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Nr.7623-55P,r 0) APIER-VERARBEI TUNG ■ Buch GE werb Ei Berliner Typographische Gesellschaft Vereinslokal: Berliner Buchgeiverbesaal, Dessauer Straße 2, 111 Vorsitzender: G. Könitzer, Steglitz, Arndtstraße 35 Kassierer: C. Rinck, Schöneberg, Bahnstraße 43, link. Aufgang III Schriftführer: E. Baumeister, SW 2, Gneisenaustr. 98 Die Kalkulationsübungen beginnen Freitag, 24. September, mit einem Vortrag über die Berechnung verschiedenartiger Broschur- und sonstiger Buchbinderarbeiten. Zum besseren Verständnis des Vortrages werden die Buchbinderhilfsmaschinen in der Maschinenhalle des Papierhauses in Betrieb vorgeführt werden. Anfang 1/9 Uhr. * * *. In der Sitzung vom 14. September war der erste Vorsitzende Herr Könitzer durch Unwohlsein und sein Stellvertreter Herr Schmiedchen beruflich am Erscheinen behindert. Die Sitzung wurde infolgedessen von Herrn Erler geleitet. An Eingängen waren zu verzeichnen von der Schriftgießerei Emil Gursch ein Probeheft der »Furore«, bestehend aus einem marmorierten Unterdruckmuster und drei Graden zum Einsetzen in diesen Unterdrück geeigneter Versalien; von der Firma F. Bruckmann A.-G. war ein Zirkular eingelaufen, das die Ver legung ihrer Berliner Geschäftsräume nach Lützowstr. 84 meldet; von den Berliner Elektrizitätswerken Heft 9 ihrer Mitteilungen, und von der Zentralstelle für Volkswohlfahrt ein Verzeichnis der im ersten Wintervierteljahr stattfindenden volkstümlichen Vorträge von Berliner Hochschullehrern. Als neue Mitglieder wurden aufgenommen die Herren Leopold Leidenberg (Mergenthaler Setzmaschinenfabrik), N 4, Chausseestraße 23, Fritz Kastner, Steglitz, Schloßstraße 117, Gartenhaus II, und Robert Pahlke, N, Greifenhagener Straße 58. Zur Mitgliedschaft angemeldet wurden die Herren Ferdinand Chomse, Faktor in der Alliance, Druckerei- und Verlags-Zentrale, 0 17, Warschauer Straße 34/36, Felix Müller, Drucker-Faktor in der Buchdruckerei der Allg. Elektrizitäts-Gesellschaft, Lichten berg, Irenenstraße 17, und Georg Purrmann, Faktor in der Reichsdruckerei, Rixdorf, Münchener Straße 23. Der Vorsitzende teilte mit, daß das langjährige Mitglied Herr Faktor Samain aus Anlaß des Jubelfestes seiner 25jährigen Tätigkeit in der Buchdruckerei der Herren Gebr. Grunert vom Vorstand im Namen der Gesellschaft beglückwünscht worden sei, sowie daß der Jubilar ein Dankschreiben gesandt habe. Nunmehr hielt der Schriftleiter der Papier-Zeitung, Herr Ferenczi, den angekündigten Vortrag über neuere Papiersorten Er hatte zu diesem Zweck eine große Auswahl verschieden artiger Papierproben und einige zugleich als Druckleistungen bemerkenswerte Bücher ausgestellt, die ihm von den Firmen J. W. Zanders, Carl Scheufeien, Varziner Papierfabrik, Ferd. Flinsch, S. L. Cahen, H. H. Ullstein, Rudolf Fomm bereitwilligst zur Verfügung gestellt worden waren. Einleitend bemerkte der Redner, daß das Papier dem Buch drucker heute mehr Freude als Unannehmlichkeiten bereiten müsse; es sei im Laufe der Jahre nicht nur billiger, sondern auch besser geworden. Die Fabrikation habe sich zur Groß industrie entwickelt, sie verfüge über vollkommenere Maschinen und Apparate und könne deshalb für dasselbe Geld bessere Sorten liefern. Die Fabrikation suche den gesteigerten Be dürfnissen zu genügen, die für den Druck, für den Bucheinband und für abseits davon liegende Gebiete zutage treten. Bei den Druckpapieren komme als Sondererzeugnis neuerdings das »Dünndruck« in Frage, das sehr dünn, dabei aber undurchsichtig ist und den Zweck hat, umfangreichere Bücher, wie das Reichs kursbuch, die Bibel u. a. nicht zu dick werden zu lassen, sodaß man sie bequem hantieren kann. Bisher hat dieses Papier für die anderen Arten von Büchern wenig Eingang gefunden, häufiger wird das »Dickdruck« verwendet, das bei geringem Ge wicht ein starkes Volumen zeigt. Von besonderer Bedeutung für das graphische Gewerbe sind die Kunstdruckpapiere. Hier sind die hochsatinierten für den Illustrationsdruck die besten, wegen des für die Augen nachteiligen Glanzes aber für den Text nicht geeignet. Deshalb wird seit einigen Jahren viel sogen. Matt-Kunstdruck gebraucht, welches zunächst aus dem Ausland kam, jetzt aber von mehreren deutschen Fabriken in vorzüglicher Beschaffenheit hergestellt wird. Auch hier werden schon Abstufungen gemacht je nach den Bedürfnissen des Druckers. So bemustert die Scheufelensche Papierfabrik drei Sorten Matt-Kunstdruckpapier, welche die Namen »matt«, »glanz los« und »matt satiniert« führen. Durch herumgereichte Proben aus den Fabriken von