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Papierzeitung
- Bandzählung
- 36.1911,1-26
- Erscheinungsdatum
- 1911
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- Deutsch
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- Universitätsbibliothek Chemnitz
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- Universitätsbibliothek Chemnitz
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Zeitschrift
Papierzeitung
-
Band
36.1911,1-26
-
- Titelblatt Titelblatt I
- Register Inhalt III
- Ausgabe Nr. 1, 1. Januar 1
- Ausgabe Nr. 2, 5. Januar 41
- Ausgabe Nr. 3, 8. Januar 73
- Ausgabe Nr. 4, 12. Januar 105
- Ausgabe Nr. 5, 15. Januar 141
- Ausgabe Nr. 6, 19. Januar 181
- Ausgabe Nr. 7, 22. Januar 213
- Ausgabe Nr. 8, 25. Januar 249
- Ausgabe Nr. 9, 29. Januar 285
- Ausgabe Nr. 10, 2. Februar 325
- Ausgabe Nr. 11, 5. Februar 361
- Ausgabe Nr. 12, 9. Februar 401
- Ausgabe Nr. 13, 12. Februar 441
- Ausgabe Nr. 14, 16. Februar 481
- Ausgabe Nr. 15, 19. Februar 521
- Ausgabe Nr. 16, 23. Februar 561
- Ausgabe Nr. 17, 26. Februar 597
- Ausgabe Nr. 18, 2. März 641
- Ausgabe Nr. 19, 5. März 677
- Ausgabe Nr. 20, 9. März 717
- Ausgabe Nr. 21, 12. März 753
- Ausgabe Nr. 22, 16. März 793
- Ausgabe Nr. 23, 19. März 829
- Ausgabe Nr. 24, 23. März 865
- Ausgabe Nr. 25, 26. März 901
- Ausgabe Nr. 26, 30. März 937
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36.1911,1-26
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608 PAPIER-ZEITUNG Nr. 17 der Typen, voller Warmherzigkeit fähig für den Dichter und nüchternster Sachlichkeit für den Geschäftsmann. Sind die deutschen Märchen wohl genießbar in lateinischer Schrift ? Oder kann man sich die Handzeichnungen von Wilhelm Busch wohl in Versen in Antiqua-Druck vorstellen ? Vor allem hat die deutsche Bruchschrift eine außerordentliche Fähigkeit gezeigt, alle Stilwandlungen in unseren Landen bis auf den heutigen Tag mitzumachen. Schon zu Karl des Großen Zeiten nimmt die lateinische Mönchsschrift bei uns so fort persönliche Eigenheiten an; den ganzen romanischen und goti schen Stil und auch die deutsche Renaissance lebt sie getreulich mit, sie weiß die Gemessenheit des mittelalterlichen kirchlichen Lebens, die großen Gefühle der Goethezeit und das Schäferliche der Zopf- Periode auf das Intimste widerzuspiegeln. Sogar dem modernen Zuge, weit über Eckmann hinaus, wußte sich die Fraktur anzuschließen. Es steckt in der Entwickelung unserer Schrift bis hinein in unsere Tage ein solches Stück lebendiger Kunstleistung, daß es eine gar nicht wieder gutzumachende Torheit wäre, dieses immer und immer wieder für die wechselnden Zeitverhältnisse umprägbare Kapital nun in einer schulmeisterlichen Anwandlung einfach zum Fenster hin auszuwerfen. Immer ist die Schrift in geschwisterlicher Beziehung zum deutschen Schöngeistertum gewesen, die ganze Phantasie des letzteren teilte sich der Schrift selber mit. Man sehe sich daraufhin vergleichshalber doch nur einmal irgendeinen antiken lateinischen Buchstaben an und beobachte nun, was für Kunstformen die Deut schen daraus umschufen. Die kalte Kesselhakenform des latei nischen S wandelt sich in unsere bildstarke volle flächige Form des großen S und dieses S selber hat wiederum in der Art seiner künstlerischen Aufmachung im einzelnen viele Lebensäußerungen gezeigt, während das lateinische S eigentlich immer bis auf den heu tigen Tag in seiner starren Leblosigkeit verharrte. Gar nicht anders ist es der Schreibschrift gegangen. Die lateinische fließt rundlich dahin, die deutsche hat schon durch ihr staakiges f ihr kapriziöses 8 und ihr flüssiges ß und die Eckigkeit der Buchstaben viel größeren Charakter gehabt. Obendrein sind die Wortbilder viel klarer. Unser sc wird direkt ein geschlossenes Bild, das wie ein Buchstabe vom Auge als Ganzes aufgenommen wird, während das lateinische sch immer in seine Bestandteile der Einzelbuchstaben zerfällt. Wenn es den Gegnern der deutschen Fraktur vielleicht durch einen Reichtagsbeschluß gelänge, die deutsche Fraktur zugunsten der lateinischen Antiqua zu beseitigen, glauben diese Gegner dann etwa, sie hätten das weitere Walten des deutschen Spieltriebes, der sich immer in unserer Schrift bewährte, dauernd beseitigt ? Wohl hätte man dann unserem Volke eine unerhörte Blamage