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PAPIER-ZEITUNG 723 Selbstherstellung elektrischen Lichtstroms. Wind als Kraftquelle 9810. Frage: Ihren Artikel »Gas oder elektr. Licht« in Nr. 9 der Papler-Zeitung« habe ich mit großem Interesse ge lesen, da ich zur Beleuchtung meiner sämtlichen Geschäftsräume ausschließlich elektr. Licht benutze. Wie im erwähnten Artikel richtig bemerkt wird, sind nicht nur der Preis, sondern auch die Annehmlichkeiten bei einer solchen Anlage zu berück sichtigen. So ist jeder Raum auch in der Dunkelheit sofort ver fügbar, ohne erst eine Flamme in langweiliger und umständ licher Weise wie bei Gas oder Petroleum anzünden zu müssen. Die Feuergefährlichkeit Ist bedeutend geringer, was im Papier fach von größter Wichtigkeit Ist. Dagegen erscheinen mir die Kosten trotz aller Sparsamkeit recht hoch, und ich bin schon auf den Gedanken gekommen, eine eigene Anlage zur Erzeugung des nötigen Stromes zu schaffen. In meinem Betriebe, bestehend aus großem Laden, aus gedehnten Niederlagsräumen, Kontor, Privatkontor und Pack raum habe ich etwa 130 Osramlampen in Gebrauch, von denen etwa die Hälfte dauernd, die andere dagegen nur zeitweilig brennt. Für den Strom bezahle ich Im Jahr etwas über 2000 M. Würde sich bei diesem Verbrauch eine eigene Anlage, für welche geeigneter Raum Im Erdgeschoß vorhanden ist, lohnen und welches dürfte die geeignetste Antriebskraft sein? Als solche wurde mir die Anlage eines Windmotors auf dem Dache des hoch gelegenen Seitengebäudes empfohlen, doch zweifle ich an der Zuverlässigkeit desselben. Für Auskünfte aus eigener Er- fah’ung wäre ich sehr dankbar. Antwort einer Fabrik für elektrische Anlagen: Wir halten für die geschilderten Verhältnisse die Erzeugung der nicht unbedeutenden elektrischen Energie durch ein Windkraft- Elektrizitätswerk nicht für empfehlenswert. Es dürfte schwer sein, einen Windmotor der erforder lichen Leistung auf das Dach eines Geschäftshauses zu setzen; ferner aber müßte zur Vermeidung von Betriebs störungen in den gewerblichen Anlagen bei gelegentlichem Ausbleiben des Windes sowieso eine Ersatzanlage beschafft werden, zum Beispiel durch Aufstellen eines Benzin- oder Gasmotors. Durch diese von vornherein doppelte Anlage ergeben sich aber gewisse Verwicklungen, und es läßt sich nicht vorhersagen, wie das Gesamtergebnis in bezug auf die Wirtschaftlichkeit sich stellt, wenn eine derart ver wickelte Anlage nach kaufmännischen Gesichtspunkten verzinst und amortisiert wird. Siemens-Schuckertwerke G. m. b. H., Berlin SW Postkarten nach fremden Bildnisphotographien 9811. Frage: An die Mitglieder einer Künstlergesellschaft richtete ich ein Rundschreiben, in dem ich um Photographien der einzelnen Künstler ersuchte, die zu Ansichtspostkarten ver wendet werden sollten. In dem Rundschreiben gebrauchte ich nachstehenden Satz: »Ich setze voraus, daß der Photograph, der Ihre Aufnahme gemacht hat, das Vervielfältigungsrecht nicht für sich bedingt hat.« Ich erhielt 29 Photographien gegen mäßige Vergütigung (je 10 Pflichtexemplare). Nachdem ich die Postkarten ausgestellt hatte, wird mir eine Klage zugestellt, in der ein Photograph behauptet, daß er bei 6 Bildern das Ver vielfältigungsrecht für sich bedingt bat. Ich habe die Bilder von den Künstlern in dem Glauben angenommen, daß sie das Vervielfältigungsrecht nicht dem Photographen überlassen hatten. Hat ein Künstler das Recht, eine Photographie, für die er die Aufnahme bezahlt hat, einem andern zur Vervielfältigung zu überlassen? Hätte er auch dann nicht dieses Recht, wenn der Photograph ihm die Aufnahme umsonst oder gegen ein Frei exemplar gemacht hat? Antwort: Nach dem seit 11/2 Jahren geltenden neuen Kunstschutzgesetz besitzt der Photograph für jede von ihm gemachte Aufnahme 10 Jahre lang das Urheberrecht. Wenn also jemand sein photographisches Bildnis vervielfältigen lassen will, so muß er hierzu die Einwilligung des Photo graphen erwerben, der die Aufnahme gemacht hat. Der Photograph braucht demnach das Vervielfältigungsrecht nicht erst für sich zu bedingen. Der klagende Photograph befindet sich somit im Recht. Vertrauens-Mißbrauch 9812. Frage: Ich bestellte durch den Vertreter einer Zink gußwarenfabrik einen Beschwerer, einen Brunnen hiesiger Stadt darstellend, unter der abgemachten und eigentlich auch wohl selbstverständlichen Bedingung, den Alleinverkauf zu haben, wenn ich die Modellkosten trage. Ich übernahm und bezahlte die mir vom Vertreter genannten Modellkosten, und somit