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Sächsischer Landes-Anzeiger : 04.04.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-04-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188804049
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880404
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880404
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-04
- Tag 1888-04-04
-
Monat
1888-04
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 04.04.1888
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Nk. 77. — 8. Jahrgang. Der jeden Wochentag Abend (mit Datum de» folgenden Tages) zur Versendung gelangendeSächsische LandcS-Auzctger" mit täglich einem besonderen Untcr- haltungsblatte und mit dem Extrabeiblatt Lustiges Bilderbuch kostet bei den Ausgabe stelle» »ionatlich70Pig., bei denPost-Anst. 75 Pf. (1888er Ztgs.-Prcisliste Nr. 503o.) Für Abonnenten erscheintje einmal imJahr: S-u»uer.EiskubaI,»fahYlauIieftinr Sach en. Winter-Eiseubahufahrvlaiibert für Sachsen. Sllustr. Kalender des Sächsischen La»dboten. Jlluftrirte- Jahresbuch des Laudes-Anzeiger-, Mit täglich einem besonderen 4. Sächsisches Allerlei - SSchsischer Mittwoch, 4. AM 1888.- ' »nzelgeavreirder..SlIchf.«andeS.«nzeIged»"r - Raum einer schmalen CorvuSzeile Io Pfg. Bevorzugte Stelle (Ispalt. Petitzeile) 30 Pf. BeiWiederholung großer AnuoncenRabatt. Bei Bestellungen von Auswärts wolle inan JnsertionSbetrag (in Briefmarken) beifügen sie 8 Silben Corpusschrift bilden ca. 1 Zeile.) Annoncenannahme nur bis Bormittag. mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger". Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Unterhaltungsblatt: i. Kleine Botschaft — 2. Sächsischer Erzähler 3. Sächsische Gerichts-Zeitung 5. Jllnftrirtes Unterhaltungsblatt — 6. Sonntagsblatt — Ertra-Beiblatt: Luftiges Bilderbuch. Bnchdrnckcrci. Clicmiiiiz. Theaterstraße 5 (Ferusprcchstellc Nr. I3S). Telegr -Adr.: Lander-Anzeiger, Chemnitz. Alttlliche Bekanntmachungen. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des Unterzeichneten Amtsgerichts wurde heute auf Folium 3108 die Firma Carl Hunger in Chemnitz (Schiller- Platz Nr. 2) und als . deren Inhaber der Möbelstoff-Fabrikant Herr Carl Thcophilus Hunger daselbst eingetragen. Chemnitz, am 28. März 1888. Königliches Amtsgericht. Ueber das Vermögen des Uhrmachers Hermann Carl Simon Schreck in Chemnitz wird heute am 29. März 1888 Nachmittags V-5 Uhr das Konkurs verfahren eröffnet. Der Rechtsanwalt I)r. Lindner in Chemnitz wird zum Konkursverwalter ernannt. Konknrsforderungen sind bis zum 26. April 1888 bei dem Gerichte anzumclden. Es wird zur Beschlußfassung über die Wahl einer andern Verwalters, sowie über die Bestellung eines GläubigerauSschusses und eintretenden Falles über die in 8 120 der KonknrSordnnng bezeichnten Gegenstände auf de» 16. April 1888 Nachmittags 4 Uhr und zur Prüfung der augemcldeten Forderungen auf den 12. Mai 1888 Vormittags 10 Uhr vor dem Unterzeichneten Gerichte Termin anberaumt. Allen Personen, welche eine zur Konkursmasse gehörige Sache in Besitz habe» oder zur Konkursmasse eiwas schuldig sind, wird aufgegebeu, nichts an den Gemeinschulder zu ver abfolge» oder zu leisten, auch die Verpflichtung anferlegt, von dem Besitze der imchc und von den Forderungen, für welche sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Konkursverwalter bis zum 2. Mai 1888 Anzeige zu machen. Königliches Amtsgericht zu Chemnitz. Das im Grundbuchs auf den Namen Anna Minna verchcl. Friede, geb. Klotz, eingetragene, in Chemnitz an der Jacobstraße unter