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Nr. 52 PAPIER-ZEITUNG 1971 Färben von Papierstoff und Papier Ingenieur-Chemiker Duhayon von der Badischen Anilin- und Soda-Fabrik hielt am 12. April in der französischen Papiermacherschule zu Grenoble einen Vortrag über das Färben von Papier, dessen Wortlaut die Leitung der ge nannten Schule uns in liebenswürdiger Weise einsandte. Er erläutert darin zunächst kurz das Wesen des Vorgangs beim Färben, welches er als halb chemisch, halb mechanisch ansieht. Bei dem substantiven Färben, d. h. wo die Farbe ohne Hilfsmittel (Beize) an der Faser haftet, scheine die chemische Wirkung vorzuwiegen, während beim Adjektiv färben die Beize dank ihrer größeren Verwandtschaft zum Farbstoff dieselbe Rolle spielt, welche der Zellstoffaser beim Subjektivfärben zufällt. Die Papierstoffärberei habe sich vereinfacht, seitdem die aus dem Steinkohlenteer ge wonnenen künstlichen Farbstoffe die Erzielung dauer haftester und zartester wie auch glänzendster Farben ge statten. Der Vortragende erwähnt dann kurz die in früherer Zeit sehr gebräuchlichen Mineral- und Pflanzenfarbstoffe. Wir übergehen jedoch diesen Teil des Vortrages, weil über diesen Gegenstand in Erfurt’s »Färben des Papierstoffes« (Verlag der Papier-Zeitung, Preis 12 M.), alles Wichtige ausführlich gesagt ist. Zwar behandelt dieses Buch auch die Teerfarbstoffe sehr eingehend und gibt eine große An zahl von Färbevorschriften nebst Mustern gefärbter Papiere; jedoch bringt der Vortragende über diese Farben bemerkenswerte Zusammenstellungen je nach den ver schiedenen an die Farben gestellten Anforderungen, die wir nachstehend auszugsweise wiedergeben. Nach ihrer chemischen Zusammensetzung, ihren Eigen schaften und ihrer Anwendung können die künstlichen Farben für die Papierstoffärberei wie folgt eingeteilt werden: 1. So genannte saure Farbstofffe, 2. sogenannte basische Farbstoffe, 3. Farbstoffe der Eosingruppe, 4. substantive Farbstoffe, 5. ge schwefelte Farbstoffe, 6. Pigment-Farbstoffe. 1. Die sauren Farbstoffe sind im allgemeinen gut lichtecht und hierin den basischen überlegen, stehen dagegen an Färbe kraft diesen nach. Sie widerstehen Säuren und mit wenigen Ausnahmen auch Alkalien gut und haben große Verwandtschaft zu den Fasern; diese müssen jedoch gut geleimt sein, um Säure farbstoffe festzuhalten. Sie geben allen Stoffen sehr gleich mäßige Färbungen und werden wie folgt angewandt: Man setzt ihre Lösung dem ungeleimten Stoff zu und leimt diesen nach gründlicher Durchmischung mit 3 v. H. Harzseife und 3 v. H. schwefelsaurer Tonerde. Die wichtigsten Säurefarbstoffe sind: Chinolingelb, Papier gelb a, Azoflavin, Metanilgelb, Orange, Papierbraun BL und 2B, Ponceau, Fixier-Scharlach, Erythrin, Echtrot, Neu-Bordeaux, Säureviolett, Alkaliviolett, Alkaliblau, Cyananthrol, die ganze Reihe der Wasserblaue, Neptungrün, Nigrosin, Brillantschwarz, Agalmaschwarz usw. 2. Die basischen Farbstoffe haben außerordentliche Färbekraft, sind also sehr ergiebig; ihre Tönungen sind lebhaft und schön, aber sie sind wenig lichtecht. Sie können bei geleimten und ungeleimten Stoffen verwendet werden. Ueberschuß von schwefelsaurer Tonerde ist zu vermeiden. Sie haften so gut, •daß die Abwasser wenig gefärbt sind, außer bei gebleichten, ungeleimten Lumpenstoffen; werden diese dunkel gefärbt, so