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2884 PAPIER-ZEITUNG Nr. 74 Varziner Papierfabrik, Aktiengesellschaft in Hammermühle. Am 11. September fand im Papierhaus zu Berlin eine außer ordentliche Generalversammlung der Aktionäre statt, zu welcher 682 Aktien angemeldet waren. Zunächst wurde über den An trag der Verwaltung verhandelt, sämtliche 360000 Dollar Vor zugsaktien und 600000 Dollar Stammaktien der Hammermill Paper Comp. in Erie, Pennsylvania, V. St. A., gegen Ueber- lassung von 21/2 Mill. M. neu zu schaffender Varziner Aktien zu erwerben. Diese neuen Aktien sollen von den Besitzern der Hammermill-Aktien vor Ablauf eines Jahres nicht unter dem Kurs von 175 verkauft werden dürfen. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Kommerzienrat Behrend, teilte mit, daß die von ihm und seinen Söhnen im Jahre 1898/99 gegründete Fabrik in Erie von Anfang an mit gutem Gewinn gearbeitet habe, und daß die Fabrik sehr günstige Lage am Erie-See in ungefähr gleicher Entfernung von den Hauptver brauchspunkten New York und Chicago besitze. Die Stadt Erie habe dem Unternehmen bedeutende Vorteile eingeräumt, und zwei Haupteisenbahnen haben Gleisanschlüsse nach der Fabrik angelegt. Das Aufsichtsrats-Mitglied, Kommerzienrat Schlesinger, verlas dann eine Beschreibung der Fabrikanlage, die aus der Sulfitstoffabrik, Papierfabrik mit 3 Papiermaschinen, Verwaltungsgebäude und Beamten-Wohnhäusern besteht. (Die Fabrikanlage ist in Nr. 62 S. 2727 der Papier-Zeitung von 1907 im 5. amerikanischen Reisebrief von Dr. Hans Hofmann be schrieben.) Ein Aktionär verglich an Hand einer von der Ver waltung herausgegebenen Bilanz der Hammermill Paper Comp. die Anlagenwerte von Erie und Varzin und kam zur Schluß folgerung, daß die Anlage in Erie im Verhältnis zur Jahres erzeugung der Fabrik höher zu Buch stehe als die Anlage in Varzin. Ihm wurde seitens der Verwaltung erwidert, daß die einzelnen Buchungsposten in den beiden Bilanzen sich nicht vergleichen lassen, auch seien die Verhältnisse in Amerika von denen in Deutschland verschieden. Ein anderer Aktionär brachte das Bedenken vor, daß es schwer sei, von Deutsch land aus das amerikanische Geschäft zu übersehen, auch seien die amerikanischen Gerichte nicht als durchaus un parteiisch und unbestechlich bekannt, weshalb er gegen die Erwerbung eines Betriebes im Auslande sei. Ihm wurde vom Aufsichtsrats-Mitglied Geheimrat Dr.-Ing. Carl Hofmann erwidert, daß es im Interesse der Varziner Aktionäre liege, die Fabrik zu erwerben, weil Varzin infolge der seit den letzten Kapitalserhöhungen eingetretenen schlechten Marktlage voraus sichtlich in den nächsten Jahren keine befriedigenden Dividenden zahlen könne, während die Aktiengesellschaft nach der Er werbung der amerikanischen Fabrik mit deren hohen Ueber- schüssen befriedigende und voraussichtlich steigende Dividenden werde verteilen können. Kommerzienrat Behrend erwiderte auf weitere Einwürfe, der Neubau in Varzin sei nötig gewesen, weil die früheren Papiermaschinen nicht mehr leistungsfähig genug waren. Er habe aber vielmehr gekostet, als angenommen wurde, und die Erzeugungsfähigkeit der neuen Anlage sei bisher in folge der allgemeinen schlechten Marktlage nicht voll ausgenutzt worden. Das Geschäftsjahr 1909 habe jedoch der Varziner Papierfabrik