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3806 PAPIER-ZEITUNG Nr. 98 Buchenzellstoff Wien, im Dezember 1909 IV. Bez., Radeckg. 5 Zu der mit gleicher Ueberschrift Seite 3676 d. Bl. er schienenen Mitteilung erlaube ich mir zu erwähnen, daß ich auf die im Zentralblatt f. d. öst.-ung. Papierindustrie Nr. n vom 10. April 1908 erschienene Eingabe des Vereins der öst.-ung. Papierfabrikanten schon im Mai 1908 Herrn Ludwig von Piette aufmerksam zu machen mir erlaubte, daß in Oesterreich ge nügende Laubholzmassen alljährlich anfallen, um Natronzellstoff fabriken größeren Stiles zur Erzeugung von Laubholzzellstoff vollauf zu versorgen, wobei ich namentlich die in Nieder- Oesterreich so reichlich vorkommende Rotbuche (fagus sylvatica) im Auge hatte. Es dürfte des weiteren von Interesse sein, hervorzuheben, daß ich schon im Jahre 1890 anläßlich der land- und forstwirt schaftlichen Ausstellung in Wien im Auftrage der Actien- gesellschaft. der k. k. priv. Papierfabrik Schlöglmühl umfang reiche Versuche im Großen über die Erzeugung von Zellstoff aus verschiedenen Laubholzarten durchführte und die Ergebnisse dieser Versuche dort ausstellte, die ihrer großen Reinheit und Weiße wegen vorteilhaft auffielen. Die diesbezüglichen Ausstellungsberichte wurden in allen land- und forstwirtschaftlichen Fachblättern publiziert, und hat auch damals schon die günstige Verwertung der Laubhölzer wie Rotbuche, Aspe, Pappel, Elsbeere, Vogelbeere, Sohlweide, Buchweide, Esche und Erle bei den maßgebenden Forstämtern allgemeines Interesse erregt. Außerdem wurden Herrn Geheimrat Carl Hofmann sowie mehreren österreichischen Instituten mit permanenten Aus stellungen ganze Sortimente von Musterbogen dieses Zellstoffs überlassen. Die Versuchsdaten finden sich in Carl Hofmanns Handbuch der Papierfabrikation, Seite 1416, verwertet. Das günstige Ergebnis bei der Verarbeitung von Rotbuche veranlaßte mich, noch mehrfache umfangreiche Versuche mit Rotbuche durchzuführen, und ich kann konstatieren, daß, während die in C. Hofmanns Handbuch angegebene Ausbeute von frisch geschlagener Rotbuche herstammt, die Verwendung von trockenem Rotbuchenholz wiederholt eine Ausbeute bis 180 kg pro Raummeter ergeben hat. Der von mir erzeugte Zellstoff aus Rotbuche ist jedoch nicht von graubrauner Farbe, sondern ausgesprochen weiß, und hat der Zellstoff die Weiße bis auf den heutigen Tag, d. i. nun 19 Jahre ungetrübt erhalten, wie aus einem Muster zu ersehen ist, welches ich der geehrten Schriftleitung zur gefälligen Be urteilung einzusenden mir erlaubte. Dieser Rotbuchenzellstoff ist daher auch für bessere Papier- Sorten — ungebleicht — zu verwerten und erreicht mit 2 bis 3 v. H. Chlorkalk gebleicht, höchste Weiße. Entgegen der in besagter Mitteilung hervorgehobenen Beob achtung, daß zum Auswaschen des Laubholzzellstoffs warmes Wasser zu empfehlen sei (doch wohl nur, wenn solches kosten los zu haben ist), kann ich konstatieren, daß der von mir er zeugte Laubholzzellstoff sich in kaltem Wasser vollständig und leichter waschen ließ, als unter gleichen Verhältnissen erzeugter Nadelholzzellstoff. Was das Verhältnis des Buchenholzzellstoffs bei der Ver arbeitung zu Papier anbelangt, so decken sich meine Erfahrungen ganz mit den in besagter Mitteilung erwähnten, und ich erlaube mir nur noch seine große Aufnahmefähigkeit für Farbstoffe her vorzuheben, sowie daß die Verwendung des Buchenholz Zell- Stoffs zu Druckpapier ganz besonders zur Erzielung reinen Druckes beiträgt. Die oben geschilderten Versuche zur Erzeugung von Laub holzzellstoff sind mit dem von mir verbesserten Ungerer-Ver fahren durchgeführt worden, das seines rationellen und wirt schaftlichen Betriebes wegen in diesem Blatt schon wiederholt besprochen wurde. Die Ansicht, daß Natronzellstoffabriken einen sehr großen Kohlenverbrauch haben und deshalb an Kohlenreviere gebunden sind, trifft heute nicht mehr zu; denn auch die Natronzellstoff fabriken haben es verstanden, die Errungenschaften der Neuzeit sich zu Nutzen zu machen, und die zur Regeneration der Natron salze verwendeten Verdampfapparate beanspruchen heute ein Minimum an Kohlen. Eine nach dem Ungerer-Verfahren