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NCHREIBWAREN-HANDEL | Nr. 28 C=S=3 7. April 1910 [j Papier-Verein Berlin und Provinz Brandenburg Dienstag, 12. April 1910, abends 8'/, Uhr, Versammlung im Saale des Papierhauses, Dessauer Straße 2. Tages- Ordn ung: 1. Geschäftliche Mitteilungen. 2. Vortrag des Herrn Justizrat Wilmersdoerffer: Neues aus Gesetzgebung und Rechtsprechung. 3. Ueber Versendung von Drucksachen und Waren proben. Referent Herr Dr. Biram. 4. Erörterung über Ausdehnung der Sonntagsruhe. Wir laden die geehrten Mitglieder hierzu freundlichst ein und bitten, mit Rücksicht auf Punkt 2 der Tages ordnung, auch das Personal zu veranlassen teilzunehmen. Der Vorstand I. A.: Emil Mann, Vorsitzender Schutzverband für die Postkarten-Industrie Generalversammlung vom 24. März 1910 im Papierhaus zu Berlin Der Vorsitzende Herr Kraemer eröffnet nach 9 Uhr die Sitzung und verliest, nachdem er die Erschienenen willkommen geheißen hat, den 1. Geschäftsbericht für das abgelaufene Geschäftsjahr Anschließend daran bemerkt er, daß sich die Hoffnung auf das Zustandekommen der Konvention für Vierfarbendruck nicht erfüllt habe, diese sei nach der Sitzung in Leipzig vorläufig als gescheitert anzusehen. Nach den Mitteilungen, die ihm von amtlicher Stelle geworden seien, werde der französische Zolltarif mit den höheren Zöllen bereits am 1. April in Kraft treten (ist inzwischen geschehen. Schriftleitung), und alle Sendungen werden davon betroffen, die am 1. April noch nicht am Be stimmungsort eingetroffen seien. Der schwedische Handelsvertrag dürfte nach neueren Nach richten auf ein Jahr verlängert werden, weil die schwedischen Handelskreise den vorbereiteten neuen Zolltarif für die schwe dischen Ein- und Ausfuhrhändler schädlich halten. Die Bemühungen, in Rußland die höhere Verzollung von Postkarten, welche nicht den Aufdruck Postkarte tragen, zu be seitigen, sind bisher nicht von Erfolg gewesen, im Gegenteil haben jetzt auch in Odessa derartig höhere Verzollungen statt gefunden und wird dort sogar russischer Aufdruck verlangt. Es sei in Rußland- nicht ratsam, bei Zollreklamationen sich an die höchste Behörde zu wenden, sondern binnen 48 Stunden an dieselbe Behörde, die die Verzollung bewirkte, weil sonst Ver zögerung eintrete, da die Beschwerde an die niedere Behörde wieder zurückginge. Die Ausfuhr an Postkarten betrug: Jan./Febr 1910 gegen Jan./Febr. 1909 insgesamt .... 5787 dz n 749i dz nach Belgien . . . 137 » » 205 » » Dänemark . . 119 n » 96 » n England . . 895 » » 572 » » Frankreich 73 » » 77 » 11 Italien . . . 172 » » 174 » » Holland. . . 229 » » 327 » » Oesterreich . 752 » » 59i » » Rußland . . 300 » » 241 » » Schweden. . 152 » » 105 » » der Schweiz . W5 » » 170 » » Spanien . . 112 » » 52 » 11 Argentinien . 62 » » 33 » Kanada . . •. 61 » » 96 » » den Vereinigt. Staaten . . 2105 » » 4329 n Außer nach den Vereinigten Staaten von Amerika ist also nach den meisten Staaten eine Zunahme der Ausfuhr eingetreten. Eine Aussprache über den Geschäftsbericht fand nicht statt. 2. Herr Michaelis erstattet den Kassenbericht und Herr Cohn als Kassenprüfer beantragte Entlastung des Schatzmeisters. Die Kasse habe sich nach eingehender Prüfung in bester Ordnung befunden. Der Vorsitzende spricht Herrn Michaelis für seine erfolgreiche Tätigkeit den Dank der Ver sammlung aus. Die Entlastung wird einstimmig erteilt. 