sind die Abwasser stark farbig. Für billige Färbungen eignen sich basische Farbstoffe am besten. Mit sauren Farbstoffen, wobei gegenseitige Fällungen entstehen, wirken sie vorzüglich, die Farbe haftet dann besser, ihre Färbekraft wird vollkommen ausgenutzt, und die Abwasser sind fast farblos. Bei Verwendung beider Arten von Farben hüte man sich davor, sie beim Auf lösen zu mischen, löse vielmehr jede Farbe gesondert auf und füge eine nach der andern dem Stoff zu. Basische Farben dürfen nicht zu konzentriert gelöst werden. Die wichtigsten basischen Farben sind: Auramin, Chry soidin, Vesuvin, Papierbraun RT, Rhodamin, Safranin, Safranin- scharlach, die ganze Reihe der Fuchsine und der Methyl violett, Kristallviolett, Aethylviolett, Marineblau, Victoriablau, Methylenblau, Indoinblau, Nilblau usw., Neu-Victoria-Grün, Brillantgrün, Diamantgrün, Kohlschwarz, Juteschwarz, Schwarz für Stroh usw. 3. Die Farben der Eosingruppe zeichnen sich durch Schönheit, Reinheit und die Lebhaftigkeit ihrer Rosa- und Scharlachtöne aus. Sie sind sehr leicht löslich, gegen Mineralsäuren emp findlich, aber gegen Alkalien widerstandsfähig. Sie sind wenig lichtecht. Beim Färben vermeide man Ueberschuß von schwefel saurer Tonerde, weil dadurch die Tönungen gelb würden. Man erhöht die Schönheit und Tiefe der Farben durch Zusatz von 1—2 v. H. Borax zum geleimten Stoff. Zur Eosingruppe gehören außer den eigentlichen Eosinen auch die Erythrosin-, Phioxin- und Rose Bengale-Marken. 4. Die Substantivfarben werden hauptsächlich verwendet zum Färben ungeleimter Papiere, also für Kopier-, Zigaretten-, Lösch-, Pergamentrohstoff und auch auf geleimten Stoffen zur Erzielung sehr lichtechter und gegen Reibung widerstandsfähiger Farben z. B. für Tapetenpapier usw., ferner zum Färben von Melierfasern aus Zellstoff, Baumwolle und Jute für die Herstellung melierter Papiere. Sie ergeben selbst bei sattesten Färbungen fast farb lose Abwässer. Man verwendet sie hauptsächlich für Lumpen stoffe und Holzzellstoffe. Sie sind teurer als die basischen und sauren Farbstoffe, widerstehen aber sehr gut dem Licht und den Alkalien und mit wenigen Ausnahmen auch den Säuren. Ihre hauptsächlichen Vertreter sind: Baumwollgelb, Stilben- gelb, Pyramingelb, Papiergelb, Baumwollorange, Thiazinbraun, Oxaminbraun, Baumwollbraun, Thiazinrot, Baumwollrot, Cosmos- rot, Baumwollpurpurin und Baumwollrubin, Oxaminrot, Oxamin- bordeaux, Oxamingranat, Oxaminmarron, Oxaminviolett, Oxamin- blau, Oxamingrün, Oxaminschwarz, Baumwollschwarz usw. 5. Die geschwefelten Farben ergeben auf Holzzellstoff und Lumpenstoffen hervorragend licht- und wasserfeste und gegen Reibung, Alkalien und Säuren widerstandsfähige Färbung. Man löst sie unter Zugabe der gleichen Menge von Schwefelnatrium, vor dem Leimen muß man aber das Schwefelnatrium durch gründliches Auswaschen im Holländer entfernen. Man ver wendet diese Farbstoffe auch zum Färben von Melierfasern. Die wichtigsten Farbstoffe dieser Reihe sind: Kryogengelb, Kryogenbraun, Kryogenolive, Kryogenblau, Kryogenschwarz. 