Scheufeien und Zanders machte der Vor tragende seinen Hörern die Unterschiede zwischen diesen drei Papiersorten anschaulich. Auf dem Gebiet der Schreibpapier fabrikation ist Neues nicht erschienen, nur werden diese Papiere immer mehr aus Holzzellstoff an Stelle von Lumpen angefertigt und dadurch verbilligt. Die früher nur mit einer ziemlich kost spieligen, in die Papiermaschine eingeschalteten Siebwalze her stellbaren Wasserzeichen werden heute auf billigerem Wege angebracht, indem auf der Naßpresse Kautschukbuchstaben und Figuren sich in die noch weiche Papierbahn eindrücken. Aus der Prager Pergamentpapierfabrik lagen reizvolle Gelegenheits drucksachen und Gratulationskarten vor, die in Farbendruck in Verbindung mit Prägung ausgeführt waren und zeigten, daß dieses Papier den Eindruck echten Pergaments erweckt, dabei aber eine glatte Oberfläche besitzt und gut druckfähig ist. Eine besondere Spezialität sind die gekreppten Papiere mit hoher Prägefähigkeit, die es ermöglichen, Prägungen bis zu 5 bis 6 cm Höhe auszuführen, ohne daß das Papier brüchig wird. Die vor gelegten Muster solcher farbig ausgeführten Prägungen erregten allgemeine Bewunderung. Durch zahlreiche Proben konnte der Vortragende seinen Hörern ein Bild geben von der ungeheuren Mannigfaltigkeit der farbigen Phantasie- und Umschlagpapiere, die teils als solche fabriziert, teils nachträglich künstlerisch farbig dekoriert werden. Schließlich behandelte der Redner noch die Pack- und Tütenpapiere. Als solche dienten vor mehreren Jahrzehnten zumeist Strohpapiere. Später kamen die sogenannten Braunholzpapiere auf, diese wurden durch die hellen einseitig glatten Papiere verdrängt, und neuerdings sind die aus Natronzellstoff hergestellten Kraftpapiere, die bei ge ringem Gewicht große Haltbarkeit besitzen, sehr gesucht. Als Ersatz für Putzlappen dient ein in Amerika angefertigtes, ganz lockeres, in schmalen Streifen lose aneinanderhängendes Papier, das sich als Putzmaterial billiger stellen soll als die üblichen Putzlappen. Dieser Stoff wird in Rollen von etwa 40 cm Durchmesser hergestellt und ist zu beziehen durch die Gesellschaft für Putzwolle-Ersatz m. b. H. in Breslau. Die Mitglieder zollten dem Redner am Schluß seiner Aus führungen lebhaften Beifall, und der Vorsitzende sprach ihm den Dank der Gesellschaft aus. Hierauf berichtete Herr Bruno Senf über die ausgestellten Drucksachen aus Königsberg i. Pr. Er bemerkte, man dürfe bei Beurteilung der Arbeiten nicht den gleichen Maßstab anlegen wie bei Arbeiten aus solchen Druckstädten, wo dem Setzer durch fachliche Fortbildungskurse Gelegenheit zur Weiterbildung gegeben sei. Bei Betrachtung der Ausstellung könne man sich der Ueberzeugung nicht ver schließen, daß hinter den Arbeiten tüchtige Kräfte stehen, die aber noch in den Verfertigern der Arbeiten schlummern. Die Arbeiten ermangeln zum Teil der vornehmen Ruhe, der Ab» geklärtheit der Formen. Der Forderung nach Vereinfachung stellen sich als Hindernisse entgegen einmal das in den Drucke reien vorhandene Material, das immer noch Verwendung finden solle, anderseits die Wünsche der Auftraggeber. Mindestens sollte man bei Arbeiten für Buchdrucker-Vereine dem jeweiligen Geschmack Rechnung tragen und Stilwidrigkeiten vermeiden. Redner macht nun auf einzelne Arbeiten aufmerksam, bei denen selbstgeschaffene Ornamente die ganze Papierfläche beherrschen und den Text vollständig in den Hintergrund treten lassen, be merkt dabei aber ausdrücklich, daß er damit keineswegs die gänzlich schmucklose Akzidenzausstattung oder das Begnügen mit einem Liniengerippe oder einigen Geviertpunkten empfehlen wolle; die Ausschmückung dürfe nur nicht durch sinnlos neben die Schrift gestellte Ornamente versucht werden, sondern müsse in solcher Weise ausgeführt werden, daß Schrift und Ornament in harmonischem Verhältnis zu einander stehen. Dann werde eine zweckentsprechende Gebrauchsdekoration erreicht. Bei vielen der ausgestellten Arbeiten trete die Jagd nach Eigenart zu sehr in den Vordergrund, zum Teil unter Außerachtlassung des guten Geschmacks. Es dürfe aber nicht verkannt werden, daß auch viele Arbeiten beeinflußt seien durch die umfang reichen Musterhefte unserer Gießereien. In bezug auf die Farbengebung sei bei den ausgestellten Arbeiten zu bemerken, daß neben kräftigen, leuchtenden Farben auch zarte Abstufungen vertreten sind. Das Papier war fast immer zweckentsprechend; zu dunkle Kartone wurden vermieden. Mit dem Dank an die Königsberger Schwestergesellschaft schloß der Redner seine hier nur kurz wiedergegebenen Ausführungen, die den lebhaften