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t .1 — Nr. 22. — 8. Jahrgang. — Der jeden Wochentag Abend (mit Datum de» folgenden Tages) zur Versendung gelangende „Sächsische Landes-Anzeiger" mit täglich einem besonderen Nnter- haltungSblatte und mit dem Exkabeiblatt Lustige» Bilderbuch kostet bei den Ausgabe, stellen monatlichwPfg., bei denPost-AnL 75 Pf. (1888er Ztgs.-PrelSliste Nr. 5035.) Sächsischer Freitag, 27. Jannar 1888. »> > »»» > n, 0 >„I >!H. _-.........iI»de» „Sächs. Laudeg.'st Raum einer schmalen TorpuSzeil.. Bevorzugte Stell, (Ispalt. Petitzell») . BeiWiederholung großrr Annoncen Raba Bei Bestellungen von AuSwSrt» wolle NM Mit täglich einen! besonderen 4. Sächsisches Allerlei — mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Unparteiische tägliche Zeitung für Sachse« nn- Thüringen. 8wln: AM« West Biichdrnckerel. Chemnitz Theaterstraße S ' ' " Telegr erstraße 5 (Fernsprechstelle Nr. 188). -.«Adr-: LandeS-Anzeiger, Chemnitz. Unterhaltungsblatt: i. Kleine Botschaft — 2. Sächsischer Erzähler — 3. Sächsische Gerichts-Zeitung 5. Jllnsirirtes Unterhaltungsblatt — 6. Sonntagsblatt — Ertta-Beiblatt. Lustiges Bilderbuch, Abonnement für Februar und März. Der „Sächsische Landes-Anzeiger" bringt im Februar in seinem täglichen Feuilleton die historische Novelle: Schelm von Bergen" von A. von Limburg zum Abdruck, welcher dann im weiteren Verlauf des Quartals folgen werden: „Wandlungen", Novelle von F. L. Reimar, sowie „Fahr Wohl!" Erzählung von A. Godin. Jeder neubeitretende Abonnent, welcher die Abonnements- Quittung direct an die Verlags-Expedition einsendet (auswärtige Abonnenten wollen zur Frankirnng eine 10.Pfg-Marke beifügen), erhält gratis die Extrabeigaben geliefert: 1. Weihnachtsvuch (Jllustrirtes Jahresbuch für 1888), 64 Seiten groß 8°, mit Almanach, hübschen Weihnachts-Erzählungen und Bildern re. (Preis dieses Buches)ür Nicht-Abonnenten 40 Pfg.) 2. Jllustrirter Kalender für 1888, 84 Seiten 4° mit Oeldruck- bild, fesselnden Erzählungen, vielen Bildern rc. (Preis dieses Kalenders für Nicht-Abonnenten 40 Pfg.) 3. Eisenbahn - Fahrplanheft für Sachsen, 40 Seiten stark, (Preis dieses Fahrplanheftes für Nicht-Abonnenten 20 Pfg.) Für die Monate Februar und März nehmen die Ausgabestellen in Chemnitz und Umgegend zum Preise von 140 Pfg., die Post anstalten zu 150 Pfg. Abonnements-Bestellungen auf den „Sächsischen Landes-Anzeiger" mit sämmtlichen 7 Beiblättern und den Extrabcigaben entgegen. Der „Sächsische Landes-Anzeiger" ist in der deutschen Post- Zeitungs-Prcisliste für das Jahr 1888 unter Nr. 5035, in der öster reichischen unter Nr. 2307 eingetragen. Abermaligen zahlreichen Beitritt neuer Abonnenten erbittet die Verlags-Expedition des Sächs.Landes-Anzeigers. Nm Verwechslungen zu vermeiden, werden Post- Abonnenten ersucht, det Bestellung freundlichst genau zu verlangen: den in Chemnitz erscheinenden „Sächsischen Landes-,,A nzeigex" (Nr. 3OAT der neuen 1888er Post-Zeitungs-Pretsttste). Amtliche Bekanntmachungen. