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Nr. 74 PAPIER-ZEITUNG Briefkasten Der Frage muß xo-Pf.-Marke beiliegen. Anonyme Anfragen bleiben unberücksichtigt Antwort erfolgt ohne Gewähr. Kostenfrei nur, wenn Abdruck ohne Namen gestattet Hgenten-Provision im Konkurs des Geschäftsherrn 10222. Frage: Ein Agent geht einen 5jährigen Vertrag mit einer G. m. b. H. als deren ausschließlicher Vertreter ein. Als diese nach 2 Jahren in eine A.-G. umgewandelt wird, kündigt sie dem Vertreter. Als Grund wird diese Aenderung angegeben. Der Vertreter nimmt die Kündigung nicht an, und es kommt zum Prozeß des Vertreters gegen die A.-G. wegen Entschädigung für den aufgehobenen Vertrag sowie wegen der noch aus stehenden Provisionsabrechnung. Nach 2jähriger Dauer dieses Prozesses geht die A.-G. in Konkurs. Ist die Forderung des Agenten, weil schon bei Gründung der A.-G. vorhanden, in diesem Falle bevorrechtigt und muß deshalb aus der Masse vorab befriedigt werden, oder gilt sie, und aus welchem Grunde, nur als einfache Konkursforderung? Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Die Frage, ob die Ansprüche eines Handlungsagenten im Konkurse das Vorrecht aus § 61 Nr. 1 K.-O. genießen, ist sehr be stritten. Wilmowski (Konkursordnung) bejaht sie. Ver neint wird sie von Staub (6. u. 7. Aufl. S. 317), den Ober- andesgerichten Jena, Hamburg und dem Kammergericht, weil § 61 Nr. 1 von Personen spricht, welche sich »dem Gemeinschuldner zur Leistung von Diensten verdungen hatten«, ein solches Verdingen aber die Aufgabe der Selb ständigkeit voraussetzt, während der Agent selbständiger Gewerbetreibender bleibe. Das Reichsgericht (Jur. Wochenschrift 1906 S. 38 Nr. 49) unterscheidet, ob der Agent ausschließlich oder doch haupt sächlich seine Dienste zu leisten verpflichtet ist, oder ob er sich seine volle Selbständigkeit in dieser Hinsicht ge wahrt hat. Im ersteren Falle wird dem Agenten das Vor recht zugestanden, im letzteren nicht. Da es sich vor liegend um einen ausschließlichen Vertreter handelt, würde nach dem Standpunkte des Reichsgerichts der Anspruch als bevorrechtigt anzusehen sein. Dieses Vorrecht würde sich aber nach § 61 Nr. 1 auf die Ansprüche für das letzte Jahr vor der Konkurseröffnung und die späteren be schränken. Wegen der weiter als ein Jahr zurückliegenden Ansprüche kann in jedem Falle nur eine einfache Konkurs forderung geltend gemacht werden. Gewichtsschwankung bei Elfenbeinkarton 10223. Frage: Seit kurzem wird für Postkarten durch die Vereinigten Staaten von Nordamerika ein wesentlich erhöhter Zoll erhoben. Infolgedessen sind unsere Kunden im Gewicht des Kartons möglichst herabgegangen und haben deshalb Elfen beinkarton gewählt, der im Quadratmeter 270 g wiegt. Es be steht nun die Verordnung, daß über 8/1000 inch dicker Karton 9 Cent das Pfund Zoll zahlt, während der Zoll für unter 8/1000 inch dicken Karton 20 Cent das Pfund beträgt. Nun ist 270 g/qm ganz nahe an 5/1000 inch, und es könnte einmal in der Stärke nach unten abweichender Karton geliefert werden, sodaß uns in der Verzollung Schwierigkeiten entstehen könnten. Läßt sich 270 g/qm schwerer Elfenbeinkarton druckfähig, satiniert in einer Dicke liefern, welche für uns Zollschwierig keiten ausschließt? Unsere überseeischen Kunden schreiben uns folgendes: »Es wird uns berichtet, daß Elfenbeinkarton ganz genau im Gewicht hergestellt werden kann, ohne einen Bruchteil Abweichung vom richtigen Gewicht, da das Verfahren der Herstellung verschieden ist von der des Kreidekartons, welcher ein wenig im Gewicht schwankt, weil größere oder kleinere Menge Kreide durch den Karton festgehalten wird«. Antwort: Der überseeische Kunde ist falsch unterrichtet. Es ist schon unmöglich, aus einer Lage bestehendes Papier vollkommen genau im bestellten Gewicht anzufertigen, und deshalb behalten sich auch alle Papierfabrikanten Gewichts spielräume von 21/, bis 6 v. H., je nach der Art des Papiers, vor. Zu Elfenbeinkarton werden mehrere Papierbahnen zusammengeklebt, und die Schwankungen der einzelnen Bahnen können sich summieren, weshalb geklebter Karton größeren Gewichtsspielraum beanspruchen darf als aus einer Bahn bestehendes Papier. Auch die Klebstoffmenge kann schwanken und dadurch das Einhalten genauen Gewichts erschweren. Wenn also der gewünschte Karton nicht unter 270 g/qm schwer sein darf, so muß sich die Fabrik einen entsprechend großen Spielraum über 270 g/qm ausbedingen, d. h. der Kunde muß auch zufrieden sein, wenn der