Nr. 10 gelegene Hausgrundstück Nr. 675, III. Abth. des Brandcatasters, Folium 2740 des (Grundbuchs für Chemnitz, geschätzt auf 58,300 M., soll im hiesigen Amtsge richt zwangsweise versteigert werden und ist der 30. April 1888 Vormittags 10 Uhr als Anmeldetermin, ferner der 15. Mai 1888 Vormittags 10 Uhr als Vcrsteigernngstermin, sowie der 23. Mai 1888 Vormittags 10 Uhr als Termin zur Verkündigung des Vertheilungsplans anberaumt worden. Die Rcalberechtigtcn werden aufgcfordcrt, die auf dem Grundstücke lastenden Rück stände an wiederkehreuden Leistungen, sowie Kostenfordernnge», spätestens im A»»leldeteri»inc anzumelden. Eine Uebersicht der aus dem Grundstücke lasten den Ansprüche und ihres Rangverhältnisses kann nach dem Anmeldctcrminc in der Äerichtsschrciberci des Unterzeichneten Amtsgerichts eingesehcn werden. Chemnitz, am 24. März 1868. Königliches Amtsgericht- Telegraphische Nachrichten. Vom 2. April. Wien. Auf Rath Englands und Italiens unterließ das bul- n irische Ministerium die Beantwortung der Note der Pforte gegen den Cvburger, weil Rußland nach eingelangter Antwort die Pforte zu neuer, schärferer Protestnote drängen wollte. Die griechische Re gierung wirft auf Ermunterung Rußlands und Frankreichs die Frage der weiteren Grenzregulirung im Sinne des Berliner Vertrages auf. . London. Aus Washington wird gemeldet, daß der Repräsen tantenhaus-Ausschuß dem Hause die Annahme einer Bill empfiehlt, durch welche nach Ablauf von fünf Jahren Ausländern Landerwerb verboten werden soll. Petersburg. Der Reichsraih hat über die Einführung der Polizeircform in den Ostsccprovinzen Beschlüsse gefaßt. Darnach wird die Gutspolizei als Polizeibehörde aufgehoben, dagegen den Guts herren zugestanden, eigene Polizciorgane für ihren Gutsbezirk mit be schränkter Polizcigewalt innerhalb der Gutsgreuzcn zu ernennen, die Thätigkeit dieser Polizei zu leiten und zu controlireu. Wie der „Grashdanin" erfährt, wird die Einführung ähnlicher Maßregeln für das ganze Reich geplant. Konstantinopel. Nach den neuesten Nachrichten, welche aus Kreta auf der Pforte eingetroffen sind, verlangen die Kretenser jetzt eine Ausdehnung ihrer politischen Autonomie nach dem Muster der Insel Samos, mit einem Fürsten an der Spitze und gegen eine jähr liche Tributzahlung von 80,000 Pfund. Politische Rundschau. Chemnitz, den 3. April. Deutsches Reich. Eine Wallfahrtsstätte für Tausende bildete :n den Ostcrfcicrtageu das schlichte Schloß in Charlottcnburg, Kaiser Fricdrich's Residenz. Und nicht Wenigen ist es auch vergönnt ge wesen, den Kaiser von Angesicht zu Angesicht zu schauen, und Alle haben zu ihrer Freude erkannt, daß der Kaiser in seinem ganzen Auf treten den Eindruck eines Mannes macht, dem noch eine lange Reihe von Jahre» zu walten und zu wirken bestimmt ist. Offiziell wird über des Kaisers Befinden berichtet, daß die Spaziergänge und Aus fahrten dem Herrscher sehr gut bekommen sind. Das Aussehen ist Fürst Bismarck iu Volkssprache» und Bolkspoesie. Zu Bismarcks Geburtstag am 1. April. Von Fedor von Köppen. Nachdruck verboten. Es ist erklärlich, daß der Mann, welcher das Hoffen und Träu men der deutschen Nation verwirklicht hat, in der Volkspoesie viel gefeiert wird. Dichter aus den verschiedensten Gegenden des Reiches haben ihrer Patriotischen Freude über die Wiedercrhebung unsers großen gemeinsamen Vaterlandes in schwungvollen Strophen an den Ncubcgründcr deutscher Macht und Einheit Ausdruck gegeben; wir nennen Rudolf Gottschall, den Verfasser der preisgekrönten Bismarck- Hymne, Einanuel Geibel, Wolfgang Müller von