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Nr. 58 PAPIER-ZEITUNG 2279 Wiener Bonbonnieren für die Reise Der Strom von Fremden, der auf der Durchreise von den Bädern, im Hochsommer Wien überflutet, ist die beste Absatzquelle für die vielen zum »Mitbringen« bestimmten Bonbonnieren, die man jetzt in den größten Schauläden sieht. Solch Süßigkeiten-Karton ist oft ein sehr feiner Gegenstand, der auch, wenn sein Inhalt verspeist ist, noch vielerlei Zwecken, z. B. zur Aufnahme von Spitzen, Näh zeug oder Schmuck dienen kann. Die beliebteste Form ist die des Reisegepäckes - das aber nicht bloß mit Leder oder holzartigem Papier bezogen ist sondern mit Moire, Tusser (gefärbter Rohseidenstoff) oder Leinen, genau in den Modefarben, die die Saison bringt. Eine Art Bonbons koffer ist etwa 30 cm lang, 22 cm breit und 12 cm hoch; •der rückwärts der Breite nach befestigte Deckel ist leicht gewölbt und hat eine Ueberfallklappe, die in der Mitte eine Ecke bildet und mittels eines vergoldeten Druckmechanismus in der Hälfte der Vorderwand schließt. Die Bekleidung ■des Kartons bildet heugrüner, lavendel-, holzfarbener oder graublauer Tusser. Dieser Stoff umspannt den mit weißem Moirepapier gefütterten Karton ganz glatt, ohne jede Ver zierung; nur dem oberen Deckelrand —- nicht der Ueber- fallklappe — ist an der Kante ein goldenes Börtchen aus Pappe aufgeklebt. In der Mitte des Deckels ist eine breite, mit Tusser bespannte Handhabe befestigt, deren Ende zu jeder Seite ein Goldknöpfchen schmückt. Dann gibt es große runde Hutkoffer, die im Durchmesser 25 cm und eine Höhe von 12 cm haben und mit rohleinenartigem Papier bis auf die Deckelfläche bezogen sind. Letztere ist mit schwarzem, wachstuchähnlichem Papier beklebt; auf beiden Seiten des abhebbaren Deckels ist ein über denselben ge schnallter schmaler Lederriemen befestigt. Dann gibt es Handkoffer aus gemasertem bräunlichem Lederpapier, die zu beiden Seiten statt mit Riemen mit abschattierten bunten Gazebändchen mit Schnallenverschluß ausgestattet sind, Reisetaschen, welche mit einem Stoff bezogen sind, der hochrotem Saffianleder gleicht und mit einem breiten, glatten Goldbügel aus Pappe schließen. Hübsch sind riesige Muscheln aus Pappe mit einem farbigen Silberpapier innen und außen bekleidet. Eine Muschel nimmt die Füllung auf, die andere bildet den Deckel und beide sind kreuzweise mit einem in einer zarten Farbe abschattierten Gaze bändchen gebunden. Dann gibt es einen Karton, der einem Riesenspielwürfel nachgebildet ist und aus Holzpapier mit eingepreßten schwarzen Augen besteht; ein anderer Karton stellt einen feuerroten Glückspilz dar, der mit Glücks abzeichen, goldenem Kleeblatt, einem schwarzen Hufeisen und einem Glücksschweinchen bedruckt ist. Der dicke Stengel aus holzfarbenem Stoff nimmt den Inhalt auf, der große Pilz gibt den Deckel. Dann kommt die Tennis zigarettentasche in der Größe und Form eines gewöhn lichen Zigarettenetuis aus zwei Teilen bestehend, wovon das eine Teil, mit Schokoladezigaretten gefüllt, heraus gezogen wird. Das Ganze ist mit fleischfarbenem Glanz papier bekleidet, und die Oberseite zeigt in Buntdruck eine Szene beim Tennisspiel. Der Topfhut aus Papierstroh in leuchtenden Farben ist eine sehr viel gekaufte Bonbonniere, als Aufputz dient ein um die Mitte des Hutes gelegtes farbiges Band, das an der einen Seite zur Schleife geknüpft ist, während in seiner gegenüberliegenden Seite ein Tuff mit Kirschen, mit roten Beeren, oder mit Feldblumen steckt; auch der Matrosenhut mit gelblichem, strohartigem Papier, mit farbig gestreiftem Hutband um den Kopf, der den Deckel abgibt, sowie die tellerartige Chauffeur mütze aus stoffartigem Papier und eingesetzten Brillen aus Glaspapier ist als Attrappe vorhanden. Außerdem gibt es feine Kartone in rechteckiger Form, deren Seitenwände mit einfarbigem Leinenpapier beklebt sind, während der Deckel auf weißem Grund in Buntdruck in drolligen Szenen einen Automobilunfall zeigt, wobei die Insassen nebst Hut schachteln und Koffern in der Luft herumwirbeln ; auf an dern Deckeln sind Kinder zu sehen, die Ball, Tennis, Diabolo und Reifen spielen. Dann gibt es sehr feine vier eckige Kartone mit vorstehendem Boden und Deckelrand, die mit großen zweifarbigen Früchten auf mattfarbigem Metallpapier geziert sind; andere sind mit einem zartfarbigen Papier bekleidet, das ein Spangeflecht nachahmt und mit Nelken und goldenen Aehren bedruckt ist. Eigenartig ist ein rechteckiger ziemlich hoher Karton mit Falldeckel, dessen Bekleidung ein neuartiges Papier abgibt, das wie ein einfarbiges, aber grelles Bauernporzellangeschirr in