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Nr. 5 PAPIER-ZEITUNG 143 Verein der Zellstoff- und Papier-Chemiker Hauptversammlung am 24. und 25. November 1910 im Papierhaus in Berlin Erster Verhandlungstag: 24. November 1910, nachmittags 4 Uhr Fortsetzung zu Nr. 4 S. 107 Vorsitzender: Wir können dann wohl zum Punkt „Vorführung von Neuheiten“ übergehen. Ich schlage vor, daß wir den Gästen den Vortritt lassen, und bitte zunächst Herrn Oberingenieur Dropisch, Köthen, das Wort zu nehmen. Dropisch, Köthen, hält folgenden Vortrag: Der Schneidersche Stoffänger Ira Auftrage meiner Firma, der Maschinenfabrik Aktien-Gesell- schäft vorm. Wagner & Co. in Cöthen als alleiniger Fabrikantin des Ihnen bekannten Stoffängers Patent Schneider, habe ich die Ehre, Ihnen heute einige Worte über diesen Apparat zu sagen und bitte sie um freund liche Aufmerksamkeit. Es steht mir leider nur wenig Zeit zur Verfügung, und ich darf mich deshalb wohl darauf beschränken, über die Bauart und die Wirkungs weise des Stoffängers, die Ihnen ja aus den Fach-Zeit schriften zur Genüge bekannt sein werden, kurz nochmals das Notwendigste zusammen zufassen und in wenigen Worten zu erläutern; zu ein gehendem Studium bei ge legener Zeit bitte ich die Herren, den Prospekt nebst Drucksachen und Zeichnungen des Schneider-Stoffängers zu benutzen, die ich mir erlaubt habe, in einer Reihe von Exemplaren an die Herren Mitglieder und Gäste des Vereins vor Beginn der Vor träge verteilen zu lassen. Es steht Ihnen außerdem ein kleines Modell des Apparates, das ich mitgebracht habe, zur näheren Besichtigung nachher gern zur Verfügung. Ich bitte Sie, meine Herren meinen Ausführungen an Hand der hier aufgehängten kolorierten Tafel, die den Apparat im Schnitt darstellt, zu folgen. Wie ich jetzt allerdings sehe, ist diese Tafel in Anbetracht der großen Dimensionen des Versammlungssaales noch zu klein, um von allen Plätzen aus deutlich erkennbar zu Beim Austritt aus dem unteren J sein; jedoch finden Sie eine genaue Verkleinerung in den verteilten Unterlagen (s. Bild). Wie Sie aus der Zeich nung ersehen, wird das in einer Grube gesammelte stoff haltige Abwasser, sei es nun von einer Papiermaschine, Pappenmaschine, Schleiferei usw. herrührend, mittels einer Pumpe hochgehoben und läuft oben in das im Innern des Stoffängers befindliche Stand- rohr, wo es mit allmählich sich vergrößerndem Quer schnitt nach unten geleitet und durch den sog. V erteilungs- stern nach allen Seiten gleich mäßig verteilt wird. il des Standrohrs und während des Nach-dem-Rande-zu-Strömens des Stoffwassers haben infolge der hierbei sich bis auf ein Minimum reduzierenden Wassergeschwin digkeit die in dem Wasser enthaltenen Bestandteile, wie Stoffasern, Erde, Leim usw. Gelegenheit, zu Boden zu sinken und sich im unteren konischen Teile des Apparates zu sammeln und zu verdicken, von wo sie durch eine Rohrleitung abgezogen und zur direkten Wieder verwendung auf der Papiermaschine usw. weitergeleitet werden. Ein in dieser Rohrleitung dicht am unteren Konus eingeschalteter Schieber gestattet, durch mehr oder weniger starkes Oeffnen die Konsistenz dieses Fangstoffes nach Bedarf zu regeln. Das gereinigte Abwasser steigt um den am unteren Ende des vorgenannten Standrohrs befindlichen Trichter durch den schmalen ringförmigen Zwischenraum nach oben und fließt über den oberen Rand des Stoffängers in eine daselbst angebrachte, rundherum laufende Sammelrinne, von wo dann das gereinigte Abwasser zu beliebiger Wiederverwendung in das meist vorhandene Frischwasser bassin läuft; von dort erfolgt dann die Verteilung des reinen Wassers nach den Spritzrohren, zum Speisen der Schleifer, Füllen der Hol länder usw. Auf diese Weise geht nicht eine Faser Stoff verloren. Der Fang stoff behält dadurch, daß er nicht wie bei anderen älteren Stoff fanganlagen erst wieder die Holländer passiert und dort unnötiger weise kurzgemahlen wird, in den meisten Fällen den Wert wie der auf dem Siebe der Papiermaschine laufende Stoff, macht also die Anlage im höchsten Grade rentabel, abgesehen von der großen Er sparnis an Frischwasser. Sie ersehen aus der