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352 PAPIER-ZEITUNG Nr. 10 Apparate, nämlich große, offene, hohe Behälter mit Rührzeug, in Anwendung. Diese reichen auch aus, wenn das Rührzeug für gründliche Vermischung zweckentsprechend konstruiert ist und mehrmalige methodische Aussßung des Kalkrückstandes unter Verwendung schwacher Waschwässer aus vorhergehenden Operationen stattfindet. Daß man in modernen Anlagen die Rückstände nach dem Kaustizieren in Nutschfilter wirft, mit den bekannten, auf der Oberfläche des Kalkschlammes dahingleitenden Schabern, zur Zerstörung der Spaltenblldungen, mag nebenbei erwähnt sein. Die Qualität des Fabrikationswassers beeinflußt, wie schon gesazt, das Kaustizieren. Im allgemeinen gelingt erfahrungs gemäß die Arbeit mit reinem, weichem Wasser vollkommener als mit hartem oder Humussubstanzen enthaltendem Wasser. Bei ersterem Wasser werden die Laugen nicht nur kaustischer, sondern die Arbeit geht auch schneller und mit weniger Salz verlusten in den Rückständen vor sich. Sodann ist die Güte des Aetzkalkes von großer Bedeutung. Fette Kalke, d. h. sehr reine Aetzkalke, geben kaustischere Laugen als die mageren Kalke. Letztere Kalke haben dagegen den Vorteil, die kaustizierten Laugen schneller und besser zu läutern und viel geringere Schlamm-Volumina zu erzeugen als die Arbeit mit fettem Kalk. Gut kaustische Laugen, mittels fetten Aetzkalks hergestellt, hinterlassen in den großen Schlamm volumen viele wertvolle Natronsalze, von denen selbst bei mehr facher Wäsche der Schlammrückstände immerhin beträchtliche Mengen verloren gehen. Um diese Verluste zu vermindern, Ist es ratsam, Aetzkalk mit mageren Eigenschaften beim Kaustizieren mit zu verarbeiten. Hier das Richtige zu treffen und das vorteilhafteste Verhältnis von Rohsodasalzen und Aetzkalk zu ermitteln, ist für die Natron zellstofferzeugung bezüglich Güte, Mengenleistung und Wirt schaftlichkeit außerordentlich wichtig. Zu wenig Kalk an wenden bedeutet, nichtkaustlzierte Salze nutzlos durch die Fabrikation schleppen und damit Geld verlieren. Zu viel Kalk verarbeiten bringt anderseits Kalkvergeudung, zu große Schlamm- rückstände mit viel unnötigen Arbeitslöhnen, Natronsalzverluste und damit Stoffverteuerung mit sich. Der Aetzkalk wird In der Regel der Rohsodalösung in fester Form zugesetzt. Es geschieht dies am besten, wenn die zu kaustizierende Lösung durch Dampf hoch angewärmt ist. Es ist am zweckdienlichsten, die Flüssigkeitstemperatur bei Beginn des Kalkeintragens auf mindestens 80 bis 85° C. zu bringen und nach dem allmähligen Kalkzusatz nicht weiter zu erwärmen, da im allgemeinen bei niedrigeren Temperaturen die Kaustizierung erfahrungsgemäß nicht befriedigend ausfällt und höhere Tempe raturen Eigenschaftsveränderungen der Silikate herbeiführen, welche für das spätere Klären der Laugen nach dem Kausti zieren ungünstig wirken. Nur vereinzelt wird das Kaustizieren der Salzlösung mittels gelöschten pulverförmigen oder breiigen Kalkes oder gar mittels Kalkmilch ausgeführt. Nach meinen Erfahrungen bieten letztere Arbeitsweisen keine sonderlichen Vorteile, im Gegenteil, Ich - habe stets gefunden, daß gelöschter Kalk oder Kalkmilch immer größte Schlamm Volumina und teuerste Kochlaugen ergeben. Der Grad der Kaustizität der Lösungen und die Ausnutzung der Frischlauge wird immer schwieriger und schlechter, je stärker die herzustellenden Laugen sind. Es finden beim Kaustizieren und später in den Laugen erfahrungsgemäß auch immer wieder Zersetzungen und Rückbildungen statt, die tech nisch und wirtschaftlich als Verluste aufzufassen sind. Es tritt daher die wichtige Frage für die Natronzellstoff industrie auf: Ist es möglich, die Kaustizität der Rohsalzlösungen mit anderen Mitteln zu bewerkstelligen, um diese Verluste so viel wie möglich zu beseitigen? Für die Kaustizierarbelt können dabei natürlich nur ähnliche Materialien, wie der Aetzkalk, in Betracht kommen, Materialien, die alle die Vorzüge des Kalkes besitzen und gleichzeitig ohne seine Nachteile sind. Bei der Verfolgung dieser Frage bin ich auf die Mitverwendung von Strontian gekommen. Ich setzte mich dieserbalb mit der Strontianfabrik in Roßlau a d. Elbe in Verbindung, und der Direktor der Fabrik, Herr Dr. Michel, ging auch bereitwilligst auf meine Anregung ein. Wir stellten zu nächst Versuche im Laboratorium an, und als diese recht gute Ergebnisse lieferten, probierten wir die Sache im Großbetriebe und erhielten dabei die früheren Zahlen bestätigt. Ueber die Ergebnisse selber berichten zum Beispiel nachstehende Zahlen unter Vernachlässigung der Suliide und Sulfite: Tabelle I Rohlauge 12° B. im Liter kaust. Lauge, mit der theo retisch. Menge Aetzkalk hergestellt, im Liter kaust. Lauge, mit der theo retisch. Menge Aetzstrontian erzeugt, im Liter Aetznatron . . . n.96 g 41,84 g 56,08 g Kohlens. Natron . 