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516 PAPIER-ZEITUNG Nr, 13 Irrtümlich zuviel gezahlter Lohn 9787. frage; Ich bin Faktor In einer Buchdruckerei und habe die Lohnahlung zu besorgen. An einem der letzten Zahl tage gab ich einem Buchbinder 3 M. Vorschuß, damit er eine dringende Zahlung leisten könne, zahlte dann zum Feierabend den Lobn aus und versäumte dabei, dem Buchbinder, welcher an demselben Tage entlassen wurde, diese 3 M. abzuziehen. Kurz darauf merkte ich meinen Irrtum, und da der Mann nicht mehr im Geschäft anwesend war, schrieb Ich sofort einen Brief an ihn und bat darin um Zusendung der 3 M, abzüglich des Portos. Als darauf keine Antwort erfolgte, teilte ich dem Buch binder in eingeschriebenem Brief mit, daß ich noch einige Tage warten würde. Sollte dann der volle Betrag nicht in meinen Händen sein, so würde ich diese Angelegenheit der Staats anwaltschaft unterbreiten. Die Frist ist nun verstrichen, ohne daß Antwort erfolgte. Wie habe ich mich zu verhalten, um diesen Betrag zurückzuholen? Kann ich Klage auf Betrug oder Unterschlagung erbeben, und wo? Mit welchen Kosten ist eine solche für mich verbunden, und dürfte ich Erfolg haben, auch wenn ich keinen Zeugen habe, der zugegen war, als ich dem Buchbinder den vollen Lohn auszahlte? Antwort: Der Buchbinder kann nicht strafrechtlich ver folgt werden, da ihm unseres Erachtens weder Betrug noch Unterschlagung nachgewiesen werden kann. Dagegen hat er sich ungerechtfertigterweise bereichert und ist daher nach § 812 BGB zur Herausgabe des ohne rechtlichen Grund erlangten Betrages verpflichtet. Für die Klage ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Sprengel der Buch binder wohnt. Klage empfiehlt sich nur, wenn der Buch binder pfändbares Vermögen besitzt. Zeuge ist entbehrlich, da beeidtgte Aussage genügt. Kalender-Rückwand 9788. Frage: Unterm 11. März 1908 bestellte ich bei der Firma X 200 Stück Kalender zum Preise von 50 Pf. nach einer mir vorgelegten Skizze und bemerkte ausdrücklich der Fabrik, daß ich in die Felder statt des Kalendariums Reklame gedruckt haben will. Die Firma sandte mir eine Rückwand ohne Kalen darium, jedoch sind in den Feldern zwei Stäbe, sodaß man keinen Text einbringen kann, siehe Muster I. Nun will die Firma die Felder überkleben wie Muster II. leb habe aus diesem Grunde die Bestellung zurückgezogen, was die Firma nicht annehmen will. Sie stützt sich darauf, es hätte ausdrück lich auf dem Bestellschein vermerkt sein müssen: »kein Kalen darium«. Auf dem Bestellschein stand: »Muster z. Zt. senden behufs Textaufgabe«. Meine Frau war bei der Bestellung zu- gegen und kann sich genau der Besprechung mit der Firma er innern. Kann ich gezwungen werden, die Kalender, die nicht nach Aufgabe ausgefohrt sind, abzunehmen? Antwort: Da Fragesteller bedungen hat, daß die Felder, welche auf der Vorlage der Druckerei je einen Monats kalender enthielten, für Reklame frei bleiben sollen, so durfte die Druckerei die innerhalb der Felder zur Zierde angebrachten Stäbe nicht darin lassen. Fragesteller ist nicht verpflichtet, die Rückwand anzunehmen, wenn die Felder mit gelbem Papier beklebt sind, wie es die Druckerei vorschlägt. Er ist vielmehr berechtigt, die Rückwand als nicht bestellungsgemäß zurückzuweisen oder nur mit Nachlaß zu übernehmen. Wir empfehlen den letztgenannten Weg, da die Kalenderwände mit den beklebten Feldern nicht übel aussehen. Nachfrist 9789. Frage: Ein Kunde bestellte bei mir am 27. Oktober 1908 unter anderm 1000 Bg. chamois Glac-Karton »zur gefälligst sofortigen Lieferung«, welchen Auftrag ich annabm. Am 30. Ok tober und 3 November drängte mein Kunde sehr um Lieferung, und ich teilte ihm am 5. November mit, daß ich die Absendung in meiner Fabrik wiederholt dringend angemahnt habe. Am 6. November erhielt Ich wieder eine Mahnung und die Mit teilung, daß der Abnehmer meines Kunden mit Zurücknahme des Auftrags gedroht habe, falls er bis Montag, 9. November 1908, keine Versandanzeige erhalte. Mein Kunde depeschierte mir am 11. November 1908: »Erwarte sofort Postsendung chamois Karton, andernfalls annulliere«, worauf ich ihm am 13. No vember mitteilte, daß der Karton »laut Mitteilung m. Fabrik« bis zum 14. November zum Versand gelangt sei. Lieferung geschah bis zum 14. November jedoch nicht, obgleich ich meine Fabrik immer wieder daran erinnerte. Mein Kunde schrieb mir am 16. November, daß sein Abnehmer bis spätestens zum 18 No vember 1908 warten wolle; wäre bis dahin die Postsendung oder die bestimmte Zusage nicht in seinem Besitz, so