Volltext Seite (XML)
Nr. 59/1914 PAPIER-ZEITUNG 1999 Arbeiten aus dem Laboratorium für Zellulose- und Papierchemie der technischen Hochschule in Darmstadt von Professor Dr.-Ing. Emil Heuser Schluß zu Nr. 58 Herr Dipl.-Ing. E. Kästner prüfte die Verwendung eines auf künstlichem Wege hergestellten Phenolharzes zum Leimen von Papierstoff'). Das Phenolharz unterschied sich vom Kolo phonium zunächst durch seinen niedrigen Schmelzpunkt und den bedeutend höheren Alkalibedarf bei der Verseifung. Wählte man Soda oder Natronlauge, so waren die Mengen so groß (45,37 g NaOH oder 120,85 g Na,CO, auf 100 g Phenolharz), daß diese Alkalien für eine praktische Verseifung im großen nicht in Be tracht kommen können, wenn auch das Phenolharz billiger als Kolophonium wäre. Es wurde deshalb der billigere Kalk herangezogen, um eine Kalk-Harzseife zu gewinnen. Der Bedarf an Kalkmilch war kleiner als der an Natron und Soda, jedoch wollte es nicht — auch bei großem Kalküberschuß, bei längerer Erhitzung und höherer Temperatur nicht — gelingen, mehr als 80 v. H. des Phenolharzes zu verseifen. Der Rest blieb als zähe Masse in der Leimmilch und ließ sich nicht emulgieren. Derselbe Uebelstand trat auf bei einem Freiharzleim, der mit Natronlauge aus dem Phenolharz hergestellt worden war. Dem großen Aufwand an Alkali entsprechend war auch der Bedarf an schwefelsaurer Tonerde zum Zersetzen der (filtrierten) Harzmilch sehr groß. Der hierbei entstehende Niederschlag hatte eine gelbliche Färbung. Auch entwickelten sich bei dieser Zersetzung, da das Phenolharz schwefelhaltig war, beträchtliche Mengen Schwefelwasserstoff. Von dem andern hierbei auftretenden Reaktionsprodukt, dem Kalziumsulfat, blieb nur wenig im Papier zurück. Alle diese Uebelstände, besonders die gelbe Färbung des Fällungsproduktes und sein Schwefelgehalt, machten sich natür lich auch in dem mit dem Phenolharz geleimten Papier unan genehm bemerkbar. Hinzu kam, daß annähernde Leimfestig keit nur mit viel, nämlich 5 v. H. Phenolharz und einem be deutenden Ueberschuß an schwefelsaurer Tonerde erzielt werden konnte. So ergab sich für das Phenolharz ein recht beschränktes Anwendungsgebiet. Es käme nur für schwach zu leimendes Druckpapier, an das keine Ansprüche auf schönen weißen Ton gestellt werden, oder für gefärbtes Papier in Frage. Papier, das zum Verpacken schwefelempfindlicher Waren dient, dürfte nicht mit dem Phenolharz geleimt werden. Die Untersuchung zeigte aufs neue, daß solche künstlichen Harzarten nur schwer zum Leimen von Papierstoff verwendet werden können, und daß sie sowohl wegen ihrer Zusammen setzung und ihrer Eigenschaften als auch wegen ihres hohen Preises als Ersatz für Kolophonium nicht in Frage kommen. Hierher gehört auch der Bericht über eine Untersuchung, die Herr Dipl.-Ing. G. Baedeker über die Verwendung von Kautschuk harz als Ersatz für Kolophonium zum Leimen von Papierstoff anstellte. Da die Untersuchungen jedoch noch nicht abgeschlossen sind, so sollen die Ergebnisse erst später mitgeteilt werden. Herr Dipl.-Ing. W. Schmeil beschäftigte sich mit der Unter suchung verschiedener Kaseinsorten -). Dabei wurden besonders diejenigen Eigenschaften des Kaseins berücksichtigt, die für seine Verwendung als Bindemittel für Streichfarben in der Papierstreicherei von Wichtigkeit sind. Ferner wurden die zwischen den einzelnen Eigenschaften schon entdeckten Be ziehungen näher untersucht, zum Teil neue Beziehungen er mittelt und so versucht, ein möglichst vielseitiges Bild vom Verhalten des Kaseins zu entwerfen, das als Unterlage für die Beurteilung einiger bei der Verarbeitung von Kasein auftretender Schwierigkeiten dienen sollte. Die Ergebnisse dieser Unter suchung werden in einer der nächsten Nummern der Papier- Zeitung veröffentlicht werden. Herr Dipl.-Ing. R. Schubert ermittelte das Anfärbevermögen verschiedener in der Papierfabrikation gebrauchter Füllstoffe mit künstlichen organischen Farbstoffen der verschiedenen Klassen, nämlich basischen, substantiven und sauren Farb stoffen “). Zunächst wurden verschiedene Methoden der Be stimmung des Farbstoffgehalts in einer Lösung vergleichend geprüft. Es zeigte sich, daß die Titration mit Natriumhydro- 1) Nicht veröffentlicht. 2) Noch nicht veröffentlicht. 