30.21 „ i9,35 » 0,60 „ Kiesels. Natron ii. 10 » 3,25 » 0,80 „ Schwefels. Natron 6,09 „ 7,06 „ 1,64 » Aus diesen Zahlen geht hervor, daß die Kaustizierung der Laugen bei Verwendung von Aetzstrontian ganz vorzüglich ge lingt. Es zeigt sich dabei noch wie beim Eichstädt'schen Ver fahren, daß auch das Natronsulfat größtenteils In Aetznatron überführt und dabei direkt nutzbar gemacht wird. Die Kaustizierungsarbeit allein mit Strontian ist aber aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich, da das Strontian gegen über dem billigen Aetzkalk sich zu teuer stellt. Man kann somit, wie ich schon ausführte, nur daran denken, Strontian teilweise beim Kaustizieren mit zu verwenden, da dann die Mehrausgaben nicht beträchtlich sind, und die höheren Kosten durch die tech nisch vollkommeneren Laugen wieder eingebracht werden. Zu diesem Zwecke wendet man beim Kaustizieren mit Aetz kalk einen Zuschlag von Strontian an, dessen Menge durch ständige Laugen- und Schlammuntersuchungen und durch wirt schaftliche Berechnungen in jedem Betriebe zu ermitteln sein wird; noch besser aber ist es, wenn man die Kaustizierarbelt der Kochlaugen trennt bezw. abstuft und zwar die größte Arbeit (erste Stufe) zunächst mit Aetzkalk vornimmt, die so kaustizierten Laugen dekantiert und darauffolgend mit Strontian (zweite Stufe) In der Kaustizität weiter vervollkommnet. Solche Betriebsergebnisse liefern ohne Berücksichtigung der Sulfide, Sulfite und Sulfate z. B. nachstehende Zahlen: Tabelle II mit der theo retisch. Menge Strontian kaustisch ver vollkommnet, im Liter Rohlauge, im Liter mit der theo retisch. Menge Aetzkalk kaustiziert, im Liter Aetznatron . . 7,8o g 36,40 g 44,90 g Kohlens. Natron 44.66 „ 12,19 » 1,24 Kiesels. Natron 3.50 „ 0,90 „ 0,40 „ Die Zahlen sprechen für sich und beweisen das Gesagte. Fabriken, welche daher nach der einen oder andern Seite Schwierigkeiten und teuere Arbeit mit dem Kaustizieren haben, wie z. B. eine mir bekannte Anlage, die gleichzeitig auch noch unter dem vorhandenen sehr hartem Fabrikationswasser beim Kaustizieren leidet, können mittels Strontians ihre Arbeitsver hältnisse wesentlich aufbessern. Schließlich will ich noch darauf hinweisen, daß ich einige Zelt Aetzstrontian mit etwas Flußspat als Flußmittel dem Revolverofen- bezw. dem Ablaugeofengut zugesetzt habe, um beim nachfolgenden Kalzinieren und Schmelzen der Rohsalze bereits die Karbonate und Silikate zu zersetzen. Ergebnisse wurden damit aber leider nicht erzielt, da anscheinend die Temperaturen in den Kalzinier- und Schmelzöfen für diese Um setzungen nicht ausreichen. Dr. Klein: In der einen Tabelle, die Herr Schacht uns ge zeigt bat, habe ich auch das Natriumsulfit vermißt für die Roh lauge oder die wiedergewonnene Lauge. Sind die Zahlen nach dem Sulfitverfahren gewonnen oder nicht? Schacht: Nach dem Natriumsulfitverfahren. Ich habe in meinem Vortrage darauf hingewiesen, daß ich auf diese Verbin dungen bei den heutigen Erörterungen nicht weiter eingehen will. Mit dem Schwefelnatrium verhält es sich so, daß dasselbe etwas beeinflußt wird, aber es ist unwesentlich. Dr. Klein: Ich kann mir nicht denken, wie die Härte des Fabrikationswassers auf die Kaustizierung einwirken soll. Es kann sich doch nur um ganz geringe Mengen Kohlensäure handeln. IVilli Schacht: Harte Fabrikationswasser vergrößern erfahrungs gemäß das Schlammvolumen, und außerdem muß man bei sehr harten Wassern damit rechnen, daß die größeren Schlammengen sich langsam und schlecht absetzen, wodurch nur geringe Mengen fertiger Kochlauge sich dekantieren lassen. Je größer die Schlammengen werden, umso größer gestalten sich aber auch die Natronverluste. Bei weichen Wässern geht die ganze Kaustizierarbelt verhältnismäßig schneller und wirtschaftlicher vor sich. Hartes Wasser beeinflußt daher die Ergebnisse der Frischlaugenbereitung sehr. So habe ich z. B. folgende Er fahrungen gemacht: Eine Natronzellstoffanlage, die mit Wasser arbeitet, welches nur 5 Härtegrade hat, gab In der dafür er richteten Frischlaugenkocherei hinreichende Kochlaugenmengen für eine bestimmte Stofferzeugung. Bei der ganz gleichen An lage, die mit einem sehr harten Wasser von 26—27 Härtegraden zu arbeiten hatte, stellte sich die Frischlaugenkocherei unter den sonst gleichen Fabrikations- und Betriebsverhältnissen wie in ersterem Falle als viel zu klein heraus. Sie vermochte nur reichlich über die Hälfte an Kochlaugenmengen für die Stoff kocherei abzuliefern. Dieser Mißerfolg war in der Hauptsache auf die größeren Schlammengen zurückzuführen, welche in dem gegebenen Falle die Kaustizierarbelt bzw. die Frischlaugen gewinnung so erheblich beeinträchtigten.