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520 PAPIER-ZEITUNG Nr. 14 Tantieme 11142. Frage: Ich war als Geschäftsführer gegen Gehalt und Tantieme .angestellt, welche vom Geschäftsgewinn nach Abzug der Lasten und Abschreibungen zu berechnen war. Unter Lasten ver stehe ich Hypothekzinsen, Versicherungen und Steuern. Vor Jahren hatte die Firma eine fingierte Erhöhung des Besitzwertes um 100 000 Mark vorgenommen, indem sie ein eigenes Wehrkonto in' dieser Höhe errichtete, ohne ein anderes Konto zu entlasten. Wert und Kaufpreis des Wehrs waren aber schon in den übrigen Besitzkonten enthalten. Von diesem Wehrkonto schreibt die Firma jedes Jahr 10 000 M. ab, wodurch ich um 200 M. in der Tantieme geschädigt bin. Muß ich mir das gefallen lassen, oder was soll ich tun ? Antwort: Wenn der Betrag von 100 000 M. für den Wert des Wehres in anderen Besitzkonten steckt, so ist wahrschein lich, daß eine Umbuchung von diesen Konten auf das Wehr- Konto stattgefunden hat, um nur dieses mit dem Wert oder Kaufpreis zu belasten. Derartiges Verfahren ist zulässig und nicht als „fingierte” Buchung anzusehen. Die Höhe der Ab schreibung erfolgt nach Ermessen des Besitzers. Ob die Wert- Verminderung um 10 000 M. den Verhältnissen nicht entspricht und die Höhe der Abschreibung zu beanstanden ist die Summe erscheint allerdings hoch , läßt sich nur an Ort und Stelle prüfen. Möge Fragesteller den Lieferanten des Wehres nach der Lebensdauer befragen, um einen Anhalt für die Höhe der Abschreibung zu gewinnen. Ehe der Weg der Klage beschritten wird, sollte sich Fragesteller mit dem Geschäftsherrn behufs Klärung der Frage in gütliches Einvernehmen setzen. Als Lasten sind übrigens auch Handlungsunkosten anzusehen. Carl Thimm gerichtlicher Bücherrevisor * * * Nach Empfang eines Abzuges dieser Antwort schreibt der Fragesteller: Umbuchung von anderen Konten hat nicht stattgefunden. Als Gegenpost — und das war der Zweck — ist das Privatkapital- konto um 100 000 M. erhöht worden, ohne daß dem Geschäfte neue Barmittel zugeflossen wären. Der zweite Zweck der Sache war wohl, den Geschäftsführern die Tantieme zu verkürzen. Handlungs unkosten sind schon im Bruttogewinn verrechnet. Der Wert der Gesamtanlagen ist um 100 000 M. gesteigert worden. Unlauterer Wettbewerb durch erbettelte Anzeigen 11143. Frage: Wir besitzen eine alteingeführte Fachschrift, die zum Unterschied von anderen Blättern des Faches eine große Anzahl Gelegenheitsanzeigen betr. Angebot und Nachfrage ge brauchter Maschinen u. dgl. enthält, wodurch unser Blatt für die Fachleute besonderen Wert besitzt. Um kleine Anzeigen dieser Art zu erhalten, verfährt ein Konkurrenzblatt wie folgt: Es schickt allen Firmen, welche in unserem Blatte eine Kaufanzeige haben, eine Doppelkarte zu. Auf diese ist einerseits der unserer Fachschrift, entnommene Ausschnitt geklebt, während auf der anderen, an hängenden Karte angegeben ist, daß das Blatt bereit ist, die auf geklebte Anzeige einmal kostenlos aufzunehmen, um zu beweisen, daß es zur Aufnahme sehr geeignet sei. Wer die Aufnahme wünscht, solle die mit dem Ausschnitt versehene Bestellkarte dem Verlag unterschrieben einsenden, worauf die Anzeige einmal kostenlos ab gedruckt wird. Mittels