einen von Monat zu Monat steigenden Gewinn überschuß gebracht. Das Aufsichtsrats-Mitglied Kommerzienrat Bestehorn erklärte, daß er von der Nützlichkeit der vor geschlagenen Erwerbung für die Varziner Papierfabrik überzeugt worden sei. In namentlicher Abstimmung wurde dann der Antrag der Verwaltung mit 542 gegen 140 Stimmen, also mit mehr als der nötigen 3/4 Mehrheit, angenommen. Hierauf wurde folgender Antrag der Verwaltung mit fast allen Stimmen angenommen: Es werden 3 Millionen M. neue Aktien der Varziner Papier fabrik ausgegeben. Hiervon sollen 2500000 M. Aktien für den Erwerb der Hammermill-Aktien und der Erlös der weiteren 500000 M. Aktien zur Tilgung schwebender Schulden der Varziner Papierfabrik verwendet werden. Für den Erwerb der 500000 M. Neu-Aktien lag der gemeinschaftliche Antrag der Deutschen Bank und des Bankhauses Abraham Schlesinger in Berlin vor, diese Aktien mit Dividenden-Berechtigung vom 1. Januar 1909 an zum Nennwert zuzüglich 4 v. H. Stückzinsen zu übernehmen und zum Kurs von 140 den Aktionären der Varziner Papierfabrik anzubieten. Aus dem vom Bankkonsortium hierbei zu erzielenden Agio sollen die beträchtlichen Ein- führungs- und Stempelkosten gedeckt werden. Papierfabrik Weißenstein, A.-G. in Dill-Weißenstein, Baden. Die Firma sendet uns zu der über sie in Nr. 71 S. 2771 ge brachten, von anderer Seite stammenden Nachricht folgende Berichtigung: Die Einführung der Schreibheftfabrikation ist nicht beabsichtigt, dagegen aber wird unsere Firma die hierzu nötigen Rohpapiere, wie Schreibpapier, Umschläge und Löschpapiere, auch fernerhin als Spezialität herstellen. Herr Julius Voss wird am 1. Oktober die Direktion der Papierfabrik Weißenstein, A.-G., in Dill-Weißenstein und die der Papierfabrik Weißenstein A.-G., Abteilung für Chromo-, Bunt- und Luxus-Papiere in Barmen übernehmen, nicht aber die der Papierfabrik Wangen, G. m. b. H., in Wangen i. Allgäu, welche ein selbständiges Unter nehmen ist. Die Prokura des Herrn Eugen Castelli für die Firma Kraft & Knust, Aktiengesellschaft, Papier- und Rohpappen fabrik Berlin, Scheringstr. 2-7, ist erloschen. Dieser ist zum Vorstandsmitglied bestellt. Das Vorstandsmitglied Herr Robert Dittmann ist verstorben. K. Die Firma Kahn & Co. wird von Kaiserslautern nach Mannheim verlegt und dort in größerem Umfange unter der Firma Badische Papier-Industrie Kahn & Co., Mannheim, weitergeführt. Für die Firma Franz Eisenwiener, Papiergroßhandlung in Sonneberg, S.-M., ist Herrn Kaufmann Kurt Eisenwiener Prokura erteilt. K. Die Firma H. Arndt, Kreuzburger Asphalt-, Dachpappen- und Holzcement-Fabrik in Kreuzburg, O.-S., ist auf Herrn Fabrikbesitzer Hermann Krex übergegangen. Die Fabrik lautet jetzt H. Arndt Nachfolger, Kreuzburger Asphalt-, Dach pappen- und Holzcement-Fabrik. Aktiengesellschaft Münchener Chromolithographische Kunstanstalt in München. In dem am 30. Juni beendeten Geschäftsjahr 1908/09 war nach dem Geschäftsbericht der Ein gang der Aufträge trotz der aufgewendeten Aquisitionsspesen unbefriedigend. Erst im letzten Vierteljahr, als die Reklame steuer als gefallen zu betrachten war, hat sich leichte Be lebung des Geschäfts gezeigt, die am Anfang des neuen Ge schäftsjahres noch anhielt. Immerhin ließen aber auch noch im Juli Höhe und Preise der eingehenden Bestellungen zu wünschen