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93° PAPIER-ZEITUNG Nr. 24 Tory gab ein Buch »Champ fleury« heraus, welches in seiner kostbaren Ausstattung, durch seine mannigfachen Initialen und Zierleisten, zur Zeit seines Erscheinens in Frankreich als Muster schöner Buchkunst galt. Gleichzeitig mit dem Druck entwickelt sich auch der Bucheinband. Ebenso wie der Blinddruck auf Leder aus dem Orient zu uns kam, wurde von dort auch eine weitere Verzierungsart, der Golddruck, mittels Handvergoldung auf dem Wege über Venedig in Europa allmählich bekannt. Schon die Einbände der früher erwähnten Aldinen zeigen Handvergoldung, und diese schöne Kunst wurde von den abendländischen Buchbindern schnell aufgenommen. In Frankreich lebten um diese Zeit wohl die meisten reichen Bücherfreunde, da das Sammeln kostbar ausgestatteter Bücher noch von der Zeit der Handschriften her unter dem Adel und den Fürsten gang und gäbe war. Selbst in dieser großen Gesellschaft von Bücherfreunden ragte durch den Geschmack und die Pracht seiner Einbände der französische Edelmann Jean Grolier hervor. Die Kalblederbände seiner Büchersammlung, die er sämtlich in eigenartiger Weise durch Handvergoldung verzieren ließ, bilden heute noch die Freude aller Kenner. Sie sind durch Bandwerk mit Arabesken geziert, und die noch vorhandenen etwa 300 Grolierbände, die in den Jahren von 1537—1567 entstanden, Bade Mecum für lusigt Leute ttklten tineammfungangenehmercherse •wiiger Einflt unb fpafhaftet brjet $iftotien cus den beften drifefteiters iuozmengnuet Sünfter heii mebe Zerfassers Ul imoz Kalebrrger jun. tiebrtidir ^nr<tc es, • oum ’i Bild 40. Chodowiecki, Titelblatt. 1783 stellen beinahe einen Stil für sich dar. Durch die prächtige und kostbare Ausstattung der Grolier-Einbände wurde Frankreich an die Spitze der zeitgenössischen Buch binderei gestellt, und da seine Könige, Franz I., Heinrich II., Heinrich 111. und Heinrich IV., sämtlich ihr Teil dazu bei trugen, die Bindekunst zu fördern, so hatten die Buch binder dauernd Gelegenheit, neue Formen für den äußeren Zierat des Buches zu erfinden und zu erproben. Der Bucheinband in Deutschland ist zu dieser Zeit noch überwiegend mit Schweinsleder bezogen. Die Blindpressung überwog bei Schweinsleder- und bei braunen Kalblederbänden und man verwandte zu ihrer Herstellung die schon längst aus anderen Gewerben bekannte Rolle. Aber außerdem wurden auch sorgfältig geschnittene Plattenstempel zu den drei- bis vierfachen Umrahmungen der Einbanddecken benutzt. Als einer der ersten deutschen Buchbinder, welcher Kalblederbände mit Handvergoldung ausstattete, ist der kurfürstliche Buch binder Krause in Dresden zu nennen, der für die Bücher sammlung des prachtliebenden Kurfürsten arbeitete. In den Niederlanden hatte inzwischen die Buchdrucker kunst in Christoph Plantin einen ihrer berühmtesten Vertreter gefunden. Er ließ sich die schönsten Typen, deren er habhaft werden konnte, aus Paris kommen, sodaß schon das ersteBuch, das er im Jahr 1555 in Antwerpen veröffentlichte, durch seine Schönheit Aufsehen erregte. Er wurde bald zum Hofbuchdrucker Philipps II. ernannt und druckte neben vielen anderen fremdsprachlichen Werken auch eine mehr sprachige Bibel in acht Bänden. Er starb 1589 und seine Druckerei wurde im gleichen Geist von seinen Erben jahr hundertelang fortgeführt, bis das ganze altertümliche Haus mit Druckerei und sonstigem Inhalt vom Staat zu einem Plantin-Museum umgeschaffen wurde, das heute noch ein getreues Abbild des Druckbetriebes aus dem sechzehnten Jahrhundert bietet. Plantin ging auch vom Holzschnitt zur Kupferstichillustration über, die sehr schnell Schule machte, trotzdem der verschiedenartige Druck in einem und dem selben Buch naturgemäß große Schwierigkeiten bereitete. Wohl sahen die in Kupfer gestochenen Leisten und Ver zierungen, die Titelkupfer mit großen Allegorien zierlicher aus als der gewohnte Holzschnitt, aber die Einheitlichkeit des Buches ging bei solcher Ausstattung unausbleiblich verloren. Erst als man später im achtzehnten Jahrhundert in Frankreich ganze Bücher mit Schrift und Bildern in Kupfer gravierte, war diese Einheitlichkeit wieder her gestellt. Für die Titelkupfer, die Plantin druckte, war sogar gelegentlich Rubens tätig; die schönsten Kupfer werke erschienen aber auf Veranlassung der prachtliebenden Könige Ludwig XIV., Ludwig XV. und Ludwig XVI. Von diesen großen Foliobüchern war eine ganze Reihe im Vor tragssaal ausgestellt, darunter das »Sacre de Louis XV.