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DAPIER-VERARBEITUNG ■ BUCHGEUERBEN.2- Anzeigen- und Plakatsteuer — abgelehnt Die Finanz- und Steuerkommission des Reichstages begann am 19. März die Beratung der Anzeigensteuer und führte sie in zweistündiger Sitzung zu Ende, mit dem Er gebnis der glatten Ablehnung dieser Steuer. Im einzelnen verlief die Beratung folgendermaßen: Ministerialdirektor Kühn behauptet, die Presse sei in diesem Falle nicht die Vertreterin der öffentlichen Meinung. Er beruft sich auf viele zustimmende Zuschriften und Preßstimmen, auch von manchen Handelskammern. Die Vorlage sei besser als ihr Ruf. Verbesserungsvorschläge nehme die Regierung gern ent gegen. Die Inserenten, nicht die Presse, sollen getroffen werden. Ein sozialdemokratischer Abgeordneter führte aus, die Sozial demokraten lehnen die Vorlage aus wirtschaftlichen und po litischen Gründen ab. Die Berechnung der verbündeten Re gierungen über das wahrscheinliche Ergebnis der Steuer sei viel zu hoch gegriffen. Ein freisinniger Abgeordneter meinte, die Steuer würde als Gewerbesteuer wirken. Viele Geschäfte, namentlich des Mittel standes, müßten schon aus Gründen wirtschaftlicher Selbst erhaltung anzeigen. Wie wenig volkstümlich diese Steuer sei, beweise die einmütige Ablehnung durch die Presse. Durch die Steuerstaffelung würde die Auflage der Zeitungen der Oeffent- lichkeit preisgegeben, und dadurch würden viele kleine Zei tungen ihre Anzeigenaufträge verlieren. Mit Recht werde die Steuer als Angriff auf die Unabhängigkeit der Presse aufgefaßt. Die Kontrollvorschriften können besonders in politisch erregten Zeiten zu Schikanierungen der mißliebigen Presse führen. ■Gegenüber der Regierungsbehauptung, daß die Anzeigen heute in der Hauptsache von zahlungsfähigen Kreisen ausgehen, wies der Redner nach, daß kaum 10 v. H. der Inserenten zu den so genannten Großinserenten, d. h. zu den kapitalkräftigen Kreisen gehören, daß also gerade die mittleren und kleineren Inserenten besonders nachteilig getroffen werden. Der Vertreter der Nationalliberalen faßt sich ganz kurz und ersucht auch die übrigen Mitglieder der Kommission, das zu tun, da doch gar keine Aussicht auf Annahme der Steuer sei. Die Kommission sollte sich sofort entscheiden, damit die Be unruhigung der betroffenen Industrien aufhöre. Ein Zentrumsabgeordneter beleuchtet die Nachteile der An- zeigensteuervom Standpunkt des Zeitungsverlegers aus undkommt gleichfalls zur vollständigen Ablehnung. Abwälzung der Steuer wäre der politischen Presse unmöglich. Ueber die Plakatsteuer sei man bei seinen politischen Freunden geteilter Meinung. Ob sich ein gangbarer Weg finden lassen werde, daraus etwa einige Millionen herauszuholen, lasse er dahingestellt. Ein Regierungsvertreter teilt hierauf Abänderungsvor schläge mit. Die wirtschaftliche Vereinigung lehnt die Vorlage ab. Auf Seiten der Reichspartei ist man bereit, im Interesse der Reichs finanzreform daran mitzuarbeiten, daß irgend etwas zustande kommt. Der Wortführer der Konservativen erklärt, daß seine Freunde der Vorlage im allgemeinen nicht ablehnend gegen überstehen, nach seiner Meinung sollte man alle Anzeigen unter 3 M. von der Steuer freilassen. Er tritt für eine Quittungssteuer für alle Barzahlungen von über 5 M. ein. Ein sozialdemokratischer Abgeordneter weist darauf hin, der Stadtrat in .Offenburg habe nachgewiesen, durch die Plakat steuer würde die Glasplakatindustrie vernichtet. Ein zweiter freisinniger Redner, der Führer der freisinnigen Volkspartei, wendet sich Insbesondere gegen die Plakatsteuer. Er legt dar, daß die in der Vorlage angeführten Gründe für diese Steuer unzutreffend und unhaltbar seien und eine welt fremde Auffassung über die Existenzbedingungen des Geschäfts lebens bekunden. Die Form der Steuer und die vorgeschiagenen Steuersätze führten zu den schwersten Unzuträglichkeiten und Härten, was Redner an der Hand verschiedener Plakate er- läutert. Die Wirkung der Plakatsteuer auf die chromolitho graphische Industrie, die infolge der ungünstigen Handels verträge ohnehin schwer zu kämpfen habe, wäre in hohem Maße schädlich; auch die Arbeiter, Steindrucker, Künstler, die in der