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PAPIER-ZEITUNG 737 Leipzig. Typographische Bereinigung. Neben der einheitlichen Linlenbildstärke hatte die Technische Kommission auch der einheitlichen Plattenstrke ihr Interesse zugewendet und in der letzten Sitzung berichtete Herr Otto Neubert. Bereits vor zwei Jahren hatte die hiesige Typographische Gesellschaft in Leipzig eine Kommission eingesetzt, auf Grund eines an maßgebende Schriftgießereien, Stereotypie- und galvanoplastische Anstalten versandten Fragebogens mit den besten Vorschlägen an die Oeffentlichkeit zu treten. Die Vorschläge der Berliner Typo graphischen Gesellschaft, für alle Platten, die auf der Buchdruck presse verwendet werden sollen, eine Einheitsstärke von 9 Punkten einzuführen, berücksichtigen nicht, daß bei größeren Stereotypien, z. B. Tabellen, häufig Platten brechen würden. Beim Plattendruck in der Tiegeldruckpresse würde bei nicht genügend tiefer Aussparung das Fleisch einfach schmieren. Anderseits sind aber geätzte Platten, Zink, Kupfer, Messing usw., bei g Punkten Höhe wesentlich teurer als bisher. Nach Wür digung aller dieser Umstände kam man dazu, sich der Forderung der L. T. G. anzuschließen. Diese besagt, daß das Füllmaterial 51 Punkte und dte Plattenstärke 112/s Punkte betragen soll. Wo aus Sparsamkeitsrücksichten in Werkdruckereien bei kleineren kompressen Kolumnen geringere Plattenstärke als 112 3 Punkte genügt, da ist es dem Drucker leicht, zur Erzielung der Normal höhe eine entsprechend starke Zinkplatte unter die Form zu legen, bei einem Untermaterial von 51 Punkten. Bel dieser Gelegenheit wurde auch über die als Unterlagen für Klischees dienenden Hölzer diskutiert und das welche Ma hagoniholz für ungeeignet erklärt. Harte, gut ausgetrocknete Hölzer ersparen viel Zeitverlust bei der Zurichtung, wenn nicht von Eisenfuß gedruckt werden kann. Unter Vereinsangelegenheiten konnte bekannt gegeben werden, daß 100 M. für Erweiterung der Bibliothek ausgeworfen sind. Ferner nahm man dankend Kenntnis von dem Eingang einer Mustersammlung unsatinierter holzfreier und mittelfeiner Werkdruckpapiere der Papiergroßhandlang Ed. Obst, Leipzig F. Z. Herr Dr. Viktor Pohlmeyer aus Berlin sprach kürzlich über »Die Handwerkerfrage und das Kunstgewerbe«. An Hand reichen Materials entwickelte der Redner die Gründe für den Niedergang des Handwerks. Seit dem 30jährigen Kriege läßt sich ein steter Rückgang des Handwerks verfolgen. Buchbinder, Uhrmacher, Klempner usw. beziehen heute einzelne Teile oder auch fertige Waren aus der Fabrik und sind in der Hauptsache auf Repara turen oder den Ertrag ihrer Verkaufsläden angewiesen. In jeder neuen Maschine er wächst dem Hand werk ein neuer Feind, und hierzu gesellt sich das Großkapital, dem der kleine Handwerksmeister nicht gewachsen ist. Zu diesen von außen auf das Handwerk einstürmenden Gewalten kommen Schwierigkeiten, an denen vielfach das Handwerk selbst schuld ist. Buchführung, Rech nungserteilung und Kassenwesen liegen oft im Argen, sodaß da durch der Zusammenbruch herbeigeführt wird. Hebung des Handwerks sei vor allen Dingen durch Besserung des Kredit wesens und durch Ausbau der Fortbildungs-, Fach- und Zeichen schulen möglich. Ein weiterer Schritt zur Hebung des Hand werks ist die Entwicklung des Kunsthandwerks. Schönheits- und Kunstsinn müsse in weiteren Kreisen gehoben werden, wozu in erster Linie die Gewerbeausstellungen