haften. Abweichend vom Land gericht ist die Frage, ob die verfassungsmäßigen Vertreter der Be klagten ein Verschulden trifft, zu bejahen. Es mag dahingestellt bleiben, ob die Deutzer Fabrik für genügende Anweisung des Ma schinisten Bolz gesorgt und ob dieser die Anweisung des Angestellten Werner, die Luft-Ventile vorher zu schließen, befolgt hat. Die Be klagte konnte und mußte damit rechnen, daß es dem Bolz zunächst nicht gelang, das Schwungrad über den Tot-Punkt zu setzen. Es hat auch die Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg, die seit 1897 Diesel-Motore herstellt, die Schalthebel regelmäßig gesichert. Daß auch solche ohne Sicherung aus dieser Fabrik gekommen sind, ist belanglos. Demgemäß muß ein Verschulden der Lieferantin darin erkannt werden, daß die obere Schalthälfte des Motors nicht gegen Umschlag gesichert war. Daher unterliegt es auch keinem Bedenken, anzunehmen, daß den verfassungsmäßigen Vertretern der Beklagten die Konstruktion der Motoren bekannt war. Sie mußten darüber wachen, daß die Diesel-Motoren nicht ohne jene Sicherung hergestellt wurden.“ Gegen dieses Urteil richtete sich die von der Deutzer Motoren fabrik beim Reichsgericht eingelegte Revision, mit der in der Haupt sache gerügt wurde, daß das Berufungsgericht den Begriff der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt überspannt habe, indem es sagte, die verfassungsmäßigen Organe der liefernden Firma hätten die Konstruktion überwachen müssen. Der 6. Zivilsenat des höchsten Gerichtshofes teilte den Standpunkt des Berufungsgerichts nicht, hob das Urteil vielmehr auf und verwies die Sache an die Vorinstanz zurück. (Aktenzeichen VI, 209/14). Papierneuheiten in London Eigenbericht. Nachdruck verboten London wird im Sommer besonders viel von Amerikanern mit ihren Familien besucht, im laufenden Jahre schätzt man diese Einwanderung auf 300 000 Touristen, welche kommen, die englisch-amerikanische Ausstellung in Shepherds Bush zu besichtigen, die den hundertjährigen Frieden zwischen dem Vereinigten Königreiche und der nordamerikanischen Union besiegelt. Die reichen Amerikaner lassen alljährlich einen Gold regen über London ausströmen und diesen einzufangen, stellen die Magazine Westends und der City ihre Neuheiten aus, von denen wir nachstehend einige aus dem Papierfach vorführen. Sehr mannigfaltig ist die Anwendung des Papiermache zum Schmuck der Tafel. Es war in der letzten Zeit bei vor nehmen Festlichkeiten Sitte, den Tisch außer mit Blumenvasen, Aufsätzen für Früchte und Konditorwaren auch mit Silber gegenständen, beispielsweise jagdbaren Tieren, zu bedecken. Das war sehr teuer und wirkte langweilig, wenn man immer wieder die gleichen Hirsche, Rehe, Hasen, Fasanen und Reb hühner zu sehen bekam. Ein findiger Fabrikant hat nun diesen Tafelschmuck aus versilbertem Papiermache hergestellt, welcher den gleichen Eindruck auf das Auge hervorbringt, keine bedeutenden Aus gaben verursacht und es erlaubt, zu jeder Festlichkeit die Gegen stände zu wechseln, die mit höchster Naturtreue und in ver schiedenen Größen hergestellt sind. Um dem Auge ein Ab wechslung zu bieten, stellt man auch hier und da Figuren von mehr oder weniger unzivilisierten bunt bemalten Reitern in Papiermache auf den Tisch, und die Menge der Muster ist er staunlich, indem man die Naturvölker der ganzen Welt zu diesem Zweck benützt hat. Das Papiermache hat aber auch noch in anderer Weise für die Festtafel Anwendung gefunden, nämlich als Halter für die Speisefolge, und zwar hat man zu diesem Zwecke die antiken Kunstwerke herangezogen, beispielsweise Ariadne auf Naxos, Laokoon, Venus von Milo, den sterbenden Fechter, Amor und Phsyche, kapitolinische Venus usw. Besonders für Herrendiners sind solche sehr beliebt, und dann kommen nur weibliche Gegenstände in Betracht. Als Speisefolgehalter werden auch jetzt in Papiermache sehr viel Vertreter der englischen und indischen Armee, be rittene Truppen aber zu Fuß, bunt bemalt gewählt. Die kleinsten Uniformeinzelheiten sind dabei auf das genaueste wiedergegeben. Als Vorbild wurden meist Offiziere gewählt, um den Figuren durch Silber- und Goldverzierungen mehr Leben zu geben. Viele Neuheiten sind für Speisefolgehalter aus Papier auf den Markt gekommen. Sehr hübsch ist das „floral” menu, eine stehende Karte, an der sich an der oberen linken Seite irgend eine prächtige sehr große bunte Blüte in Papier befindet, was der Tafel einen festlichen Anstrich gibt. Das ,,butterfly”menu ist eine ovale mit erhabenem buntem Blumenrande verzierte Karte, welche oben einen farbenreichen ziemlich großen Schmetterling trägt. Wir zählten vierzehn verschiedene