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Der Deutsche Buchhandel auf der Bugra Von Dr. Max Heinemann Schluß zu Nr. 57 S. 1943 Einen erfreulichen Anblick gewähren die Ausstellungen der Berliner Kunstverleger, die dem künstlerischen Empfinden weiter Kreise Rechnung tragen. Die Neue Photographische Gesellschaft zeigt Reproduktionen von Werken klassischer Meister als Bromsilberdrucke und gibt einen Einblick in die Photo graphie im Dienste der Wissenschaft und der Schule. Von der Güte der im Verlage der N. P. G. erscheinenden Stereoskop bilder und Diapositive kann sich jeder hier überzeugen. Die Photographische Gesellschaft stellt getreue Nachahmungen von Gemälden erster Künstler, wie Menzels Ballsouper zur Schau. Amsler & Puthardt bringen eine Blattfolge Klingerscher Ra dierungen, betitelt „Vom Tode”. Aehnliche Ziele, wie die bis her erwähnten, verfolgen der Kunstverlag Wentz & Co., die Gesellschaft zur Verbreitung klassischer Kunst und die Verlags anstalt für Farbenphotographie. Die letzte hat eine prächtige Sammlung kolorierter Landschaftsbilder aus Deutschland aus gestellt, bei denen die Stimmung, die über den einzelnen Teilen unseres Vaterlandes schlummert, fein zur Geltung gebracht wird. Kunstgewerblichen Zwecken dienen Ernst Wasmuth A.-G. und Weise & Co. Beide verfolgen mit ihren Werken die Um setzung des Schönen in die Praxis. Der erste zeigt Monumental werke, wie Falke, Kunstgeschichte der Seidenweberei, und Sarre, Denkmäler zur Baukunst. Die hierfür verwandten Licht drucktafeln und Chromolithographien sind ausgezeichnet ge lungen. Weise & Co. haben mit Erfolg das Werk des alten Kupfer stechers Piranesi, Le vedute di Roma, neu verlegt. Die Technik dieses Künstlers wurde durch den Handpressenkupferdruck getreu wiedergegeben. Man betrachte besonders das Pantheon des Agrippa und achte auf die wundervolle Tiefe dieses Bau werkes. Unter dem Sammelnamen „Das moderne Buch in Berlin” haben sich eine Reihe Verleger vereinigt, bei denen teils Romane zeitgenössischer Schriftsteller, teils Werke neuerer Graphiker erscheinen. Zu dieser Verlegergruppe gehören: Egon Fleischei & Co. mit geschmackvoll gebundenen Romanen von Ompteda und Clara Viebig, Bruno Cassirer und Paul • Cassirer. An den Wänden ihrer Kojen finden wir Lithographien und Ra dierungen von Corinth, Slevogt und Liebermann. Paul Cassirer verlegt auch die Bücher der Panpresse, deren Erzeugnisse in Ausstattung einen ersten Platz einnehmen. Würdig reiht sich diesen an S. Fischer, der Verleger von Hauptmann, Schnitzler und anderen bahnbrechenden Dichtern. Mit Recht kann Fischer seine Ausstellung 25 Jahre deutscher Literatur benennen, wenn man die Photographien seiner Autoren an den Wänden be trachtet. Außer Ibsens Werken erwähne ich die Sammlung Fischer, die gute Romane in gediegener Ausstattung zum Preise von je 1 M. enthält, und die Pantheon-Ausgaben mit ihren schmucken Bändchen. Da nicht alle Werke dieser Verlegergruppe ge bührend berücksichtigt werden können, müssen wir uns mit einer kurzen Aufzählung begnügen. Fritz Heyder gibt Taschen ausgaben von klassischen Werken unter dem Namen „Bücher als Gefährten” und einen Kalender „Kunst und Leben” mit Originalzeichnungen der bekanntesten deutschen Künstler der Gegenwart heraus. Julius Bard, einer der vornehmsten Kunst Verleger, zeigt Drucke, in. denen die Schriften moderner Buchkünstler, wie Peter Behrens und Rudolf Koch, zum ersten Male zur Anwendung kamen. Aeußerst sehenswert ist die bei ihm erschienene Gabe der königlichen Museen zum 25. Re gierungsjubiläum unseres Kaisers. Schuster & Löffler haben eine Reihe vielgelesener Musikerbiographien ausgestellt, während der Hyperion- Verlag den interessieren wird, der moderne Graphik studieren will. Den Kreis dieser Verleger beschließen Erich Peiss mit seinen Hardenschen Köpfen und einem allerliebsten von Rumpf handkolorierten Büchlein „Wenns die Soldaten durch die Stadt marschieren”, Georg Bondi mit seiner monu mentalen von Gundolf herausgegebenen Shakespeare-Ausgabe und der Grotesche Verlag. Dieser zeigt neben einer großen Zalil älterer Bücher auch solche, die in der Ausstattung dem Biblio philen-Geschmack sich anschließen. Hierher gehört die Pracht ausgabe des Hexenliedes von Wildenbruch auf