Dunkelrosa, Grün oder Blau aussieht, mit andersfarbigen, stark weißgerändelten Reliefblumen in der Mitte des Deckels. Sehr nett sind runde oder viereckige Kartone mit abhebbarem Deckel, die auf weißem Leinenpapier ab gesetzte Medaillone zeigen und zwar je zwei Kätzchen in Buntdruck von einem Blumenkränzchen halb umrahmt. Nach der Farbe der Blumen richten sich die Schleifen, mit denen die Kartone abgebunden sind. Aus dem gleichen Stoff werden Tüten gemacht, welche s außerdem aus Moirönietallkarton gibt, ganz mit farbigem Schlangen liniendessin gedeckt. Man sieht auch größere Säcke aus Rohleinenpapier über Karton, die ein rotes Band zusammen- bindet und denen schräg ein rotes Band aufgeklebt ist, auf dem in goldener Schrift »Wiener Bonbons» zu lesen ist. H. Hn. Plakat-Russtellung in Hamburg Die »Waldorf-Astoria-Cigaretten-Company« hatte ein Preis ausschreiben zur Erlangung künstlerischer Plakate in Mehr farbendruck erlassen, dessen Ergebnis vom 3. bis 17. Juli im »Velodrom Rotherbaum« in Hamburg ausgestellt war. Am Er öffnungstage betrug das Eintrittsgeld 1 M., an den übrigen Tagen 30 Pf. Der Ueberschuß soll der Hamburger Kunsthalle zu Studienzwecken überwiesen werden. 2080 Entwürfe waren ein gegangen. Das schwierige Amt der Bewertung hatten die Herren Prof. Carlos Greth, Stuttgart, Prof. Leopold Graf v. Kalkreuth, Hamburg, Prof. Dr. A. Lichtwark, Hamburg, Prof. Max Lieber mann, Berlin, und Prof. Franz v. Stuck, München, übernommen. Einstimmig hatten diese einen ersten Preis nicht be werten können und beschlossen, die zur Verfügung stehende Summe von 6000 M. in drei Preisen zu je 1500 M., einen zu 1000 M. und einen zu 500 M. zu verteilen. Die ersten 1500 M. erhielt Herr Fritz Rehm, München (Kennwort: »Abdul Hamid«), für eine Arbeit, die in ihrer Farbenharmonie vorzüglich wirkt. Sie zeigt einen Türkenkopf mit Zigarette auf dunkelblauem Untergrund, die Schrift in prächtigem Hellviolett. • Dem zweiten, mit der gleichen Summe bedachten Entwurf (Kennwort: »Die Hand«) liegt eine außergewöhnliche Idee zu Grunde. Von einer hohen, in Grau gehaltenen Kanalmauer wird einem Ertrinkenden, von dem nur noch eine Hand mit der brennenden Zigarette sichtbar ist, ein Rettungsring zugeworfen. Als Dritter wurde mit 1500 M. Herr Heinz Keune (Kennwort: »Linie«) bedacht. Der Entwurf zeigt, daß auch ohne Bildschmuck, nur in Linienmanier, sich sehr gute Wirkungen erzielen lassen. 1000 M. erhielt die Arbeit des Herrn Wolf Schmidt, Karls ruhe (Kennwort: »Vier Cigaretten«), die in Grün, Schwarz, Silber und Gelb einen sehr vornehmen Eindruck macht. Der 5. Preis (500 M.) kam den Herren F. M. Bachmann & Ziegler, Berlin, zu. Kennwort: »Gunst«. Der Entwurf zeigt eine Wage, in deren einer Schale ein leichtes Dämchen, in der andern eine Zigarette liegt. DieWage neigt zugunsten der Zigarette. Drei weitere Arbeiten sind seitens der Waldorf Astoria- Cigaretten-Company angekauft worden und sollen zu kleineren Packungen Verwendung finden. Außer diesen ersten Arbeiten sind noch Hunderte von her vorragenden Entwürfen vertreten, daneben aber auch eine Menge minderwertige, geradezu naive Arbeiten, was bei der großen Zahl erklärlich ist. Die zahlreichen Besucher waren sehr be friedigt. Hoffentlich stellt die Waldorf-Astoria Company das reichhaltige Ergebnis dieses Preisausschreibens noch in andern Städten zur Schau, um dasselbe noch weitern Kreisen zugäng lich zu machen. E. S. Landesverband sächsischer Buchbinder - Innungen. Am Mittwoch hielt der vorbereitende Ausschuß zur Gründung eines sächsischen Landesverbandes der Buchbinder - Innungen in Chemniiz eine Sitzung ab, zu der Buchbindermeister aus allen Kreishauptmannschaften erschienen waren. Man einigte sich dahin, den Verband mit dem Sitz in Dresden zu gründen. Die Dresdner Buchbinder-Innung hat aus ihrer Mitte den Vor sitzenden, den Schriftführer und den Kassierer zu wählen; im weiteren setzt sich der Verbandsvorstand aus je einem Innungs- mitgliede jeder Kreishauptmannschaft zusammen. Der neue Ver band wird sich als sächs. Unterverband dem Deutschen Bunde der Buchbinder angliedern. Nach den Beratungen stattete man der Tintenfabrik von Eduard Beyer einen Besuch ab. (Vogtl. Anzeiger) Buchhändler-Lehranstalt. Die Schüler der Oberstufe und die ersten Klassen der Oeffentlichen Buchhändler-Lehranstalt in Leipzig unternahmen am 3. Juli unter Führung ihres Direktors, Herrn Dr. Curt Frenzel, einen Studienausflug nach Dresden, um die dortige Internationale Photographische Ausstellung zu be suchen, in der der Verwaltungsdirektor des Deutschen Buch gewerbe-Vereins, Herr Arthur Woernlein, die erforderlichen Erläuterungen gab.