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Nr. 25 PAPIER-ZEITUNG 9€9 bildern« Zollfreiheit zugesichert worden, während alle »litho- graphischen, chromolithographischen Drucke oder andere Ver vielfältigungen von Zeichnungen oder Stiche auf Holz, Metall oder Stein, nicht besonders genannt« mit einem Zoll belastet wurden. Da Oeldruckbilder nichts anderes als Chromolitho graphien oder mehrfarbige Lithographien sind, lag hier offenbar ein Widerspruch zutage, der auch nicht durch das alphabetische Warenverzeichnis zum belgischen Zolltarif gelöst wurde. Denn dieses Warenverzeichnis erklärte den Begriff »Oleographies« allgemein mit stableaux imprimes äl’huile«, obwohl doch »äl'huile« alle Chromolithographien gedruckt werden, weil man ohne Oel eben Oberhaupt nicht drucken kann. Die Vereinigung für die Zollfragen hat deshalb schon am 8. September 1905 mit Unterstützung des Vereins Deutscher Steindruckereibesitzer in Leipzig, des Fachvereins der Besitzer chromolithographischer Anstalten von Nürnberg und Fürth und der Handels- und Ge werbekammer von Oberbayern eine Eingabe an das Auswärtige Amt gerichtet, damit auf diplomatischem Wege die Beseitigung jener Widersprüche erfolgt. Als dann von anderer Seite eine Anfrage an die belgische Gesandtschaft in Berlin gerichtet wurde, was die belgische Regierung unter Oeldruckbildern ver stehe, und hierauf die Antwort eingegangen war, daß unter Oleographien zu verstehen seien »tableaux imprimes sur tissus au moyen de Couleurs äl’huile et imitant les tableaux peints ä la main«, wandte sich die Vereinigung für die Zollfragen unterm 27. Februar 1906 an den Reichskanzler mit einer Ein gabe, In welcher darauf hingewiesen wurde, daß die belgische Auslegung des Wortes »Oleographiene unrichtig sei, da man auf Stoffe nimmermehr Farbendrucke herstellen könne, die mit der Hand gemalte Gemälde wiedergeben sollen. Der Druck von Farbendruckbildern (Oleographien) könne nur auf voll ständig glatter Fläche geschehen, die weder die geringste Er höhung, noch die geringste Vertiefung zeige. Die Imitation der mit der Hand gemalten Bilder werde erst dadurch bewerk stelligt, daß die fertig auf Papier gedruckten Bilder nachträg lich geprägt werden, um die Flächengestaltung der Leinwand oder das Aquarellkorn oder auch die Pinselstriche vorzu täuschen. Mittlerweile war aber (im März 1906) eine neue Ausgabe des Amtlichen Warenverzeichnisses zum belgischen Zolltarif er schienen, in der auf Seite 464, 629 und 563 die zollfreien Oleo graphien ebenfalls als »Tableaux imprims sur tissus au moyen de couleurs ä l’huile et imitant les tableaux peints ä la main, non encadrese näher bezeichnet wurden, und an dieser technisch unhaltbaren Bestimmung ist in Belgien drei Jahre lang fest gehalten worden. Nunmehr hat sich aber doch die belgische Regierung auf den Boden unserer Eingabe vom 27. Februar 1906 gestellt und in Uebereinstimmung mit unsern Anträgen verfügt, daß für die Folge zollfrei gelassen wurden: nicht eingerahmie Oeldruckbilder (tableaux imprims ä l’huile — olgraphies), die sich als gefirnißte und gepreßte (graindes gaufrees) chromolitho graphische Drucke auj Papier oder Pappe darstellen und Nachdrucke von mit der Hand gemalten Bildern sind. Die neue Vorschrift bezieht sich nur auf Nachdrucke von Gemälden, die zur Ver wendung als Zimmerschmuck bestimmt sind, nicht aber auf Nachdrucke zu andern Zwecken aller Art, z. B. für Post karten u. dgl. Künstlerisches Urheberrecht der Angestellten Nach dem Gesetz über den Schutz von Mustern und Modellen vom 1. Januar 1876 gehörte das Urheberrecht an den jenigen Mustern und Modellen, die von Angestellten in Aus übung ihrer Geschäftstätigkeit entworfen oder erfunden waren, nicht dem Angestellten, sondern dem Arbeitgeber. Nach dem neuen Kunstschutzgesetz vom 9. Januar 1907 haftet jedoch das Urheberrecht an einem kunstgewerblichen Erzeugnis an der Person des Urhebers. Der Geschäftsinhaber kann also dieses Recht nur durch Privatvertrag erwerben. Hierzu hat der Fach verband für die wirtschaftlichen Interessen des Kunstgewerbes in Berlin folgende Leitsätze aufgestellt: 1. Falls eine ausdrück liche Vereinbarung zwischen dem Geschäftsinhaber und seinem Angestellten nicht vorliegt, geht das Urheberrecht an solchen Werken auf die Firma über, die der Angestellte im Auftrage oder in Erfüllung seiner Dienstobliegenheiten für den Geschäfts inhaber entwirft oder ausführt. 2. Der Geschäftsinhaber soll berechtigt sein, den Namen seiner Firma an solchen Werken anzubringen, den Namen des angestellten Urhebers jedoch nur mit dessen Genehmigung. 