Volltext Seite (XML)
DAPIER-VERARBEITUNG — Bü CH GE WERBE Is3 Vereinigung für die Zollfragen der Papier ver arbeitenden Industrie und des Papierhandels Der Geschäftsbericht der Vereinigung über das Jahr 1909/1910 ist als 100 Oktavseiten umfassendes Heft dieser Tage erschienen. Der Bericht ist im Auftrag des Vor standes vom Geschäftsführer Eugen Hager erstattet und er streckt sich vom 1. April 1909 bis Mitte Mai 1910. Im ersten Teil werden die vom Verein erstatteten Eingaben und Gutachten sowie die Verhandlungen des Vorstandes kurz aufgeführt, dann die Aenderungen in der wirtschaft lichen Gesetzgebung und Verwaltung erwähnt, welche auf die Papier verarbeitende Industrie Einfluß hatten. Da wir die monatlichen Berichte der Vereinigung an dieser Stelle in ausführlichen Auszügen veröffentlicht haben, erübrigt es sich, auf den Inhalt dieses Teils näher einzugehen. Er bildet aber’für die Mitglieder eine wertvolle handliche Zu sammenstellung der Ereignisse im abgelaufenen Jahr. Der zweite Teil schildert die Vereinseinrichtungen und ihre Be nutzung durch die Mitglieder, der dritte Teil behandelt innere Angelegenheiten des Vereins. Eine Uebersicht über die im Geschäftsjahr 1909/1910 versandten Eingaben, Denk schriften und Rundschreiben beweist die mannigfaltige und nützliche Tätigkeit der Vereinigung. In einem Anhang gibt der Geschäftsführer aus Anlaß des vollendeten zehn jährigen Bestehens der Vereinigung eine kurze Geschichte ihres Entstehens und Wirkens. Berliner Typographische Gesellschaft Die Sitzung vom 31. Mai war von 75 Mitgliedern und zehn Gästen besucht. Im Versammlungsraum waren ausgestellt Zeichnungen des Herrn Hermann Zehnpfundt und zahlreiche in Esperanto hergestellte Drucksachen, Broschüren, illustrierte und andere Zeitschriften, Zeitungen, Programme usw., die in den verschiedensten Kulturländern, in Deutschland, Oesterreich- Ungarn, Frankreich, Belgien, Italien, Spanien, Schweden, Ruß land, England, Holland, der Schweiz, Nord- und Südamerika hergestellt werden. Eine Tafel mit nahezu 100 verschiedenen Zeitungsköpfen beweist die Verbreitung des Esperanto. An Eingängen waren zu verzeichnen: Das Victoriaheft der Firma Rockstroh & Schneider Nr. 2; vom Bund Deutscher Buch binder-Innungen ein umfangreiches Schriftstück, betreffend das Schneiden der zum Druck und als Vorsatz für Bücher usw. be nutzten Papiere nach der Laufrichtung der Papiermaschine; der Jahresbericht der typographischen Gesellschaft in Hamburg für 1909/10; das Programm des II. Norddeutschen Buchdrucker- Sängertages; der Katalog der Rigaer Ausstellung »Die Kunst im Buche«, Heft 2 der Zeitschrift »Das Bild«; Nr. 11 des »Guck kasten«; eine Nummer der in Tanga in Deutsch-Ostafrika von Negern hergestellten »Usambara-Post« und eine Geschäftskarte des Herrn Carl Rogner, Vertreter der Farbenfabrik Koch & Grün. Zur Mitgliedschaft angemeldet wurde Herr Robert Kästner, Rixdorf, Reuterstr. 34. Hierauf hielt Herr Dr. Breiger, den einige andere Esperan tisten als Gäste der Gesellschaft begleitet hatten, den an gekündigten Vortrag über Esperanto und seine Bedeutung für den internationalen Verkehr Der Vortragende wies darauf hin, daß das Bedürfnis nach einem allgemeinen Verständigungsmittel immer fühlbarer werde, je mehr die Völker durch den internationalen Verkehr einander näher gerückt würden; er wies nach, daß keine der lebenden Sprachen hierzu geeignet sei, und erinnerte daran, daß nach einander die babylonische, die griechische, die lateinische, die französische und die englische Sprache als Weltsprachen ge golten hätten, diesen Platz aber nicht behaupten konnten. Auch die lateinische als eine tote Sprache könne hierfür nicht in Frage kommen, weil ihre Erlernung zu schwierig sei. Schon Leibnitz habe sich in den 70er Jahren des 17. Jahrhunderts mit der. Schaffung einer künstlichen internationalen Sprache be schäftigt, sei aber wieder davon abgekommen. Das im Jahre 1879 von Pfarrer Schleyer erfundene Volapük habe zu große Anforderungen an das Gedächtnis des Lernenden gestellt und sei schließlich an den vielen Verbesserungsversuchen ge scheitert. Eine für den allgemeinen Verkehr brauchbare Sprache müsse auch für den wenig Begabten bei allen Völkern leicht zu erlernen sein, keine Schwierigkeiten für die Aussprache bieten, auf schon bekannte