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API ERA/ERARB EITUN G ■ Bu CH GE WERBE13 Papier-Industrie-Verein Fortsetzung statt Schluß 5. Bericht über die Rechtshilfe durch die Vereinsanwälte. Justizrat Holz: Wenn Sie den Geschäftsbericht für das Jahr 1907 mit dem des Jahres 1908 vergleichen, so werden Sie hinsichtlich der Tätigkeit des Papier-Industrie-Vereins auf dem Gebiete der Justiz im allgemeinen keinen großen Unterschied finden. Sie finden allerdings im Jahre 1907 außer 1450 Prozessen, 775 Mahnschreiben und 200 Gut achten,' während Sie für das Jahr 1908 verzeichnet finden, daß die Gesamtzahl der eingegangenen Aufträge sich auf 1985 belaufen hat. Davon entfielen auf Prozeßsachen ein schließlich voraufgegangener Zahlungsaufforderugen 1563, auf bloße Zahlungsaufforderungen und Rechtsgutachten 422. Sie ersehen daraus, daß numerisch der Geschäftsgang ein klein wenig zurückgegangen ist, daß aber hinsichtlich der Art der Tätigkeit eine Verschärfung eingetreten ist. Ich will hier gleich anfügen, was sich in 1909 zugetragen hat, und wenn Sie hören, daß die Prozeßsachen bis zum 10. Juni 1909 sich auf 560 belaufen und die Mahnschreiben auf 669, so bin ich wohl berechtigt, das im Jahresbericht ausgesprochene Urteil zu unterstreichen, daß wir leider die Krisis noch nicht überwunden haben. Ich befinde mich dabei im Gegensatz zu meinem Fachgenossen aus Oester reich, welcher nach dem Geschäftsbericht für das Jahr 1908 (Seite 72) für Oesterreich in dem Zurückgehen der dort ge führten Prozesse auf 307 auf Verschlechterung der Geschäfts lage schließen will. Nach meinen Erfahrungen muß-man leider aus der Zunahme der Prozesse und der Inanspruch nahme der Gerichte den Schluß ziehen, daß die Verhält nisse nicht günstig sind. In schlechten Jahren wird jeder versuchen zu retten, was zu retten ist, während man in günstigen Jahren mit Bezug auf unsichere Forderungen viel fach hören kann: Na, ich will noch ein bischen warten, ehe ich die Sache dem Anwalt übergebe«. Wenn man von diesem Standpunkt aus die Sache betrachtet und sich ver gegenwärtigt, daß unser Verein heute rund 900 Mitglieder zählt, so muß man sagen, es ist eine eigentümliche Er scheinung, daß der Vereinsanwalt auf diesem ungemein wichtigen Gebiet verhältnismäßig so wenig in Anspruch genommen wurde. Die mitgeteilte Zahl von 1985 Auf trägen würde bei 900 Mitgliedern prozentualiter auf kaum 21/2 v. H. hinauskommen, und wenn Sie dann noch berück sichtigen, daß von einzelnen Mitgliedern dem Anwalt 100, auch 200 Aufträge zugehen, so verringert sich der Prozent satz noch bedeutend und man kommt zu dem Schluß, daß der Rechtsweg v iel zu selten beschritten wird. Ich spreche durchaus nicht pro domo, wenn ich dies hervor hebe, sondern ich spreche allgemein vom Standpunkt der Gerechtigkeit, der Justiz und der Moral. Es ist eine be kannte Tatsache, daß Tausende von Menschen direkt eine Scheu haben vor allem, was mit der Justiz zusammenhängt, sie hüten sich auch dann die Gerichte in Anspruch zu nehmen, wenn ihnen bitter Unrecht geschieht. Das ist ein falscher Standpunkt, und wer ihn vertritt, begeht ein großes Unrecht gegen sich selbst und in unserm Falle ach gegen den Papier-Industrie-Verein. Man darf nicht aus reiner Bequemlichkeit sagen, ich will mein Recht nicht geltend machen und verschmerze lieber den Verlust. Diese Be quemlichkeit werden viele nur dann überwinden, wenn es sich um größere Objekte handelt. Wenn meine Annahme nicht zutreffen sollte, daß nicht bloß Bequemlichkeit oder ähnliche Gründe bei Nicht-Geltendmachung von Ansprüchen vorliegen, so erscheint das Bild, wie es der vorliegende Bericht gibt, durchaus günstig. Es würde noch günstiger sein, meine Herren, wenn diejenigen Anregungen, die ich in meinem Bericht gegeben habe, mehr berücksichtigt würden, Anregungen, die darauf hinauslaufen, daß eine Zentralisation der Rechtspflege im