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Beilage zum Schönburger Tageblatt. Freitag, de» 23. April Amtlicher Teil. 1915. Verordnung zur Ausführung der Bundesratsverordnung, die Regelung des Verkehrs mit Kartoffeln betreffend 12. April 1915 (Reichögesetzblott «eite 217) vom 14. April 1915. 1. Im Sinne der BundeSratSverordnung gelten: 2) als höhere Verwaltungsbehörden die KreiShauptmannschasten; Vorschriften über die Art der Regelung nach 8 11 bleiben dem Ministerium des Innern bis auf weiteres Vorbehalten; d) als Kommunalverbände die für die Regelung des Verkehrs mit Brotgetreide und Mehl gebildeten KommunalverbLnde. Für die Vertretung der KommunalverbLnde gelten die Vorschriften der Aus führungsverordnung zur BundeSratSverordnung vom 25. Januar 1915, die Regelung de» Verkehr« mit Brotgetreide und Mehl betreffend vom 26. Januar 1915 In KommunalverbLnden, die aus mehreren BrzirkSoerbänden oder exemten Städten zusammengesetzt find, kann auf Antrag einer der beteiligten Körperschaften die Regelung des Verkehrs mit Kartoffeln den einzelnen BezirkSocrbänden oder StSdten durch das Ministerium des Innern übertragen werden. 2- (3« 8 2). Zur minderbemittelten Bevölkerung find zu rechnen: 2) Alle Glieder eines Haushaltes, in welchem das Gesamteinkommen der erwerbstätigen Personen unter Berücksichtigung der durch Einziehung zum Heeresdienst und Arbeits losigkeit eingetretenen Einkommensverminderung 1900 Mark jährlich nicht übersteigt. Das Einkommen von Untermietern ist nicht zu rechnen. b) Alleinstehende Personen, welche nicht in einem Haushalt mit höheren Gesamtein kommen als 1900 Mark verköstigt werden und deren eigenes Einkommen 1400 Mark nicht übersteigt. Nicht zu berücksichtigen find die Leiter landwirtschaftlicher Betriebe mit ihrem Hausstand und den Personen, die von ihnen als Naturalbcrechtigte oder als Lohn Speisekartoffeln zu beanspruchen haben. 3. (Zu 8 3). Die Versorgung der minderbemittelten Bevölkerung erfolgt in der Weise, daß der Kommunaloerband einen Vorrat, etwa 75 bis 90 Pfund für den Kopf dieser Be völkerung berechet, ficherstellt. Dies geschieht durch freihändigen Ankauf, und, soweit durch diesen der erforderliche Vorrat nicht fichergestellt werden kann, im Wege der Enteignung der im Bezirk des Kommunalverbandcs vorhandenen Kartoffeloorräte. Auch für die hiernach er forderliche Enteignung gelten die Vorschriften des 8 5 der BundeSratSverordnung und der Ziffer 4 dieser Ausführungsverordnung. Der sich hierbei ergebende Fehlbetrag ist durch Vermittelung der höheren Verwaltungsbehörde bei der Reichsstelle für Kartoffclversorgung »nzumeldrn. 4. (Zu 8 5). Bei Festsetzung der Vorräte, die den Landwirten bei einer Enteignung Mr Fortführung der eigenen Wirtschaft zu belasten sind (8 2 Absatz 1 des HöchstpreiSgesetzes m der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1914) ist von folgenden Grundsätzen auszugehen: > a) Als Saatgut ist bei der Enteignung für den Hektar ein Bedarf von 40 Zentner anzunehmen. Der Bedarf ist auf Antrag für die Anbaufläche des Jahres 1914 zu berechnen. ES bleibt dem Landwirt unbenommen, diese Anbaufläche zu ver ringern und da« ihm bei der Enteignung zu belastende Saatgut auf die verminderte Anbaufläche zu sei wenden. b) Für Vichsütterung find nur die Mengen zu berücksichtigen, welche nach Ziffer 52 dieser Verordnung von dem VerfüttcruogSoerbot ausgenommen find. c) Für die Ernährung des Hausstandes sind dem Landwirt je nach den örtlichen Ver hältnisten 40—80 Pfund, auf den Kopf und Monat berechnet, auf die Zeit bis zum 1. August zu belasten, soweit nicht nach 8 5 Absatz 7 der BundeSratSverordnung eine höhere Menge von der Enteignung ausgenommen ist. el) Für Brennereien ist der Bedarf nach dem verminderten Durchschnittsbrand maß gebend. e) Zu den zu belastenden oder unter Vorbehalt der Abnahme zu einem späteren Termine zu enteignenden Mengen ist ein Zuschlag von 2"/« für je 14 Tage auf die Zeit bis 1. August berechnet für Verderb zu machen und gleichfalls von der Enteignung auszunehmen. 