Wortstämme begründet, wohl klingend und geschmeidig und die Grammatik einfach, die Regeln aber ohne Ausnahme sein. Das alles treffe bei dem von Dr. Zamenhof in Warschau ersonnenen Esperanto zu; Esperanto solle nicht etwa die nationalen Sprachen ersetzen oder beein trächtigen, vielmehr solle es neben der Muttersprache betrieben werden, eine Hilfssprache bilden und die Möglichkeit bieten, sich mit den Angehörigen anderer Nationen zu verständigen. Heute müsse der junge Kaufmann z. B. drei und mehr fremde Sprachen lernen, und gebrauche hierzu viel Zeit, die er besser auf seine sonstige Ausbildung verwenden sollte. Der Einwand, daß eine solche Sprache das Buchdruckgewerbe benachteiligen würde, sei unbegründet, denn was auf der einen Seite etwa verloren gehe, werde dadurch gewonnen, daß den Druckwerken in Esperanto als Absatzgebiet die ganze Welt offenstehe. Um Esperanto setzen zu können, bedürfe es lediglich einiger Konso nanten mit dem Zirkumflex, alles übrige befinde sich bereits in der Antiqua-Druckschrift. Die Erlernung des Esperanto sei sehr leicht, es entleihe seine Wurzeln den Nationalsprachen, schreibe diese nach einer einheitlichen phonetischen Orthographie und bilde durch grammatische Endungen die Worte; es füge diesen Wurzeln Vor- und Nachsilben hinzu, die es gestatten, die Worte unendlich zu vermehren, ohne das Gedächtnis zu belasten. So seien alle Worte mit der Endung o Hauptworte, mit a Eigen schaftsworte, e Umstandsworte, j die Mehrzahl, n der Akkusativ, as die Gegenwart beim Verbum, is die Vergangenheit, os die Zukunft, us die Bedingungsform, u die Befehlsform und mit i der Infinitiv. Der Ton werde stets aul die zweitletzte Silbe gelegt. In 52 Staaten beständen zusammen bereits 1500 Esperanto- Vereine mit Hunderttausenden von Mitgliedern, Esperanto sei an vielen Schulen eingeführt, und 2000 Bände gedruckter Literatur lägen bereits vor, zahlreiche Firmen korrespondierten bereits in Esperanto, unter ihnen z. B. die Frankfurter Schriftgießereien von Flinsch und D. Stempel. Der Vortragende trug zum Schluß seiner mit Beifall ent gegengenommenen Ausführungen noch einige Sätze Esperanto in Prosa und Poesie vor, um seinen Hörern einen Begriff von dem Wohllaut und dem vielfachen Anklang an ihnen bekannte und darum verständliche Worte zu geben, und forderte die An wesenden auf, sich als Pioniere für dieses internationale Ver ständigungsmittel zu betätigen. Der Vorsitzende Herr Könitzer dankte Herrn Dr. Breiger für seinen Vortrag und schloß sich den Wünschen betreffs weiterer Verbreitung des Esperanto an. Herr Erler' wandte sich gegen die mit zu starken Farben aufgetragenen Berichte über Esperanto-Kongresse und sonstige Veranstaltungen, wie z. B. die Aufführung von Goethe’s Iphigenie in Esperantosprache in Dresden. Herr Dr. Breiger und einer seiner Freunde vertraten eine entgegengesetzte Ansicht und suchten die Ausführungen des Herrn Erler zu entkräften. Sodann erläuterte namens der Technischen Kommission Herr Köhler einige technische Neuheiten der graphischen Anstalt Förster & Borries in Zwickau, vgl. Nr. 44, S. 1674, zunächst eine explosions- und dunstsichere Kanne für Benzin, Terpentin, Petroleum usw., die, aus Messingblech geformt, ihren Zweck vortrefflich gefertigt ist und zum Preis von 5 M. 50 Pf. abgegeben wird; ferner eine Kleisterbüchse, welche derart beschaffen ist, daß sie beim Druck auf eine aus der Büchse hervorstehende Röhre stets nur eine für den augenblicklichen Bedarf aus reichende Menge Kleister abgibt, den ganzen Inhalt aber vor dem Eintrocknen und Verderben schützt. Die Kleisterbüchse kostet 1 M. 60 Pf. Weiter berichtete Herr Köhler über ein neues mechanisches Zurichteverfahren, das in dem letzten Viktoriaheft der Firma Rockstroh & Schneider beschrieben wurde. Das von Hennequin & Plagnes in Paris erfundene Ver fahren besteht darin, daß Ungleichheiten von Klischees und Autotypien nicht — wie sonst üblich — von unten ausgeglichen werden. Vielmehr geschieht dies nur von oben. Auf das Klischee legt man ein Blatt Papier in der genauen Größe des Bildes und bestreicht dies reichlich mit einer Paste. Dann läßt man die Maschine durchlaufen, sodaß das Papier auf dem Zylinder klebt und von der Paste gerade soviel zwischen dem Papier und dem Aufzug haften bleibt, um den Unterschied