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Nr. 14 PAPIER-ZEITUNG 519 Verein der Zellstoff- und Papier-Chemiker Zum Mitglieder-Verzeichnis S. Nr. 12 S. 434 Als Mitglied hat sich gemeldet: Freiberger Papierfabrik zu IVeißenborn in Weißenborn, Erzgebirge. Mitgliederzahl: 174. Unser Mitglied, Herr Direktor Gustav Schacht, verlegte seinen Wohnsitz von Altdamm bei Stettin nach Raths- Damnitz. * * * Hauptversammlung am 23. und 24. November 1908 im Papierhaus zu Berlin Stenographisches Protokoll der Verhandlungen Fortsetzung zu Nr. n Vorsitzender: Indem ich Herrn Prof. Schwalbe unseren besten Dank ausspreche, eröffne ich die Aussprache Ober den hoch fesselnden Vortrag. Aussprache über den Vortrag des Herrn ProJ. Dr. Carl C. Schwalbe, Darmstadt, über -^Die Chemie der Hydratcellulosen* Dr. Vieweg: Zur Mitteilung des Herrn Prof. Schwalbe, wo nach seine Methode zur Hydratbestimmung allein den Vorzug hätte, unabhängig zu sein von der physikalischen Beschaffenheit der Zellulosen und einer event. Absorption, möchte ich be merken, daß meine Bestimmung des Mercerisationsgrades mit Hilfe 2proz. Natronlauge von der Oberflächenbeschaffenheit der zu untersuchenden Zellulose völlig unbeeinflußt ist: ob die Baumwolle vorher erwärmt wurde, ob das Zellulosehydrat in gelatinösem Zustand oder in getrocknetem, hornartigem sich findet, ist ganz gleichgiltig. Die Methode arbeitet in allen Fällen gleich exakt. Knecht bat gefunden, daß mercerisierte Baumwolle ver schiedene Mengen Benzopurpurins aufnimmt, je nachdem die mercerisierte Baumwolle bei 100° oder bei gewöhnlicher Tem peratur getrocknet war. Die Aufnahme von Benzopurpurin beruht auf einem Färbe prozeß, der als physikalischer Vorgang durchaus von der Ober- ilächenbeschaffenheit der zu färbenden Zellulose abhängig ist. Deshalb scheint mir diese Methode von Knecht zur Bestimmung des Hydratzustandes der Zellulosen nicht ausreichend zu sein, weil sie nicht Rücksicht darauf nimmt, daß die Hydratzustände chemischer Natur, die Färbungen aber physikalischer Natur sind. Beziehen sich die Konzentrationssteigerungen nur auf 24 Grad und auf gewöhnliche Temperatur? Prof. Dr. Schwalbe: Es geht aus den Zahlen, die ich vor gelesen habe, hervor, daß die Steigerung anhält bis auf 24 V. H., erst bei 40 v. H. zeigt sich diese kleine Abnahme, über deren Ursache ich mir noch weitere Untersuchungen vorbehalten möchte. Aber die Steigerung bis 24 v. H ist ganz scharf; da glaube ich sicher, daß ein experimenteller Fehler ausgeschlossen ist. Wir haben über die Mercerisatlon mit 4oprozentiger Natron lauge die schöne Untersuchung von Hübner und Pope, und Prof. Hübner hat darauf aufmerksam gemacht, daß wir eigentlich schlecht mit dieser hochgradigen Natronlauge mercerisieren können, denn beim Auswaschen verdünnen wir die Natronlauge wieder auf geringere Grade, und da wird ein Zustand herbei geführt, der gerade so ist, als ob wir eine 24 prozentige Lauge angewendet hätten. Also es kann schon in der Anwendung von 4oprozentfger Natronlauge der Fehler verborgen liegen, man wird bei dieser Konzentration mit ganz besonderen experi mentellen Vorsichtsmaßregeln arbeiten müssen. Ich erinnere nur an das von Herrn Prof. Hübner vorgeschlagene Auswaschen mit Alkohol, um die Laugen Verdünnung zu vermeiden. Dr. Hans Hofmann: Herr Prof. Schwalbe hat angeführt, Herr Cross habe geäußert, beim Totmahlen entstände hydrati sierte Zellulose. Ich habe mich mit Herrn Cross über diese Frage unterhalten und konnte dabei feststellen, daß Herr Cross keinen Unterschied macht zwischen mechanisch aufgenommenem Wasser und chemisch gebundenem Wasser. Also, während ich sage, beim Mahlen von Peigamyn wird kein Wasser gebunden, der Stoff wird nicht chemisch verändert, sagt Cross: Wasser aufnahme tritt ein und dadurch wird der Stoff chemisch ver ändert. Ich glaube aber, daß man scharf unterscheiden muß zwischen mechanisch aufgenommenem Wasser und chemisch gebundenem Wasser, sonst kann man ja jeden Zellstoff, wenn er eine Zeitlang im Wasser gelegen hat, als chemisch verändert betrachten, denn jeder Zellstoff nimmt, wenn er eine Zeitlang im Wasser liegt, mechanisch etwas Wasser an, ohne daß es da durch chemisch gebunden wäre. Prof. Dr. Schwalbe: Ich glaube, es ist interessant, was Cross festgestellt hat, daß alkalilösliche Produkte entstehen, das ist aber eine Erscheinung, die wir durch bloßes Netzen der Baum wolle nicht erreichen können. Nun meine ich, weil diese Beob achtungen von Cross veröffentlicht sind, und alkali-lösliche Zellulose dabei entsteht, ist es notwendig, daß die Unter suchungen, die Herr Dr. Hans Hofmann für Sulfitzellstoff aus geführt hat, auch bei der Baumwolle wiederholt werden, damit wir über diesen Punkt