Königswinter, Oskar von Redwitz, Hans Köster, Gustav Schwetschke, den humoristischen > Sänger der „Bismarckias" und „Varzinias," ferner Julius Sturm, Georg Hesckiel und Ludwig Eichrodt. Neben ihren Dichtungen, welche bereits größtenthcils durch die. Presse Verbreitung fanden, haben auch die Gelegenheitsgedichte und Festgrüße Solcher, die auf den Namen von Dichtern sonst keinen Anspruch erheben und sich von ihrer war men Verehrung für den Kanzler zu poetischen Herzensergüssen fort reiben ließen, als Zeugnisse für die Stimmung ini Volke Interesse » und Werth. Seit seinen ersten Erfolgen in der Staatskunst ist Bismarck der vielbesungene und vielgcfeierte Mann des Volkes. Schon sein Name ward im Volksmunde auf mannigfache Weise gedeutet, denn „Bis marck" — so erklärt man — ist der Mann von „Doppel-Marke" («»»----zweimal,doppelt) „und folglich ist er auch der „Doppel-Starke"; er ist der Mann, der nicht eher ruht, als „bis Mark" alle Aeste und Zweige unseres Volksthums durchdringt. Anderer Deutung unter liegt das Bismarck'sche Wappen, bekanntlich ein dreiblättriges rundes Kleeblatt, unter welchem in den drei Winkeln längliche Eichenblättcr hervorschaucn. Im Volke werden die runden Blätter öfters für Wegekraut, die langen zackigen für Nesseln angesehen. Auf diese Weise erklärt es sich, daß ein Ehrendegen Bismarck'S, die Gabe von wieder frischer, auch die Stimmung gehoben. Die begeisterten Ova tionen, die ihm zu Theil geworden, haben den besten Einfluß gehabt. Die Nächte waren im Allgemeinen gut, nur wenig von Husten unter brochen. Der Kaiser schläft sehr lange, geht aber früh zu Bett und steht früh auf. Der Kräftezustand ist befriedigend. Am Sonnabend Nachmittag stellten sich Spuren einer leichten Erkältung ein, die aber schnell wieder vorübergingen. Die Massagebehandlung, die Anfang voriger Woche eingeführt war, ist nach zwei Sitzungen vorläufig wie der eingestellt, weil die Prozedur zu erregend wirkte. Die geplante Hinzuziehung des Professors vr. Esmarch aus Kiel zu den ärztlichen Konsultationen bezweckt die eventuelle Erweiterung der Behandlungs methode je nach den etwaigen Vorschlägen des bekannten Klinikers. Nur eine einmalige Inanspruchnahme Esmarchs steht in Rede. — Der am Charfreitag nach Berlin unternommene Ausflug ist dem Kaiser vortrefflich bekommen. i — Das englische medizinische Journal „The Lancet" schreibt Vor einigen Tagen entfernte Mackenzie aus der Kehlkopfröhre Kaiser Friedrichs ein großes Stück abgestorbener Schwellung, welches augen scheinlich aus dem Kehlkopf herabgefalleu war. Diese Ablösung ab gestorbener Theile ist im Kehlkopfkrebs eine sehr seltene Erscheinung; cs ist überdies keine Ausdehnung des Gewächses in der Richtung der Kanüle vorhanden. In Krebsfällen Pflegen hingegen bald nach der Tracheotomie Wucherungen um die Kanüle herum zu erscheinen. Der Prozeß scheint stets nekrotischer (knochenbrandiger) Natur zu sein. — In verschiedenen Blättern ist die Nachricht von der bevor stehenden Verlobung der Prinzessin Victoria, zweiten Tochter Kaiser Friedrichs, mit dem ehemaligen Bulgarenfürsten Alexander Battenberg verbreitet, woran zugleich vas Gerücht geknüpft wird, der Fürst werde über lang oder kurz nach Sofia zurückkehren. Daß der Fürst und die Prinzessin einander nahe getreten sind, ist ja bekannt, aber die politischen Schwierigkeiten lassen schon Verlobung und Hochzeit als im weiten Felde liegend erscheinen, noch viel weniger kann man also von einer Heimkehr des Battenbergers nach Bulgarien sprechen. — Der Amnestiecrlaß des Kaisers, der gerade zu Ostern er