3. Wahlen Herr Kraemer führt aus, daß er nach den Vorgängen in der Leipziger Meßversammlung erklärt habe, sein Amt nieder zulegen, er erkläre dies hiermit nochmals und füge hinzu, daß auch die Herren Löwenstein und Barschall eine Wiederwahl ablehnen. In der Leipziger Meßversammlung des Schutzverbandes habe ein Redner den Vorwurf erhoben, daß der Vorsitzende des Verbandes öffentlich für die Bildung von Konventionen wirke, heimlich aber gegen deren Zustandekommen arbeite. Jener Redner hatte sich dabei auf eine Sitzung des Schutzverbandes und eine Besprechung im Bureau des Schutzverbandes bezogen. Den Inhalt derartiger vertraulicher Besprechungen hätte jener Redner aber nur durch einen Vertrauensbruch erfahren können. Der geschäftliche Zusammenhang zwischen Herrn Michaelis und der Firma jenes Redners habe die Vermutung aufkommen lassen müssen, daß Herr Michaelis der Zwischenträger gewesen sei. Nach der von Herrn Hamburg abgegebenen ehrenwörtlichen Erklärung sei dieser Verdacht beseitigt, und Redner freue sich, nunmehr öffentlich sein Bedauern darüber aussprechen zu können, daß auf Herrn Michaelis kurze Zeit ein grundloser Ver dacht geruht habe. Anderseits müsse aber auch in Betracht ge zogen werden, daß während der ernsten schweren Verhand lungen mit dem Bromsilberfach, wie es sich jetzt herausgestellt habe, jede vertrauliche Bemerkung des Vorsitzenden des Schutz verbandes unverzüglich der Gegenpartei mitgeteilt worden sei. Hauptsächlich durch derartige Zwischenträgereien seien die Verhandlungen in eine Sackgasse geraten und ernste persön liche und geschäftliche Meinungsverschiedenheiten entstanden, an denen die Verhandlungen scheiterten. Gerade die Ueber- zeugung, daß sein Vertrauen und seine Offenheit im geschäft lichen Verkehr auf das schmählichste mißbraucht worden sei, sei für ihn mitbestimmend gewesen, sich künftig von jeder Tätigkeit zugunsten der Gesamtheit des Faches zurückzuziehen. Herr Hamburg bedauert außerordentlich, daß er in Leipzig in der Erregung Herrn Kraemer persönlich zu nahe getreten sei, er habe aber alle Ursache zur Erregung gehabt, nachdem eine Reihe von Rednern gegen seine Firma wegen der Herabsetzung der Preise vorgegangen seien und Herr Kraemer als Vorsitzender des Verbandes sich dem Angriff angeschlossen habe, ohne ihn vorher von seiner Absicht in Kenntnis zu setzen. Ferner habe er das von Herrn Kraemer gebrauchte Bild von dem Kampf und der Niederwerfung der Festung auf seine Firma bezogen. Weiterer Grund zu seiner Erregung sei gewesen, daß ihm Herr Kraemer habe das Wort abschneiden wollen, es sei doch parla mentarische Sitte, den Redner ausreden zu lassen. Die ihm ge wordene Mitteilung, daß Herr Kraemer Herrn Michaelis den Vorwurf gemacht hätte, er besorge bezüglich der Chromo- Konvention nur die Geschäfte der Firma Schwerdtfeger, ferner, daß Herr Kraemer in einer Besprechung mit Herrn Roß und Wolff gegen diese Konvention gesprochen hätte, seien die Ver anlassung zu seinem Mißtrauen gewesen. Er bedaure lebhaft, daß er getäuscht worden sei und infolgedessen Herrn Kraemer falsche Vorwürfe gemacht habe. Seine Firma habe die Preise für Chromokarten nur auf die Preise der besseren Konkurrenz herabgesetzt. Seine Firma sei dazu gezwungen gewesen, weil die Kundschaft einstimmig erklärt hatte, zu den bisherigen Preisen nicht mehr beziehen zu können. Herr Kraemer erwidert, daß es bezüglich des Wort abschneidens ein wenig anders gewesen sei. Er habe Herrn Hamburg, als dieser ihm den schweren Vorwurf der Doppel züngigkeit machte, nur berichtigen wollen, um ihm dadurch Ge legenheit zu geben, den Vorwurf zurückzunehmen. Kein Vor sitzender irgend einer Versammlung würde sich eine derartige Beleidigung gefallen lassen, vielmehr dem Redner das Wort entziehen, was er jedoch nicht getan habe. Mit Herrn Wolff habe er niemals eine Besprechung gehabt und könnte deshalb diesem gegenüber auch nicht gegen die Chromokonvention ge sprochen haben. Herrn Michaelis gegenüber habe er die Aeußerung nur getan, weil ihm berichtet worden sei, daß die Chromokonvention auf Grund der Schwerdtfeger'schen Preise abgeschlossen werden sollte, wodurch die minderwertigen Fa brikate vom Markt verdrängt worden wären. Er habe persön lich wenig Interesse am Chromofach, die allgemeine Erregung sei auch weniger wegen der Herabsetzung der Preise, als wegen der Form, in welcher dies geschehen sei, hervorgerufen worden. Er sei deshalb in Leipzig von vielen Seiten gedrängt worden,