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute aus Folmm 3091 die Firma C. F. Schönfeld in Chemnitz (Wiesenstraße Nr. 58) und als deren Inhaber Herr Christian Friedrich Schön feld daselbst, Besitzer eines Appreturgeschäfts, eingetragen. Chemnitz, am 24. Januar 1888. Kgl. Amtsgericht. Das Konkursverfahren über das Vermögen des Gutsbesitzers Carl Hermann Strauch in Gablcnz wird nach erfolgter Abhaltung des Schlußtermins hier durch aufgehoben. Chemnitz, den 24. Januar 1888. Kgl. Amtsgericht. Das im Giundbuche auf den Name» Christian Lobegott Schmidt einge tragene Grundstück, Haus mit Garten, Nr. öle und 306', des Flurbuchs, Nr. 18 des Brandcalasters, Folium 101 des Grundbuchs für Niederhermers- dors, geschätzt auf 2950 M., fall im hiesigen Amtsgericht zwangsweise ver steigert werden und ist der 1. März 1888 Vormittags 10 Uhr als Anmelde termin, ferner der 17. März l888 Vormittags 10 Uhr, als Versteigerungs termin, sowie der 28. März 1888 Vormittags 10 Uhr als Termin zu Ver kündung des Vcrtheilungsplans anberaumt worden- Die Realberechtigten werde» aufgesordcrt, die ans dem Grundstücke lastenden Rückstände an wieder kehrenden Leistungen, sowie Kostensorderungcn spätestens im Anmeldetermine anzumeldcn. Eine Uebersicht der auf dem Grundstücke lastenden Ansprüche und ihres Rnngverhältuisses kann nach dem Anmcldetcrmine in der Gerichts schreiberei des Unterzeichneten Amtsgerichts eingeschen werden. Chemnitz, am 2i. Januar 1888. Königliches Amtsgericht. Ein wenig Liebesmüh. Erzählung von L- Glaß. Fortsetzung. Nachdruck verboten. „Nun, ich werde sie auch wieder besuche»; sie wird mich noch kennen?" „Na ob, junger Herr, sie denkt immer viel an Sie, und Mar- gareth muß es ihr allemal erzählen, wenn ein Brief aus der Stadt gekommen ist." Sie wischte sich mit dem Schürzenzipfel die Augen und knixte: „Nichts für ungut, ich will nur gleich ein kleines Abend brot heraustragen, denn das Fahren macht Hunger." „Wo ist Margarcth," fragte Richard, als jene außer Hörweite war, Vater Salden ging schon vorher in'S Haus, „sie ist doch nicht krank, oder verreist?" „Behüte, sie ist bei Helmen, sie war schon fort, als Dein Brief kam, »nd weiß nun gar nicht, daß Du da bist." „Wer ist Helene?" fragte er, sich langsam umwendend. „Helene? ein angenehmes, junges Mädchen, gute Familie, reich, gebildet, Margareth's Freundin: Helene von Schollau," antwortete Tante Adele, den Namen mit wohlgefälliger Gravität betonend. „Schollau? Sind das die Verwandten eines gewissen Edwin Gilbert?" fragte Richard, der aufmerksam geworden. „Ganz recht, Gilbert ist jetzt hier bei seiner Tante, Helenens Mutter, und ich kann Dir wohl im Vertrauen mittheilen — er hat ein Auge auf Margarcth." Richard fuhr vom Gartenstuhl auf und schleuderte seine Cigarre über den Rasenplatz, so heftig, daß Tante Adele's Spitz kläffend in die Höhe sprang. „Und Ihr erlaubt Margarcth hinzugchen, in das Haus, das dem jungen Manne gehört?" fragte er unwillig. „Das Haus gehört seit Jahren der Frau von Schollau, ich be greife nicht, was Du willst," sagte Adele achselzuckend. Er sah sie etwas mißtrauisch an: „Da muß ich mich doch er kundigen und Gilbert schreiben," sagte er vor sich hin. „UebrigenS," fuhr Tante Adele fort, „scheinst Du Dich ja sehr für di« Verhältnisse zu interessiren, nun so wirst Du Dich nicht wundern, wenn ich Margarcth diese Heirath gönne. Der junge