6. Pigment- oder Körperfarbstoffe. Diese sind in Wasser un löslich und werden mechanisch mit der Faser verbunden. Ihre Tönungen sind widerstandsfähig gegen Luft, Licht, Alkalien und Säuren. Ihre Anwendung ist ebenso einfach wie die der basischen und sauren Farbstoffe. Vertreter dieser prächtigen Reihe sind die Indanthrene, Lithol-, Autol-Farben und Pigment schwarz und folgende Alizarinfarben: Anthrachinonviolett, Cyanantrol, Anthrachinongrün, Anthrachinonblau. Sie werden nur für helle Färbungen auf besonders feinen geleimten Stoffen verwendet. Der Vortragende gibt hierauf einige Winke über die Ver wendung der Farben; er empfiehlt, diese in gut geschlossenen Behältern und in Räumen, die weder zu trocken noch zu feucht sind, aufzubewahren. Zum Auflösen gebe man sie in ein hölzernes Gefäß, füge kochendes Wasser (für Auramin solches von höchstens 600 C.) zu unter kräftigem Rühren. Einige Farb stoffe erfordern bis 100 fache Verdünnung mit Wasser. Man verwende die Farblösungen frisch. Hat man kein Kondensations wasser zum Auflösen, so füge man basischen Farbstoffen vor dem Auflösen ein wenig Essigsäure zu, bis die Mischung teig förmig wird. Man gieße die Farblösungen in den gut durch gearbeiteten Stoff im Holländer und lasse den Holländer 10 Min. umlaufen, füge dann 3 v. H. Harzseife und nach weiteren 10 Min. 3 v. H. schwefelsaure Tonerde zu und lasse weitere 20—30 Min. umlaufen. Zu ungebleichtem Sulfitstoff kann man die sehr ver dünnt gelösten Farben sofort zufügen; andern Stoff soll man vorher feinmahlen; man vermeidet dadurch, daß einzelne Fasern stärker gefärbt werden (aufziehen) als andere. Beim Färben durch Tauchen, das bei gewissen Seidenpapieren üblich ist, zieht man die Papiere durch ein sehr starkes Farbbad. Hierfür sind einige saure Farbstoffe sehr wichtig, die man in der Hol länderfärberei sehr wenig gebraucht, so: Tartrazin, Brillantgelb, Ponceau, Cochenillerot, Kristallponceau, Dunkelnußbraun, Neptunblau. Bedrucken von Papier mit Anilinfarbe. Man löst die erforder lichen Farbstoffe in einem Gemisch von 700 ccm Wasser, 200 ccm Alkohol und 100 ccm Glyzerin. Kautschukwalzen über tragen die Farben auf das Papier. Einfluß des Wassers. Reines und weiches Wasser ist eine Hauptbedingung für die Papierfärberei. Etwaige pflanzliche Verunreinigungen des Wassers beschmutzen nur die Oberfläche des Papiers, aber chemische Verunreinigungen wie Eisen, Kalk und Magnesia, welche das saure Tonerdesulfat abstumpfen, oder welche mit Gerbstoffen unlösliche Niederschläge ergeben, oder welche, wenn sie in Form von Bikarbonaten vorhanden sind, die Ausgiebigkeit der basischen Farbstoffe verringern, sind schädlich. Das gebräuchlichste Verfahren, Wasser weich zu machen, ist das von Clark, welches darauf beruht, daß Calcium- und Magnesium-Karbonat in kohlensäurehaltigem Wasser löslich sind, aber unlöslich zu Boden fallen, wenn man dem Wasser die Kohlensäure nimmt. Am verbreitetsten ist die nach diesem Grundsatz gebaute Einrichtung von Caillet in Huet, wobei Soda und Aetzkalk verwendet werden. Muß man jedoch hartes Wasser verwenden, so kann man es durch Zusatz von Essig säure verbessern. Anforderungen an die Papierfärbungen 1. Gleichmäßigkeit. Diese Anforderung ist besonders wichtig bei holzschliffhaltigen Papieren. Obwohl nämlich die meisten Anilinfarben und besonders deren Mischungen gleichmäßig auf ziehen, muß man doch zuweilen besondere Vorsichtsmaßregeln treffen. So ziehen basische Farben auf Zellstoff stärker auf als auf anderen Fasern, deshalb empfiehlt es sich, erst den gut auf gelösten Farbstoff in den mit Wasser bis zum Holländergrund-