zugefügt und unsere Schulen um ein Stück echten Charakterlebens ärmer gemacht. Aber, wir würden in 10 bis 20 Jahren doch unzweifelhaft wieder das alte Bild haben, in dem man, genau wie in alten Zeiten, doch wieder anfinge, die lateinische Schrift künstlerisch umzugestalten. Sonst müßte man schon gleich noch radikaler vorgehen und — eigentlich gleichzeitig die sämtlichen deutschen Künstler totschlagen. Redner begleitete seine Ausfüh rungen mit gewandten Skizzen an der Tafel, in denen er die wechseln den Buchstabenbilder vorführte. Herr Prof. Dr. Jaensch erklärt, er wolle sich als Vorsitzender des Ausschusses zur Abwehr des Lateinschrift-Zwanges auf zwei Hauptpunkte beschränken und seine persönliche Stellung zur Sache zunächst zurückstellen. Dies seien die Rechtsfrage und die reine Zweckmäßigkeitsfrage. In erster Hinsicht sei für ihn maßgebend das sittliche Recht, nicht das bloß formale, das Herr Abg. Prof. Stengel schon in einer früheren Versammlung für das Vorgehen der Petitionskommission geltend gemacht habe. Durch die geplante Ueberweisung zur Berücksichtigung würde sich der Reichstag, falls er dem Kommissionsbeschluß beiträte, unter allen Umständen in formal korrekter Form eines Unrechts schuldig machen; denn der Anstand gebiete, auch dem Gegner Zeit zur Entwickelung und Geltendmachung seiner Gründe zu lassen. Dies sei nicht geschehen, sondern der Reichstag solle nach dem Wunsche der Herren von der Kommission die gegnerische Meinung unterdrücken, indem er das deutsche Volk durch Druck auf die Regierung vor eine vollendete Tatsache stelle, gegen die dann der zu spät aufgenommenc Kampf aussichtslos wäre. Sei das nicht die Absicht der Kommission, so möge Herr Stengel jetzt selbst dahin wirken, daß der Antrag an das Plenum rückgängig gemacht werde. Er möge ihn in der Form der Ueberweisung als Material wiederholen, oder auch unverändert nach drei Jahren wieder einbringen. Bis dahin hätten auch die An hänger der Eckschrift Zeit, ihr Material zu sammeln, zu sichten und vorzulegen. Bisher seien sie noch nicht zu Worte gekommen; über dies aber sei die ganze Frage von beiden Seiten noch niemals er schöpfend untersucht worden. Eine solche Untersuchung steht jetzt bevor. Haben die Anhänger der Altschrift sachlich recht, so wird ihre Sache durchdringen, auch wenn wir uns erst in drei Jahren wieder sprechen. Erweist sich die Eckschrift als das physiologisch Zweckmäßigere, so wird auch das rundschriftliche Ausland nach genauerer Einsicht völlig zu ihr zurückkehren. Im übrigen sei der Reichstag überhaupt nicht zuständig, derartige Fragen zu entschei den; auch habe die Kommission die sachlich gänzlich zu trennenden beiden Fragen der Schreibschrift und der Druckschrift miteinander verquickt und dadurch von vornherein das Urteil des weniger sach kundigen Lesers irregeleitet — beides nicht ganz ohne Absicht. Die Druckschrift wolle man treffen, die Schreibschrift, die gar nichts mit ihr zu tun habe, schiebe man vor, um die Schreiblehrer und die Handelswelt zu gewinnen; in Wirklichkeit aber sei die Frage der geschriebenen Schriftform nach ganz anderen Grundsätzen zu untersuchen. Das Vorgehen des Abg. Stengel sei rückständig, ja rück schrittlich und unfreisinnig. Folge ihm der Reichstag, so heiße das alle natürliche gesunde Entwickelung gewaltsam ertöten; die Folgen lägen nicht bloß auf gesundheitlichem und künstlerischem Gebiete, sondern auch auf kunstgewerblichem und damit wirtschaftlichem. — Redner schloß mit dem den Umständen nach abgeänderten Goethe- sehen Vers: Eine schickt sich nicht für alle, Sehe jeder, wie er schreibe; Sehe jeder, wo er bleibe Und wer steht, daß er nicht falle. Dem von mancherlei Zwischenrufen unterbrochenen Vortrag folgte lebhafter Beifall der Freunde des Redners, dem Herr Prof. Dr. Reinhold Freiherr von Lichtenberg am Rednerpult folgte. Er sagte etwa: Die ersten Schriftarten waren in Europa die Buchstaben schrift, im Orient die Bilderschrift. Die Runen sind wohl die älteste Form der europäischen Buchstaben. Aus ihnen entwickelten sich wohl zunächst die griechische und die lateinische Großbuchstaben schrift. Dies beweist die Gleichheit des germanischen Namens für die Alphabetreihe „Fulhark" mit dem für die Buchstaben-Symbolik wichtigen Namen Pythaberas. Neben eigentlicher Schrift