Mann ist hübsch, liebenswürdig, reich, weiß zu leben —" „O ja!" unterbrach sie Richard, „mit einem Worte, er ist der größte Leichtfuß dieses Jahrhunderts, gelinde — sehr gelinde gesagt." „O, wer wird da» so schlimm nehmen, spiele doch nicht den Rigorosen, Jedermann hat dumme Streiche gemacht, Du als kleiner Bich« und Gymnasiast, der hat ein wenig später angefangen — das Telegraphische Nachrichten. Vom 25. Januar. Wien. Der Reichsrath ist eröffnet worden. Unter den Vor lagen befinden sich Gesetze betreffend die Uebung und Einberufung der Reservisten. In der gestrigen Vorbereitungssitzung de» deutsch-öster reichischen Clubs referirte Plener über die Verhandlungen mit den Czechen. Sturm beantragte Dank und Anerkennung an die an der Action betheiligten Parteigenossen, was einstimmig angenommen wurde. Budqpest. Der Wiener Correspondent der „Times" erklärt im „Pester Lloyd", daß seine jüngsten Angriffe gegen den Grafen Kalnoky nicht im Entferntesten auf eine directe oder indirecte Inspi ration des Grafen Andrassy zurückzuführen seien; alle gegentheiligen Behauptungen und Vermuthungcn beruhten auf willkürlicher Erfindung. Rom. Aus Massauah wird gemeldet: Die Häuptlinge der Ort schaften Adidugafom, Daghira, Hadochdoghi und Digsa haben sich mit acht Grenzstämnien der Taranta den Italienern unter Debeb ange schlossen. Die Abyssinier machten Miene, Debeb anzugreifen. Das italienische Geniecorps hat die ganze Eisenbahnstrecke von Dogali nach Saati wieder fahrbar gemacht, Die Italiener besetzten gestern Saati. Sieben Häuptlinge sendeten Boten an Debeb, um dessen Schutz zu erbitten; Debeb sagte zu. Konstantinopel. Der russische Botschafter Herr v. Nclidow hat der Pforte erklärt, daß Rußland die in den Putsch von Burgas verwickelten Bulgaren nicht beschützen wolle, aber dagegen sei, daß die Türkei infolge der Jntriguen der bulgarischen Regierung bulgarische Flüchtlinge verhafte. Demgemäß hätten die russischen Consularagenten in Makedonien auch den Auftrag, solche Flüchtlinge vor Gewalt zu schützen. — Die Pforte hat wieder eine kleinere Anzahl Redifs (Re serven) einberufen. Politische Rundschau. Chemnitz, den 26. Januar. Deutsches Reich. Aus San Remo. Der deutsche Kronprinz hat der Berliner Kunstakademie auf deren Glückwunschadrefse zum neuen Jahre eine herzliche Dankantwort zugehen lassen. Er sagt: „Ich erhoffe mit lebhafter Zuversicht den Zeitpunkt, da es mir ver gönnt sein wird, in wiedererlangter Gesundheit mich Ihrer künstle rischen Thätigkeit in Ihrer Mitte zu erfreuen." vr. Mackenzie reist am Sonnabend nach San Remo, um den Fortschritt in der Besserung des Leidens des Kronprinzen festzustellen. Von der Zuziehung anderer Acrzte ist nichts bekannt. Der 30. Hochzeitstag des kronprinzlichen Paares wurde unter Theilnahme von ganz San Remo, das sich recht herausgeputzt hatte, begangen. Die anwesenden Deutschen brachten ihre Glückwünsche unter Ueberreichung von Blumenspenden; massenhafte Sendungen und Telegramme sind eingegangen. Das kronprinzliche Paar erschien bewegt, aber frohesten Muthes. Abends war Illumination der Stadt und des Hafens. Der Kronprinz wurde auf seiner Spazierfahrt lebhaft begrüßt. Das Wetter ist war», und