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2092 PAPIER-ZEITUNG Nr. 61/1914 Briefkasten Der Frage muß 10-Pf.-Marke beiliegen. Anonyme Anfragen bleiben unberücksichtigt. Antwort erfolgt ohne Gewähr. Kostenfrei nur, wenn Abdruck ohne Namen gestattet. Forderung gegen aufgelöste G. m. b. H. 13320. Frage: Ein Schuldner, eine G. m. b. H. hat sich auf gelöst, ohne uns davon in Kenntnis zu setzen und die Rechnungen bezahlt zu haben. Nach vieler Mühe haben wir die Adresse des Ge schäftsführers festgestellt und um Aufklärung gebeten. In der darauf folgenden Antwort teilt uns der ehemalige Geschäftsführer mit, daß die Firma den Betrieb wegen vollständiger Unrentabilität eingestellt hat. Ferner schreibt er noch, daß das Kapital durch Ankauf von Rezepten verbraucht und er ebenfalls noch eine Forderung von 1000 M. hätte, und jeder Schritt vergeblich wäre. Welche Mittel sind uns gegeben, unsere Forderung noch geltend zu machen. Ist nicht schon im Schweigen eine Handlung zu erblicken, welche uns Rechte einräumt, u. U. direkt unsere Forderung vom Geschäftsführer einzuklagen. Auf welche Art können wir unter Berücksichtigung möglichst geringer Spesen Schritte versuchen. Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Zunächst ist festzustellen, ob die G. m. b. H., die Schuldnerin des Frage stellers, bereits aufgelöst ist oder noch besteht, und, falls die Auflösung erfolgt ist, ob das Liquidationsverfahren bereits be endet ist oder nicht. Nach § 65 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung ist die Auflösung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Die Auflösung ist dann von den Liquidatoren zu drei verschiedenen Malen in den für die Bekanntmachungen der Gesellschaft bestimmten öffentlichen Blättern bekannt zu machen. In der Bekannt machung sind die Gläubiger der Gesellschaft aufzufordern, sich bei der Gesellschaft zu melden. Nach Beendigung der Liquidation sind nach § 74 des Gesetzes die Schriften und Bücher der Gesellschaft bei einem im Ge sellschaftsvertrag oder durch Beschluß der Gesellschafter be- stimmten Dritten und mangels einer solchen Bestimmung bei einem vom Gericht bestimmten Dritten zu hinterlegen. Die Liquidatoren haben Schlußrechnung zu legen. Ob alles dies geschehen ist, läßt sich aus den Akten der Gesellschaft, die bei dem Handelsregister geführt werden, er sehen. Die Akten ergeben, ob nicht der Gesellschaft insofern noch Ansprüche gegen die Gesellschafter zustehen, als diese ihre Stammeinlagen nicht vollständig eingezahlt •haben. Solange die Gesellschaft noch nicht aufgelöst ist, müßte zunächst gegen die Gesellschaft Klage erhoben werden. Auf Grund eines Urteils können dann die der Gesellschaft zu stehenden Ansprüche gegen Dritte gepfändet werden. In Be tracht kommt insbesondere gemäß §§ 64, 43 des Gesetzes der Anspruch gegen die Geschäftsführer auf Ersatz derjenigen Zahlungen, welche die Geschäftsführer geleistet haben, trotzdem die Voraussetzungen für Anmeldung des Konkurses über das Vermögen der Gesellschaft vorlagen. Ist die Gesellschaft aufgelöst und gegen die oben wieder gegebene Vorschrift des Aufgebots der Gläubiger verstoßen, so kann der verantwortliche Geschäftsführer oder Liquidator auch persönlich in Anspruch genommen werden. Es müßte aber dann nachgewiesen werden, daß bei ordnungsmäßiger Befolgung der Vorschriften über die Liquidation die Forderung ■des Fragestellers befriedigt worden wäre. Verweigerte Ausführung eines Lieferungsvertrags 13321. Frage: Am 14. November 1913 bestellte ich bei dem Reisenden einer Fabrik 40 000 Abmeldescheine zu 3 M. das Tausend laut Kopie. Die Lieferung sollte Anfang Januar 1914 erfolgen. Am 21. November teilte mir die Firma mit, daß sie den Preis von 3 M. nur dann eingehen könne, wenn eine größere Menge bestellt werden könne. Hierauf bestellte ich 50 000 Stück. Am 8. Dezember ver langte die Firma 3 neue Vorlagen, da die erste Vorlage abhanden gekommen sei. Am 24. Dezember sandte die Firma Bürstenabzug zur Korrektur, und am 27. Dezember ein Probemuster des zu verwen denden Papiers, womit ich mich einverstanden erklärte. Am 15. Ja nuar 1914 teilte die Firma mit, daß sie mit dem Drucken der 50 000 Formulare in ein paar Tagen beginnen werde. Am 21. Februar teilte die