Volltext Seite (XML)
2896 PAPIER-ZEITUNG Nr. 74 Vorbesprechung oder Huftrag? 10227. Frage: Ich verkaufte dem Abnehmer im vorigen Jahre 10 Ladungen Rohstoff, die monatlich in 2 bis 3 Ladungen übernommen wurden. Vor Beendigung des Abschlusses im April schrieb mir mein Abnehmer: »Damit Sie sich besser ein richten können, wollen wir für die folgenden Lieferungen weitere Einteilung geben. Nach Ablieferung der abgerufenen Ladungen wollen Sie monatlich zwei Ladungen nach A-Stadt und eine Ladung nach B-Stadt abrollen lassen.« Ich teilte hierauf mit, daß ich mich nicht fest verpflichten könnte, monatlich drei Ladungen zu liefern, jedoch bestimmt zwei Ladungen und nach Möglichkeit einen dritten Waggon liefern werde. Mit diesem Vorschläge erklärte sich mein Abnehmer einverstanden. Ende Mai war der Abschluß abgelaufen, und die Firma bestellte bei mir aufs neue 10 Ladungen »Abnahme nach Bedarf in unserer Wahl«. Ich bestätigte diesen Auftrag und schrieb in der Be stätigung, daß ich entsprechend der Anordnung vom April monatlich wieder zwei Ladungen absenden werde, und zwar je einen Waggon nach A-Stadt und B-Stadt. Auf dieses Be stätigungsschreiben erhielt ich keine Antwort. Die Fabrik muß aber mit meinem Vorschläge einverstanden gewesen sein, da sie die im Juni gelieferten zwei Waggone glatt übernommen hat, sogar noch um Absendung eines dritten Waggons bat, welcher abgeliefert wurde. Nach Ablieferung des ersten Juli-Waggons wurde ich gebeten, weitere Verladungen in den nächsten vier Wochen nicht vorzunehmen. Ich antwortete, daß ich monatlich zwei Waggone zu liefern hätte, kam aber dem Wunsche des Ab nehmers bezüglich späterer Ablieferung des zweiten Juli- Waggons nach. Als ich Anfang August wieder Ware liefern wollte, teilte mir die Firma mit, daß sie keine Ware über nehmen wird, wozu sie auch nicht verpflichtet sei, da sie ja die Ware nur nach Wahl abzunehmen habe. Ich bin der Meinung, daß diese Ansicht meines Abnehmers falsch ist, und er ver pflichtet ist, monatlich mindestens zwei Waggone Ware auf Schluß abzunehmen. Ich möchte die Streitfrage gern in Güte erledigen und hoffe, daß mein Abnehmer, falls Sie meinen Standpunkt teilen, sich nicht weiter gegen Uebernahme der zwei Ladungen im Monat sträuben wird. Antwort: Die Zuschrift des Kunden im April und die Antwort des Fragestellers darauf begründen u. E. keine bindende Abmachung, denn sie betrafen den nächsten Ab schluß, der noch nicht gemacht war. Da nun der neue Ab schluß mit der Bedingung, »Abnahme nach Bedarf in unserer Wahl«, zustande kam, so gilt diese Bedingung und nicht die in der Vorbesprechung ausgesprochene Willens erklärung des Kunden. Das Schweigen des Kunden auf den Zusatz in der Bestätigung kann nicht als Zustimmung zum Vorbehalt gelten. Da aber der frühere gleichlautende Auftrag in Posten von monatlich 2 bis 3 Ladungen über nommen wurde, und diesmal keine Aenderung dieser Ab nahmeweise ausgemacht wurde, so durfte Fragesteller beim Abschluß des Vertrages annehmen, daß der Bedarf un gefähr dem früheren gleichbleiben wird. Daher darf der Kunde nicht die Abnahme beliebig hinausschieben, sondern muß in der Regel monatlich ungefähr zwei Ladungen ab nehmen. Druckfehler 10228. Frage: Wir haben vor 2 Jahren beifolgende Druck sachen geliefert. Sie wurden uns zurückgesandt, weil das Wort Wadanger Straße fälschlich Wodanger Straße gedruckt war. Wir haben den falschen Buchstaben mit Tinte geändert und dann die Drucksachen dem Besteller franko zugesandt. Er ließ darauf nichts von sich hören. Als wir nach 2 Jahren um Zahlung ersuchten, will er nicht bezahlen. Er will uns die Sachen wieder zur Verfügung stellen. (Ob dies ein Trick ist, wissen wir nicht). Ist in Anbetracht des geringen Fehlers der Besteller zur Verweigerung der Zahlung berechtigt? Wir haben uns erboten, 1 M. nachzulassen. Können wir auf gerichtlichem Wege etwas erreichen? Antwort: Die Rechnungen sind etwa 10X20 cm groß und in einfachster Weise hergestellt. Sie sollen für das Fleisch- und Wurstgeschäft des Bestellers dienen. Sie sind durch die schriftliche Veränderung des Buchstabens o in a nicht unbrauchbar geworden, und ihr Aussehen wurde da durch nur wenig beeinträchtigt. Nach den Bestimmungen des BGB über den Werkvertrag durfte daher u. E. Frage steller den beanstandeten Mangel der Rechnungen in der beschriebenen Weise beseitigen. Der Kunde, welcher die verbesserten Rechnungen s. Z. widerspruchslos angenommen hat, muß diese bezahlen, er darf aber den Kaufpreis etwas mindern. Ob der Nachlaß von 1 M. genügt, können wir nicht entscheiden, denn wir setzen die Höhe des an gemessenen Nachlasses nur fest, wenn uns beide streitenden Teile darum ersuchen. Husfuhrhandel 10229. Frage: Ich habe die Absicht, mit