schön. Vor der Villa Zirio konzertirte die italienische Militärkapelle. — Die Suite Kaiser Wilhelms besteht zur Zeit aus 37 Osfi- zieren, nämlich 20 General-Adjutanten, 7 Generalen L In. snits und 10 Flügeladjutanten. Der russische Kaiser dagegen hat eine Suite von 223 Offizieren, darunter 87 Gcneraladjutanten, 44 General majore und 92 Flügeladjutanten. Diese hohe Zahl besteht noch, trotzdem der jetzige Kaiser seit seiner Thronbesteigung nur wenige Ernennungen zu Gcneraladjutanten rc. vorgenommen hat, allerdings hatte er von seinem Vater ein Gefolge von 430 Generaladjutanten, Generalen und Flngeladjutanten übernommen. Unter den zur Zeit vorhandenen Offizieren der kaiserlichen Suite sollen sich der Nationalität nach 40 Deutsche befinden. kommt ans eins hinaus, man läuft sich eben die Hörner ab. Aber da kommt der Schwager, thu mir den Gefallen und brich das Ge spräch ab." „Sage mir nur noch, was Margarcth davon denkt." „Nachher, wenn wir allein sind," war die hastig geflüsterte Antwort, denn der Amtmann stand schon vor ihnen und dirigirte sie nach der Wildenweinlaube. Während sie aßen, ließen sie die Vergangenheit Revue passiren. Manch lustiges Bubenstück kam zur Sprache, heitere Erlebnisse wurden belacht und durchgesprochen, auch manche trübe Erinnerung tauchte auf. Der Alte griff in den Schatz seines Lebens und brachte manch ehrwürdiges, abgegriffenes, deshalb aber nicht minder werth- volles Goldstück zu Tage. Sic merkten es kaum, wie die Sonne sank und der Mond auf ging mit seinem fahlen Lichte. Drüben öffnete sich das kleine Thor und Margarcth kam mit einem tiefen Athemzug über die Schwelle, die Waldrose welkte auf ihrem Hut, aber in der Hand hatte sie einen dichten, üppigen Strauß ihrer Lieblingsblumen. Sie ging mit schwebenden Schritten — nicht zu schnell, nicht zu langsam auf Richard zu und bot ihm die Hand, der Mond kam ihr sehr gut zu statten, das Licht war bleich und wechselnd und so verbarg es zum Theil die tiefe Röthe, die sich beim Anblick des Jugend freundes, der zwischen Vater und Tante saß, über ihr Gesichtchen ergoß. Sie waren nun aufgestanden, Margarcth und Richard hatten kaum ein paar hastige Worte gewechselt, als der Vater zum Hinein- gehen antrieb und die Frauen eiligst folgten. Nur Richard stand noch einen Moment zögernd und blickte seiner Pflegeschwester nach. Wie schlank und lieblich war ihre Ge stalt und wie vertraut war sie ihm, jede ihrer Bewegungen erinnerte ihn an vergangene glückliche Stunden, erst bei ihrem Erscheinen war das wahre Heimathsgefühl über ihn gekommen. Er sah sich neben der kleinen Margareth stehen, wenn sie den: Heimgekehrten ein große- Butterbrod strich — „recht, recht fett, da mit er merkt, daß er zu Hause ist," Tante Adele schalt über die Verschwendung und eS gab des Lachens und Streitens kein Ende, oder er sah sie vor dem Koffer knien, und mit kaum unterdrückten Thränen Stück für Stück der Studenten-Ausstattung sorglich ein packen, als er fort ging — und jetzt — heute — Die Stimine des Amtmanns riß ihn auS seinen Grübeleien und er eilte den dreien nach. Margareth stand nun, den Hut in der Hand, im vollen Lampenlichte da, unwillkürlich blieb er stehen und betrachtete sie