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H AP IER=UERARBEITUNG LBUCHGEWERBER Berliner Typographische Gesellschaft Vereinslokal: Berliner Buchgewerbesaal, Dessauer Straße a, III Vorsitzender: G. Könitzer, Steglitz, Arndtstraße 35 Kassierer: C. Rinck, Schöneberg, Bahnstraße 43, link. Aufgang III Schriftführer: E. Baumeister, SW 29, Belle Älllancestr. 28, II Am Dienstag, 9. Februar 1909, abends 9 Uhr pünktlich, findet im Buchgewerbesaale, Dessauer Str. 2, III, eine Arbeits-Sitzung statt. Die geehrten Mitglieder werden hierzu mit der Bitte um zahlreiches und pünktliches Erscheinen ergebenst ein geladen. Tages-Ordnung: 1. Geschäftliches. Eingänge. 2. Aufnahmen. 3. Bericht über die Erörterungen zur Herbeiführung einheit licher Linienbilder. Referent Herr Hermann Zehnpfund. - 4. Hannoversche Drucksachen. Besprechung einer Rund sendung durch Herrn Carl Kleinknecht. 5. Ueber Ausstattung und Inhalt ausländischer F achzeitschrijten. Referenten: Herren F. W. Amsel und W. Seidel. 6. Technische Fragen: a) Ueber Prägungen unter Benutzung von Karton ausschnitten. b) Das Bedrucken von Wachspapier, Zelluloid usw. Wir machen besonders darauf aufmerksam, daß in der Sitzung vom Kassierer die Beiträge für das I Vierteljahr entgegengenommen werden. Der Vorstand Zugehörigkeit zu einem Verbände als Entlassungs grund Gewerbegerichts-Entscheidang Der Steindrucker L. war bei der Firma R. eingestellt wordei auf seine Versicherung hin, dem Senefelder-Bund, welcher über die Firma R. die Sperre verhängt hatte, nicht anzugehören, und unter Androhung sofortiger Entlassung für den Fall, daß er diesem Verbände beiträte. Eines Tages stellte sich aber heraus, daß L. doch dem Bund angehöre, er wurde ohne Kündigung entlassen und klagte nun auf Lohnzahlung unter Berück sichtigung der vereinbarten vierzehntägigen Kündigung, die verabredetermaßen nur am Sonnabend zulässig sein sollte. Die Klage wurde mit folgender Begründung abgewiesen: Der Kläger war mit 14tägiger Kündigungsfrist angestellt, und die Kündigung sollte nur am Sonnabend zulässig sein. Die Entlassungsgründe des § 123 der Gewerbeordnung haben zur Voraussetzung, daß das Arbeitsverhältnis mit einer an beliebigem Tag beginnenden i4tägigen oder noch kürzeren Kündigungsfrist eingegangen ist. Die über 14 Tage hinaus erweiterte Kündigungsfrist, um welche es sich im vorliegenden Falle handelt, rechtfertigt die An wendbarkeit des § 124a der Gewerbeordnung. Das Arbeitsverhältnis konnte also aus wichtigen Gründen gelöst werden. Ein solcher wichtiger Grund ist festgestellt worden. Die Beweisaufnahme hat ergeben, daß der Kläger bei seiner Anstellung trotz der ausdrücklichen Erklärung, daß Mit glieder des Senefelder-Bundes nicht eingestellt würden, die Mitgliedschaft in Abrede gestellt und seine Stellung als An gestellter der Firma R. mißbraucht hat, um andere Arbeiter des Beklagten zum Eintritt in den Senefelder-Bund zu veranlassen. Er verletzte dadurch die durch besondere Umstände ihm auf erlegte Pflicht der Ehrlichkeit und handelte bewußt gegen die Interessen der beklagten Firma, der nicht zugemutet werden konnte, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger L. fortzusetzen. Ueberdies war einwandfrei festgestellt worden, daß bei der Anstellung zwischen den Parteien vereinbart wurde, die Mit gliedschaft beim Senefelder-Bund solle den Beklagten zur so fortigen Lösung des Arbeitsverhältnisses berechtigen. Es war daher wie geschehen zu erkennen. Das Urteil ist wichtig wegen der Stellung zu der so oft umstrittenen Frage: Ist Zugehörigkeit zu einer Organisation ein Entlassungsgrund, falls der Arbeitgeber das ausdrücklich be dungen hat? Noch bemerkenswerter ist aber, daß der wichtige Grund gemäß § 124 a der Gewerbeordnung nur Platz greifen konnte, weil nicht einfach 4 tägige Kündigung vereinbart war, sondern weil diese I4tägige Kündigung nur an einem bestimmten läge, hier also am Sonnabend, ausgesprochen werden konnte. Das ist bei der Ausarbeitung von Arbeitsordnungen wohl zu berücksichtigen. B. Buchkunst und Bücherliebhaberei vom Mittelalter bis zur Gegenwart Berichte über eine Reihe von Vorträgen von Prof. Dr. Jean Loubier Im Kgl. Kunstgewerbemuseum zu Berlin Fortsetzung zu Nr. 8 Seite 272 II. Vortrag Da die Kirche bis gegen das Ende des XII. Jahrhunderts fast die gesamte Wissenschaft und Bildung und auch die schönen Künste beherrschte, wurden bis dahin die Bücher fast ausschließlich in der Gelehrtensprache, Latein, ge schrieben. Gleichzeitig mit der Ausbreitung der Bildung im XIII. Jahrhundert beginnt in der Kunst die Gotik an die Bild 5. Italienische Handschrift, 14. Jahrh. Stelle der romanischen Formen zu treten. Es bilden sich nun gewerbsmäßige Bücherschreiber aus, die sich dann im XIV. Jahrhundert in den Städten der St. Lucas Gilde an schließen. Auch die Miniaturmalerei entwickelt sich zu gleich mit der Schriftform. Die eckige Bruchgotisch ersetzt die bis dahin runden Schriften, und die Verzierungen, Initialen, Randzierate, Umrahmungen und Textbilder be ginnen sich mit dem handschriftlichen Text zu einem ein heitlichen Bilde der Buchseite zusammenzuschließen. Die Bilder wurden zuerst in Federzeichnung ausgeführt und dann mit dünnen Farben ausgemalt. Allmählich ging man aber dazu über, die Vorzeichnung mit Deckfarben mit feinem Pinsel zu übermalen. Im 14. und 15. Jahrhundert wurden bedeutende Künstler mit dem Ausmalen kostbarer Bücher beauftragt, die in liebevoller Kleinarbeit Prachtstücke der Miniaturmalerei schufen. Viele Beispiele solch kostspieliger Bücherliebhaberei haben sich bis auf unsere Tage erhalten. Als erstes wird die berühmte Manessische Handschrift aus dem 14. Jahr hundert vorgeführt. Sie hat als Textschrift die Bruch gotisch, die Bilder sind hier noch auf besonderen Seiten in das Buch eingefügt. Bei einem anderen Beispiel, einer