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SCHREIBWAREN-HANDEL I Hr. 24 g~ n 23 Mär? 1911 Verein der Schreibwarenhändler für Magdeburg und Umgegend Aus dem Protokoll der außerordentlichen Versammlung am 6. März Der Verein der Schreibwarenhändler für Magdeburg und Umgegend hatte zu dieser Versammlung nicht nur seine Mit glieder, sondern auch alle außerhalb des Vereins stehenden Papierhändler eingeladen, um erneut gegen Uebergriffe der Lehrer beim Handel mit Schulwaren Stellung zu nehmen. Nachdem die erneute Eingabe an die Städtische Schul deputation sowie die darauf erfolgte Antwort verlesen war, entspann sich lebhafte Aussprache, bei welcher besonders Herr 'Heinrichshofen als Verleger der Otto-Blöcke, um die es sich haupt sächlich handelt, für den Lehrerverein sprach und das Vorgehen der Lehrer rechtfertigen wollte. Alle übrigen Papierhändler sind jedoch entgegengesetzter Meinung und fühlen sich zum Teil durch die einseitige Empfehlung bestimmter Marken von Lehr mitteln geschädigt, denn dadurch wird für alle Beteiligten der freie Wettbewerb unterbunden und die örtliche Industrie zurück gesetzt. Dies ist gesetzlich unzulässig und steht mit verschiedenen Ministerial Verfügungen nicht in Einklang. Der Magistrat, der das Vorgehen nicht billigt, da auch seine Verfügungen bei vielen Lehrern keine Beachtung finden, will uns in dieser Sache unterstützen und verlangt Beweise, damit er gegen die Lehrer vorgehen kann, welche sich nicht nach den bestehenden Bestimmungen richten. Der Vorsitzende Herr Seidel bittet die Herren, welche uns mit Beweisen an Hand gehen können, die Lehrer namhaft zu machen, die vorschriftsmäßige Lernmittel zurückweisen, auch die Namen der Kinder festzustellen. Da aber wirksame Ergeb nisse erst auf diese Anregung hin zu erwarten sind, und fast alle Anwesenden sich zur Mitarbeit bereit erklärt haben, wird jetzt davon abgesehen, mit Namen an die Oeffentlichkeit zu treten. Von den 38 anwesenden Papierhändlern erklärten 18 durch Namenunterschrift, daß bei ihnen Zeichenblöcke zurückgewiesen wurden, weil sie nicht die vom Lehrer verlangte Marke trugen. Der Vorschlag, den Magistrat zu ersuchen, die zu Ostern 1912 festgelegten Normalien sollten insofern noch geändert werden, daß Zeichenständer und Blöcke nicht nach Namen sondern nach gleichen Nummern gekauft und verkauft werden können, wurde vorläufig zurückgestellt. Nach einer Pause kam die „Einführung neuer, von der Zeichensektion des Magdeburger Lehrervereins zusammen- gestellter Schulfarbstifte und Farbkästen” zur Sprache. Die Anregung soll dem Magistrat mitgeteilt werden, da nach seiner Mitteilung Aenderungen vor 1912 nicht eintreten sollen. Wenn nun auch nicht dagegen vorgegangen werden kann, daß die Firma M. neue Farbstifte und Farbkästen herausgibt, so wird doch die Magistratsbestimmung dadurch überschritten, daß die Lehrerschaft neue Zeichenwaren in den Handel bringen läßt, denn sie hat ja die Farben zusammengestellt, obwohl den H.erren, was doch mit Bestimmtheit angenommen werden kann, die Magistratsbestimmung bekannt war. Fast durchweg beklagten anwesende Papierhändler, daß man derartige Waren nicht wie bisher aus erster oder wenigstens aus zweiter Hand kaufen konnte, sondern aus der Hand eines Dritten kaufen muß, denn der besonders fettgedruckte Schluß satz „Zusammengestellt von der Zeichensektion des Magd. Lehrervereins” ist dazu angetan, andere Fabrikate in den Hinter grund zu stellen. Obwohl Herr Heinrichshofen betonte, daß ihm nur daran liege, diese Ware im Großen zu vertreiben, mußte ihm dies doch widerlegt werden, denn die Papierhändler hatten noch keine Ahnung von den Farbkästen usw., obwohl in dem Schaufenster seines Kleingeschäftes eine große Ausstellung hiervon ge macht war. Es wurde vorgeschlagen und auch mit großer Mehrheit angenommen, daß dem Magistrat sofort von diesen Mißständen Mitteilung gemacht wird, um möglichst zu verhüten, daß die „Otto-Farbkästen” usw. zu