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304 PAPIER-ZEITUNG Nr.9 Das Papiergeschäft in der Türkei Nachdruck verboten Nach einem Berichte, den die Britische Handelskammer in der Türkei vor kurzem veröffentlicht hat, hat der Papier verbrauch in den letzten Jahren gewaltige Fortschritte gemacht, aber auch noch unter der alten Regierung ist die Nachfrage nach Brief- und Druckpapier unausgesetzt gestiegen. Der Be darf von Packpat>iev hat seit Eröffnung der anatolischen Bahn längs der ganzen Linie große Ausdehnung genommen, und in dieser Ware war das Geschäft schon seit Jahren recht lebhaft. Zwar sind die Preise niedrig, aber die Kundschaft ist zuverlässig: es wird allgemein in 30 Tagen nach Lieferung gezahlt, sehr oft auch im Austausch der Versandpapiere. Die Zunahme der Ein fuhr von Packpapier dürfte von Jahr zu Jahr mit 25 v. H. be ziffert werden können. Dabei kommen in Betracht: 1. Stroh papier, das aus Italien, Holland, Frankreich und zu einem kleinen Teile aus Oesterreich bezogen wird. Die Preise schwanken von 10 Frank für italienisches und 20—21 Frank für österreichisches oder französisches Papier. Die Italiener ver laden ihr Papier feucht, verpacken es schlecht und das Gewicht weist erhebliche Schwankungen auf. Aus diesem Grunde wächst auch der Absatz italienischen Papiers nicht, sondern nimmt gar ab. Bei Lieferung cif berechnen die italienischen Fabriken 14 bis 19 Frank. An Stelle italienischen Packpapiers wird neuerdings vielfach holländisches bezogen: der Preis unterschied ist gering, die Bedienung viel besser. Die Einfuhr französischen Papiers hat beträchtlich nachgelassen, anscheinend weil die französischen Fabrikanten in Frankreich selbst Ge legenheit zu lohnendem Absatz haben. Französisches Papier wird im Gewicht von 90/100 g/qm verkauft, und der Preis, der früher 16‘/2 bis 171/2 Frank für 100 kg cif Levantehafen betrug, ging während der letzten zwei Jahre auf 20 bis 211/2 Frank in die Höhe. Oesterreichisches Papier ist am dünnsten, 40 g/qm, man verkauft es in kleinem Format entweder in Riesen oder in Paketen. Da aber die österreichischen Fabrikanten gemeinsam den Preis erhöhten, weil für die Levante eine Spezialpackung erforderlich ist, so bezieht man jetzt nur seltener österreichisches Papier, sondern bestellt dafür holländische Ware. 2 Als zweites Papier kommt satiniertes Braunholzpapier im Gewicht von 50 bis 300 g/qm in Betracht. Früher wurde dieses Papier fast ausschließlich aus Oesterreich bezogen, später bestellte man es in Deutschland, aber während der letzten fünf oder sechs Jahre wird der Bedarf ausschließlich durch die skandinavischen Länder gedeckt. Schweden und Norwegen beherrschen darin den levantinischen Markt. Konstantinopel verbraucht allein 700 bis 1000 Tonnen im Jahre. Seit zwei Jahren hat der Wettbewerb von Finland den Preis auf 2t Frank herabgedrückt. Zeitig im Frühjahr 1908 bot eine der bedeutendsten deutschen Firmen ihr Papier zu demselben Preise wie die Finnen an. 3. Weiteres Packpapier ist die gewöhnliche graue Sorte zu 16 bis 17 Frank die 100 kg cif Konstantinopel. Die Schwere bewegt sich zwischen 80 und 200 g/qm. 4. Rotes oder blaues Papier, glatt oder rauh, im Gewicht ähnlich wie vorstehendes. Das rauhe pflegte mit 23 Frank bezahlt zu werden und kam aus Oesterreich, später