Volltext Seite (XML)
Papier-Verein Berlin und Provinz Brandenburg Versammlung am 6. Dezember 1910, abends 8'1, Uhr, im Papierhaus Der Vorsitzende eröffnet um 9’. Uhr die Versammlung und begrüßt die Erschienenen. Er teilt zunächst mit, daß in Zukunft die Versammlung pünktlich um 8'1, Uhr beginnen werde, um der überaus großen Unannehmlichkeit, die durch das lange Hinziehen der Sitzungen eingetreten ist, vor zubeugen. Mit Rücksicht auf die Anwesenheit des Herrn Referendars Ueberall als Vertreter der Gesellschaft »Zürich« wird Punkt 5 der Tagesordnung, Henderung der Versicherungsbedingung in den Ver trägen mit der Gesellschaft Zürich vorweggenommen. Der Vertreter der Gesellschaft weist darauf hin, daß mit dem Inkrafttreten der neuen gesetzlichen Versicherungs bedingungen auch die mit unserem Verein geschlossenen Abkommen geändert werden müssen. Wenn auch die Aenderungen meist formaler Natur sind, so sei zu betonen, daß das vom Reichsversicherungsamt jetzt festgestellte Prinzip den Versicherungsnehmer in vielen Dingen wesent lich günstiger stellt als früher, insbesondere sei es nicht mehr zulässig, daß Verträge automatisch von 5 zu 5 Jahren fortlaufen. Diese müssen vielmehr jedes Jahr erneuert werden (selbstverständlich nach Ablauf der ersten Ver sicherungszeit) und schützen so den Versicherten gegen allzu lange Dauer ihm vielleicht unbequemer Verträge. Eine Aussprache schließt sich an diese Mitteilungen nicht an, und der Vorstand wird beauftragt, die neuen Verträge gegen die alten, nachdem sie noch der juristischen Prüfung seitens des Vereinssyndikus unterzogen werden, auszutauschen. II. Aufforderung zu einem einmaligen Beitrag zum Wahlfonds des Hansa-Bundes. Hierzu berichtet Herr Schaal in Abwesenheit des verhinderten Herrn Bergmann folgendes: In einer am 31. Oktober stattgehabten Versammlung des Zentral-Ausschusses, zu welcher auch sämtliche Vorstands mitglieder der dem Zentralausschuß angeschlossenen 108 Vereine zugezogen waren, berichtete Herr Geheimrat Rießer, der Präsident des Hansabundes, über dessen bis herige Tätigkeit. Er betonte, wie schon so oft, daß der Hansabund durchaus keine politische Vereinigung darstellt, was auch aus dem Umstand ersichtlich ist, daß in dem Vorstand des Hansabundes alle bürgerlichen Parteien bis zur äußersten Rechten vertreten sind. Indessen sei es die Hauptaufgabe des Hansabundes, dafür zu sorgen, daß in die gesetzlichen Vertretungen, besonders in die Parlamente, mehr als bisher Kaufleute und Industrielle gewählt werden, um deren berechtigten Wünschen gegenüber der Verwaltung und Gesetzgebung Gehör zu verschaffen. Zur Wahl gehöre natürlich Geld und nochmal Geld. In der hierauf folgenden Aussprache wurde allseitig anerkannt, daß Industrie und Handel die Ehrenpflicht hätten, den Hansabund zum Zweck der Wahlen mit Mitteln zu versehen. Es wurde ein aus 15 Mitgliedern bestehendes Komitee gewählt, dem auch Herr Bergmann angehört; dieses Komitee hat nun beschlossen, an die Mitglieder der einzelnen Vereine mittels Zirkulars heranzutreten und von jedem Einzelnen einen freiwilligen Beitrag zu erbitten. Der Vorsitzende stellt den Antrag zur Aussprache und teilt mit, daß die Ansichten darüber, ob diesem Antrag stattgegeben werden solle, innerhalb des Vorstandes geteilt waren. Gegen den Antrag werden von den Herren Stieg, Cohn, Mann, Karger erhebliche Bedenken vorgebracht, ebenso auch von Herrn Richter, welcher glaubt, daß die gewünschte Freiwilligkeit immerhin als ein Druck auf die Mitglieder an gesehen werden könne, und daß der Verein derartigen Druck auf seine Mitglieder nicht ausüben dürfe. Dagegen beantragt Herr Richter, aus der Vereinskasse einen Beitrag von 300 M. zum Wahlfonds