3) Wochenblatt f. Papierfabrikation Festheft 1914 und Nr. 26 S. 2470 (1914). sulfitlösung, die für den größten Teil der Teerfarbstoffe anwendbar ist, auch für die Abwässer von angefärbten Füllstoffen ver läßliche Werte gibt. Dagegen stimmen die koiorimetrisch ge fundenen Werte nur selten gut mit den nach der Hydrosulfit methode gefundenen überein. Eine neue Methode der Farbstoff bestimmung ergab sich durch Titration der Lösungen und Füll st offabwässer mit Natronlauge. Die Lösungen einer ganzen Reihe von Farbstoffen werden durch Natronlauge entfärbt, andere schlagen in eine andere Färbung um, so daß in beiden Fällen ein Maß für die titrimetrische Bestimmung vorhanden ist. Die gefundenen Werte stimmen mit den Werten der Hydro sulfitmethode gut überein. Von den Füllstoffen werden die Silikate (Asbestine, Talkum, Kaolin, China Clay und Böhmische Erde) am besten angefärbt, während Blanc fixe nur wenig Farb stoff aufnimmt, und zwar sind für die Silikate die basischen und substantiven Farbstoffe am besten zum Färben geeignet. Von diesen wird einerseits am meisten Farbstoff aufgenommen, anderseits sind die Färbungen beim Waschen der gefärbten Füllstoffe mit Wasser beständig. Saure Farbstoffe werden da gegen einerseits zu kleinerem Betrage aufgenommen, ander seits lassen sie sich aus den gefärbten Füllstoffen mit Wasser völlig oder fast völlig wieder auswaschen. Aus dem gefärbten Blanc fixe lassen sich jedoch auch basische und substantive Farbstoffe auswaschen. Im allgemeinen scheinen die Anfärbungs vorgänge bei Silikaten in derselben Weise wie beim Anfärben von Textilfasern und Zellstoff zu verlaufen, so daß man sagen kann: der zum Färben von Papierstoff am besten geeignete Farbstoff ist auch am geeignetsten für den Füllstoff, besonders wenn man plastische und an organischen Kolloiden reiche Silikate verwendet, sogenannte Kolloidtone nach Pohland. Es spricht wenig für eine chemische, dagegen vieles für eine kolloidchemische Auffassung des Färbevorganges, d. h. für die Annahme eines Adsorptionsvorgangs zwischen anorganischen Kolloiden (Hy droxyden des Silikums und Magnesiums) und organischen Kolloiden (den Färbstofflösungen), wie dies von Pohland aus gesprochen worden ist. Die oben angedeuteten Grundlagen für die Auswahl von Farbstoff und Füllstoff bei der Bereitung von Papierstoff können auch Anwendung finden in der Papier streicherei, da wo die aus Füllstoff und Leimlösung bestehende Streichmasse mit Farbstofflösungen versetzt wird. Herr H. Volz und später Herr Th. Blasweiler unterzogen die Bestimmung von Essigsäure und Ameisensäure in sehr ver dünnter wässeriger Lösung und die quantitative Trennung dieser beiden Säuren einer gründlichen Prüfung 1). Hierbei zeigte sich, daß es durch Destillation der verdünnten Lösungen mit Hilfe von Schwefelsäure oder Phosphorsäure, weder unter ge wöhnlichem Druck noch im Vakuum, noch auch mit Wasser dampf, nicht gelingt, verläßlich Werte für die Gesamtmenge der beiden Säuren, Essigsäure und Ameisensäure, zu erhalten. Denn hierbei gehen stets größere oder kleinere Mengen von Schwefel- oder Phosphorsäure in das Destillat mit über. Ver zichtet man aber auf diese Hilfssäuren, so braucht die Destillation viele Stunden, ja Tage, ehe alle Säure überdestilliert ist. Dagegen läßt sich Schwefel- und Phosphorsäure mit Hilfe eines mit Glasperlen gefüllten Kölbchens, das man zwischen Destillationskolben und Kühler einschaltet, vollkommen zurück halten, wie dies Wenzel für die Destillation von Essigsäure an gegeben hat. Diese Wenzelsche Methode, deren Apparatur durch Herrn Th. Blasweiler noch einige zweckentsprechende Abänderungen erfuhr, ist also mit Erfolg für die Bestimmung von Essigsäure und Ameisensäure in sehr verdünnter wässeriger Lösung durch Destillation mit Phosphorsäure anwendbar. Die Destillation wird im Vakuum ausgeführt. Man kommt so bei weitem schneller zum Ziele, als wenn man unter gewöhnlichem Druck destilliert. Zur Trennung der beiden Säuren läßt sich die Chromsäure methode, d. h. Zerstörung der Ameisensäure durch Kochen mit Chromsäure und Abdestillieren der unangegriffenen Essig säure, mit Erfolg — im Gegensatz zu früheren Mitteilungen anderer Forscher — anwenden, wenn man die eben erwähnten Grundlagen für die Destillation berücksichtigt. Diese wurde nach Zerstörung der Ameisensäure ebenfalls im Vakuum mit vor gelegtem Glasperlenkölbchen vorgenommen. Die Glasperlen halten auch die Chromsäure zurück, selbst größere Mengen hiervon, die durch plötzliches Spritzen der Flüssigkeit im Destillierkolben in das Glasperlenkölbchen gelangen, und die Essigsäure wird vollständig im Destillat wiedergefunden. So lassen sich auf diese Weise beide Säuren nebeneinander 1) Noch nicht veröffentlicht.