Pergament. Werfen wir einen kurzen Blick auf diese für den Berliner Buch handel charakteristische Gruppe, so müssen wir bedauerlicher weise feststellen, daß neben sehr viel Gediegenem besonders auf dem Gebiet der schönen Literatur doch mancherlei Erzeug nisse sich finden, welche Beweise sind für Ueberkultur und eine den Geschmack verbildende weichliche Richtung. Nur sehr reife Menschen werden hier Spreu von Weizen sondern können. Verleger, die dem Publikum wirklich gediegene Unterhaltung bieten, sind Martin Warneck mjt den etwas religiös gehaltenen Romanen von Speck und Speckmann, F. Fontane & Co. mit den Werken des ewig jungen Theodor Fontane und den erz- gebirgischen Romanen von W. v. Polenz. Eine neue Sammlung, betitelt „Deutsche Erde”, enthält Monographien der ver schiedenen Landesteile unserer Heimat. B. Behrs Verlag F. Feddersen stellt seine prächtige Säkularausgabe von Hebbels Werken zur Schau, während wir lehrreiche Memoirenwerke bei Karl Siegismund, dem Verleger des „Deutschen Soldaten hort”, einer illustrierten Zeitschrift für den Soldaten, finden. Morawe & Scheffelt bemühten sich Faksimile-Ausgaben zu schaffen, und die Vita bietet recht viel allgemein Inte ressantes. Wir nennen die Sammlung „Leuchtende Stunden” und vor allem das Hagenbecksche Buch „Von Tieren und Menschen”. In diesem Verlage,erscheinen auch die viel gelesenen Bücher von Beyerlein und die Romane des Engländers Kipling in guter Uebersetzung. Das Bestreben, für billiges Geld gute Bücher herzustellen, zeigt Hermann Hillger. Während Kürschners Bücherschatz der Unterhaltung dient, verfolgen das Universal lexikon und das Sechssprachenlexikon Bildungs-Zwecke. Ein sehr anschauliches Bild gewinnen wir vom Bahnhofsbuchhandel durch Georg Stilke, der einen modernen „Stilkewagen" mit Ge brauchsanweisung ausgestellt hat. Bevor wir die Besichtigung des Berliner Buchhandels abschließen, besuchen wir noch die Ausstellungen von Reinhold Borstell, der alten Nicolaischen Buchhandlung, und der Korporation der Berliner Buchhändler. Beide führen uns in die Vergangenheit. Die Nicolaische Buch handlung, 1713 begründet, ist heute eine der größten Berliner Sortimentsbuchhandlungen und Leihbibliotheken. Statistische Uebersichten beweisen uns dies zur Genüge. Den Gesamt überblick über die Entwicklung des Berliner Buchhandels gibt die Korporation in ihrem geschmackvoll ausgestatteten Pavillon. Schriften, die mit der Geschichte Berlins aufs engste verknüpft sind, ein Horoskop für die Jahre 1575—1583, Drucke von 1546 an bis heute, erklären uns den gewaltigen Aufschwung, den der Berliner Buchhandel allmählich genommen hat. Schreibhefthandel in Ostpreußen Die Antwort auf die Frage betr. Schulheftpapier in Nr. 47 und der Artikel,, Schreibwarenhandel in Oldenburg' ‘, veranlassen auch mich, meine Erfahrungen in dieser recht schwierigen Angelegenheit be kannt zu geben. Unsere Stadt liegt in der Nähe von vier Kreisgrenzen. In jedem Kreise bestehen andere Vorschriften bezüglich der Hefte, weniger in Bezug auf das Papier, als auf die Liniatur. Während im eigenen Kreise die deutsche Schönschrift nur in 2 % mm breiten Doppel linien zur Blüte gelangen kann, gehören im Nachbarkreise bereits 3 mm Linienabstand dazu. Im anderen Kreise wiederum muß die Liniatur roten Rand haben, und die Schönschreibhefte müssen im Querformat gearbeitet sein. In der Stadt selbst muß man für ver schiedene höhere Schulen verschiedene Sonderliniaturen führen. (Liniaturen mit Hilfslinien, Randlinien mit Punkten, Liniatur in grauer Farbe, einfache Linien 14 und 16 zeitig u. a. m.) Dazu kommt die verschiedene Ausstattung der Hefte: Im Land kreise müssen Aufsatz- und Diktathefte ziemlich kräftigen Papp deckel mit Kalikorücken und schwarz Cambricbezug haben, die Bogenzahl darf aber dabei nicht geringer werden, als bei den früher gelieferten Heften mit blauem aufgesteiftem Deckel. Es wurde sogar versucht, die Stärke des Papiers (4 a) von 12 auf 14 kg zu erhöhen. Alle dünneren Flefte müssen mit blauem Papier bezogen und mit Schild versehen sein. In der Stadt werden an einer Schule nur Hefte mit schwarzem Bezug genehmigt. Wird noch dazu ein treuer Kunde unter den Lehrern in einen anderen Kreis versetzt und will die Hefte weiter von uns beziehen.