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in o Nr. 59 PAPIER-ZEITUNG 2303 Papiermacher-Berufsgenossenschaft Protokoll über die 28. Delegiertenversammlung in Wiesbaden (Hotel Nassauer Hof) am 22. Juni 1909, nachmittags 1 Uhr Der Vorsitzende des Genossenschafts-Vorstandes, Herr Kommerzienrat Marggraff-Wolfswinkel, eröffnet die Versammlung mit einer Begrüßung der zahlreich erschienenen Delegierten und Genossenschaftsmitglieder und stellt zunächst an Hand der vor liegenden Belegexemplare fest, daß die Einladung zur Ver sammlung rechtzeitig und ordnungsgemäß in den Fachblättern der Genossenschaft erfolgt ist. Hiernach beruft der Vorsitzende zu Beisitzern die Herren Kommerzienrat Grotjan-München und E. Buchholz-Charlottenburg, während er die Protokollführung der Geschäftsführung überträgt. Vor Eintritt in die Tagesordnung widmet der Vorsitzende dem aus Gesundheitsrücksichten aus seiner Firma und infolge dessen aus dem Genossenschaftsvorstand ausgeschiedenen Herrn Rich. Schaeuffelen-Heilbronn warme Worte der Anerkennung und des Dankes für seine langjährige verdienstvolle Tätigkeit als Mitglied und 2. stellvertretender Vorsitzender des Genossen schaftsvorstandes. Die Anwesenden geben der Anerkennung durch Erheben von ihren Sitzen Ausdruck. 1. Erstattung des Verwaltungsberichts für 1908 Der Verwaltungsbericht für 1908 ist unterm 4. Juni sämtlichen Mitgliedern der Genossenschaft sowie den Fachblättern zur Ver öffentlichung zugegangen. Der Geschäftsführer trägt die Hauptzahlen des Berichts vor und verweist auf einige Neuerungen, so die Tabelle Seite 11 über die Durchschnittslöhne für Vollarbeiter der einzelnen Ge werbszweige, die getrennt nach erwachsenen und jugendlichen männlichen und weiblichen Arbeitern aufgeführt sind, welche im nächsten Jahr nach Beschluß des Vorstandes auf eine Gegenüber stellung der Durchschnittslöhne der erwachsenen männlichen Arbeiter und des Durchschnittslohns aller Arbeiter der einzelnen Betriebszweige beschränkt werden solle, ferner erwähnt er die Seite 61 gegebene Verteilung der in den Jahren 1885'86 —1908 ent schädigten Unfälle nach Gegenständen und Vorgängen, bei denen sie sich ereigneten. Zu Abschnitt 111,2, »Gefahrentarif und Einschätzung der Be triebe», bemerkt der Geschäftsführer mit bezug auf die Verhand lungen in der vorjährigen Versammlung, daß das Reichs- versichcrungsamt inzwischen von seinem Widerstand gegen die ' reduzierten Gefahrenziffern abgekommen und mit deren Bei behaltung einverstanden sei, wenn daneben auch die absoluten Belastungswertc für 1000 M. Lohn angegeben würden. Der Vorstand sei der Meinung, daß die Aufstellung einer neuen Statistik, die sich entsprechend der Giltigkeitsdauer des jetzigen Tarifs auf nur zwei Jahre erstrecken könnte, nicht er forderlich sei, vielmehr die letzte bis 1906 reichende Statistik für die nächtjährige Revision vollständig ausreiche. Dagegen werde eingehend zu erwägen sein, ob und inwieweit etwa in folge der technischen Entwicklung eine Vereinfachung des jetzigen Gefahrentarifs durch Zusammenfassung mehrerer Ge werbszweige angezeigt erscheine. Die Lumpensortier-Anstalten würden voraussichtlich ganz in