Ostern 1911 wieder durch die Lehrer bevorzugt werden. Zum Schluß der Versammlung war die Meinung allgemein, daß man bis an die höchsten Stellen gehen müsse, damit solche Mißstände sich nicht weiter ausdehnen. Dann ersuchte Herr Bieler die Mitglieder des Vereins, sich an der üblichen Zettelverteilung bei der Fortbildungsschule zu beteiligen. Nachdem sich noch 2 neue Mitglieder gemeldet hatten, schloß der Vorsitzende die Versammlung 11% Uhr. Heinrich Seidel Wilh. Dammeier Vorsitzender Schriftführer Briefpapiere Die dekorative Kunst ist wieder tätig, Briefpapiere für Herren und Damen mit neuen Schmuckformen zu versehen. Borten und Vignetten, feine Tönungen und Muster, die von der Mode bestimmt werden, neue originelle Verschlüsse und Ein lagen der Hüllen zieren hauptsächlich die Damenpapiere. Auch der Schmuck der Briefdecken wird sorgfältig gewählt; er soll nicht nur mit dem Inhalt übereinstimmen, er soll auch die Schau fenster schmücken, die Käufer anlocken. Die nervöse Gegen wart bevorzugt die ruhigen Formen, einen wohltuenden Farben zusammenklang in bildlichen Darstellungen wie in der Ornamentik. Das Auge sucht nach einem Mittelpunkt, der durch die Farbe und den Aufbau der Formen betont wird; Boden und Seiten gründe haben sich dem leitenden Gedanken einzuordnen. Was für hübsche Wirkungen durch geschmackvolle Zu sammenstellungen der Briefpapiere und -schachteln erzielt wer den, hat uns der Schaufensterwettbewerb gelehrt, und einige Auslagen von Papierhandlungen zeigen das Bestreben, auf dieser Bahn weiterzuschreiten. So sehen wir eine Ausstattung von roten Jagdpapieren in die Mitte gerückt, die Kassetten, haben goldenen Aufdruck, ein Siegellack in Goldfarbe ist den aufge stellten Briefbogen beigegeben. Die Kartenschachteln tragen einen Querstreifen mit Darstellungen von Jagdszenen. Die Haupt farbe dämpft sich in den Seiten und auf dem Boden der Aus lage ab. Eine andere Handlung sucht verschiedenfarbige Etiketten zusammenzustimmen; wieder eine andere legt das Hauptgewicht auf ein dekoratives Schriftbild, das sich in der Farbe dem Haupt ton einfügt. Ausdrucksvolle Schwarzweißdekorationen geben würdiges Aussehen; rot und blau, die traditionellen Farben der Buchkunst, treten hinzu. Eine Schachtel mit Pergament papier weist außer dem dekorativen Mittelbild noch einen Rahmen auf, der an die ornamentalen Randleisten von Erhard Ratdold erinnert. Dekorativ wirken auch Wappen, Bildnisse usw. Die Briefpapiere von Ferdinand Stange zeigen uns die Fort schritte der dekorativen Kunst. Der Name „Kreppserie” wird durch die Einlage der Hüllen bestimmt, die verschiedene Tönungen annimmt. Das Frauenbild der Decke ist in der Farbe des Futters dekoriert. Die Hüllen der Herrenpapiere haben bräunliches Futter mit Golddruck; die Briefschachtel weist einen Ueberzug in derselben vornehmen tabakfarbenen Tönung mit Golddruck auf. Das Etikett „Achill” bezeichnet starke Papiere mit ein fachen oder doppelten farbigen Rändern. Die gemusterten Streifen, die in dunklerem Ton quer über die Schreibfläche ziehen, geben einen Anhalt zum Geradeschreiben. Marke „Douglas” hat schottisches Streifenmuster. Größere Formate werden bevorzugt. „Baldur” hat durch Pressung hergestelltes Karomuster, grünlichen Ton, havanafarbiges Futter und gold farbene Bändchen. Unter den verzierten Papieren zeigt „Alt-Wien” Bronze vordruck und geprägten Reliefschmuck. Papier „Lady” hat vornehm wirkenden Medaillon Verschluß, der das Monogramm aufnehmen soll. Besonderen Beifall dürften sich lila Papiere mit malvenfarbener Bronze oder cremefarbene Bogen mit Gold bronze erwerben. Die Bezeichnung „Frisia” charakterisiert Schmuckformen in friesischer Durchbrucharbeit, welche den Medaillonschluß strahlenförmig nach unten erweitert. Marke „Gentry” bringt den Medaillonverschluß in Form einer Stempel marke. Auch einfache, starke Leinenpapiere sind vorhanden mit doppelter Randleiste und verschiedenfarbigem Futter, das auch