aus Deutschland, jetzt wird es aus Belgien zum Preise von 20 Frank cif Konstantinopel bezogen. Für glattes wird 1 bis 2 Frank mehr angelegt, je nach dem Lande, aus dem es kommt. Eine englische Fabrik hat in der Provinz einige Abschlüsse ge macht, aber in der Hauptstadt keinen Erfolg gehabt, obgleich Stoff wie Farbe gut waren. Die Verbraucher sind eben der Ansicht, daß die englischen Firmen Schwierigkeiten machen nicht allein hinsichtlich der üblichen Zahlungsbedingungen, sondern auch in bezug auf Ausrüstung und Packung. 5. Zellstoff- papier für Packzwecke, auf beiden Seiten glatt, weiß oder ge färbt, kommt beiderseits hochglattes aus Oesterreich, Deutsch land und Skandinavien in Schweren von 45—50 g/qm und wird cif Konstantinopel zu 34 bis 35 Frank für weiße und 2 Frank mehr für farbige Sorten gehandelt. 6. Prospektpapier im Ge wicht von 24 g/qm, auf beiden Seiten nicht geglättet, bezieht man aus Oesterreich und Skandinavien und bezahlt dafür etwa 37 Frank cif Konstantinopel. Hiervon sind überall große Lager vorhanden. In allen diesen Packpapieren ist der Verbrauch für die gesamte Türkei sehr groß, gezahlt wird fast ausschließlich bar gegen 3 bis 5 v. H. Skonto. Druckpapiere: Seit Einführung der Konstitution, die mit Ab schaffung der Zensur zusammenfiel, ist der Verbrauch von Druckpapier sehr gestiegen. Tageszeitungen, die früher eine Auflage von 3000 bis 5000 hatten, werden jetzt in Auflagen von 15000 bis 25000 Exemplaren ausgegeben. Aber auch die neu entstandenen politischen und andere Zeitungen finden viele Leser. Im Juli und August fehlte Zeitungspapier an vielen Stellen, und in Ermangelung der richtigen Sorte druckte man auf beliebiges Papier, das zu haben war. Angesichts dieses Zustandes liefen zahllose Angebote aus allen Ländern ein, und seitdem wird Konstantinopel sowie die andern großen Städte des Reiches von vielen Verkäufern aufgesucht. Mit Oesterreich, Deutschland, Belgien und Schweden sind große Abschlüsse zu stande gekommen. Man unterscheidet zwei Sorten von Druck papier: 1. das nicht geglättete in Schwere von 40, 43 und 48 g/qm in Formaten. Der Preis für 40 g-Papier schwankt zwischen 29 und 31 Frank, je nach Höhe des Auftrags, cif Konstantinopel, Salonichi oder Smyrna. 2. Auf beiden Seiten geglättetes Papier im Gewicht von 48 bis 50 g/qm wird mit 29%2 bis 301/2 Frank bezahlt. Dasselbe Papier kann man verschieden gefärbt mit 2 Frank Zuschlag kaufen. Schreibpapier kommt hauptsächlich aus Oesterreich, wogegen Deutschland, Belgien, Frankreich und England gering an diesem Geschäft beteiligt sind. Gewöhnliches wird mit 36 bis 60 Frank bezahlt und aus Oesterreich, Deutschland und Belgien bezogen. Die besseren Sorten bezieht man aus Frankreich und England. Zigarettenpapier kommt meist aus Oesterreich, Frankreich und Italien, in neuester Zeit auch aus Spanien. Es wird in Riesen von 480 Bogen und im Format von 561/2X74 cm verkauft. Karton: Die größte Nachfrage hat weißer Karton zu ver zeichnen im Format von 66X96 oder 70X100 cm. Meist bezieht man diese Ware aus Oesterreich, aus Finland kommt auch eine kleine Menge. Für anderen Karton ist die Nachfrage un bedeutend. K. Wochenschluß Zu Nr. 2 S. 40 Krankenkassen und Invalidenrenten sind geschaffen worden, aber den Krankheiten vorzubeugen und die Angestellten davor