3. Der Geschäftsinhaber soll be rechtigt sein, das Werk usw. seines angestellten Urhebers ab zuändern. Ist jedoch das Werk mit dem Namen des angestellten Urhebers gezeichnet, so ist die Abänderung nur mit dessen Genehmigung gestattet. Auf Ansuchen hat die Handelskammer zu Hannover zu dieser Kundgebung Stellung genommen und betont, daß zu einer Aenderung der neuen gesetzlichen Bestimmungen für die nächste Zeit schwerlich Aussicht vorhanden sei. Empfehlens wert sei, dem jetzt in Kraft getretenen Gesetz Rechnung zu tragen und die Verträge der Angestellten dem neuen Gesetz entsprechend zu ändern. Aufgaben typographischer Gesellschaften Siehe Nr. 14 S. 526 In seinem vortrefflichen Buch »Zeitgemäße Buchdruck kunst« beklagt C. E. Poeschel die unkünstlerische Behandlung des Werk- und Zeitungssatzes. Er sagt u. a.: »Gleich beim Lesen des ersten Artikels sehen wir eine Zeile mit Gevierten, die nächste mit Spatien ausgeschlossen. Mag dieser Satz nun mit der Setzmaschine oder mit der Hand hergestellt sein: in beiden Fällen ist es Tagelöhnerarbeit! Schon beim Ausschließen der Zeilen im gewöhnlichen glatten Satz beginnt die Arbeit des Kunsthandwerkers und nicht erst beim Akzidenzsatz!« Vielleicht hat mangelhafter Werksatz nicht zuletzt die Verwendung von Setzmaschinen im Werksatz erleichtert; man sagte sich eben, daß solchen Satz auch Maschinen leisten können. Wenn aber dem Satz der Zeitungsliteratur, die nur einmal gelesen wird, keine große Sorgfalt zugewendet, wenn hierbei zuerst auf schnelle, dann erst auf gute Her stellung Wert gelegt wird, so darf es uns nicht gleich- giltig sein, wenn der Satz der Bücher von dauerndem Wert auch als Zeitungssatz behandelt wird, und das geflügelte Wort Prof. Reuleaux', »Billig und schlecht«, wieder zu einer gewissen Berechtigung gelangt. Nach meinem Gefühl muß mit der Nahrung des Geistes ähnlich verfahren werden wie mit der des Körpers. Letztere bekommt uns am besten, wenn sie gut zubereitet auf sauberem Tisch in reinlichem Geschirr aufgetragen ist. Ebenso wird unser Geist den Inhalt guter Bücher umso leichter und sicherer aufnehmen, je müheloser sie zu lesen sind, je besser ihr Druck und Papier ist. Wir besitzen aber in Deutschland noch nicht zu viel Bücher, die diesen drei Ansprüchen ganz gerecht werden. Die Zahl der Personen, die solche Bücher vollständig würdigen, ist selbst bis in die gebildetsten Kreise hinauf noch keine zu große; sogar die Zahl der Buchdrucker, die solcher Buchausstattung vollstes Verständnis entgegenbringen, ist verhältnismäßig gering. Heißt es doch in einem Artikel der »Buchdrucker woche« (Nr. 15, 1909) betreffs der Drucksachen für Buch drucker, daß bei den Festdrucksachen wohl meist die Mühe nicht gescheut wird, das Beste zu liefern. Dann heißt es weiter: »Anders steht es aber mit den anderen Drucksachen, den Jahresberichten, Protokollen, den Drucksachen der Buchdrucker krankenkassen usw.; sie werden wohl am allermeisten vernach lässigt. Man glaubt eben, sie sind nur dazu da, den Interessenten das Wissenswerte zur Kenntnis zu bringen. Und doch könnten gerade durch diese Drucksachen Beispiele guter Ausstattung, bis in die kleinste Druckerei getragen werden!« Die Vernachlässigung der Ausstattung solcher Druck sachen erklärt sich zum Teil daraus, daß eine große Zahl unserer Kollegen das Kunsthandwerkliche unseres Berufs noch nicht genügend erfaßt und nicht begriffen hat, daß auch viele einfache Drucksachen einheitliche Schriftenwahl, guten Satz, Druck und Papier zeigen können. Nach dieser Richtung hin weiterbildend zu wirken, ist meines Erachtens eine notwendige und lohnende Aufgabe für typographische Gesellschaften, z. B. durch Vorführung guter Vorbilder für den vielgestaltigen Werk- und Zeilensatz, der in kauf männischen Drucksachen anders als in Zeitschriften, in Romanen anders als in Prachtwerken, in Büchern, die ihrer Natur nach langsam gelesen werden können, anders sein muß als in Büchern, die schnell gelesen werden müssen. Je nach diesen verschiedenen Zwecken muß Aus schluß und Durchschuß anders gehandhabt werden; es be darf, um das Richtige zu finden, eines gewissen Feingefühls für zweckmäßige Raumverteilung zwischen den Worten und Zeilen — ein Gefühl, das man noch nicht überall antrifft, und das man doch besitzen muß, um leicht lesbare Druck sachen zu schaffen. Mit Bezug auf letztere sagte Dr. P. Jessen in seinen vor zehn Jahren gehaltenen Vorträgen: »Wie viele Drucksachen aus der unendlichen Menge der heutigen Erzeugung sind denn überhaupt bestimmt, langsam und in Ruhe gelesen zu werden! Die meisten davon wollen wir nur überfliegen, denn wir haben wenig Zeit und wollen schnell orientiert sein. Ich möchte ganz besonders betonen, daß ich die Berechtigung dieser Forderung durchaus anerkenne. Von unseren praktischen Ansprüchen an Lesbarkeit und Deut lichkeit, die natürlich ganz andere sind wie bei den alten Meistern, wollen wir nichts aufgeben!«