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DDAPIER-VERARBEITUNG ■ BUCHGEWERBE (N.-a Berliner Typographische Gesellschaft Am Sonntag, 15. August, folgten die Mitglieder unter Füh rung des Vorsitzenden Herrn Könitzer einer Einladung des Leiters der Walzengußanstalt von Felix Böttcher, Herrn Robert Mörke, Blumenstraße 50, zur Besichtigung dieses Betriebes. Etwa 80 Mitglieder nahmen daran teil. Herr Mörke hatte Sorge getragen, daß die Anstalt in vollem Betriebe war. Schon der Eintritt in die hinter dem Kontor belegenen Arbeitsräume über- gaschte die Besucher. Während man sonst in Walzengußanstalten gewohnt war, eine nach Hunderten zählende Menge einzelner Gießhülsen anzutreffen, beschränkte sich hier die Anlage auf eine verhältnismäßig geringe Zahl mitrailleusenartiger, durch ihren Umfang auffallender Gießmaschinen, die, auf lafetten artigen Gestellen beweglich, den Eindruck von Kanonenrohren schwerer Festungsgeschütze machen. Jede dieser Gießmaschinen, die einen Durchmesser von etwa 50 cm haben, enthält inner halb des eisernen Mantels 3 gezogene (nicht gebohrte) Stahl rohre; eine für Tiegeldruckwalzen bestimmte Maschine aber enthält 25 solcher Rohre verschiedener Abmessung. Der Durch messer der Rohre steigt von 33,5 bis 195 mm. Die Länge der Walzen kann bis zu 180 cm ausgedehnt werden. Zum Zerkleinern der Masse dient ein Reißwolf; gebrauchte Masse wird raffiniert und in besonderen luftdicht verschlossenen Kesseln mit Dampfüberdruck geschmolzen. Dann fließt sie durch ein Sieb in einen zweiten Kessel, in welchem der Masse durch Benutzung eines Vakuumapparates alle Luft entzogen wird, wodurch Blasen in den Walzen vermieden werden. Hier auf wird die Masse ohne Luftzutritt in einen fahrbaren Kessel getrieben und von hier durch Preßluft in die einzelnen Gieß maschinen von unten hineingedrückt, sodaß die in den Rohren befindliche Luft nach oben entweichen kann. Die Gieß maschinen werden vorher mit einer Mischung von Dampf und Wasser angewärmt. Es werden dann stets 3 Walzen oder von dem kleinen Format 25 zusammen gegossen. Auf diese Weise wird mit Sicherheit eine poren- und naht lose glatte Oberfläche der Walzen und eine gleichmäßige Dicht heit der Masse erzielt. Durch den Zusatz von Salzen, deren Zusammensetzung ein Geschäftsgeheimnis der Firma bildet, wird erreicht, daß die Oberfläche der Walzen auch bei längerem Gebrauch nicht verharzt und darum auch nicht verhärtet. Ander seits aber wird dadurch verhindert, daß die Walzen bei hoher Temperatur und längerer ununterbrochener Benutzung zu weich werden oder gar schmelzen. Ablösen der Masse von den Spindeln, die vor dem Gebrauch geprüft und eventuell gerade gerichtet werden, wird durch Be streichen mit einem besonderen Lack vermieden. Das Bestreichen der Walzen während des Druckes mit Wasser oder ähnliche Kunstgriffe, die sonst wohl üblich sind, um die Zugkraft aufzufrischen, erübrigen sich vollkommen. Zur Reinigung der Walzen ist Terpentin zu verwenden. Ein besonderer Vorteil dieser Herstellungsweise in ge zogenen, nicht gebohrten Rahmen ist es, daß die Walzen an den Enden und in der Mitte durchaus gleichmäßigen Umfang aufweisen und diesen Umfang auch durch den Gebrauch nicht verändern, sodaß beim Auswechseln der Walzen während des Druckes ein Einstellen und Regeln der Walzen wegfällt. Dem Buchdrucker bietet die Benutzung der Böttcher'schen Walzengießanstalt noch den Vorteil, daß er keine Gießhülsen anzuschaffen braucht, weil die in der Anstalt vorhandenen Gieß maschinen für alle überhaupt vorkommenden Größen von Walzen