5. Aus Grund von 8 9 in Verbindung mit § 11 der Bundesratsverordnung wird hier durch angeordnet: 2) DaS Verfüttern von rohen, gedämpften oder gekochten Kartoffeln an Vieh wird mit Wirkung vom 26. April ab bis aus weiteres verboten. Ausgenommen von dem Verbot bleiben Kartoffeln, die nach ihrer Beschaffenheit zur menschlichen Ernährung uutauglich sind. Wer solche Vorräie, die nicht in noch ungeöffneten Mieten liegen, besitzt, hat dies der Gcmeindebehöroe anzuzeigen. Bei der streng durchzuführendcn Ueberwachung dcS Fütterung-verbotes ist insbesondere darauf zu achten, daß nur zur menschlichen Nahrung ungeeignete Kartoffeloorräte, und auch diese nur nach vorgängiger Anzeige, weiter oerMert werden. Ausnahmen von dem Verfülterungsocrbol können die Amthauptmannschaftcn und die Stadlräle der Städte mit residierter Stästcordnung vorübergebend bewilligen, wenn nachgewiesen wird, daß unter Berücksichtigung der übrigen Viehhaltung des Besitzers für das Zucht- und Spannoieh keine geeigneten anderweitc» Futtermittel in ausreichender Menge bis zum 20. Mai dieses Jahres in der Wirtschaft vorhanden find oder für diese beschafft werden können. Nur die hiernach völlig unentbehrlichen Mengen sind al« Bedarf für Spann- und Zuchtvieh anzucrkcnnen. Für Mastvieh dürfen Ausnahmen nicht bewilligt werden. b) Der Verkauf von Saatkarrosfeln ist, soweit sich nicht aus der BundeSratSver ordnung über die Höchstpreise für Spciickarwffcln in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. März 1915 (Reichsgesetzblatt Seile 202) weitere Einschränkungen ergeben, nur an Landwirte zulässig, die eine Bescheinigung der Gemeindebehörde darüber bei bringen, daß sie die Karloff, ln zur Aussaat in ihrem Betriebe benötigen. Der An kauf kann durch einen Drillen geschehen, dein die Bescheinigung auSgchändigt ist. Der Verkäufer Hal die Bescheinigung unverzüglich an die Gemeindebehörde seines Wohnorte« abzutiefcrn. Die Bescheinigung ist zu versagen, wenn die erforderliche Saatmengc in der Wirtschaft des Antragstellers neben den nach 4b bis e zu berücksichtigenden Mengen vorhanden ist, sofern der Antragsteller nicht die entsprechende Menge Speisekartoffcln der Gemeinde oder dem Kommunatoerbanse käuflich anbietet. Die Bescheinigung ist auch solchen Personen zu erteilen, die nachweise«, daß fie zum Kartofselbau geeignetes Land zur Verfügung habe« und ihnen das zur Be ¬ stellung erforderliche Saatgut fehlt. Wer den Anordnungen unter 5s und b zu- widerhandelt, wird mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 1500 Mark, bestraft. 6- (Au 8 9 fg.) Die für die minderbemittelte Bevölkerung stchergestellten Vorräte sind an diese so zu verteilen, daß der Kleinoerkaufspreis den Einkaufspreis zuzüglich der not wendigen Unkosten nicht übersteigt. Hierbei sollen durchschnittlich, je nach dem Maß, in welchem die minderbemittelte Bevölkerung des Bezirks auf die Kartoffelernährung angewiesen ist, durchschnittlich 5 bis 7 Pfund auf den Kopf und die Woche gerechnet werden. Wer Anspruch auf Berücksichtigung bei der Zuteilung macht, hat dies bei den von den Kommunalverbändcn zu bezeichnenden Stellen anzumelden. Hierbei ist der Nachweis zu führen, daß die Voraussetzungen nach Ziffer 2 vorliegen und die Höhe des bereits im Haushalt vor handenen oder für diesen zur Verfügung stehenden (aus gemeinsamem Bezug, Fabrikfürsorge usw.) Kartoffelvorrats onzugeben. Die Zuweisung erfolgt von dem vom Kommunalverband zu bestimmenden Zeitpunkt ab auf Grund der Prüfung dieser Angaben. Die näheren Vorschriften über das Verfahren sind von dm Kommunaloeibänden zu er lassen und spätestens bis zum 1. Mai dieses Jahres in Kraft zu setzen. Vor Erlaß allge meiner Anordnungen sollen die bei den KommunalverbLnden aus Grund der BundeSratSver ordnung vom 25. Januar 1915 gebildeten ErnLhrungSauSschüffe gehört werden. 