Industrie beschäftigt werden, würden hart betroffen. Der Ertrag stehe in keinem Verhältnis zu den Mißhelligkeiten, Kontrollschnüffeleien und volkswirtschaftlichen Nachteilen, die sich aus der Plakatsteuer ergeben, zumal mit Sicherheit anzu nehmen sei, daß nicht 4,7 Millionen, wie die Regierung an nehme, sondern erheblich weniger sich ergeben würde. Die Vorlage sei verfehlt und müsse rundweg abgelehnt werden. Von freisinniger und nationalliberaler Seite wird der kon servative Vorschlag einer Quittungssteuer nachdrücklich bekämpft. Dann wird abgestimmt. § 1 der Vorlage wird gegen sechs Stimmen der Konservativen und der Reichspartei abgelehnt, dann der ganze Anzeigensteuergesetzentwurf. Zentrale für Bromsilberdruckpapier in Berlin Der im verflossenen Jahr eingetretene weitere Rückgang im Wirtschaftsleben hat sich nicht nur auf die Gebrauchswaren- Erzeugung, sondern noch mehr auf die Luxuswaren erstreckt. Auch die Hersteller von Bromsilber-Postkarten haben unter der wirtschaftlichen Ktisls schwer zu leiden. So ist es auch er klärlich, daß diejenigen Fabriken, die das Papier für diese Karten liefern, in eine ungünstige Lage geraten sind. In Verbraucherkreisen ist man allerdings über die Verhält nisse im Fach der photographischen Papiere zum größten Teil mangelhaft unterrichtet. Solch ein Fabrikant photographischer Papiere, so glaubt der Verbraucher, läßt einfach seine Maschine laufen und erzeugt nach bewährtem Rezept täglich einige tausend Meter Papiere, die er dann an die Händler verkauft. Abgesehen davon, daß die Erzeugung weniger einfach ist als man glaubt, ist auch der Verkauf bei der Ueberhäufung des Marktes nicht so einfach wie früher. An photographisches Papier, besonders an photographisches Rohpapier, werden so viele und hohe Anforderungen gestellt wie wohl kaum an eine andere Papiersorte, und nur in bezug auf den Preis stellt der Verbraucher gern möglichst geringe An forderungen. So sehr aber die Papierfabrikanten auch bemüht sind, den Wünschen der Verbraucher entgegenzukommen, in dem letzt erwähnten Punkt ist ihre Willfährigkeit an ihrem Ende angelangt. Die Papierpreise gingen immer mehr zurück, verkauft wurde zu jedem Preis. So wird Bromsilberpapier und besonders der für die Rotationsphotographie verwandte Bromsilberkarton In Rollen heute schon zum Selbstkostenpreis abgegeben. Das hat zur Folge ge habt, daß die Bromsilberdruckanstalten mit den Preisen für Post karten fortgesetzt hinuntergingen, und diese Erzeugnisse ganz erheblich entwertet wurden. Der Herstellungspreis für das Tausend Postkarten in Bromsilberdruck war früher 48 M. Seitdem jedoch die sogenannte Bromsilberkonvention sich aufgelöst hat, wurde der Preis auf 28 M. herabgesetzt, und auch dieser Preis Ist bereits unterboten worden. In den Kreisen der Postkartenfabrikanten herrscht daher schon lange das Bestreben, durch eine geeignete Vereinigung eine Besserung der Verhältnisse herbeizuführen. Diesem Wunsche sind nun die Hauptlieferanten für Bromsilberpapier nachgekommen, indem sie in Form einer Gesellschaft mit be schränkter Haftung mit einem Kapital von 30000 M. eine Ver kaufszentrale für Bromsilberkarton geschaffen haben. Die Begründer dieser neuen Verkaufsorganisation sind die Neue Photographische Gesellschaft, A.-G. in Steglitz-Berlin, die Vereinigten Fabriken Photographischer Papiere in Dresden und die General Paper Company, welch letztere Firma Vertreterin der beiden größten Fabriken für photographisches Rohpapier, der Firmen Blanchet freres et Kleber In Rives bei Grenoble und Steinbach & Co. in Malmedy bei Aachen, ist. Der Geschäfts betrieb dieser Photo-Zentrale G. m. b. H., die von den Herren Dr. Kylian und Schütze geleitet wird, erstreckt sich ausschließ lich auf Bromsilberkarton In Rollen und Postkarten und hat den Zweck, Besserung auf dem Markt In Bromsliberpapier und Brom silberkarton herbeizuführen. Die eigenen bekannten Marken der genannten Firmen — N. P. G.-Bromsilberpapier und Schwerter- Bromsilberpapier — bleiben erhalten und werden nach wie vor von den Firmen verkauft. Hoffentlich wird es dieser neuen Vereinigung gelingen, eine weitere Verschlechterung des Marktes zu verhindern. Fritz Hansen