berufen seien. Mit einem Ausblick auf Amerika schloß der Redner seinen Vor trag, der mit lebhaftem Beifall aufgenommen wurde. Im Anschluß berichtete der Vorsitzende über die kom binierte Sitzung mit dem Vorstand des Deutschen Buchgewerbe vereins und den Petenten in Sachen der v. Weißenbach’schen Sammlungen. Die anfänglich vorhandenen Gründe, welche Uebernahme durch den Buchgewerbeverein als aussichtslos er scheinen ließen, sind jetzt soweit behoben, daß eine Ueber- siedelung der wertvollen Sammlungen nach einer anderen deut schen Stadt ausgeschlossen erscheint. F. Z. Unfälle in Berliner Druckereien. In einer Berliner Zeitungs- druckerei versuchte der Hilfsarbeiter J. das Papier an der Rotationsmaschine mit der Hand einzuiühren, ohne sich des von der Betriebsleiung vorgeschriebenen Holzspanes zu be dienen. Er geriet dabei mit der rechten Hand zwischen Druck- und Plattenzylinder und erlitt eine schwere Verletzung der Hand. In der Buchdruckerei S. wollte der Druckerlehrling T. einen Briefumschlag unter der Libertypresse wegnehmen. Er schaltete die Maschine aus, wartete aber deren Stillstand nicht ab und wurde am linken Arm zwischen heruntergehendem Fundament nnd Seitengestell gequetscht. Durch Quetschungen der rechten Hand zwischen Tiegel und Druckform einer Tiegel druckpresse wurden in der Buchdruckerei von Z. der Lehr ling B. und in der Buchdruckerei von K. der Druckerlehrling B. verletzt. In beiden Fällen war die vorgeschriebene Finger schutzvorrichtung vorhanden und der Unfall wurde durch Hin- übergreifen über den Schutzbügel v» ranlaßt. Junge Leute sollten erst nach gewissenhafter Anleitung und unter strenger Ver mahnung und dauernder Beaufsichtigung an mit Elementarkraft betriebenen Tiegeldruckpressen beschäftigt werden. In einer Berliner Druckerei, die mit 50 Tiegeldruckpressen arbeitet, sind im Laufe der Jahre nur ganz vereinzelt Unfälle an diesen Ma schinen vorgekommen. Dort werden Arbeiterinnen und junge Leute bei ihrem Eintritt erst einige Zeit mit andern Arbeiten beschäftigt, dann werden sie unter Anleitung eines Maschinen meisters an einem nur 500—700 Druck die Stunde leistenden Tiegel angelernt, jeden Tag einige Stunden, anfangs ohne daß eine Form sich im Tiegel befindet. Erst wenn sie Sicherheit In der Bedienung der Maschine erlangt haben, werden sie voll beschäftigt. Alle Tiegeldruckerinnen werden im eigenen Be triebe herangebildet; solche Mädchen, die für die Arbeit nicht geeignet erscheinen und beim Anlegen nicht die nötige Ruhe bewahren, werden gleich in den ersten Tagen entlassen oder in der Buchbinderei beschäftigt. Eine gute Anlegerin muß ab- nehmen und einlegen, während der Tiegel sich öffnet, sodaß sie beim Zurückgehen nicht in Gefahr geraten kann. —u— Ueber die Verbreitung der Sprachen macht Dr. F. Winterstein in seinem Buche »Die Verkehrssprachen der Erde« interessante Angaben, denen das Nachstehende entnommen ist. Unter den für den Weltverkehr in Betracht kommenden Sprachen steht das Englische an erster Stelle, denn es wird von 200 Millionen Menschen gesprochen. Es folgt mit großem Abstande das Deutsche (Hochdeutsch), das von 87 Millionen Menschen als Mattersprache gesprochen wird, während das Einflußgebiet der deutschen Sprache sich über roo Millionen Menschen erstreckt. Im einzelnen sprechen Hochdeutsch als Mattersprache: im Deutschen Reiche 58 Millionen, in Oesterreich 10 Millionen, in Ungarn 2,2 