übrig und blieben hinter denen des Vorjahres zurück. Der Warenrohgewinn betrug 323064 M. (i. V. 381143 M.) Unkosten, Reparaturen und Zinsen erforderten insgesamt 306969 M. (360492 M.) und Abschreibungen 6209 M. (5225 M.). Es ergibt sich sonach ein Reingewinn von 9885 M. (15423 M.), aus dem 5 v. H. (41/2 v. H.) Dividende bezahlt, 2000 M. (4000 M.) der Spezialreserve und 2806 M. (6000 M.) dem Delkrederefonds zugewiesen und 1178 M. (1912 M.) auf neue Rechnung vorge tragen werden. In der Bilanz sind diesmal 110000 M. Darlehen und 1341 M. Schulden aufgeführt, während im Vorjahr 116730 M. Schulden gebucht waren. Bargeld, Wechsel und Bankguthaben betrugen dagegen 11 199 M (1415 M.), Forderungen 77913 M. (95586 M.) und Warenvorräte 146000 M. (128523 M.). Bezüglich der Aussichten wird bemerkt, daß diese zwar nicht glänzend, aber doch günstiger als im Vorjahr seien. Die General versammlung am 9. September, in der unter dem Vorsitz des Kommerzienrats A v. Groß (Bayreuth) 57 Aktien vertreten waren, genehmigte die Regularien, erteilte Entlastung und wählte an Stelle des aus Gesundheitsrücksichten ausgeschiedenen Auf sichtsratsmitgliedes Rentier Max Groß (Bayreuth) Herrn Major Feodor v. Sichart (München) neu in den Aufsichtsrat. M. (M. N. N.) Leipziger Buchbinderei-Akt.-Ges. vorm. Gustav Fritzsche in Leipzig und Berlin. Das Unternehmen, das erst 1907 eine Sanierung vornehmen mußte, wurde in 1908 durch verfehlte Anordnungen und eigenmächtig abgeschlossene Verträge seines Direktors G. Fritzsche in so ungünstige finanzielle Lage ge bracht, daß die am 2t. September 1908 von der General-Ver sammlung beschlossene Dividende von 6 v. H. für die Vorzugs aktien und 4 v. H. für die Stammaktien nicht gezahlt werden konnte. Verträge, die der genannte Direktor mit einem neuen Verlagsunternehmen, das nicht gut ging, abgeschlossen hatte, verwickelten die Gesellschaft in ein Geschäft von 460000 M., das selbst bei günstiger Lösung noch einen Verlust von rund 200000 M. erwarten läßt. Ferner hatte Fritzsche verschiedene Konten in der Bilanz zu hoch bewertet. Die General versammlung im Januar 1909 beschloß deshalb, die früheren Be schlüsse bezüglich der Verwendung des Reingewinns, der in der Bilanz für 1908 mit 93278 M. ausgewiesen wurde, wegen Irrtums und Unrichtigkeit aufzuheben und wählte eine Kommission, die über eine Sanierung beraten und der nächsten Generalversammlung Vorschläge machen sollte. Inzwischen sind beinahe 8 Monate verstrichen. Während dieser Zeit war das Unternehmen gut beschäftigt, und die Zwischenbilanzen bieten infolgedessen ein etwas verändertes Bild bezüglich der Lage des Unternehmens. Immerhin ist bis heute ungewiß, ob eine Sanierung zustande kommt, da die beiden Banken, mit denen das Unternehmen arbeitet, trotz vielfacher Verhandlungen sich darüber noch nicht schlüssig geworden sind. Beide Banken besitzen ziemlich die Hälfte der Aktien des Unter nehmens. Die nächste Generalversammlung wird außerdem Beschluß fassen, ob und welchen Verwaltungsmitgliedern Ent lastung erteilt werden soll. Regreßklagen gegen Direktor Fritzsche sind durch die inzwischen erfolgte Flucht des Ge nannten nach Amerika ziemlich aussichtslos geworden. Die Akzidenzdruckerei von Lösch & Gehringer in Kaiserslautern (Pfalz), Schillerplatz 5, ist auf den bisherigen