II des Hansabundes zu be willigen. Von anderer Seite wird vorgeschlagen, nur 150 M. zu bewilligen. Der Antrag des Herrn Richter auf Be willigung von 300 M. wird fast einstimmig angenommen, die anderen Anträge dagegen abgelehnt. Im Anschluß an diese Aussprache erbat Herr Direktor Kraemer (Rotophot, Berlin) außerhalb der Tagesordnung das Wort, um folgende Mitteilungen über Zollfragen zu machen. Am 27. November fand in Leipzig eine vertrauliche Besprechung hervorragender Persönlichkeiten der Papier industrie statt, zum Zwecke des Gedankenaustausches über die Erfahrungen gelegentlich der Verhandlungen mit der Reichsregierung über die Neugestaltung der deutschen Handelsbeziehungen zu Schweden und Japan. Herr Kraemer gab vertraulich eine Uebersicht über das Material, das den Gegenstand der Leipziger Besprechungen bildete, doch scheint es im Augenblick nicht angängig, den Inhalt dieser ganz vertraulichen Berichterstattung der Oeffent- lichkeit zugänglich zu machen. Immerhin erscheint es dringend notwendig, daß die gesamte deutsche Papier-Indu strie sich — ohne den lortbestand der bisherigen Organisationen, die sich durchaus bewährt haben, zu gefähiden — zu einem großen Zweckverband zusammenschließt, behufs gemeinsamer energischer Vertretung der wichtigsten Interessen der Papier industrie gegenüber der Reidisregierung einerseits und dem Auslande andererseits. Es ist beabsichtigt, die Grundzüge der neuen Organisa tion in einer demnächst einzuberufenden großen Versamm lung in Berlin festzustellen. Der Vorsitzende und Herr Dr. Biram begrüßten das geplante Zusammengehen mit großer Freude, und die Ver sammlung stimmte den Ausführungen der Redner lebhaft zu. III. Errichtung eines Kreditschutzes für die Detail geschäfte des Papierfaches. Der Schriftführer berichtet hierzu, daß der Verband Berliner Spezialgeschäfte in einem Schreiben vom 26. No vember sich damit einverstanden erklärt hat, diese Ein richtung mit dem Papierverein zusammen ins Leben zu rufen. Ueber die einzelnen Bedingungen wird die Kom mission, die hierzu gewählt ist, unmittelbar nach Neujahr beschließen. Anstelle von Punkt V wird jetzt Punkt 1. Ernennung gerichtlicher Sachverständiger für die einzelnen Zweige des Papierfaches beraten. Herr Schaal teilt mit, wie das gesamte Papierfach es als einen großen Mangel empfindet, daß die Sachver ständigen des Faches nach Zahl und Geschäftszweig viel zu gering seien. So sei es vorgekommen, daß ein früherer Luxuspapierfabrikant als gerichtlicher Sachverständiger für Kopierbücher wirkte und selbstverständlich kein sachver ständiges Urteil abgeben konnte. Dem zurzeit bestellten Sachverständigen für Feinpapier werden alle Streitsachen über Objekte des Luxuspapier- und Ausstattungsfaches zu gewiesen und von demselben regelmäßig abgelehnt. Die berufene Vertretung des Gesamtfaches, nämlich der Fach ausschuß für Papier usw. bei der Handelskammer hat sich mit dieser Frage sehr eingehend beschäftigt und beschlossen, den Landgerichtspräsidenten auf die Uebelstände, wie sie zurzeit bestehen, aufmerksam zu machen und durch die Handelskammer die folgende Liste, welche namentlich den fortschreitenden Spezialisierungen des Faches Rechnung trägt, zu unterbreiten. Wenn der Gerichtspräsident diese Liste genehmigt haben wird, soll an die Benennung von Namen für die einzelnen Fächer geschritten werden. Als Er gänzung zu dieser Liste beantragen die Herren Arnstedt und Richter auch einen Sachverständigen für Schreibwaren bezw. für Stahlfedern zu ernennen. Es wird berichtet, daß der Fachausschuß einem dahingehenden Anträge des Refe renten nicht Folge gegeben hat und beschlossen, erneut diesen Antrag bei der Handelskammer einzubringen; im