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Nr. 20 PAPIER-ZEITUNG 77i Londoner Papiermarkt London, 2. März 1909 Der hiesige Handel beharrt mit beispielloser Hartnäckigkeit in den Gebieten des Tiefstandes. Woche reiht sich an Woche, ohne daß auch nur eine leise Aenderung zum Besseren sich verspürbar machte. Die Vertreter und Händler, denen man be gegnet, machen ihrem Unmut in Kernworten, die an Klarheit nichts zu wünschen übrig lassen, Luft. Ueberall liegt die ge schäftliche Tätigkeit gründlich darnieder; auch im Ausfuhr geschäft, welches für kurze Zeit Spuren neuer Belebtheit zeigte, ist es wieder ganz still geworden. Man wartet vergebens darauf, daß die häufig verheißene Hebung des geschäftlichen Lebens sich endlich erfü len möge. Inzwischen aber gehen die besten Monate der Geschäftszeit dahin, ohne daß sich ein Umschlag vollzieht, ja man hat nicht einmal das Gefühl, daß man einer besseren Zeit entgegengehe.' Gewöhnlich bringt ein Uebel gleich eine Zahl anderer Miß" stände und Nachteile mit sich, und so ist es nicht zu ver wundern, wenn bei der lang anhaltenden Flauheit die Geschäfts losigkeit von anderen Unannehmlichkeiten begleitet ist. Der Wenbewerb überbietet sich, um bei der Erlangung einer Be stellung erfoLreich zu sein. Ein über das andere Mal ist man dem unliebsamen Zwang ausgesetzt, bei den Fabriken auf niedrigere Preise zu drängen, um nicht ganz die Fühlung mit der Kundschaft zu verlieren. Dies geschieht »der Not gehorchend, nicht dem eignen Triebel« Abhilfe gibt es nicht, und zaudert man zu lange, so trägt man nur die Erfahrung davon, daß in zwischen ein Gegner das Geschäft bereits zum Abschluß ge bracht hat. Die Großhändler klagen über ungebührliche Anhäufung der Lagerbestände. Der Absatz ist nämlich für die gegenwärtige Geschäftszeit ungewöhnlich langsam und findet in so kleinen Posten statt, daß kaum ein Eindruck bemerkbar ist. Anderseits treffen neue Lieferungen unerwartet schnell ein, und die Waren müssen wegen Platzmangels in den Werftspeichern untergebracht werden. Die Folge ist, daß sich die Zahlungsverpflichtungen mehren, während von selten der Kunden, Druckereien sowohl wie Verbrauchern, verlängerte Kredite in Anspruch genommen werden — genügende Ursachen, um die Lust am Geschäft nicht zu erhöhen. In den Preisen scheint es ganz nach Willkür zuzugehen. Zellstoffpapiere sind wie bittere Medizin im Markt; die Preise gehen unbarmherzig hernieder, man scheut sich fast Einkäufe vorzunehmen, weil ein paar Tage später wiederum ein günstigeres Angebot vorllegt. Besonders hart sind die einseitig glatten Einwickel Seiden, weiß und farbig, betroffen und danach andere Gattungen von Einschlagpapieren, wie Pergamentersatz, Skip- und Sealingpapiere. Die Preise von Dünndruckpapleren von 45gqm haben gleichfalls, wenn auch nicht in so starkem Grade, Einbuße erlitten und stehen jetzt um volle 5 v. H. niedriger als am Ende letzten Jahres. Bel holzschlifthaltlgen Papieren macht sich ein auffallender Widerspruch in der Preisbewegung wahrnehmbar. Die Pack papiere dieser Art sind fest im Preis, wogegen die ordinären Druckpapiere den äußersten Tiefstand erreicht haben. Eine Er klärung hierfür kann nur in dem ungünstigen Verhältnis der Nachfrage zum Angebot gefunden werden. Sorten, die bisher dem vernichtenden Treiben des Wett bewerbs ferngelegen haben, werden langsam mit ins Verderben gezogen; hierzu gehören die besseren Seiden- und Kopierpapiere und neuerdings auch das sogenannte Porceiaine- oder Opaiine- Pergament, welches letzthin zu einem stark umworbenen Streit objekt zweier gegnerischer Fabriken geworden ist. Es ist erklärlich, daß bei solchen Zuständen die herrschende Stimmung unter den Fachgenossen mißmutig und gedrückt Ist. Ein jeder denkt mit Bestimmtheit, daß die Besserung nicht länger auf sich warten lassen kann, aber es ist zu fürchten, daß hier der Wunsch des Gedankens Vater ist. A Irreführendes Wasserzeichen. Eine ungarische Papierfabrik hat mit ungarischem Wasserzeichen versehenes Papier aus Oesterreich eingetührt. Von solchem Papier wurden jüngst einige Waggone auf der Bahn beschlagnahmt. Die Untersuchung seitens des ungarischen Handelsministeriums wurde eingeleitet. (Papier- und Schreibwaren-Ztg., Wien) Unfälle in finnischen Papierfabriken. Nach der Industrie leitung in Finland entfielen aut die Papier- und Papierstoff- rabnken auf 1000 Arbeiter in 1903: 30,6, in 1904: 30,0, in 1905: 244 Uniälle. Die Unfallbäufigkeit ist also gesunken und ist In der Sägewerkindustrie (welche zusammen mit der Papier- und derTextlindustrie die giötte Anzahl gewerblicher Arbeiter