Karton gelegentlich bis zu 300 g/qm schwer ist. 2895 Gehaltszahlung 10224. Frage: Ich bin bei einer Papiergroßhandlung gegen 150 Monatsgehalt als Buchhalter angestellt. Die Auszahlung des Gehalts erfolgt in der Weise, daß ich monatlich 130 M. erhalte, und die restlichen je 20 M. immer nach 6 Monaten, also am r. Juni und 1. Dezember je 120 M. Bei früherem Austritt ver fällt die Summe. Diese Auszahlungsweise ist seitens meines Chefs seinerzeit mündlich vereinbart worden, um mich immer auf weitere 6 Monate zu binden. Ich habe nun für den 1. Ok tober anderweitig eine Stellung angenommen. Habe ich trotz der getroffenen Vereinbarung Anspruch auf Zahlung der 4 X 20 — 80 M.? Meiner Ansicht nach verstößt diese Abmachung gegen die guten Sitten. Antwort. Wenn Fragesteller von Anfang an vereinbart hat, daß er monatlich 130 M. bekommt und monatlich 20 M. für ihn weggelegt werden, die er dann halbjährlich be kommt, so beträgt sein Monatsgehalt nur 130 M., und die monatlichen 20 M. gelten als eine Art Belohnung dafür, daß er dem Geschäft treu bleibt. In diesem Fall kann daher die Zahlungsweise nicht angefochten werden, und bei Aus tritt des Fragestellers vor Halbjahrsschluß verfallen die für ihn beiseite gelegten Monatsraten zugunsten des Geschäfts herrn. War er jedoch ursprünglich bedingungslos mit 150 M. angestellt, und hat ihm der Geschäftsherr erst nachträglich vorgeschlagen, daß von diesem Gehalt 20 M. monatlich in der erwähnten Weise zurückbehalten werden, so befand sich Fragesteller in einer Art Zwangslage, denn bei Ab lehnung dieses Antrages hätte der Geschäftsherr annehmen müssen, Fragesteller wolle nicht lange bei ihm bleiben. Da nun der Richter der Ansicht sein kann, daß es gegen die guten Sitten verstößt, jemand in solche Zwangslage zu bringen, so erscheint es nicht aussichtslos, wenn Frage steller beim zuständigen Kaufmannsgericht die vier Monats raten zu je 20 M. einklagt. Warenbezeichnung und unlauterer Wettbewerb 10225. Frage: Das neue, am 1. Oktober 1909 in Kraft tretende Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb soll auch gegen Warenbezeichnungen, die der Tatsache nicht genau entsprechen, vorgehen, und ich bitte Sie, mir über die Auslegung dieses Gesetzes Aufschluß zu geben. Meine Fabrik muß, wie sämt liche andere Papier-Ausstattungsfabriken, stets neue Namen und Verpackungsbezeichnungen herausgeben, und der Kürze halber werden z. B. die jetzt so sehr beliebten Leinenpapiere, die es ja in sehr verschiedenen Ausführungen gibt, z. B. Modern Linen, National-Leinen und Duo-Leinen genannt (nicht Duo-Leinen- Papier). Hat dieses Gesetz gegen derartige Bezeichnungen etwas einzuwenden? Antwort: Eine Warenbezeichnung kann nur dann als unlauter gelten, wenn sie darauf berechnet und geeignet ist, den Käufer irrezuführen. Der Käufer von Papier weiß aber ganz genau, daß er nicht Leinen bekommt, auch wenn auf das Papier das Wort »Leinen« gedruckt ist. Daher kann unseres Erachtens diese oder ähnliche Bezeichnung des Papiers das erwähnte Gesetz nicht verletzen. Packpapier brutto für netto Aus Schlesien 10226. Frage: Ich lieferte als Händler an eine G.er Firma jahrelang einen billigen Zellulose-Packstoff zu 20 M. 50 Pf. für 100 kg und berechnete stets brutto für netto, wie ich dies auch als handelsüblich für richtig halte. Der Mann hat die Ware, ohne zu reklamieren, stets bezahlt. In der Faktura war an gegeben, z. B. 12 Ballen, Gewicht 1800 kg, und dieses Gewicht war auch auf dem Frachtbrief vermerkt. Bei einem Vergleich zwischen Frachtbrief und Faktura mußte doch der Kunde merken, daß ein und dasselbe Gewicht vermerkt war. Im Laufe des Prozesses hat der Kunde Fakturen von H.er Konkurrenz firmen vorgelegt, in denen das Nettogewicht angegeben ist; in folgedessen mußte ihm doch das besonders bei meinen Fakturen auffallen und er gleich bei'erster Lieferung reklamieren. Der vernommene H.er Sachverständige behauptet, daß auch bei den allerbilligsten Packstoffen wie Schrenz handelsüblich das Netto gewicht berechnet werden muß. Wie denken Sie darüber? In der Papier-Zeitung vom 19. 8. auf Seite 2595 wird die Frage bezüglich brutto und netto für Ostdeutschland, zu denen wir hier gehören, zu meinen Gunsten entschieden. Antwort: Durch wiederholte Aussprache in unserem Blatt wurde erwiesen, daß billige Packpapiere im Wert von unter 25 M. die 100 kg in ganz Deutschland brutto für netto gehandelt werden. Wenn einzelne Handelsfirmen anders verkaufen, so ist das für andere nicht maßgebend.