Volltext Seite (XML)
1308 PAPIER-ZEITUNG Nr. 34 ist, und daß es die Zähigkeit besitzt, wie die früheren Liefe rungen. Wir bitten Sie nun, Ihr Gutachten darüber abzugeben, ob wir beider Herstellung des Papiers nicht mit genügender Sorg falt zu Werke gegangen sind, und ob der Besteller [das Recht hat, die Annahme der c Sendung zu verweigern. SS Antwort: In der Darstellung des Käufers war nicht an gegeben, daß für das Papier die besondere Bedingung völliger Chlor- und Säurefreiheit vorgeschrieben war. Dieser wichtigsten Eigenschaft gegenüber spielt das genaue Treffen der Farbe und der Glätte eine geringere Rolle als bei Papier ohne solche besondere Vorschrift. Uebrigens hat sich die Fabrik vorbehalten, daß die Farbe ab und zu etwas dunkler ausfallen darf, und was die Glätte anbelangt, so war die Lieferung vom 7. November 1905 fast ebenso rauh und welliger als die jetzt beanstandete Lieferung vom 23. Dezember 1909. Allerdings hat die Lieferung vom November 1905 noch eine Spur einseitiger Glätte, während die vom Dezember 1909 davon fast nichts aufweist. Nach den Aufklärungen der Papierfabrik sind wir der Ansicht, daß der Kunde die Lieferung übernehmen sollte, wenngleich das Fehlen der einseitigen Glätte immerhin einen Mangel darstellt, namentlich wenn die Tüten bedruckt werden sollen. Vielleicht vergleichen sich die Parteien auf Ueber- nahme des Papiers gegen mäßigen Nachlaß. Anstellung auf Probe in Oesterreich 10590. Frage: Anfangs Januar 1907 wurde ich von einer österreichischen Firma als Reisender engagiert. § 7 des Ver trages lautet: Insolange wir uns über Ihre Tüchtigkeit und Ihren Erfolg ein Bild nicht machen können, ist das Anstellungs- Verhältnis als ein Provisorium zu betrachten, das unter Beobachtung einer 14tägigen Kündigungsfrist zu lösen Ihnen sowie uns freisteht. Je nach den Resultaten, die Sie für uns erzielen, werden wir bereit sein, der Um wandlung des Provisoriums in ein Definitivum näher zu treten. Da ich eine Stellung haben mußte, um meine Familie zu ernähren, und ich immer mit Erfolg gereist habe, bestätigte ich diesen Vertrag. Genannte Firma hat aber keine zugkräftigen Muster und Jahre hindurch nicht reisen lassen, daher konnte ich für die Firma nur sehr wenig machen. Am 12. März kündigte sie mir zum Austritt am 26. März und rief mich sofort von der Reise zurück. Meiner Ansicht nach gehört zu einem Provisorium eine Zeitangabe 1/4, 1/2 Jahr usw. Dies fehlt hier, infolgedessen kann ich gesetzliche Kündigung verlangen (s. Nr. 15 Ihrer Zeitung über österr. Handlungsgehilfen). Eine i4tägige Kündigung ist gesetzlich nicht zulässig, auch wenn beide Teile damit ein verstanden sind! Ich verlange also Gehalt bis 30. Juni 1910 und Entschädigung für Nichtreisen (als entgangenen Spesengenuß 1/3 der Tagesspesen bis 30. Juni). Werde ich mit meiner Klage durchdringen? Antwort: Nach österreichischem Gesetze gilt zunächst die ausdrücklich vereinbarte Kündigungsfrist und nur, wenn keine solche vereinbart wurde, die gesetzliche Kündigungs frist. Da, wenn auch vorläufig, eine 14 tägige Kündigungs frist vereinbart wurde, ist die Kündigung rechtmäßig erfolgt. Die Vereinbarung einer 14tägigen Kündigungsfrist ist in Oesterreich zulässig und sohin rechtsgültig, und das Pro visorium dauert so lange, als es nicht durch Vereinbarung der Parteien in ein Definitivum umgewandelt wurde. Frage steller dürfte daher mit seinen Ansprüchen nicht durch dringen. Dr. N. Bezahlung für einen Bauplan 10591. Frage: Muß ich die unverlangte Zeichnung einer Heizanlage bezahlen? Ein Nachbar bot mir Dampf an. Infolge dessen bat ich den Besitzer einer Kupferfabrik um gelegent liche Besichtigung, welche der Fabrikant persönlich vornahm, wobei er auch die Räume ausmaß. Dabei stellte sich heraus, daß der Dampf nicht zulangte. Später fragte ich nochmals an, wie hoch sich ungefähr die Anlage stellen würde, falls die Fabrik selbst den Kessel zur Dampferzeugung setzte. (Es sind 2 kleine Räume zu heizen.) Hierauf erschien der Fabrikant mit einem Ingenieur und nahm Vermessungen vor. Nach 14 Tagen erhielt ich eine Zeichnung mit Kostenanschlag über 700 M. Dies war mir zu teuer, was ich dem Fabrikanten sagte. Jetzt erhalte ich eine Rechnung über 17 M. 50 Pf. für die Zeichnung. Antwort: Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch muß jede Arbeitsleistung angemessen entlohnt werden, von der an genommen werden muß, daß sie nicht unentgeltlich ge leistet wurde. Wenn nun eine Kupferschmiede auf Wunsch einen Kostenanschlag