Firma mit, daß die Druckplatte verunglückt sei und fragt, ob ich die Zettel nicht anderweitig bestellen könne, was ich aber, da Liefer frist bereits überschritten, ablehnte und auf Lieferung bestand. Am 27. Februar 1914 schrieb auf mein Drängen die Firma, sie könne den Preis von 3 M. nicht einhalten, weil andere Druckereien auf Anfrage geantwortet hatten, die Zettel müßten 4 M. kosten und wolle sie für 4 M. liefern. Hierauf erwiderte ich, daß ich auf einen Preis von 4 M. nicht eingehen könne, erstens weil die Firma mit 3 M. einverstanden gewesen sei und zweitens weil ich die Zettel jahre lang zu letzterem Preise bezogen hätte und bemerkte noch, daß, wenn die Zettel jetzt, nachdem die Lieferfrist bereits vom Januar an 6 Wochen überschritten sei, nicht geliefert würden, ich. mich auf Kosten der Firma anderweitig umsehen müßte, und ich mache dieselbe für allen mir daraus entstandenen Schaden haftbar, worauf aber keine Antwort mehr erfolgte. Hierauf ließ ich von meh reren Fabriken Angebote kommen. Es fand sich zwar ein Drucker, welcher die Zettel für 1 M. 40 Pf. das Tausend druckte, aber ich konnte das passende Papier dazu entweder nicht in dem passenden Format erhalten, oder die Preise waren zu hoch, und da ich nicht mehr länger warten konnte, mußte ich ein etwas besseres Papier verwenden. Das billige Papier 12—13 kg schwer, kostete 35, 37 und 38 M., ich hatte aber mit Abfällen zu rechnen, wodurch es wieder zu teuer wurde. Ich nahm nun, um einen Ausgleich zu erhalten, ein passendes Format von einem besseren, dafür aber nur 11 kg-Papier, wofür , ich aber 42 M. zahlen mußte, welches aber wegen der Abfälle sich wiedet etwas ausglich. Ich teilte nun der Firma mit, daß ich auf die 50 000 Zettel nebst Porti und sonstigen Auslagen, einen Verlust von 41 M. gehabt und stellte diesen Betrag in Rechnung als Schaden ersatz. Hierauf sandte mir dieselbe durch die Post 8 M. mit dem Be merken, daß ich damit zufrieden sein müsse, da ich überhaupt keinen Schaden hätte, weil ich ja besseres Papier an den Zetteln hätte. Hierauf erwiderte ich, daß mir kein anderes Papier nach vielen Be mühungen zu Gebote gestanden hätte und meine Auslagen an Schrei bereien, Porto, Rollgeld usw. allein 5 M. 50 Pf. betragen hätten. Ich schlug der Firma auch vor, uns gegenseitig den Schiedsspruch Ihrer Zeitung einzuholen, worauf diese aber nichts erwiderte und den Fall für erledigt hält. Ist eine Klage hier gerechtfertigt'und mit welcher Aussicht ? Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters : Die Lieferantin hat in ihrem Schreiben vom 27. Februar 1914 erklärt, daß sie zur Lieferung unter den Vertragsbedingungen, nämlich zum Preise von 3 M. nicht imstande sei. Mit dem Antwortschreiben hat Fragesteller darauf mitgeteilt, daß er auf Lieferung zu den Be dingungen des Vertrages bestehen müsse und daß er, falls nicht zu diesen Bedingungen geliefert würde, Schadenersatz wegen Nichterfüllung verlangen würde. Auf dieses letzte Schreiben ist keine Antwort mehr erfolgt. Nach § 326 BGB könnte Schadenersatz wegen Nicht erfüllung erst verlangt werden, nachdem Fragesteller dem Lieferanten zur Bewirkung der vertragsmäßigen Leistung eine angemessene Frist gesetzt hätte mit dem Bemerken, daß er die Annahme der Leistung nach Ablauf der Frist ablehne. Die Rechtsprechung der höchsten Gerichte steht aber auf' dem Standpunkt, daß es der Setzung einer Frist nicht bedarf, wenn der Lieferant sich ernstlich geweigert hat, den Vertrag zu erfüllen. Eine solche ernstliche Weigerung liegt nach unserm Dafürhalten vor, weil der Lieferant, nachdem er erklärt hatte, zu den vertragsmäßigen Bedingungen nicht liefern zu können, auf das Schreiben des Fragestellers, in welchem er auf Lieferung bestand, nicht geantwortet hat. Schadenersatz kann also verlangt werden und eine Klage verspricht Aussicht auf Erfolg. Auch bezüglich der Höhe des Schadens erscheint der dargelegte Anspruch begründet, da Fragesteller mit größter Sorgfalt bemüht war, sich anderweit zu gleichem Preise einzudecken. Bl Deutsche Bürobedarfs-Gesellschaft Goslar am Marx-, Verantwortlicher Schriftleiter i. V. Dr. Hans Hofmann, Berlin. Zuschriften nur an Papier-Zeitung, Berlin SIV 11, erbeten Druck von A. W. Hayn’s Erben, Berlin SW 68, Zimmerstraße 29