ausreichen. Dies bedeutet eine recht erhebliche Er sparnis. Besonderes Interesse erregte noch der vorhandene Gehre’sche Dampfmesser, ein ziemlich unscheinbares Instrument zum Preis von 1000 M., welches den Verbrauch des von der Zentrale ab gegebenen Dampfes genau verzeichnet, während er früher nach dem Durchmesser der Zuführungsrohre und nach den Arbeits stunden nur ziemlich unsicher festgestellt werden konnte. Alle Arbeitsvorrichtungen wurden den Besuchern praktisch vorgeführt und von Herrn Mörke erläutert. Die Teilnehmer gewannen den Eindruck, caß die nach amerikanischem Muster für unsere Bedürfnisse verbesserte Anstalt das vollkommenste darstellt, was in der Walzenfabrikation geboten werden kann. * * » Am Nachmittag versammelten sich die Mitglieder mit ihren Familienangehörigen, zusammen etwa 100 Personen, an der Dampferstation Jannowitzbrücke, um den Dampfer zur Fahrt nach Stralau zu benutzen. In der Restauration Schwanenberg war für gute Verpflegung gesorgt. In heiterer Stimmung bei günstiger Witterung, unterstützt durch Gesellschaftsspiele und andere Belustigungen, verflossen die angenehmen Stunden nur zu schnell bis zu der gegen n Uhr erfolgenden Eisenbahn rückfahrt. Allen Teilnehmern wird dieses Sommerfest in an genehmster Erinnerung bleiben. Die Buchdruck-Zylinderschnellpressen Von Franz Bauer, k. k. Lehrer an der k. k. Graphischen Lehr und Versuchsanstalt in Wien Portsetzung zu Nr. 64, S. 2501 Werk- und Illustrationsmaschinen. Alle mit größerer Druckfläche ausgestatteten Stopp zylindermaschinen dienen dem Werk- und Illustrations druck. Für ersteren Zweck verwendet man meist Maschinen mit einfachem Farbwerk, für Illustrationsarbeiten solche mit doppeltem Farbwerk. Wo beide Arbeiten auf ein und der selben Maschine gedruckt werden müssen, empfiehlt sich Aufstellung von Illustrationsmaschinen, an denen man bei einfacherem Werkdruck, um Kraft zu sparen, nur das halbe Farbwerk benützen kann. Wenn man vom Farbwerk ab sieht, so unterscheiden sich Werk- und Illustrationsmaschinen, soweit beide mit rückwärtiger Bogenausführung versehen sind, in der Regel nur dadurch von einander, daß letztere Typen wegen ihrer schweren Bauart einen verbesserten Formbettantrieb haben. Anderweitige Verbesserungen ver ändern die Bauart weniger, sodaß beide Pressenarten im großen und ganzen ziemlich gleich sind. Die mit Front- Bild 22 bogenausführung eingerichteten Stoppzylindermaschinen be zeichnet man allgemein als Chromotypieschnellpressen; sie nehmen eine besondere Gruppe ein. Die Aktiengesellschaft für Schriftgießerei und Maschinen bau in Offenbach a. M. baut Werk- und Illustrationsmaschinen in Formaten von 54X78 cm bis 90X130 cm. Alle Schnell pressen dieser Firma sind mit Kurbelantrieb versehen, welcher an den leichteren Maschinen als gewöhnliche Eisenbahnbewegung, an den schweren Typen als zwangs läufige Rollenbewegung ausgeführt wird. Das Grundgestell der Pressen ist sehr kräftig und soweit angängig geschlossen gehalten, sodaß es an verschiedenen Stellen auch eine Schutzvorrichtung bildet. Der Antrieb ist an den kleineren Maschinen vorn, an den größeren rückwärts gelagert. Für die Eisenbahnbewegung dienen sechs Räder, eine Type, die in Bild 22 gezeigte Illustrationsschnellpresse »Reform« hat jedoch deren zehn. Die Einrichtung der zwangsläufigen Rollenbewegung an den Maschinen der obengenannten Akt.-Ges. inOffenbach wird in Bild 23 im Querschnitt dargestellt. Mittels der Zugstange A werden von einem kräftigen Kurbelzahnrad aus die beiden Laufräder B angetrieben, welche seitlich mit Zahnkränzen ver-