mit wehmüthigem Entzücken. — Fürst Bismarck wird, wie die „N. A. Z." mittheilt, daß neue Socialistengesetz persönlich vertreten im Reichstage. Ob bei der ersten oder zweiten Lesung, ist «och unbestimmt. — Preußisches Abgeordnetenhaus. Mittwochssitzung. Auf der Tagesordnung steht die Interpellation der polnischen Abgeordneten, in welcher nach den Gründen für die Aufhebung des polnischen Sprachunterrichte» an den polnischen Schulen in den Provinzen Posen und Westpreußen gefragt wird. Abg.v.J azdzew Ski (Pole) greift die Regierung heftig an, behauptet, daß die Polen in keiner Weise eine solche Maßregelung verdient hätten, und nennt die betr. Verfügung einen Eingriff in die Rechte der Eltern. Kultusminister von Goßler erwidert, es handle sich nur darum, die deutsche Sprache allen Kindern polnischer Nationalität gründlich zu lehrest Es liege das in ihrem eigenen Interesse, da ja die Polen über die ganze Monarchie jetzt verbreitet wären. Diese Angelegenheit sei mit der großpolnischen Bewegung verquickt und nur daher rühre die Auf regung unter der Bevölkerung. Gegen die Polen habe die Regierung nichts, der Religionsunterricht könne ja in polnischer Sprache ertheilt werden. Im klebrigen müsse die deutsche Sprache Gemeingut werden, daran halte die Regierung unbedingt fest. Abg. v. Stablews k i (Pole) nennt die Verfügung eine Gewaltthat, welche besonders den Reli gionsunterricht schädige. Abgg.von Minnigerode, von Zedlitz« Neukirch (kons), Leer (natlib.) stimmen den Darlegungen de» Ministers rückhaltlos zu. Abg. Windthorst tadelt die Verfügung heftig, welche die Polen nur noch mehr erbittern werde. Abg. von Schorlemcr-Alst (Centrum) kann die Verfügung ebenfalls nicht billigen, spricht sich aber in scharfen Worten gegen die bekannt« Polnische Adresse an den Erzbischof Dinder aus, in welcher dessen Sprachenerlaß getadelt wurde. Die in der Adresse enthalten ge wesenen Aenßerungen seien kirchlich revolutionär. Nachdem noch Abg. Werth (freikons.) für die Verfügung gesprochen, wird die Debatte geschlossen. Einige Rechnungsberichte geben zu Bemerkungen leinen Anlaß. — Der Bundesrath wird heute Donnerstag eine Sitzung ab halten und dabei über die Kostenvorlage zum Wehrgesetz beschließen. Die Neichstagscommission für das Weingesetz hat die Berathung desselben am Mittwoch begonnen. — Auch die „Köln. Ztg." theilt jetzt mit, daß sich die einmali gen Kosten der neuen Wehrvorlage auf rund 270 Millionen Mark belaufen werden. — In Sachen der letzten Verhaftungen wegen LandesverratheS, über welche wir in Nr. 17 dieses Blattes berichteten, wird ferner aus Straßburg geschrieben: Streißguth sitzt in strenger Untersuchungs haft. Nach dem Kriege ist ein Theil der Professoren der früheren Straßburger medizinischen Fakultät nach Nancy übergesiedclt und auf deren Rath gründete die Streißguth'sche Jnstrumentcnfabrik eine Filiale in Nancy. Zur Besorgung der nothwendigen Geschäfte reiste Karl Streißguth jeden Sonntag auf einen oder zwei Tage dorthin. Vor einigen Monaten verheirathete er sich auch mit einer jungen Dame aus Nancy und dieses Mal hatte er sich wegen einer Erkrank ung seiner Schwiegermutter etwas länger aufgehalten. ES sollte übrigens