7. Soweit der Reichskanzler auf Grund von 8 3 bis 5 der BundeSratSverordnung Grundsätze aufstellt, erledigen sich die etwa hiervon abweichenden Vorschriften dieser Aus führungsverordnung. Diese Verordnung tritt mit dem Tage der Bekanntmachung in Kraft. Dresden, den 14. April 1915. Ministerium »es Inner«. Sicherstellung von Kartoffel» für Minderbemittelte. 1. Durch die Bekanntmachung deS Bundesrates über die Regelung des Verkehrs mit Kar toffeln vom 12. April 1915 ist die Sicherstellung von Kartoffeln für die minderbemittelte Bevölkerung angcordnet worden. 2. Zur minderbemittelten Bevölkerung sind zu rechnen: g) Alle Glieder eines Haushalts, in welchem das Gesamteinkommen der erwerbs tätigen Personen unter Berücksichtigung der durch Einziehung zum Heeresdienst und Arbeitslosigkeit eingetretenen Einkommensocrminderung 2400 Mk. jährlich nicht übersteigt. Das Einkommen von Untermietern ist nicht einzurechnen. b) Alleinstehende Personen, welche nicht in einem Haushalt mil höherem Gesamteinkommen als 2400 Mk. verköstigt werden und deren eignes Einkommen 1400 Mk. nicht übersteigt. Nicht zu berücksichtigen find die Leiter landwirtschaftlicher Betriebe mit ihrem Hausstande und den Personen, die von ihm als Naturalbcrechtigte oder als Lohn Speisekartoffeln zu beanspruchen haben. 3. Wer zu den unter 2a und d bezeichneten Peisoncnkrcisen gehört und Ansprüche ans Versorgung mit Kartoffeln macht, hat dies bei seiner Gemeindebehörde bis 28. April 1915 perfänlich anzumelden. Bei der Meldung find der Name, das Einkommen, die Kopfzahl der Haushottrangchörigen und die Menge der etwa vorhandenen Kartoffeloorräte nach Zentner bczw. Pfund wahrheits gemäß anzugrbcn. 4. Wer die Anmeldung innerhalb der genannten Frist unterläßt, kann späterhin keine An sprüche an die vom Bezirks verbände stchergestellten Kartoffelvonätc mehr erheben. 5. Wer wissentlich unrichtige oder unvollständige Angaben üb^r die bei ihm noch vorhandenen Kartoffeloorräte macht, wird mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 10,000 Mk. bestraft. Wer hierüber fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben macht, wird mit Geldstrafe bis zu 3000 Mk. oder im Unocrmögensfalle mit Gefängnis bis zu 6 Monaten bestraft. Glauchau, den 20. April 1915. Der Bezirksverban» der Königlichen Amtshauptmannschaft Glauchau. Amtshauptmann Graf v. Holtzendorss. Da die Zufuhren an Zuckerrüben in letzter Zeit stärker geworden find, wird die Bezugs- Vereinigung der deutschen Landwirte, G. m. b. H., Berlin für die nächste Zeit größere Mengen frischer Zuckerrüben direkt an Verbraucher abgrben können. Der Preis stellt sich auf: Mk. V.KV pro Zentner srei Waggon ab Versandstation. Die Bezugsvereinigung kann sich nicht verpflichten, Wagen mit einem bestimmten Gewicht zu liefern; die Wagen müssen vielmehr mit demjenigen Gewicht weitcrrollen, mit dem fie in Saarbrücken oder Düren ankommen. Auf die Beladung der Wagen hat die BezugSvercinigung keinerlei Einfluß und k«nn daher keine Verantwortung für die au» der Beladung sich etwa ergebenden Folgen übernehmen. Für Schmutzfreiheit und sonstige Beschaffenheit der Rüben muß dir BezugSvereinizung jede Garantie ablehnen; die Rüben werden geliefert, wie sie fallen. Ferner muß sie sich den Vorbehalt der Lieferungsmöglichkeit machen, da fie nicht weiß, welche Rübenmengen ihr noch seitens der Heeresverwaltung überwiesen werden. Die Bestellung gilt erst dann als endgültig von ihr angenommen, wenn der Weitertrans port der Rüben ab Saarbrücken oder Düren vor sich gegangen ist. Die Bestellungen sind direkt an dir Bezugsoereinigung der deutschen Landwirte-Berlin zu richten. Glauchau, den 20. April 1915. Die Königliche Amtshauptmannschoft.