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SCHREIBWAREN-HANDEL AEFE£SeSV€S€Y4e5 I Nr - 79 (E-DOU) 2. Oktober 1910 | Schaufensterwettbewerb Der Erfolg des Schaufensterwettbewerbs im vorigen Jahre hat zur Wiederholung angeregt. Die Fahnen der Teilnehmer gaben den Straßen ein festliches Gepräge, aber die Papier-Industrie ließ eine rege Betätigung vermissen; keine Fahne in der Leipziger Straße wehte vor den Stätten, welche den geistigen Verkehr durch Druck und Schrift ver mitteln. Die Friedrichstraße lieferte einen Vertreter: Carl Lohmann. Ein vornehmer Farbenklang trifft das Auge. Boden und stufenartige Erhöhungen, Rück- und Seiten wände sind mit violettem Samt bedeckt, Goldleisten teilen den Hintergrund in drei Felder. Drei schön gezeichnete Argusfedern, die aus kristallenen Behältern aufsteigen, mischen ihre bräunlichen Töne mit dem Violett des Hinter grundes. Nur wenige Papierformen bestimmen den Charakter der Auslage. Auf dem Boden in der Mitte, neben- und übereinander liegen gelbgetönte Hüllen und Bogen, von grünem Band umschlossen, zur Seite hellila Papiere mit weißem Rand und weißem Band. Eine rote Ledermappe liegt vorn zwischen kristallenem Schreibgerät. Grüner Samt dient einer Ausstellung von Onoto-Füllfedern als stimmungsvoller Hintergrund. Verschieden in Anordnung und Farbenstimmung ist die Auslage von Berthold Scherk in der Potsdamer Str. 35. Der ganze Auslageraum ist durch Glasplatten in ver schiedene Fächer geteilt. Grau herrscht in der unteren Region: hellgraue Samtauflage mit schwarzgoldenem Schreib gerät, dunkelgrau der Hintergrund, der durch weiße Brief papiere in den Ecken aufgelichtet wird. In der oberen Region sind weiße Briefschachteln mit bunten Etiketten, bunte Schriftbilder auf weißen Postkarten. Helles Grau in dem Fach darüber klingt wieder an den Hauptton an; eine Reihe schöner Blattkalender schließt die Auslage nach oben. Wie zwei Sonnen wirken die Sträuße gelber Blumen, die seitwärts in Mittelhöhe auf einer Glasplatte liegen. Spar samer in der Farbenwahl ist eine Ausstellung derselben Firma in der Joachimstaler Str. 38. Kristallene Schreib geräte in geschmackvoller Anordnung auf dem Boden der Auslage und auf Glasplatten, welche die hintere Mitte frei lassen; dort lehnt ein Kalender in rehfarbener Tönung, und rehfarben bleibt der Hauptton in Papieren und Kalendern, der nur durch Lampen- und Kerzenschirme im Empirestil unterbrochen wird. Ruhige Würde kennzeichnet die Auslage von R. Otto, Hofgraveur in der Charlottenstraße. Im Mittelfeld des drei geteilten Hintergrundes prangt das große farbige Künstler wappen, das von den Schwarweiß Exlibris der Seitenfelder in einen ruhigen Rahmen gefaßt wird. Kameen, Medaillen und Plaketten, die aus dem Atelier der Firma hervor gegangen sind, geben dem Mittelgrund der Auslage künst lerisches Gepräge: Plaketten aus oxydiertem Silber mit zwei Doppelbildnissen, des Fürsten Solms-Baruth mit Ge mahlin und des Gründers der Firma Spindler & Sohn. Die Bilder der ersteren wiederholen sich auf einer Medaille; andere Medaillen tragen das Bild der Kaiserin Augusta aus ihrer Jugend, Vereins-Abzeichen usw. Von dem dunkeln Samt der Unterlage heben sich Kameen mit dem Kopf Bismarcks, der Kaiserin Friedrich, Richard Wagners, die nach Photographien geschnitten sind, der Kopf von Schluttig, eine Kamee, die nach der Natur geschnitten wurde. Der lichtblaue Ton der Kaiserpapiere mit dem buntgeprägten Wappen klingt fort in den Papieren der Prinzen, in den Exlibris, die der Farbenstimmung zuliebe mit einem blauen Rand umgeben sind. Gediegenheit des Materials, Geschmack und Zweck mäßigkeit in der Anordnung zeigt sich in den Auslagen der Firma Soennecken in der Taubenstraße. Das erste Fenster links vom Beschauer läßt in ein Arbeitszimmer für den Leiter eines großen Betriebes schauen. Dunkle Eichen möbel, grüne Bronzefarbe des Lederüberzuges und schöne Lampen fügen sich zu einem behaglichen Stimmungsbild, den die farbigen Einbände der Bücher angenehm unter brechen. Der