schienen, hat vielen Tausenden ein frohes Fest bereitet. Selbstver ständlich hat er nur Giltigkeit für Preußen, ab^r er wird auch in den übrigen Theilen des deutschen Reiches ein theilnehmendes Echo finden. Weise Beschränkung liegt in dem Erlaß neben weitgehender Gnadenbewilligung, und im Ucbrigen dürfen wohl Manche noch, derPi Begnadigung der Amnestiecrlaß nicht ausspricht, auf Grund eingereichter Gnadengesuche auf Erfüllung ihres Wunsches rechnen. Tausende aber werden inniger denn zuvor bitten und beten: Gott erhalte unseren Kaiser! — Die griechische Regierung läßt amtlich die in deutschen Blättern mehrfach verbreitet gewesene Meldung von der Verlobung des Kronprinzen Konstantin mit der Prinzessin Sophie von Preußen für unwahr erklären. — Der päpstliche Nuntius Galimbcrti hat während seines jüngsten Berliner Aufenthaltes, einem römischen Telegramme zufolge, die Versicherung des Fürsten Bismarck empfange», daß es der Wunsch des Kaisers sowohl, wie des Reichskanzlers sei, die gegenwärtigen freundschaftlichen Beziehungen zum Vatikan zu befestigen. Kultus minister von Goßler erthcilte dem Nuntius beruhigende Zusicherungen hinsichtlich der geistlichen Orden. Der Minister wies nach, daß 4000 Ordensmitglieder beiderlei Geschlechtes bereits nach Preußen zurück gekehrt seien. — Von der deutsch-französischen Grenze. Drei vom Fort Manoville nach Luneville beurlaubte französische Soldaten hatten nach Jgncy-Avricourt einen Abstecher unternommen. Nachdem sie si tüchtig bezecht, versuchte» sie, allerlei Unfug zu treiben, wurden aber von den Gendarmen zurecht gewiesen. Nachts hatten diese Soldaten den letzten nach Luneville abfahrcndcn Zug versäumt und verlangten jetzt von Neuem Einlaß in eine Wirthschaft. Durch das Klopfen an den Laden mit allen in der Nähe liegenden Gegenständen, Geschrei und Lärm wurde die ganze Nachbarschaft aus dem Schlafe geweckt. Einige Angestellte der französischen Ostbahn kamen herbcigeeilt und suchten Ruhe zu schaffen, worauf die Soldaten riefen: „Kommt nur herunter, Ihr Preuße», wenn Ihr Blut sehen wollt!" Darauf kam cs zu einer Schlägerei mit blanker Waffe, aber nur einen von den Excedenten vermochten die Gendarmen festzuhalten. Coblenzer Verehrern aus der Cvnflictzeit, auf einer Seite der Klinge die Inschrift zeigt: „Das Wegekraut sollst stehen la'n — Hüt' Dich, Junge, sind Nesseln dran!" Der Wappenspruch: „In trinitats rodnr" (Inder Dreieinheit Kraft) wird in sinniger Weise in Beziehung gebracht zu den drei Genossen Bismarck, Moltke und Roon, die im Feuer der Schlacht ans echtem Golde die Reifen der Kaiserkrone geschmiedet. Bekannt ist das altmärkische Bauernsprüchwort: „Noch lange nicht genug! sagt Bismarck", cs findet eine treffliche Anwendung auf den Mann, der unermüdlich und rastlos von dem erreichten Ziele zu dem nächsten, noch höhcrn vorwärts strebt. Es erscheint als eine Ironie der Geschichte, daß in dem Ge burtsjahre des Deutschen Bundes zugleich der Mann geboren wurde, der berufen war, ihm dereinst das Lebenslicht auszublasen, daß zu der nämlichen Zeit, als auf dem Wiener Congresse von den Diplo maten Europas eine Fülle „schätzbaren Materials" in gewaltigen Aktenstößen aufgespcichert wurde, in dem stillen Winkel der Altmark derjenige Staatsmann das Licht der Welt erblickte, der in der alten Rumpelkammer der Kabinetspolitik so gründlich aufräumen sollte. Sein Geburtstag gereicht allen Denen zum Tröste, die es als eine böse Vorbedeutung ansahen, gleich ihm das Licht der Welt an dem Tage erblickt zu haben, an dem man nach altem Scherzgebrauche die Leute in den April