eine der letzten Reisen sein, denn er hatte beschlossen, die Filiale in Nancy zu liquidsten. Wessen er speciell beschuldigt ist, weiß man im Publikum nicht. — Was den verhafteten Wagner ans Mutzig anbetrifft, so ist derselbe gegen eine Kaution von 50000 Franken vorläufig in Freiheit gesetzt worden. Wagner ist Buchhalter der früher Wagner'schen und gegenwärtigen Aktiendrauerei in Mutzig. Sein Vater ist Präsident des Aufsichtsrathe», sein Bruder technischer Direktor. Wagner, der einjährig gedient und sich seit Kurzem ver- heirathet hat, soll beschuldigt sein, mit Frankreich einen unerlaubten Briefwechsel geführt zu haben. Nach einer Lesart, für die übrigen» jede Verantwortung abgelehnt werden muß. ist bei Wagner eine „Du hast Wort gehalten, Margareth. Du bist geworden, wo» Du versprachst: ein schönes Mädchen!" sagte er. „Das finden andere Leute auch!" lachte Tante Adele. Margareth fuhr zornig nach ihr um und erröthete tief — wa» mußte Richard denken — aber der wandte sich dem Feiister zu — freilich was kümmerte das ihn, seine Gedanken suchten wohl Sieinau. Sie biß die Lippen zusammen und warf den Rosenstrauß, der ihr in den Händen brannte, in den Hut. „Gute Nacht" sagte sie kurz, als Richard sich nicht rührte, und ging hinauf. Droben blieb sie athemlos stehen und preßte die Hand auf da» stürmisch klopfende Herz. Ja, sie liebte ihn — sie wußte es jetzt — sie liebte ihn, und bei aller Hoffnungslosigkeit kam eine fast be rauschende Seligkeit über sie. Ihn liebte sie, nur ihn auf dxr Welt, Edwins Aufmerksam keiten hatten ihrer Eitelkeit geschmeichelt, sie hatte ihn als einen Tribut ihrer Schönheit hingenommen und Tante Adelen» fortgesetzten Bemühungen war es bald gelungen, ihr einzureden, daß er ihr ge fiele. Wie schaal, wie geckenhaft kam er ihr nun neben Richard vor. Richard — ja ihn liebte sie, und sie vergaß Alles über der süßen Gewißheit, Alles, selbst die schöne, reiche, geistvolle Flora Angolstein. Lächelnd trat sie an den Tisch und schaute in den darüber hängenden Spiegel. — Er fand sie schön! Gewiß, dann war siee» auch, ihre Wangen glühten, ihre Augen strahlten — es war so süß, schön zu sein für den Geliebten — Der reiche Dust der Rosen stieg zu ihr empor — war e» nicht ein Unrecht, eine Untreue gewesen, daß sie Edwins Rose genommen und ans dem Hut getragen? Sie nahm sie herunter, zerpflückte sie in kleine Stücke und schleuderte sie zum Fenster hinaus. Die arme, kleine welke Rose, welch' beneidenswerthes Loos würde sie gehabt haben, wenn sie eine andere Hand gepflückt hätte. Und die frischen duftenden Schwestern, wie gern hätten sie noch eine Weile geblüht — auch sie flogen hinaus in die Nacht, so heftig, mit solchem Abscheu geworfen, al» wäre zwischen ihren zarten Blüthen eine böse Natter verborgen. * * * Margareth's Träume waren süß, aber die Sonne kam und scheuchte sie fort. Ach der Herzenstraum, der im Mondschein so wunderbar und märchenhaft aufgeblüht war, sah bei Tageslicht be sehen ganz wie Heine's „alte und doch ewig neue Geschichte" au». Nun war noch heute Mittag zu Ehren der schönen Flora Gesellschaft bei Schollau's, es war also dafür gesorgt, daß Margareth da» Da sein ihrer Nebenbuhlerin nicht vergaß.