zweite Raum ist der Tätigkeit der Sekretäre gewidmet; zwei gegeneinandergestellte Pulte tragen zweck mäßige Kontorgeräte. Den Hintergrund füllen Briefordner schränke, die Seiten Kartotheken, Aktenschränke usw. Die Hauptfarbe ist der helle Ton der Eiche, ebenso im dritten Raum, der neben anderen zweckentsprechenden Geräten einen großen Doppelschreibtisch birgt. In den Fenstern des Dürerhauses sind auf erhöhtem Hintergrund, der mit sonnenhellem Plüsch belegt ist, Kaulitzpuppen in Bauerntracht aufgestellt, neben dem schmalen, hohen Bau eines Kasperletheaters, das Farben und Frohsinn noch zu lauteren Melodien sammelt. Unten auf flachem, bunt getöntem Boden ist Spielzeug in Gruppen aufgebaut, die sich untereinander und mit dem Hintergrund zu künstlerischer Einheit zusammenschließen. Die Mitte wird durch lebhaftere Farben betont, zu beiden Seiten mildere Farben auf grauer Plüschunterlage, die leicht be wegt scheint und sich in dem Graugrün der Wände ver liert. Ein bunter Saum von Märchenbüchern schließt die Auslage vorn ab, fröhliche Bilder beleben die Wände. Ruhigere Farben herrschen in dem Raum rechts vom Ein gang, die sich zu einem wundervollen Wohlklang ver binden. Arbeit braucht Ruhe und Sammlung »Vorlagen für den Mal- und Zeichenunterricht« kündet die Aufschrift. Von sandfarbenem Sockel, auf breit erhöhtem Hinter grund hebt sich die Gestalt eines krähenden Hahnes, des Weckers zur Arbeit. Das prächtige Gefieder stimmt zu dem Gelb des Wandüberzuges. Diese Farben kehren gedämpft wieder in dem Gefieder kleinerer Vögel, in Urnen und Schalen, in dem Aufbau des Vordergrundes, in Büchern und Beschäftigungsspielen, in dem edelsteinartigen Leuchten der Schmetterlingsreihe, welche die Auslage vorn begrenzt. Die Buchhandlungen von Axel Junker, von Edmund Meyer und der Firma Atlantic haben sich die Aufgaben ge stellt: Durch Buchformen allein, die geöffnet oder geschlossen sind, einen Aufbau zu erzielen, der Zweckmäßigkeit mit künstlerischer Wirkung verbindet; selten tritt schmückendes Beiwerk hinzu. Die Auslage von Edmund Meyer in der Potsdamer Str. 27 b bietet ein Blatt aus einem Missale, das aut der Eingangstür angebracht ist. Aus alten Kloster bibliotheken und Druckereien liegen die Schätze, wie aus einem reichen Füllhorn geschüttet, in scheinbar regellosem Durcheinander auf dem rechten und linken Seitenplan der Auslage. Ein geöffnetes Missale aus dem 15. Jahrhundert tront auf übereinander geschichteten Bänden. Die farbigen Kupfer des Karrikaturisten Bailly, ein altes herzogliches Edikt mit Siegel, alte englische Modekupfer, ein Album aus der Biedermeierzeit, Silhouettenbücher fesseln das Auge des Bücherfreundes. Links oben prangt eine Buchillustration aus der Glanzzeit der französischen Buchkunst; ein Kräuter buch aus dem 17. Jahrhundert zeigt dekorative Pflanzen formen; lose Schriften von Luther und Melanchthon weisen die wundervollen klaren Typen berühmter alter Druckereien. Nur die Mitte, überragt von »King Edward's Gebetbuch« läßt uns einen Blick in den Bücherschatz der Neuzeit tun: Nachbildungen alter Goetheausgaben, wertvolle englische und französische Bücher. Die Buchhandlung von Axel Junker gibt in wohlgeordnetem Aufbau eine Uebersicht des Bücherreichtums der Neuzeit. Auf der obersten Stufe des Mittelbaues zeigt uns Lothar Treuge die schwarzweißen Titelseiten seiner Huldigungen. Farbige Bilder und schwarz weiße Titelschriften, oder Schwarzweiß allein, auch mit Rot gefrischt, zeigen uns die geöffneten Bücherreihen. Japanische Holzschnitte lehnen an dem Fuß der Auslage, die wieder durch eine Zickzackreihe geschlossen wird. Von der Höhe des Hintergrundes, der mit gemustertem Stoff bekleidet ist, schaut ein helles Bild aus der Biedermeierzeit, jener Zeit, da man noch weniger Bücher hatte und mehr Zeit, sie zu lesen. Die Atlantic-Buchhandlung versetzt uns in ein Lese kabinett. Die Bücher auf der Bodenfläche und auf zwei Glasplatten darüber sind gruppenweise nach Form und Größe geordnet. Ein grüner Vorhang schließt den Raum