dieses Verfahrens hat dies Blatt jetzt in jeder Nummer 10 bis 15 solcher kleiner Anzeigen. Können wir auf Grund des Wettbewerbsgesetzes etwas hiergegen unternehmen ? Ist nicht die Aufnahme von Anzeigen, die nicht bestellt und nicht bezahlt sind, straffällig ? Antwort: Die Gerichte haben schon unter der Herrschaft des früheren Wettbewerbsgesetzes den Abdruck unbestellter An zeigen als unlauteren Wettbewerb geahndet, weil der Verleger durch deren Aufnahme den Anschein erweckt, als würde sein Blatt vom Fach, dem es dient, als wirksames Anzeigenblatt anerkannt. Besonders galt dies, wenn die Anzeigen solcher Art waren, wie sie dem Blatte in direktem Verkehr überhaupt nicht zugeflossen wären, z. B. Stellengesuche und -angebote, gelegent liche Kauf- und Verkaufsanzeigen, denn gerade nach der Zahl dieser Anzeigen wird die Verbreitung des Blattes in manchen Kreisen beurteilt. Im vorliegenden Falle ist Abdruck der An zeigen zwar erlaubt, aber sie sind nicht bestellt und nicht be zahlt. Das Blatt treibt u. E. mit deren kostenfreier Aufnahme unlauteren Wettbewerb, da der Leser die Anzeigen für bezahlt halten muß, während sie es in Wirklichkeit nicht sind; hierin liegt eine wissentlich unwahre und zur Irreführung geeignete Angabe über geschäftliche Verhältnisse, die nach § 4 des Wett bewerbgesetzes mit Gefängnis und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen geahndet werden kann. Fragesteller sollte die gegnerische Fachzeitschrift auf Grund dieses Paragraphen ver klagen und hierzu nötigenfalls den Beistand'des Verbandes der Fachpresse in Berlin W 57, Dennewitzstr. 19, erbitten. Flachbeutel 11144. Frage: Ich beabsichtige kleinere Flachbeutel, die ich bisher von Tütenfabrikanten bezogen habe, selbst zu fabrizieren. Welcher Einrichtung bedarf es hierzu? Welche Lehrbücher gibt es hierüber? Antwort: Die Herstellung von Flachbeuteln aus Rollen papier ist in Heinrich Thümmes’ »Tütenfabrikation«, Bd. i, genau beschrieben (Verlag der Papier-Zeitung, Preis mit vielen Tafeln und Abbildungen geb. 12 M.). Die Herstellung von Beuteln aus gestanztem Papier wird vom selben Ver fasser fortsetzungsweise in der Papier-Zeitung beschrieben und soll einen Hauptbestandteil des 2. Bandes bilden, der gleichfalls im Verlag der Papier-Zeitung erscheinen wird. Prüfung erhaltener Ware 11145. Frage: Unser Kuvertfabrikant lieferte uns für einen eiligen, an einem bestimmten Tage zur Ablieferung gelangenden Auftrag rooo Tauen-Taschen 281/2X331/2 cm, welche bedruckt abgeliefert werden sollten. Die Kuverte wurden pünktlich ge liefert und von uns bedruckt, so daß wir nach dieser Richtung hin den Kunden zufriedengestellt wußten. Bei der Kuvertierung stellte sich nunmehr heraus, daß 300 Stück nicht gummiert waren, d. h. die Klappe der Tasche war gummiert, aber die von der Fabrik gelieferten Taschen waren an der Langseite voll ständig offen, so daß der Katalog, der in die Taschen gesteckt werden sollte, herausfiel. Sie wurden uns zur Verfügung ge stellt mit dem Bemerken, daß der Kunde sich die 300 fehlenden schon von anderer Seite beschafft habe. Wir haben diese 300 Stück auch dem Kuvertfabrikanten zur Verfügung gestellt mit dem Hinweis, daß eine Nachlieferung keinen Zweck habe, da der