ist auch die Zeichön-Symbolik bedeutsam. Hier ist das Hakenkreuz als urari sches Symbol wichtig. Es kommt in der altaegaeischen Silbenschrift vor. Es scheint aber auch die Grundlage der hebräischen Schrift zu sein, so daß auch diese arischen Ursprungs zu sein scheint. Aus den Runen entwickeln sich als Kursivschriften die lateinische Schrift, die deutsche Fraktur und die griechische Schrift, wahrscheinlich auch die indische. Jede Form wird von dem betreffenden Volke national zu einer eigenen Schrift umgewandelt. Daher bei gleichem arischen Ursprung die Entwickelung zu national, d. h. nach Stämmen verschiedenen Schriften, die untereinander gleichen Ursprung haben. So ist jede Schriftart die Ausprägung einer besonderen Stammes- eigentümlichkeit, die schon darum auch gewährt werden muß. Redner führte dann verschiedene persönliche Erlebnisse an, welche darzutun scheinen, daß die deutsche Handschrift auch im Orient beliebter sei und besser verstanden werde, als die lateinische Schrift. Er betonte die hohe Ausdrucksfähigkeit der Fraktur gegenüber den starren Formen der Antiqua und verglich diese mit einem Leichnam gegenüber dem frischen Leben der Fraktur. Herr Kurt von Strantz führte nochmals aus, die gotische Bruch schrift sei wirklich eine deutsche Volksschrift, die mit dem gotischen Baustil eng Zusammenhänge. Das germanische Nordfrankreich war die Wiege, aber Deutschland brachte diese hermische Bau- und Schriftkunst erst zur Vollendung, bis der antinationale Humanismus die Entwickelung beider bodenständigen Aeußerungen des deutschen Volksgeistes hemmte. Die deutsche Schrift und die Blüte der mittel alterlichen Dichtkunst wurden zur gleichen Zeit geboren. Redner bezeichnet die Antiqua als eine willkürliche Lateinschrift der italieni schen Renaissance. Unsere später klassische vom Hellenismus an gekränkelte Literaturblüte übertrifft keineswegs die mittelalterliche, deren Schriftzeichen unsere gegenwärtigen deutschen Buchstaben waren. Die Lateinschrift ist ein Ueberbleibsel des Romanismus, der sie den nordischen Runen entlehnte. Die Bruchschrift hält ge wisse Runenerinnerungen fest. Dadurch wird sie ein Merkmal deut schen Geistes und deutscher Sprache. Die Lateinschrift steht selbst im englischen Weltreich an Verbreitung erheblich hinter den ein geborenen indischen Schriftzeichen zurück. Romanische Völker, wie Franzosen und die Spanier beider Welten kennen und hegen noch die altüberlieferten gotischen Buchstaben als Zierschrift. Bei der Ausländerei der Deutschen müssen wir auf der nationalen Unter scheidung durch eine besondere Schrift beharren, die jedem Latein- schriftler des Auslandes verständlich ist. Daher dürfen wir auch die bloße Gleichberechtigung der Antiqua nicht zulassen, die bloß in fremdsprachlichen Werken statthaft ist. Herr Rechtsanwalt Victor Fraenkl äußerte sich als Mann des Praktischen sehr energisch gegen die Bestrebungen zur Beseitigung der Fraktur. Er wies darauf hin, daß es neu und ungebräuchlich sein würde, Luthers, Goethes oder Kants Schriften in Antiqua zu drucken. Die gerundeten Buchstaben der Lateinschrift geben uns nicht das Bild des Charaktervollen, das unsere Fraktur erzeugt. Eckermann erzählt in seinen Gesprächen mit Goethe, daß diese ihm die erste Handschrift seines Götz von Berlichingen gezeigt habe und knüpft daran die Bemerkung: „Die schlanken Züge der Handschrift trugen schon ganz den freien, klaren Charakter, wie ihn seine deutsche Schrift später immer behalten und auch jetzt noch hat.” Die Gründe für die Alleinherrschaft der Lateinschrift sind fadenscheinig. Am erbärmlichsten nimmt sich die Begründung mit Interessen des Welt verkehrs aus. Es ist nichts, als wieder die leidige Kriecherei vor dem Ausland, die bei uns historisch Entwickeltes, geschichtlich unser eigen Gewordenes preisgeben will. Aber auch der Vorwurf, daß die Antiqua leichter lesbar sei, ist längst widerlegt, da das gleich förmige Wort und Zeilenbild der Antiqua weit weniger charakteristisch und eigenartig ist als das der Fraktur; daher kann das Auge die letztere weit schneller auffassen. Schluß folgt. ♦ * * Im Papierhaus wurde am Abend des 21. Februar ein Schirm mit silberner Krücke vertauscht. Es wird gebeten, ihn beim Haus wart abzugeben.
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