Interesse der Mitglieder durchaus notwendig wäre. Sie werden sich erinnern, daß in der letzten Generalversammlung unter Vorsitz des Herrn Kommerzienrat Krause über die Frage verhandelt worden ist, daß man bei Eingehung von Verträgen die Klausel »Erfüllungsort Berlin« einfügen soll. Herr Kommerzienrat Krause hat damals in sehr dankenswerter Weise die ziem lich lebhafte Aussprache zusammengefaßt und zum Aus druck gebracht, daß die Angelegenheit sehr wichtig sei und der Vorstand einen Weg suchen werde, die Mitglieder darauf hinzuweisen. Die Klausel »Erfüllungsort Berlin« ist kein Muß. Wenn z. B. jemand in Hamburg ein Geschäft mit einem Mann in Posen abschließt, so bleibt es ihm natürlich unbenommen, trotz der Klausel »Erfüllungsort Berlin« seinen Anspruch in Posen geltend zu machen, wenn es ihm wünschenswert erscheint. Sie werden mir recht geben, daß es wünschenswert erscheint, alle Fäden in einer Hand zu haben. Die Folge davon würde nicht bloß sein, daß die Justiz besser, sondern daß sie auch schneller arbeitet. Ich möchte wiederholt darauf hin weisen, daß in Berlin am schnellsten gearbeitet wird. Ich kenne kein Gericht, auch kein sächsisches, wo mit größerer Geschwindigkeit gearbeitet wird, als in Berlin. Am aller wichtigsten ist, daß die Zwangsvollstreckung entschieden am besten in der Hand einer einzelnen Person liegt. Diese Tatsache müßte eigentlich die Mitglieder veranlassen, diesen Erwägungen nicht aus dem Wege zu gehen. Sie werden sich erinnern, daß im alten römischen Recht der Gläubiger das Recht hatte, seinen Schuldner, der nicht bezahlen wollte, ohne weiteres in die Sklaverei zu verkaufen, und Sie wissen ganz genau, das römische Recht war das beste; heute muß man erleben, daß auf Kosten des Gläubigers der Schuldner geschont wird. Gewiß ist dagegen vom Standpunkt der reinen Menschlichkeit nichts einzuwenden, vom Standpunkt der reinen Gerechtigkeit aber muß zu nächst Recht Recht werden. Sie müssen sich auch ver gegenwärtigen, daß wir vor einigen Wochen eine Er gänzung zu unserer Zivilprozeßordnung bekommen haben. Die Ergänzung hat eine R< ihe von Neuerungen geschaffen, die von ungeheurer Wichtigkeit sind. Sie wissen, daß durch die Novelle die Zuständigkeit der Amtsgerichte auf Objekte bis zu 600 M. ausgedehnt wird. Merkwürdiger weise sind die Konsequenzen in Bezug auf die Anwälte nicht gezogen worden, insofern, als die Gebühren nicht erhöht worden sind. (Heiterkeit.) Dagegen wird eine Revision der Gebührenordnung vorgenommen werden, und es ist in Erwägung gezogen worden, einen Teil der Ge bühren schon jetzt zu erhöhen. Das Arrestverfahren hat bis jetzt gar nichts gekostet, desgleichen nicht das Mahn verfahren. Die Ergebnisse der Gesetznovelle werden Sie bald kennen lernen. Ich denke, daß schon bis zum nächsten Jahre Erfahrungen gesammelt werden können. Genug da von. Ich wollte nur hervorheben, daß insbesondere auch der Umstand, daß wir mit neuen Gesetzen zu rechnen haben, den Vorstand veranlassen muß, endgiltig an die Mitglieder heranzutreten und sie darauf aufmerksam zu machen, daß in Zukunft im Interesse einer wirklichen und schnellen Geltendmachung ihrer Ansprüche es durchaus notwendig ist, eine derartige Klausel in die Verträge hin ein zu bringen. Ich bitte wiederholt, sich sympathisch zu dieser Frage zu stellen. Vorsitzender: Ich glaube, wir können das nur tun, was wir im Vorjahre auch schon getan haben. Wir stehen der Frage sehr sympathisch gegenüber, sind aber nicht in der Lage, irgendwelchen Zwang auf unsere Mitglieder auszu üben. Kaufmann: Es ist doch wohl beschlossen worden, daß der Vorstand gemeinsam mit dem Herrn Justizrat Holz Vorschläge ausarbeitet. Hager: Es wurde tatsächlich im vorigen Jahre in der Generalversammlung beschlossen, daß dieser Frage näher getreten werden soll, und soweit ich mich erinnere, wurde Herr Justizrat Holz gebeten, genau gefaßte Vorschläge zu