zu errichtende Fabrik anlage ist in der Wahl des für den Bezug der Rohstoffe günstig gelegenen Verkehrspunktes viel weniger gebunden als jedes andere Verfahren, da es keine schädigenden Abwasser hat. Ing. Carl Ziegelmeyer Leimung von Paketadressenkarton Beim Lesen der Nr. 89 der Papier-Zeitung fällt uns Ihr Schiedspruch Nr. 769 auf, der unseres Erachtens den tatsächlichen Verhältnissen nicht Rechnung trägt und geeignet erscheint, Streitigkeiten zwischen den Fabrikanten und den Großhändlern geradezu herauszufordern. Die technische Unmöglichkeit der festen und ausreichenden Leimung von Paketadressenkarton ist unseres Erachtens nicht gegeben, und soweit wir durch indirekte behördliche Liefe rungen aus eigener Praxis wissen, beansprucht die Postbehörde Lieferung völlig leim- und tintenfesten Kartons. Sie behält sich sogar das Recht vor, bedruckte Adressen mangels genügender Leimung zurückzugeben, und beschränkt sich bei der Prüfung natürlich darauf festzustellen, ob die Tinte ausläuft oder nicht. Ferner ist in Ihrem Schiedspruch unserer Meinung nach nicht berücksichtigt worden, daß nicht immer die Leimung an dem Auslaufen der Tinte schuld ist, sondern auch die Farbe, weshalb Fabriken, die sich vor Beanstandung schützen wollen, Farbe verwenden, die auf in der Tinte etwa enthaltene Säure nicht reagiert. Wenn die von Ihnen in dem Schiedspruch aufgestellten Grundsätze allgemein Geltung haben würden, so müßten wir und andere Großhändler auf unsere bedeutenden Lieferungen in Postpaketadressen-Karton verzichten, denn danach wäre es uns ja unmöglich, ungenügend geleimte Kartone mit Recht zur Verfügung zu stellen, während uns solche Kartone bei mangeln der Leimung unbedingt zurückgegeben werden. Es wäre uns deshalb angenehm, wenn Sie unser heutiges Schreiben zunächst ohne Nennung unserer Firma veröffentlichen und eine Aussprache über die nicht unwichtige Frage herbei führen würden. Gleichzeitig bemerken wir, daß Ihre Pluralendung von Karton mit »Kartone« nicht richtig zu sein scheint, wenigstens ist in dem Dr. A. Vogelschen deutschen grammatischen und orthographischen Nachschlagebuch die sprachgebräuchlichere Bildung »Kartons* angeführt, die dem Grundwort »Karton« auch mehr entsprechen dürfte, da in der von Ihnen gewählten Form das nasale »n« fortfällt, denn man kann doch unmöglich »Kartonge« sagen, was unseres Erachtens unschön klingen würde. Großhändler Die Leimung wird von so vielerlei Umständen beein flußt und ist in manchen Fällen so schwierig, daß Aus sprache über die oben angeregte Frage sehr erwünscht er scheint. Es ist begreiflich, daß Händler und Verbräucher stets solche Leimung wünschen, bei der die Tinte nicht im geringsten durchschlägt oder fließt. Anderseits gelingt es aber den Fabrikanten nicht immer, solche ideale Leim festigkeit zu erreichen. Man muß deshalb auch bei Be urteilung der Leimfestigkeit Billigkeit walten lassen und nicht bei jeder Papier- und Kartonsorte das Höchste ver langen, was nur beim Zusammenwirken günstigster Um stände geleistet werden kann. Aeußcrungen von Fabri kanten würden zur Klärung erheblich beitragen. (Zur sprachlichen Bemerkung: Karton wie Papier ist als Fremdwort in die deutsche Sprache gelangt. Wir halten es für besser, eingebürgerte und unentbehrliche Fremdwörter wie deutsche Wörter abzuwandeln und den Nasenlaut des Fremdwortes auszumerzen.) Salzverbrauch in Papierfabriken Für das Jahr 1907 s. Nr. 6 S. 193 von 1909 Im Rechnungsjahr 1908 (1. April 1908 bis 31. März 1909) wurden im deutschen Zollgebiet 956436 Tonnen (zu 1000 kg) Salz zu gewerblichen Zwecken steuerfrei abgelassen, davon ent fallen auf Papierfabriken in Provinz Schlesien . „ Sachsen . 7 900 1 360 dz » Steinsalz » 166 dz » Siedesalz V Preußen 9 260 dz Steinsalz 166 dz Siedesalz Sachsen .... 7 700 » » • — ff ff Württemberg . . . 469 » » —- ff ff Baden — » ff 300 ff ff Hessen — » ff 3 ff ff Thüringen .... — ff 399 ff ff Anhalt 20 » ■ff — ff ff Ueberhaupt 17449 dz Steinsalz 868 dz Siedesalz Dagegen im Rechnungs jahr 1907 2564 » ff 566 ff ff Der Salzverbrauch hat sich also gegen das Vorjahr ver sechsfacht, was auf gewaltige Zunahme der elektrolytischen Bleiche schließen läßt.