im —ande beschäftigt) weit größer (1903: 45,0, 1904: 407, 1905: 42,6). bg. Verein amerikanischer Papiergroßhändler Dieser Verein hielt am 4. Februar, also am gleichen Tage wie der Verein amerikanischer Papierfabrikanten, seine Jahresversammlung gleichfalls im Waldorf - Astoria- Hotel zu New York ab. Der Verein besteht schon 5 Jahre, hat eine Anzahl Zweigvereine und beschäftigt auch einen bezahlten Geschäftsführer. Der Vorsitzende W. F. McQuillen betonte in seiner Eröffnungsrede, Hauptziel des Vereins sei, daß die Mitglieder mit denjenigen Papierfabrikanten arbeiten, welche die Bestrebungen des Vereins unter stützen, und diejenigen fallen lassen, welche den Verein nicht begünstigen. Schriftführer Thomas F. Smith be fürwortete, daß die unterschiedliche Behandlung der Kunden seitens der Papierfabrikanten aufhören möge. Er erklärte dies wie folgt: 90 v. H. des in den V. St. A. erzeugten Papiers wird durch Großhändler vertrieben. Aber selbst angenommen, es wären nur 75 V. H., so sind sie doch die Abnehmer der überwiegenden Menge allen erzeugten Papiers. Dies beweist, daß der Groß händler fähig ist, eine große Menge von Waren verschiedener Art in kleinen Mengen abzusetzen, wodurch er für die Papier fabrikanten unentbehrlich ist. Trotzdem verkaufen einige Fabriken unmittelbar an einige ihnen erwünschte Drucker oder Verbraucher und versuchen dabei auch an den Großhändler in derselben Stadt zu verkaufen. Gelingt ihnen dieses Doppel spiel, so muß der kleine Drucker, der vom Großhändler kauft, seine Ware teuerer bezahlen als sein größerer Mitbewerber, der unmittelbar von der Fabrik kauft. Da die kleinen Großhändler- Kunden in ihrer Gesamtheit mindestens 75 v. H. des gesamten Papiers, die größern, unmittelbar von der Fabrik kaufenden Kunden aber kaum 25 v. H des gesamten Papiers verbrauchen, so ist die Klasse mit dem größeren Verbrauch schlechter ge stellt als die Klasse mit dem kleineren Verbrauch. Dies ist un gerecht und muß beseitigt werden. Die Fabriken sollten auch bedenken, daß durch unmittelbaren Verkauf an den Verbraucher oder durch Verkauf unter Vermittlung des Agenten kein Mehr verbrauch an Papier erzielt werden kann, daß vielmehr dieser Verbrauch nur andere Wege geht. Redner bezeichnet die jenigen Fabrikanten, die stolz darauf sind, daß sie den Groß händler umgehen, und die den Fabrikanten, der mit Groß händlern arbeitet, schädigen, als »herzlose und ruchlose Geier«. Ihre Unanständigkeit und ihr seeräuberischer Wettbewerb sollten von der kaufmännischen Schiefertafel für immer ausgewischt werden, und ihr Grabstein sollte die wenigen und einfachen Worte tragen: »Der Geier, vergangen, aber nicht vergessen.« Aus dem Bericht des Geschäftsführers geht hervor, daß die Mitgliederzahl seit dem Vorjahr von 172 auf 183 ge stiegen ist Die verschiedenen Zweigvereine haben folgende Mitgliederzahl: Stadt New York 46, Neuenglandstaaten 26, Westliche Staaten 25, Mittel-Staaten 23, Stadt Philadelphia 20, Staat New York (außer der Stadt) 20, Stadt Baltimore 12, Nord westliche Staaten 11. Der Geschäftsführer hat mehreren Versammlungen der Zweigvereine beigewohnt und stellt fest, daß das Interesse der Mitglieder am Verein gestiegen ist. Die Verhandlungen mit den Papierfabrikanten haben bereits gute Erfolge ge zeitigt Die Frage der Tara für Packstricke wird geregelt werden, sobald eine Vereinbarung mit den Packstrick fabrikanten zustande gekommen sein wird Die Händler mit Packpapier haben sich den Vereinsbestrebungen bisher wenig angeschlossen. Der aus dem Vorsitzenden, seinen 2 Stellvertretern, dem Schriftführer und dem Schatzmeister bestehende »aus führende Ausschuß« empfiehlt nun folgende Beschlüsse zur Annahme: 1 . Der Verein ersucht die Fabrikanten von Geschäftsbücher papier, einen Verkaufspreis festzulegen, zu welchem die Groß händler die Sekundaware verkaufen sollen, ähnlich wie für Primaware bereits ein Preis festgelegt ist. 2 Es sollen ständige Ausschüsse eingesetzt werden, bestehend aus je einem Mitglied jedes Zweigvereins, um die Interessen der Großhändler in folgenden Papfersoiten zu vertreten: Urkunden-, Bücher-, Schreib-, Lösch-, Geschäftsbuch-, Pack-, Zeitungs-, gestrichenes Papier, Pappe, Umschlagpapier, Briefhüiien. 3 Der Vorsitzende ernennt einen Leiter für jeden dieser Ausschüsse, und der Leiter ist ermächtigt, die andern Mitglieder des Ausschusses auszuwählen. Diese Beschlüsse werden angenommen. Nunmehr wurden die Berichte der einzelnen Zweigvereine verlesen. Die Berichterstatter begnügten sich nicht mit der Auf zählung der Ereignisse in ihrem Verein, sondern hielten auch Vorträge.