Wegfall kommen, da die Lagerei- Berufsgenossenschaft sich zu ihrer Uebcrnahme bereit erklärt habe und nur in einem Falle die Ueberweisung noch ausstehe. Die Genossenschaftsversammlung nimmt hiervon mit Zu stimmung Kenntnis. Da Bemerkungen zu dem Verwaltungsbericht nicht erhoben werden, stellt der Vorsitzende die Genehmigung des Berichts durch die Versammlung fest. 2. Prüfung und Abnahme der Jahresrechnung für 1908 Der Vorsitzende teilt mit, daß die Jahresrechnung für 1908 sowohl von dem Revisor der Zentralrevisionsstelle des Ver bandes Deutscher Berufsgenossenschaften, Herrn Harm, als auch von dem Rechnungsprüfungsausschuß geprüft und richtig be funden worden sei, wie der Revisionsbericht des Verbands revisors und der unter der Rechnung befindliche Vermerk des Rechnungsprüfungsausschusses aus weise. Die Rechnung nebst Belegen und Nachweis über die ord nungsmäßige Anlage des Reservefonds wird vorgelegt. Die Versammlung erteilt hiernach einstimmig dem Vorstand und der Genossenschaftsgeschäftsführung Entlastung, wobei sie gleichzeitig die bei den Spalten 29, 34, 38 und 39 vorgekommenen Kreditüberschreitungen genehmigt. 3. Hufstellung des Voranschlags für 1910 Der vom Genossenschaftsvorstand festgestellte Entwurf eines Voranschlags für 1910 wird von dem Vorsitzenden vorgelegt und von dem Geschäftsführer in den einzelnen Abschnitten erläutert. Er wird von der Versammlung sowohl im einzelnen als in der Gesamtsumme von 40250 M. einstimmig genehmigt. Eine Ausfertigung des Voranschlags ist dem Original-Pro tokoll als Anlage beigefügt. 4. Neuwahl der mit Ende 1909 ausscheidenden Vorstandsmitglieder und Ersatzmänner Gemäß § 14 Absatz 2 des Genossenschaftsstatuts haben Ende 1909 aus dem Vorstand auszuscheiden’die Herren: Mitglieder: Direktor Schinkel-Penig i. S., 1. stellv. Vorsitzender Heinrich Bierbrauer-Löhnberg H. Goßler-Frankeneck Dr. Härlin-Gauting Eugen Kaul-Schandau A. Kumpfmiller-Höcklingsen Richard Scheerer-Göritzhain Ph. Sonntag-Emmendingen Außerdem ist für Herrn Dir an Stelle des ausgeschiedenen den Genossenschaftsvorstand ci wählen. Ersatzmänner: Kommerzienrat Mahla-Remse Geh. Kommerzienrat Carl Haas- Waldhof Theod. Hoffmann-Neustadt a. H. Kommerzienrat H. Grotjan- München Karl Aug. Niezel-Lohmen i. S. Fritz Klagges-Kabel a. d. L. Kommerzienrat Alb. Niet- hammer-Kriebstein Hugo Hoesch-Gernsbach ktor Römer-Baienfurt, welcher Herrn Richard Schaeuffelen in gerückt Ist, ein Ersatzmann zu Der Vorsitzende teilt weiter mit, daß der Genossenschafts vorstand beschlossen habe, der Genossenschaftsversammlung eine Erhöhung der Zahl der Mitglieder des Genossenschafts vorstandes von 17 auf 18 vorzuschlagen, um die Wahl des Vor sitzenden der Sektion X, Herrn Fritz Steinbock, in den Ge ¬ nossenschaftsvorstand zu ermöglichen; als Ersatzmann für Herrn Steinbock werde Herr Rudolf Ebart-Berlin, als Ersatzmann des Herrn Direktor Römer Herr Dr. Scheufelen-Oberlenningen vor geschlagen. Aus der Mitte der Versammlung wird beantragt, die aus scheidenden Herren durch Zuruf wieder und die vom . Vorstand vorgeschlagenen Herren neu zu wählen. Die Versammlung be schließt einstimmig diesem Anträge gemäß und stimmt dabei auch der Erhöhung der Zahl der Vorstandsmitglieder von 17 auf 18 zu. Die anwesenden Herren erklären sich zur Annahme der Wahl bereit. 