zur Klarheit kommen, ob die Bildung alkalilöslicher Substanz nicht spezifisch für die Baumwolle ist und ob nicht bei der großen Verschiedenheit zwischen Baum wollzellulose und Sulfitzellstoff ein verschiedenes Verhalten herauskonstruiert werden kann. Was für Sulfitzellstoff gilt, braucht noch nicht für die Baumwollzellulose zu gelten. Dr. Hans Hofmann: Meine Ausführungen haben sich nur auf Pergamyn bezogen. Prof. Dr. Schwalbe: Auf dasjenige Pergamyn, das Sie aus Sulfitzellstoff gemahlen haben, bei dem Sie feststellten, daß eine chemische Verschiedenheit der Zellulosen vor und nach der Mahlung nicht bemerkbar war? Dr. Hans Hofmann: Das hat doch mit Baumwolle nichts zu tun. Prof. Dr. Schwalbe: Man kann doch auch Pergamyn aus Baumwolle mahlen, und da scheint mir die rein chemische Untersuchung über den Grad der Hydratisierung noch zu fehlen. Dr. Hans Hofmann: Die habe ich nicht untersucht. Prof. Dr. Schwalbe: Ja, eben deshalb bin ich der Ansicht, daß man die Arbeiten darüber ergänzen müsse, daß man die Baumwolle in gleichem Sinne untersuchen müsse. Dr. Hans Hofmann: Das bezweifle ich nicht, sondern ich wende mich gegen die Ausführung von Cross, daß bei Sulfit zellstoff chemische Veränderung eintritt dadurch, daß während des Mahlens mechanisch Wasser aufgenommen wird, und daß Cross keinen Unterschied macht zwischen chemisch gebundenem und mechanisch aufgenommenem Wasser. Prof. Dr. Schwalbe: Diese Frage wird schwer zu entscheiden sein, denn die Begriffe: mechanisch aufgenommenes Wasser und chemisch gebundenes Wasser können wir z. Zt. nicht abgrenzen. Wir haben keine Vorstellung darüber, wie das Wasser an Kolloide herangeht, und so kann man über diese Frage allerdings streiten, ist aber z. Zt. nicht in der Lage, auf Grund von Ver suchen die Sache zu fördern. Es bedarf einer noch weiter gehenden Entwickelung der Untersuchungsmethoden. Dr. Wurster: Den Ausführungen des Herrn Prof. Schwalbe über Zellulosehydrat möchte ich noch folgendes hinzufügen: Er Heß uns nicht nur einen Blick in die Chemie des Zellulosemoleküls tun, sondern klärte uns auch über die Form des' abgebauten Zellstoffes auf, welchen ich früher mit Zellstoffschleim be zeichnete, um der Finge zu entgehen, ob bei der Behandlung der Zellulose oder des Zellstoffs im Holländer eine chemische Aufnahme oder eine mechanische Aufnahme von Wasser statt findet. Dieser Zellstoffschleim spielt die wichtigste Rolle in der ganzen Papierfabrikation. Die Mikroskopiker nehmen an, daß es bei der Behandlung des Zellstoffs im Holländer nur darauf ankomme, die Faser in ihrer Länge zu erhalten, in die sogenannte Fibrillen- oder Bürstenform überzuführen, während es dem Praktiker immer bekannt ist, daß aus der Zellulose durch mechanische Ein wirkungen ein stärkeähnlicher, kleisterartiger Körper ent steht, welcher dem Papier seine Eigenschaften gibt und darüber entscheidet, ob es für Druck- oder Schreibzwecke oder sonst verwendbar ist. Es ist also sehr willkommen, eine rasche Methode zu finden, welche dem Praktiker (der heute durch einen Blick auf den Holländer den Speckglanz sieht und beim Durchfahren mit der Hand herausfindet, wieviel von diesem Zelluloseschleim im Holländer sich gebildet hat) ermöglicht zu prüfen, wieviel Zellstoffschleim im Ganzstoff enthalten ist. Ob, wie Herr Prof. Schwalbe annahm, bei diesem Mahl prozeß eine Hydratisierung hier vor sich gegangen ist, möchte ich noch bezweifeln. Es ist dem Chemiker bekannt, wie schwer es in jedem Falle nachzuweisen ist, ob Hydroxylgruppen in einem Körper sich befinden oder nicht, und wieviel Hydroxyle sich acetylieren lassen in der Zellulose. Früher wurde an genommen, es gebe 5 Hydroxyle in den Zellulosen, in Wirklich keit sind es nur 3, also möchte ich lieber Vorschlägen, daß, bevor wir wissen, daß wirklich eine Hydratisierung stattgefunden hat, daß wir diesen Körper, wie ich es vor Jahren getan habe, mit dem Namen Zelluloseschleim weiter belegen. Prof. Dr. Schwalbe: Ich glaube, Herr Dr. Wurster hat mich mißverstanden. Ich habe lediglich die Ausführungen von Cross wiedergegeben, ohne dazu Stellung zu nehmen, behaupte aller dings, daß für den Sulfitzellstoff die Frage gelöst ist durch die Untersuchungen von Hofmann, denn da handelt es sich lediglich um eine mechanische Zerfaserung zu Fibrillen, denn da lassen sich durch unser empfindliches Jod-Jodkalium-Reagenz keine Unterschiede beobachten. Ich erinnere nur an die vor jährige Hauptversammlung, wo Herr Kollege Hübner mir diese Beobachtung bestätigte, und so dürfen wir nicht mehr an nehmen, daß wir es beim Mahlen des gewöhnlichen Sulfitstoffs mit einer Wasseraufnahme im chemischen Sinne zu tun hätten. Der Schleim, der beim Mahlen von Sulfitzellstoff entsteht, ge-