«. Die Büchertitel des französischen Rokoko sind sehr mannig faltig, und besonders in der Ausstattung der schönen Literatur bieten die Franzosen viele Beispiele von großer Anmut und Zierlichkeit, sodaß Frankreich im achtzehnten Jahrhundert für den Buchschmuck vorbildlich blieb. Das deutsche Buch der Barockzeit ist in der Mehrzahl fast schmucklos. Die als Illustrationen dienenden Kupferstiche tragen entsprechend dem ganzen Zeitgeschmack nüchternen und etwas sentimentalen Charakter. Einer der besten deutschen Künstler aus dieser Zeit, Daniel Chodowieczki, schuf viele Hunderte solcher Buchillustrationen, eine davon zeigt nebenstehendes Bild 40. Fortsetzung folgt. Tarifamt der Chemigraphen und Kupferdrucker Nach dem Geschäftsbericht für das Jahr 1908 fiel mit der Be endigung des Geschäftsjahres der Ablauf der ersten fünf Jahre Tarifgemeinschaft im chemigraphischen Gewerbe zusammen. Des halb wurde in Gehilfenversammlungen sowie in Prinzipalskreisen die Frage der Tarifrevision und der etwaigen Umgestaltung der Tariforganisation aufs Eifrigste besprochen. Der Wunsch nach Kündigung des Tarifs und der daraus sich ergebenden Auf lösung der Tarifgemeinschaft ist von keiner Seite geäußert worden. Der revidierte Tarif brachte u. a. Erhöhung des Lohn minimums, Einführung achtstündiger Arbeitszeit, Erhöhung der Ueberstunden-Entschädigung und einen besonderen Akkordtarif für Kupferdrucker. Ferner wurde einheitliche Maximal Kün digungsfrist von 14 Tagen festgesetzt; Ausnahmen sind für Spezialarbeiter zugelassen. Die Lehrlingsskala wurde so ge ändert, daß die Gehilfengruppen durch Angliederung weiterer Arbeitskräfte, die zwar bisher schon als Gehilfen galten, der Tarifgemeinschaft aber noch nicht angefügt waren, eine Er weiterung erfuhren. Der Tarifausschuß hat sich das Recht Vor behalten, je nach den Erfahrungen noch innerhalb der Tarif periode, und zwar gegen Ende des Jahres 1910, die Lehrlings skala zu ändern. Die Organisationen der Prinzipale und der Gehilfen hatten vereinbart, zwecks Beseitigung des Mangels an technischen Re tuscheuren eigene Fachschulen zu errichten, wodurch den Ge hilfenmitgliedern der Tarifgemeinschaft Gelegenheit geboten sein sollte, sich auf Kosten der beiden Organisationen die Fähig keiten eines technischen Retuscheurs zu erwerben. Im Vorjahr war dieser Einrichtung von Gehilfenseite starkes Mißtrauen ent gegengesetzt worden; der Verlauf der Verhandlungen im Tarif ausschuß hat jedoch gezeigt, daß die Gehilfenschaft sich In zwischen von der Zweckmäßigkeit dieser Einrichtung überzeugt hatte, und die Ausführungen der Gehilfenvertreter bewiesen, daß die zwei Schulen, die zurzeit eingerichtet sind, im all gemeinen schon über gute Ergebnisse zu berichten hatten. Die Einsetzung einer Prüfungskommission an jedem Kreis vorort wurde beschlossen. Diese Kommissionen haben die Pflicht, Beschwerden wegen Unterbietung der Preiskonvention zu untersuchen. Das Tarifamt hat sich durch Anstellung eines juristischen Vorsitzenden als rechtsprechende Behörde Im Sinne der Zivil prozeßordnung ausgestaltet. Nach Erhebungen des Tarifamts hat sich seit dem ersten Tarifjahr (1903) bis zum letzten (1908) die Zahl der chemi graphischen Anstalten von 75 auf 142 vermehrt, und ist die Ge hilfenzahl von 1006 auf 2239 gestiegen. Die Löhne der Gehilfen haben im Laufe der fünfjährigen Tarifperiode fast allgemein