dem Prospekt beiliegenden Empfängerliste, daß die Firma Wagner & Co. bereits eine ansehnliche Reihe von Schneider-Stoffängern geliefert hat, deren Mehrzahl zum Teil schon seit längerer Zeit in Betrieb ist, so z. B. als erste die beiden an die Schwarzenberger Papierfabrik gelieferten Apparate, die im Januar d. J. bereits in Betrieb kamen. Leider sind uns nur von wenigen Empfängern Betriebsresultate zugänglich gemacht worden, und erlaube ich mir, Ihnen hiermit einige dieser Daten zur Kenntnis zu bringen. Für obengenannte Schwarzenberger Firma wurde ein Apparat für die Seidenpapierfabrik, der andere für die Preßspanfabrik ge liefert. In der Seidenpapierfabrik betrug der Stoffverlust im Januar vor Aufstellung des Stoffängers Patent Schneider 13,4 v. H., im Februar, nachdem der Stoffänger den ganzen Monat in Betrieb war, nur noch 1,2 v. H. In der Preßspanfabrik betrug der Stoffverlust im Monat De zember vor Aufstellung des Stoffängers Patent Schneider 16 v. H., im Monat Januar, nachdem der Stoffänger vom 15. Januar ab in Betrieb gesetzt war, noch 8% v. H. Im Monat Februar, nachdem der Stoffänger den ganzen Monat in Betrieb war, nur noch 0,4 v. H. Diese Zahlen wurden durch genaues Verwiegen des vorhandenen Lagers, des Zugangs und Abgangs der Rohmaterialien, gegenüber den angefertigten fertigen Fabrikaten, festgestellt, und da die kon trollierten Gewichte bis auf einige Kilo sich mit den buchmäßig festgestellten Gewichten deckten, so ist wohl anzunehmen, daß diese Zahlen wenigstens annähernd richtig sind. Während Schwarzenberg also vor Aufstellung des Stoffängers mit einem durchschnittlichen Stoffverlust von 14,7 v. H. zu rechnen hatte, hat die Firma nach Inbetriebnahme der Stoffänger nur noch einen Stoffverlust von durchschnittlich 0,8 v. H. Aber nicht allein in der Herabminderung des Stoffvcrlustes um etwa 14 v. H. äußert sich der Wert der Stoffanganlage Patent Schneider, sondern auch durch die damit ersparte 'I, Kraft für die Holländer, da erklär licherweise bei der Wiedergewinnung von 14 v. H. Stoff 1/7 weniger neuer Stoff zu mahlen ist. Vielleicht hat der heute hier anwesende Herr Papierfabrikant Brandt, Mitinhaber der Firma Brandt & Süreth in Plattenthai i. S., die Liebenswürdigkeit, sich nachher selbst zu äußern über die Er fahrungen, die diese Firma mit dem gelieferten Stoffänger gemacht hat; ich bin sicher, daß er nur Gutes darüber berichten kann, mit Zahlen darüber kann ich selbst leider nicht aufwarten. Es wird unserem System oft der Vorwurf gemacht, daß die meist im Freien aufzustellenden Schneider-Stoffänger, deren Auf stellung innerhalb der Fabrikräume in vielen Fällen ihrer Größe wegen Schwierigkeiten macht, im Winter bei strenger Kälte ein frieren und dadurch Betriebsstörungen hervorrufen müssen. In der Schwarzenberger Papierfabrik wurde ein Apparat im November aufgestellt. Die Bauzeit dauerte wegen anderweiter Bau lichkeiten bis Mitte Dezember. Es ist nur eine ganz einfache Bretter verschalung um den Stoffänger gelegt, und Sie können daraus er sehen, daß ein solcher Stoffänger durchaus nicht einfriert, doch sind die Stoffablaufrohre, welche über den Hof gehen/ bei strengster Kälte etwas mit Hadern umwickelt worden, sonst hatte die Firma keine Schwierigkeiten. Auch die für die Papierfabrik Gustav Toelle in Wildenfels ge lieferten beiden Stoffänger, der Apparat für Herren Brandt & Süreth, zwei Apparate für Keferstein in Sinsleben, ein Apparat für Hertwig in Duderstadt und andere mehr stehen im Freien, während z. B. der für die Preßspanfabrik Untersachsenfeld gelieferte Stoffänger in einem eigenen, neu erbauten Fachwerkgebäude zur Aufstellung gelangte. Zum Schlüsse möchte ich noch einige Worte über die Verwendung der gereinigten Abwässer sagen: In der Schwarzenberger Preßspanfabrik wird das Abwasser aus schließlich zum Filzwaschen verwendet. Bei dem schmierigen Stoffe, der bei der Preßspanfabrikation Grundbedingung ist, würde sich ein Verschmieren der Filze bei Verwendung des Abwassers noch viel früher bemerkbar machen als beim Waschen mit Frisch wasser. Dies ist jedoch nicht der Fall, und dies möge Ihnen daraus bestätigt