zu schicken pflegt. Bismarck ließ sich nicht in den April schicken, wohl aber passirte dies Vielen, die sich nach seinem ersten öffentlichen Auftreten im Staatslcben so gründlich in ihm verrechneten nnd die in ihm, nachdem er bereits den Gesandtschafts- Posten zu Frankfurt am Main, sowie diejenigen zu Petersburg und Paris bekleidet hatte, nur den brandenburgischen Junker zu erblicken glaubten. Recht artig klingt ein kleines Epigramm „an Deutschland zum 1. April" (von C. v. H. U. in Stuttgart): Sei Deines Kanzlers froh, Der heut' die Welt erblickt, Und werde stets nur so I» den April geschickt!" — — Neues aus Kamerun! Wegen Beleidigung des Gouverneurs von Kamerun wurde am 4. Januar d. I. der gegen die Anordnungen des Gouverneurs sich oft widerspenstig zeigende König Akwa mit tausend Mark Geldstrafe belegt. Der Verhandlung lag folgender Sachverhalt zu Grunde: König Dido war bestohlen worden und hatte gegen den Dieb einen Verhaftsbcfchl des Gouvernements ausgewirkt. Mit letzterem begab Dido sich zum Akwa, bei welchem der Dieb Unterkunft gesucht und gefunden hatte, und verlangte dessen Aus lieferung. König Akwa indessen respcctirte den Berhastsbefchl so wenig, daß er dem Dido die Thüre wies und sich außerdem be leidigende Aeußcrungcn über den Gouverneur erlaubte. Natürlich klagte Dido nun den. Akwa an, Akwa mußte vor Gericht erscheinen und wurde zu 1000 Mark vcrurtheilt, bis zu deren Zahlung er in Haft genommen wurde. Da baar Geld in Kamerun ein ziemlich rarer Artikel ist, so wurden seitens der Getreuen Akwas schon am folgenden Tage drei, die angegebene Summe etwa repräsentirende Elephantenzähne und einige Stücke Vieh an das Gouvernement ein geliefert, worauf die Freilassung Akwas erfolgte. Frankreich. Ueberraschcn kann in Frankreich nach den Ereig nissen der letzten Tage nichts mehr, und wenn wir in.vier Wochen einen Staatsstreich haben, der den General a. D. Boulanger zum Präsidenten der französischen Republik macht, so brauchen wir nicht die Köpfe zu schütteln, so ungeheuerlich das auch heute klingen mag. Alles ist in Paris möglich, Alles! Rekapituliren wir zum genaueren Vcrständniß die letzten Ereignisse: Vor zwei Wochen wurde General Bonlanger wegen offenbaren Ungehorsams seines Kommandos ent hoben. Ganz Frankreich schrie Bravo! Ein paar Tage später erhielt dieser selbe Charlatan-Geueral von den Wählern des einzigen Wahl bezirkes Laon 50,000 Stimmen. Ganz Frankreich ließ die Ohren hängen, und als die Regierung sich kräftig entschloß, dem wüsten Treiben des Generals ein Ende zu machen, ihn kassirte, da sprang die Stimmung um, Boulanger fand Vertheidiger und die Regierung Angreifer. Woraus sich das erklärt? Erstens ist Boulanger Offizier, zweitens erblicken Viele in ihm einen französischen Moltke und end lich sind nur zu Viele mit dem jetzigen Regierungssystem unzufrieden und verlangen einen Wechsel, selbst uni den Preis eines Staats streiches. Frankreich verlangt einen energischen Mann an der Spitze des Landes, aber nicht die buntscheckige Kammermehrheit, die sich nicht zu rathcn und zu helfen weiß, kein anderes Ziel kennt, als sich selbst zu befehden. Boulanger verzichtete nunmehr auf seine Stimmen in Laon und nahm die Kandidatur für die Ersatzwahl im Nord- Departement an. In seinem Wählprogramm stand vor Allem: Re vision der Verfassung! Damit war den Boulangisten in der Kammer Gelegenheit gegeben, ihrem Herrn und Meister einen glänzenden Sieg zu bereiten. Sie stellten den dringenden Antrag auf Revision der Verfassung. Ministerpräsident Tirard bekämpfte den Antrag, ihm schlossen