Millionen, in der Schweiz ebensoviel, in Luxemburg 0,3 Millionen, in Rußland, einschließlich Finland, 2,0 Millionen uud im übrigen Europa noch 1,8 Millionen Menschen. Dazu kommen noch 12 Millionen in Amerika und in Asien, Australien und Afrika zusammen noch 0,5 Millionen Menschen, deren Mattersprache das Deutsche ist. Die niederdeutsche Sprache (Holländisch und Vlämiscb) wird von 9 Millionen Menschen gesprochen, davon 5 Millionen in Holland, 3,5 Millionen in Belgien und 0,5 Millionen in Südafrika, Indien und Südamerika. An dritter Steile erst folgt das Französische, das von 47 Millionen Menschen als Muttersprache gesprochen wird. Spanisch sprechen 45 Millionen Menschen und Portugiesisch 22 Millionen. Damit sind die Sprachen, die im großen Maßstabe dem Weltverkehr dienen, die eigentlichen Verkehrssprachen, erschöpft. Die chi nesische Sprache, die am meisten verbreitete überhaupt, kann trotz ihrer 400 Millionen Anhänger ebensowenig als Verkehrs sprache angesehen werden wie das Rassische, das von 100 Mil lionen Menschen gesprochen wird. Weitere 100 Millionen sprechen Hindustanisch, 55 Millionen Menschen bedienen sich des Arabischen, und 46 Millionen gebrauchen die japanische Sprache. Italienisch wird von 38 Millionen Menschen gesprochen und das Türkische von 33 Millionen. (Prometheus) Büchertisch Des Volkes Lieblingsbücher. Preis jeder Nummer 10 Pf. Nrn. 1—12. Mohr sehe Verlagsbuchhandlung, Dessau. Am meisten ziehen bei Schundbüchern die grausigen farbigen Umschlagbilder mit entsprechenden Titeln an. Sie verlocken die jugendlichen und literarisch Ungebildeten zumeist zum Kauf, wenn die Bücher in den Schaufenstern hängen. Wenn man also den Schund bekämpfen will, muß man dem Volke äußerlich Aehnliches bieten und es so unvermerkt zu Besserem hinziehen. Die Mohr'sche Verlagsbuchhandlung in Dessau (Dr. Adrian Mohr) hat diesen Gedanken aufgegriffen und gibt in obiger Heftsamm lung teils literarisch Gates, teils Annehmbares, jedenfalls aber durchweg unendlich viel Besseres, als die Sherlock Holmes und Nick Carter-Hefte, die so viel Verbrechen zeitigen. Die ersten 12 Hefte enthalten folgendes: Nr. 1: Der tote Chaussee- Einnehmer und Die Pappe, zwei unheimliche Geschichten von Friedlich Gerstäcker. Nr. 2: Das Majorat, Erzählung von E. T. A. Hoffmann und Das Gespensterschiff, Erzählung von Wilhelm Häuft. Nr. 3: Jud Süß, Novelle von Wilhelm Hauff. Nr. 4: Das Fräulein von Scuderi, eine Erzählung aas dem Zeitalter Ludwigs XIV., von Wilhelm Hauff. Nr. 5: Eine dunkle Tat nach alten Akten erzählt von Hans Blum. Nr. 6: Der große Räuber hauptmann Ignaz Denner, Erzählung von E. T. A. Hoffmann. Nr. 7: Die Tat der Johannisnacht, Erzählung von Hans Blum. Nr. 8: Die Vision von Friedrich Gerstäcker. Nr. 9: Meister Martin der Küfner und seine Gesellen von E. T. A. Hoffmann. Nr. 10: Der Pirat von Capt. Marryat. Nr. 11: Othello von W. Hauff. Nr. 12: Germelshausen von Fr. Gerstäcker. Die farbigen Büch ertitel lassen an Sensationsmache nichts zu wünschen übrig, zeichnen sich aber dabei durch stilgerechte künstlerische Ausführung aus. Es ist ja beklagenswert, daß gute Bücher auf derartige Weise unters Volk gebracht werden müssen, aber im Kampfe gegen solche Gegner, wie es die Verleger der Volks- vergütenden Schundliteratur sind, muß auch dieses Mittel vor läufig recht sein. Daß diese Bücher mit der echten Schund literatur verwechselt werden, ist ja die Absicht der Verleger.