zu bewahren, daran ist kaum gedacht worden. Es wäre über trieben, heute noch von »dumpfen Räumen« zu reden, in welchen die Angestellten arbeiten müssen, da auch hier schon für die Gesundneit gesorgt wird, aber ist es gesund, ohne richtiges körperliches Ausarbeiten in frischer Luft seiner Arbeit nach zugehen? Amerikanische Geschäftsführung ist schon seit langer Zeit ein Schlagwort geworden. Registraturen, Kontoreinrichtungen und andere scnöne Sachen sind übernommen worden, aber der freie Geist des Mitarbeiters fehlt uns noch. Unser ganzes Leben leidet unter einer verkehrten Zeiteinteilung, und daoei scnlagen wir allen Lehren der Gesundheit ins Gesicht. Fritz Stahl bat im »Berliner Tageblatt« unsere falsche Zeiteinteilung gegeißelt und u a. auch treffend gezeigt, daß diese sehr verbesserungs bedürftig ist. Unsere Hauptmahlzeit verlegen wir in die Mitte unserer Arbeitszeit und bedenken garnicbt, daß wir dadurch unsere Arbeitskraft verringern. »Voller Bauch studiert nicht gern« sagt eine alte Volkswelsheit, und die Erfahrung gibt ihr recht. Die Hauptiorderung wäre jedenfalls, iür genügende und ausreichende Ernolung der Angestellten zu sorgen. »Man muß sich auf den Ruhetag vorbereiten können«, bemerkte einer un serer Grotkaufiente, und hat damit das Richtige getroffen. Können wir denn einen Ruhetag richtig in freier Natur aus nutzen, wenn wir uns erst ausscnlafen müssen, um unsere ab gespannten Nerven zu erholen? Wir hören soviel von »Zurück aufs Land« und ähnlichen schönen Wünschen, aber wöchentlich einen Tag Landlult zu er möglichen, daran wird nicht gedacht. In 11/ Tagen ließe sich dies leicht bewerkstelligen. Die englischsprechenden Völker haben dies voraus, wie uns der Artikel auf Sette 40 in Nr. 2 gezeigt hat. Daß sich der gleichen auch bei uns leicht elniühren läßt, hat sich schon in der Praxis gezeigt. Wann wird sich derjenige unserer führenden Vereine oder Kaufleute finden, der allgemeine Durchführung dieses Halb- feiertages ermöglicht? Moderner • • * Der in Nr. 2 auf Seite 40 enthaltene Aufsatz über den früheren Geschäftsschluß am Sonnabend gibt eine beherzigens werte Anregung. Wer, wie der Schreiber dieser Zeilen, während einiger Jahre Erfahrungen über diesen Punkt sammeln konnte, wird für eine derartige Einrichtung stimmen. Man ist in den letzten Jahren zu der Ueberzeugung gekommen, daß eine zu ausgedehnte Arbeitszeit nicht förderlich für das Geschäftsleben Ist. Je länger der Angestellte an das Pult gefesselt Ist, desto mehr erlahmt sein Interesse an der Arbeit. Er Ist nicht mehr imstande, schöpferisch tätig zu sein, Ideen zutage zu fördern, kurz, wirkliche Arbeit zu leisten. Und auch wer nur mit schematischer Arbeit beschäftigt ist, darf nicht überanstrengt werden, wenn seine Leistungen etwas taugen sollen. Eine all gemeine Beobachtung zeigt auch, daß dort, wo eine besonders lange Bureauzeit eingeführt ist, sich die Angestellten während der Arbeitszeit gern hinter dem Rücken der Vorgesetzten unter halten, Späßchen machen und nicht mit Ernst und Eifer bei der Arbeit sind. Ganz anders bei kürzerer Arbeitszeit. Der nicht erschlaffte Verstand schafft freudiger, die Arbeit wird in weniger Zeit fertig, und iür das Geschäft zeigen sich bessere Ergebnisse. Jeder Geschäftsherr, der seine Mitarbeiter genau beobachtet,