haben die Lieferanten doch nur an mich zu liefert!, denn ich brauche wohl dem Fabrikanten keine Modelle zu bezahlen, damit dieser dann liefern kann, wem er will. Ich bezog bis jetzt 3—4 dz und erfahre nun, daß der Fabrikant einem Konkurrenten von mir hier zu gleichem Preise geliefert hat, ohne mein Wissen. Mein Konkurrent kann billiger verkaufen und tut es auch, da er mit Modellkosten nicht zu rechnen hat. Inwieweit kann ich Schadenersatz verlangen? Antwort: Nach § 826 BGB ist derjenige schadenersatz pflichtig, der einem andern absichtlich in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise Schaden zufügt. Nun verstößt es aber unseres Erachtens gegen die guten Sitten, wenn ein Fabrikant in der oben geschilderten Weise seinen Kunden benachteiligt. Fragesteller kann also vom Fabri kanten Schadenersatz nötigenfalls auch auf gerichtlichem Wege fordern. Reisender auf Probe 9813. Frage : Auf eine Anzeige in der Papier-Zeitung mel dete sich als Reisender ein Herr P. aus L., welcher sich erbot, eine Probereise gegen feste Tagesspesen und Umsatzprovision zu machen. Ich bewilligte die geforderten Tagesspesen und er klärte mich mit der Probetour einverstanden, wenn er darauf einginge, daß ich, falls seine Erfolge nicht befriedigten, ihn jederzeit zurückrufen könne und er in diesem Fall nur Anspruch auf Spesen für die Tage habe, an welchen er mit meiner Er laubnis reise; für den Besuch seiner Kundschaft in seinem Wohnsitz L. habe er ohne Spesen gegen einen vereinbarten höheren Provisionssatz zu reisen. Mit diesen Bedingungen er klärte sich P. einverstanden, und ich übergab ihm einen Spesen vorschuß. Da nun P. in den ersten 6 Tagen auch nicht einen Auftrag erhielt, rief ich ihn ab, berechnete Spesen für 6 Tage und forderte den Rest, 40 M., zurück. P. behauptet, daß er ein Recht auf eine 4wöchige Probezeit habe; obwohl ich anderer Ansicht bin, habe ich ihm die Muster überlassen, um ihm Ge legenheit zu geben, in L. gegen Provision zu arbeiten, doch höre und sehe ich nichts von seiner Tätigkeit. P. weigert sieb, die 40 M. zurückzuzahlen und ich will nun die Klage einreichen. Ich bitte um Ihre Ansicht über den Ausgang und um Mitteilung, ob ich die Klage bei dem hiesigen oder dem K. Gericht in L. einreichen muß. Antwort eines sachkundigen Mitarbeiters: Das Handels gesetzbuch kennt keine Anstellung zur Probe, daher kommen die allgemeinen Vorschriften für ein Dienstverhältnis in Frage. Bei der Anstellung des Reisenden wurde keine be stimmte Dauer des Dienstverhältnisses vereinbart, der Ge schäftsherr behielt sich nur vor, den Reisenden bei un befriedigenden Leistungen zurückzurufen. Das Dienst verhältnis gilt demzufolge für unbestimmte Zeit. Da nichts über eine Kündigungsfrist vereinbart worden ist, so kann nur für den Schluß eines Kalendervierteljahrs unter Ein haltung einer Kündigungsfrist von 6 Wochen gekündigt werden. Da auch über das Gehalt nichts vereinbart worden ist, so hat der Reisende die dem Ortsgebraucb entsprechende Vergütung zu empfangen oder wenn ein solcher fehlt, eine »den Umständen nach angemessene Vergütung.« Der Gescbäftsherr kann also, wenn der Reisende darauf Anspruch erhebt, genötigt sein, bis zum 31. März 1909 Ge halt zu zahlen, muß aber noch rechtzeitig kündigen, falls es noch nicht in genügender Form geschehen ist. Vielleicht liegt ein wichtiger Grund vor, der den Geschäftsherrn be rechtigt, das Dienstverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist aufzulösen, nämlich wenn der Reisende seinen Dienstpflichten nicht nachkommt. Ob dieser Fall vorliegt, geht aus der Anfrage nicht hervor. Bei der Ent scheidung kommt ja auch noch in Frage, ob der Gehilfe nicht durch die Verweigerung weiterer Vorschüsse, also durch die Schuld des Prinzipals außerstande ist, seinen Dienst zu tun. Wenn der Prinzipal den Reisenden zurück ruft und ihn nicht reisen läßt, so hat er ihm zu ersetzen, was er von den Reisespesen zu seinem Unterhalt ge brauchte. Eine Klage bietet keine Aussicht auf Erfolg. Zuständig ist das Kaufmannsgericht des Ortes, wo die Leistung zu erfüllen war, hier offenbar der Ort, in dem sich die Handelsniederlassung des Kaufmanns befindet. Am besten ist es, sich mit dem Reisenden zu vergleichen, vielleicht auf der Grundlage, daß er mit dem Rest von 40 M. zufrieden ist. Bei einer Probeanstellung sollte immer ein Dienstvertrag auf eine bestimmte Zeit, einen, zwei oder drei Monate abgeschlossen werden Man kann für die Zeit der Probe auch eine monatliche Kündigungsfrist verein baren.