5. Wahl des Rechnungsprüfungsausschusses für 1909 Der Rechnungsprüfungsausschuß für 1908 bestand aus folgen den Herren: Mitglieder: Kommerzienrat v. Euler-Bens heim Direktor Kullen-München Wilhelm Röck-Kostheim Ersatzmänner: Ottmar Feirabend - Niedern hausen Erwin Glatz-Neidenfels Otto Beier-Möckmühl Der Vorsitzende schlägt vor, die sämtlichen Herren durch Zu ruf wiederzuwählen, was geschieht. 6. Reform der sozialen Versicherungsgesetze (Reichsversicherungs-Ordnung) Der Vorsitzende verweist auf die bezüglichen Erörterungen in der vorjährigen Versammlung, in welcher man sich bereits entschieden gegen die damals laut gewordene Absicht der Rcichsregierung betreffend die Uebertragung der Entschädigungs festsetzung in eine Lokalinstanz ausgesprochen habe. Inzwischen sei nun vom Reichsamt des Innern der Entwurf einer Reichs- versicherungs-Ordnung ausgearbeitet und dem Bundesrat vor gelegt worden, der tatsächlich eine starke Beeinträchtigung des Selbstverwaltungsrechts der Berufsgenossenschaften in Bezug auf die Entschädigunssfestsetzung durch Einschiebung einer Zwischeninstanz — der Versicherungsämter — vorsehe. Der Verband der Deutschen Berufsgenossenschaften habe sich be reits auf dem außerordentlichen Berufsgenossenschaftstag vom 26. Mai eingehend mit dem Gesetzentwurf befaßt, wobei der Ge schäftsführer der Genossenschaft über die Organisation und das Verfahren mit außerordentlichem Erfolg berichtet habe. Es sei besonders im Interesse der Arbeiter selbst zu wünschen, daß die Beschlüsse des Berufsgenossenschaftstages bei den gesetz gebenden Körperschaften die gebührende Berücksichtigung fänden. Der Geschäftsführer berichtet hiernach kurz über den Ent wurf, wobei er zunächst die systematische Verarbeitung der verschiedenen Versicherungsmaterien zu einem großen Gesetzes werk als durchaus unzweckmäßig bezeichnet, weil hierunter die Uebersichtlichkeit und Verständlichkeit für die Laien und ehrenamtlichen Organe außerordentlich leiden, auch die auf den seitherigen Einzelgesetzen aufgebaute, sehr weitschichtige Recht sprechung des Rcichsversicherungsamts erheblich gestört würde. Das im Entwurf vorliegende Gesetz sei lediglich für den Ver sicherungsamtmann berechnet, während dasselbe seiner Be stimmung entsprechend doch weitesten Kreisen der Bevölkerung nahe gebracht werden sollte. Auf dem Gebiet der Unfallver sicherung sollten zwar die Berufsgenossenschaften und berufs genossenschaftlichen Sektionen sowie ihre sonstigen Organe be stehen bleiben, daneben solle jedoch eine neue umfangreiche Organisation in Gestalt der Versicherungsämter und Ober-Ver sicherungsämter geschaffen werden. Den Versicherungsämtern sei bei der Unfallversicherung insbesondere die Vorbereitung der Entschädigungsfestsetzung zugedacht. Für diese Aenderung sei um so weniger ein Grund einzusehen, als die Berufsgenossen schaften gerade auf dem Gebiete der Entschädigungsfestsetzung nach der Begründung zu dem Entwurf selbst, nach dem Urteil des besonders hierzu kompetenten Reichsversicherungsamts und