Kunde sie nicht abnehme. Dem Kuvertfabrikanten ist die Schuld an dem Ausfall der 300 Stück zuzuschreiben, er steht aber auf dem Standpunkt, daß er uns gesetzlich zwingen will, die Kuverte, weil bedruckt, abzunehmen. Sind wir ver pflichtet, die 300 Kuverte abzunehmen? D. h. mußten wir, nach dem wir bei Empfang die richtige Papierqualität und Größe festgestellt hatten, auch noch dem Fabrikanten gegenüber die 1000 Kuverte auf Gummierung nachsehen? Antwort: Fragesteller war nach dem Handelsgesetz ver- pflichtet, die Ware bei Empfang nach j'eder Richtung hin zu prüfen. Da Fragesteller dies unterlassen, die Ware ver arbeitet und weiter verkauft hat, so ist die Kuvertfabrik nach dem Gesetz nicht verpflichtet, seine nachträgliche Rüge zu beachten. Willkür des Rechtsanwalts 11146. Frage: Ich beauftragte einen hiesigen Rechtsanwalt, gegen einen meiner auswärtigen Kunden Klage auf Abnahme einer von diesem bestellten, indes nicht abgenommenen Rolle Papier zu erheben, und teilte meinem Anwalt gleichzeitig mit, der Kunde habe von der Sendung eine Rolle behalten und die zweite ohne Grund zurückgesandt. Mein Anwalt überwies die Sache an einen am Sitz des Kunden wohnenden Kollegen und ersuchte mich, der Einfachheit wegen über die Sache mit diesem zu verhandeln. Im Laufe der Monate beauftragte ich den auswärtigen Ver treter, wegen des inzwischen verfallenen Betrages der ange nommenen Rolle Klage zu erheben. Bei der Verhandlung stellte sich indes heraus, daß mein hiesiger Anwalt den Betrag bereits einige Zeit vorher zwangsweise hatte einziehen lassen, ohne Auftrag dazu von mir empfangen zu haben und ohne von dieser Eintreibung seinen auswärtigen Kollegen oder mich in Kenntnis gesetzt zu haben. Diese Mitteilung wurde mir erst, als ich meinen hiesigen Anwalt um Aufklärung betreffs des angeblich von ihm eingezogenen Betrages ersuchte. Ueber die Willkür seiner Maßnahme gab er eine nichtssagende Antwort. Die da durch entstandenen Kosten, welche den größten Teil der Klage summe ausmachen, hat mein Anwalt von dem eingezogenen Be trag -abgezogen und meinen diesbezüglichen Einspruch auf sich beruhen lassen. An wen habe ich mich in dieser Sache zu wenden? Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Dem Anwalt steht, wenn er ohne Auftrag und auch ohne Wissen des Fragestellers gerichtliche Schritte eingeleitet hat, kein Ge bührenanspruch gegenüber dem Fragesteller zu, es kann ihm vielmehr nur überlassen bleiben, die Kosten vom andern Teile einzuziehen. Die Zurückhaltung des den Kosten ent sprechenden Betrages von dem eingezogenen Forderungs beträge ist daher ungerechtfertigt. Es wird dem Frage steller nichts übrig bleiben als auf Rückzahlung des Be trages beim dortigen Amtsgericht — welches bis zum Be trage von 600 M. zuständig ist — Klage zu erheben. Eines Anwaltes bedarf er vor dem Amtsgericht nicht. Außerdem steht es dem Fragesteller frei, über den Anwalt bei der vorgesetzten Disziplinarbehörde, d. i. dem Vorstande der Anwaltskammer des zuständigen Oberlandesgerichts, Be schwerde zu führen. Verantwortlicher Schriftleiter Siegmund Ferenczi, Friedenau. Zuschriften nur an Papier-Zeitung} Berlin SW 1J, erbeten. Druck von A. W. Hayn’s Erben, Berlin SW 68, Zimmerstraße 29.