einer Agenturfirma in Aegypten zwecks Vertriebs eines Spezial-Artikels für Zigaretten fabriken in Verbindung zu treten. Die Geschäftsgepflogenheiten im Ausfuhrhandel, vornehmlich mit diesem Lande, sind mir völlig fremd. Gibt es hierüber geeignete Literatur? Ich möchte mich vornehmlich über die Lieferungs- und Zahlungsgebräuche, Pro visionssätze usw. erkundigen und auch zu erfahren suchen, ob man wertvolle Entwürfe zur Ansicht übersendet, ohne Gefahr zu laufen, daß sie von den Mitbewerbern als Vorlage benutzt werden. Antwort: Die Erfahrungen über den Ausfuhrhandel werden hauptsächlich durch Berichte der Konsulate und Handelssachverständigen der verschiedenen Handelsstaaten weiteren Kreisen bekannt gegeben. Diese Berichte gehen den Handelskammern zu, werden dort gesammelt und können Auskunftsuchenden durch den Handelskammer- Syndikus zugänglich gemacht werden. Für die Papier ver arbeitende Industrie und für den Papierhandel besteht eine besondere Zoll-Auskunftsstelle, nämlich die Vereinigung für die Zollfragen der Papier verarbeitenden Industrie und des Papierhandels in Berlin W 9, Linkstr. 22II. Die Kosten dieser Stelle werden von den Mitgliedern der Vereinigung aufgebracht, weshalb dort in erster Linie Mitglieder Aus kunft erhalten. Ungenaue Bemusterung 10230. Frage: Wir erhielten Ende 1908 von einem nord amerikanischen Geschäftsfreund eine Anfrage nach Kreppapier. Wir ließen uns von der Papierfabrik, die dieses Papier herstellt, Muster kommen, und die Fabrik machte uns Anstellung laut einliegendem Brief und Aufstellung. Sie sandte uns gleichzeitig Muster ein, auf denen die Schwere der einzelnen Sorten ver merkt war. Ihr ist aber bei der Bemusterung der Irrtum unter laufen, daß sie ein Muster mit 200 g bezeichnet hatte, welches in Wirklichkeit 224 g schwer war. Wir haben die Muster, ohne sie nachzuwiegen, an unseren Kunden weitergegeben, da wir die Angabe der Firma für richtig hielten. Wir erhielten daraufhin einen größeren Auftrag auf das mit 200 g bezeichnete Muster und bestellten bei der Fabrik das Papier 200 g schwer. Das Papier ist inzwischen geliefert worden und wird uns jetzt von unserem Kunden zur Verfügung gestellt, da es zu lappig und für seine Zwecke nicht zu verwenden sei. Wir haben das Papier prüfen lassen, und dabei hat sich herausgestellt, daß das Muster, nach welchem bestellt worden ist, 224 g schwer war, während das gelieferte Papier, wie an Hand der Ausfallmuster festgestellt wurde, nur 190 g schwer ist. Wir haben deswegen bei der Fabrik Einspruch erhoben, und diese teilte uns darauf mit, daß sie eine Gewichtsschwankung bis zu 10 v. H. nach unten und oben in Anspruch nehme, was sie uns aber weder bei der Be musterung, noch bei der Bestätigung, die wir Ihnen einliegend ebenfalls zur gefl. Bedienung übersenden, angab. Muß in dem vorliegenden Fall eine solche Gewichtsschwankung still schweigend hingenommen werden? Mußten wir die Muster auf ihr richtiges Gewicht prüfen? Wir hatten seinerzeit die sämt lichen Muster nach drüben gegeben, erhielten nur auf die Nummern hin die Bestellung und hatten infolgedessen auch keine Gelegenheit, die Ausfallmuster zu prüfen, sodaß die ganze Sendung bereits verzollt in New York liegt; wie wir hören, er halten wir auch den verauslagten Zoll nicht zurück, wenn wir die Ware zurückkommen lassen. Wer hat diese Unkosten evt. zu tragen? Antwort: Es ist zweckmäßig, wenn eine Großhandlung die ihr von einer Fabrik gesandten Muster, bevor sie sic an ihren Kunden weitergibt, nachwiegt, als Pflicht der Großhandlung kann man dies aber nicht bezeichnen, denn sie ist berechtigt anzunehmen, daß die Fabrik die Be musterung mit der nötigen Sorgfalt vornimmt, und zuweilen müssen die von der Fabrik eingeholten Muster so rasch weitergesandt werden, daß für genaues Nachwiegen keine Zeit übrig bleibt. Die Fabrik haftet also bis zu einem ge wissen Grade dafür, daß die Gewichtsbezeichnung auf ihren Mustern richtig ist. Für Kreppapier gebührt u. E. der Fabrik ein größerer Gewichtsspielraum als der für ungekreppte Papiere übliche, denn das Kreppen, welches das Papier dicker macht und dessen qm-Gewicht (im Vergleich zum un gekreppten) wesentlich erhöht, erschwert bedeutend das. Einhalten einer bestimmten Schwere. Ein Spielraum von 10 v. H. des Bestellgewichts erscheint u. E. hier angemessen, und wenn die Angabe der Fabrik zutrifft, daß die Durch schnittsschwere der Sendung 200 g/qm beträgt, so sollte u. E. die Sendung unbeanstandet übernommen werden, auch wenn das ursprüngliche Bestellmuster 224 g/qm schwer war. Verantwortlicher Schriftleiter Siegmund Ferenczt, Friedenau. Zuschriften nur an Papier-Zeituny, Berlin SW 11, erbeten Druck von A. W. Hayn’s Erben, Berlin SW 68, Zimmerstraße 29