ausarbeitet, wozu auch die Herstellung einer Planskizze nötig ist, und es wurde nicht verabredet, daß sie dafür keine Entlohnung erhält, so muß der Be steller für den Plan bezahlen, falls er der Kupferschmiede nicht den Auftrag zur Lieferung der geplanten Anlage er teilt. Fragesteller muß also die anscheinend nicht über mäßig teure Rechnung begleichen. Falls Fragesteller nur eine unverbindliche ungefähre Preisangabe erwartete, so hätte er dies sagen müssen, als der Fabrikant bei ihm erschien,22 um Messungen in seinen Räumen vorzunehmen. LInventur E 10592. Frage: Mein Geschäftsjahr schließt mit dem 31. März 1910. Ich habe mir nun einen Postkartenverlag mit Städte ansichten zugelegt. Kann ich sämtliche hierzu benötigten photo graphischen Platten, welche bereits angefertigt sind, in die In ventur aufnehmen, wenn die Karten auch nur zum Teil bis zum Schluß des Geschäftsjahres geliefert sind? Kann ich ferner sämtliche, noch in Arbeit befindlichen, aber später zu liefernden Aufträge aufnehmen, sowie sämtliche Aufträge, die noch bis zum 31. März 1910 einlaufen, jedoch erst später geliefert werden? Oder kann ich diese Aufträge prozentual mit dem Brutto verdienst aufnehmen? Antwort: Nach § 40 HGB sind in der Bilanz sämtliche Vermögensstücke nach dem Wert anzusetzen, der ihnen an dem Zeitpunkt beizulegen ist, für welchen die Aufstellung stattfindet. Der Bilanz liegt die Annahme zugrunde, daß augenblicklich alle Bestände und Forderungen zu Geld ge macht werden, dabei jedoch nicht die Auflösung, sondern der Fortbestand des Geschäfts beabsichtigt wird. Demnach ist derjenige Nutzwert anzusetzen, den die einzelnen Besitz teile, besonders die Betriebseinrichtungen, für einen andern haben würden, der das Geschäft in gleicher Weise weiter führte. Haben also die bereits angefertigten photographi schen Platten einen Wert, so sind sie nicht höher als zum Anschaffungs- oder Herstellungspreis anzusetzen, eigene Fabrikate zum Marktpreis, der für sie am Bilanztag maß gebend ist, Halbfabrikate aber, z. B. noch in Arbeit befind liche Karten oder Platten, zum Betrag der für sie auf gewendeten Kosten. Karten, die noch nicht hergestellt und geliefert sind, können nicht in die Inventur aufgenommen werden, ebensowenig Aufträge, die vor dem Bilanztag ein gehen. Später zu erfüllende Lieferungsverträge zu inven tarisieren ist nicht üblich und wäre auch zwecklos, da der Wert sowohl in den Aktiven wie in den Passiven er scheinen müßte, solche Bilanzposten aber einen Einfluß auf die Vermögenslage nicht haben würden. Carl Thimm, gerichtlicher Bücherrevisor Nachdruck einer Ansichtskarte 10593. Frage: Anbei überreiche ich Ihnen eine Postkarte meines Verlages, welche ich nach einer für mich besonders ge fertigten photographischen Aufnahme anfertigen ließ; das Ver- vielfältigungsrecht ist mir somit Vorbehalten. Der Photograph hat seinerzeit dem Geschäftsführer des abgebildeten Geschäfts hauses ein Bild überlassen und nun erfahre ich, daß nach dem selben ein Buchdruck Klischee zur Wiedergabe in dem bei liegenden Führer angefertigt wurde. Die Vervielfältigung ge schah ohne mein oder des Photographen Wissen oder Willen; das Original ist dasselbe. Hat gerichtliche Verfolgung Aussicht auf Erfolg? Gegen wen ist vorzugehen, den Verleger oder den Käufer des Bildes? Antwort: Da Fragesteller das Urheberrecht an der Pho tographie besitzt, so durfte diese nur vom Fragesteller ver vielfältigt werden. Allerdings ist nach § 19 des Kunst schutzgesetzes die Vervielfältigung und Verbreitung zu lässig, wenn einzelne Werke in eine selbständige wissen schaftliche Arbeit, ausschließlich zur Erläuterung des Inhalts, aufgenommen werden. Aber es ist unwahrscheinlich, daß der Reiseführer, in welchen die Photographie aufgenommen wurde, vom Richter als wissenschaftliche Arbeit im Sinne dieses Paragraphen angesehen würde. Allerding? ist die Schilderung des in der Ansichtskarte dargestellten Gebäudes im Reiseführer durch den gut geschriebenen Text die Hauptsache, und die verkleinerte Abbildung dient nur zur Erläuterung des Textes. Fragesteller kann vom Verleger des Führers eine Vergütung oder Entschädigung für un befugte Nachbildung verlangen und diese Entschädigung nötigenfalls auch gerichtlich geltend machen. Der Käufer des Bildes hat sich gegen das Kunstschutzgesetz nicht ver gangen. Verantwortlicher Schriftleiter Siegmund Ferenczi, Friedenau. Zuschriften nur an Papier-Zeitung, Druck von A. W. Hayn’s Erben, Berlin SW 68, Zimmerstraße 29 Berlin SW 11, erbeten