sich alle besonnenen Leute an, sie wiesen auf das Unheil hin, welches ein solcher Beschluß in der gegenwärtigen Zeit bringen müsse. Alles umsonst. --Mit 268 gegen 237 Stimme» ging der Antrag nach heißer Redeschlacht durch, und damit war das Ministerium Tirard zum Rücktritt gezwungen. Die Mehrheit stimmte aus ganz verschiedenen Gründen. Die Boulangisten Ware», wie gesagt, der treibende Keil, die Radikalen waren für den Antrag theilö aus Haß gegen das unglückselige Kabinet Tirard, theils weil sie wirklich für Verfassungsrevision sind. Endlich stimmten die Bonapartisten dafür, die nichts sehnlicher wünschen, als Bonlanger an die Spitze des Staates zu bringen, weil sie, vielleicht nicht mit Unrecht, überzeugt sind, Frankreich werde dann in absehbarer Zeit von selbst wieder den Napoleoniden zufallen. Die große Menge hat für die einzelnen Strömungen innerhalb der Mehrheit natürlich wenig Sinn, sie nennt das Ganze einen Erfolg Bonlangers, Boulanger ist der Mann des Tages geivorden. Mit Ungestüm arbeiten die Mo narchisten bereits auf die Kammerauflösung und Neuwahlen hin, aber ein am Sonnabend gestellter bezüglicher Antrag ist abgelehnt, die Kammern haben sich bis Dienstag vertagt. Der bisherige Kamm er- präsident Floquet hat, unterstützt durch Freycinet und Goblet, ein neues Ministerium gebildet. Es trägt einen vorwiegend radikalen Charakter und die Gambettistcn werden im Verein mit den Monarchisten schon dafür sorgen, daß seine Lebensdauer nicht allzu lang wird. Interessant ist, daß zum ersten Male die Ernennung Die Fluth der Gebnrtstagsgedichte, die in diesen Tagen aus allen Theilen des Reiches, sowie auch aus dem Auslande — aus Rußland, Schweden, England und Italien — im Bureau des Reichs kanzlers eingehen, ist von Jahr zu Jahr gestiegen und hat an seinem siebzigsten Geburtstage eine vollständige Ueberschwcmmung hcrvorge- rufen. Einige sind von solcher Länge, daß die Verfasser beim deut schen Reichskanzler einen großen Ucberfluß an Zeit vorauszusetzen scheinen, wenn sie erwarten, daß er sie lesen soll; andere sind aber auch klein und niedlich, sodaß wir nicht umhin können, von den letzte ren einige Proben hier mitzntheilcn. Wir finden darunter auch solche von Aerzten, welche dem Kanzler in launigem Tone Poetische Necepte verschreiben, so von Or. S. aus Osterode am Harz. „An Vagabunden, schlechten Musikanten, An saurem Bier und tobten Spccnlantcn, An Licbesunglück, bösen Schwiegermüttern, An Frost und Dürre, tobenden Gewittern, — An allem ist nur Schuld der cinz'gc Mann, Bismarck, der alles Böse will und kan». — Also die Hcnler! Doch wir Gratulanten Beschauen uns den Herrn von allen Kanten Und sch'»: das Schlechte a» ihm ohne Zweifel Ist nur sein Rheuma, — hole cs der Teufel!" Neben schlichten Versen finden sich Gedichte in zierlichsten Kunst formen oder solche von „aufrichtigen Verehrerinnen"; sie sind von zarter Hand auf goldgerändertes Papier geschrieben und reden von „Dankbarkeit und Liebe, die jede Brust durchzieh'«, so lange Eichen rauschen und deutsche Herzen glüh'n". Unter den elfteren ist beson ders das Akrostichon vertreten; wir wählen das nachfolgende von A. S. in Oldenburg: ^Bismarck! so tönet heute lustig wieder Im deutsche» Volk Dein Name hoch »nd hehr! Sei laut gefeiert bei dem Klang der Lieder! Mit Dir zum Siege! schallts vom Fels zum Meer. Auf, preist den Helden, der uns heut' geboren, Rastlos das Höchste unS erringen will. Canossa sei das Ziel der Rückschritts-Thorenl Kein Bismarck führt das Reich in den April " -W
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