werde er den Auftrag zurücknehmen. Da meine Fabrik mir keinen be stimmten Tag der Lieferung zu sagen vermochte, so konnte auch ich meinem Kunden nichts bestimmtes mitteilen, weshalb mir dieser am 19 November depeschierte: »Annulliere bestellte 1000 Bogen Chamois »Karton«. Ich unterbreitete meiner Fabrik die Zurücknahme der Bestellung, behielt mir jedoch alles weitere vor, da der Karton bereits fertiggestellt sein konnte. Dies war auch der Fall, denn meine Fabrik brachte die Sendung am 20. November zum Versand 1 Ist mein Kunde zur Annahme verweigerung berechtigt ? Bin ich berechtigt, Ihn zu ver klagen? Antwort: Die am 16 November vom Kunden gewährte Nachfrist war zu kurz, denn der Brief des Kunden konnte erst am 17. beim Fragesteller sein, und dieser hätte die Ware sofort absenden müssen, damit sie bis zum 18. beim Kunden eintrifft. Also war die Gesetzesvorschrift, daß eine angemessene Nachfrist gegeben werden muß, nicht erfüllt. Allerdings bat der Kunde schon am 6. November eine dreitägige Nachfrist gegeben, aber als diese ergebnislos verstrichen war, doch auf Lieferung gedrungen, also von seinem Recht auf Rücktritt vom Vertrag keinen Gebrauch gemacht, daher kann nur die 2. Nachfrist als gesetzmäßig gelten, und diese war, wie gesagt, zu kurz. Klage auf Ueber- nähme hat daher Aussicht auf Erfolg. Postkarten-Abschluß 9790 Frage: Ich habe zurzeit einen Abschluß in Bromsilber karten, abzunehmen innerhalb eines Jahres, gemacht mit der Bedingung, daß ich von den Neuerscheinungen nach Geschmack und Belieben wählen könne. Da die Firma aber meiner Ansicht nach nicht so viele Neuheiten herausgebracht hat, wie es er forderlich war, um die Abschlußmenge abzunehmen, habe ich dieser Verpflichtung nicht nachkommen können. Jetzt verlangt die Firma Restabnahme innerhalb 14 Tagen. Ich erinnere mich, in einem Fachblatt gelesen zu haben, daß ein Abschluß auf Bromsilberkarten über Muster, welche noch erscheinen sollen, und deren Aussehen noch garnicht festgestellt ist, ungiltig ist. Sind hierüber Gerichtsentscheidungen ergangen? Wenn ja, wo und wann? Antwort: Da Fragesteller nicht vereinbart hat, daß der Verkäufer eine bestimmte Zahl neuer Muster im Laufe des Jahres herausbringt, so muß Fragesteller aus den neuen Mustern seinen Bedarf decken, falls der Verkäufer in der Zahl und Güte seiner neuen Muster gegen frühere Jahre nicht wesentlich im Rückstand geblieben ist. Auch die Forderung des Verkäufers auf Abnahme des Restes inner halb 14 Tagen i-t dann gerechtfertigt und der Abschluß nicht ungiltig. Gerichtliche Entscheidungen ähnlicher Fälle sind uns nicht bekannt. Papier aus Baumwollsamen Hülsen 9791. Frage: Gibt es ein Verfahren in der Papierfabrikation, um Baumwollsamen-Hülsen in Papier oder Pappen oder in Halbstoffabrikate umzuarbeiten? Sind in Ihrem Blatt darüber schon Veröffentlichungen erschienen? Ich füge ein Muster der Samenhülsen bei. Antwort: Das uns gesandte Muster besteht vorwiegend aus zerkleinerten Samenhülsen; die diesen noch anhaftenden Samenhaare machen nur einen geringen Bruchteil des Roh stoffes aus. Da die Hülsen keine Fasern ergeben, so ist unseres Erachtens der bemusterte Stoff zur Herstellung von Papier nicht geeignet, denn das Entfernen der Hülsen würde zuviel Arbeit verursachen, und die zurückbleibenden Fasern würden unrein und zu teuer ausfallen. Dagegen wird aus Baumwollsamenhaaren, einem Rohstoff, der fast nur aus Fasern mit wenig Trümmern von Samenschalen besteht, ein vorzüglicher Papierstoff hergestellt, denn es gelingt nach patentiertem Verfahren, die den Haaren noch anhaftenden Reste der Samenschalen vollkommen zu ent fernen. Näheres hierüber wurde in Nr. 80 von 1907 S. 3924, Nr. 3 S. 76 und Nr. 11 von 1908 S. 403 berichtet. Glacpapier 9792. Frage: Wie wird der Glanz auf beiliegender Papier probe hergestellt, und welche Firma liefert Maschinen zur Her stellung? Ist in Ihrer Zeitung vielleicht ein diesbezüglicher Artikel erschienen? Antwort: Das uns bemusterte Papier ist einseitig ge strichen, und die gestrichene Seite hat durch Kalander- satinage Glanz erhalten. Die Herstellung dieser Papiersorte sowie aller anderen gestrichenen Papiere ist in dem Werk »Buntpapier-Fabrikation« von August Weichelt, Verlag der Papier-Zeitung, Preis 15 M., eingehend beschrieben, wo auch die Erbauer der meisten bei dieser Fabrikation an ¬ gewandten Maschinen genannt sind. Verantwortlicher Schriftleiter Siegmund Fertncti, Friedenau. Zuschriften nur an Papier-Zeitung, Berlin SW 11 erbeten Druck von A. W Hayn’« Erben, Berlin SW 68, Zimmerstraße 29