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H API ER=VER ARBEIT UNG Ü Buch gewerbe^S Das deutsche Buchgewerbe auf der Brüsseler Weltausstellung 1910 Eigenbericht Auf Einladung des Deutschen Buchgewerbe-Vereins hielten die Vertreter der verschiedenen buchgewerblichen Zweige am 23. Januar Im Buchgewerbehaus zu Leipzig wegen Beschickung der Brüsseler Ausstellung eine Besprechung ab, zu welcher auch der Reichskommissar Geheimrat Alberti und Geheimrat Ravene vom deutschen Ausstellungskomitee erschienen waren. Der Vorsitzende des Deutschen Buchgewerbe-Vereins, Herr Dr. Volkmann, begrüßte die Vertreter der verschiedenen Gruppen, worauf Reichskommissar Geheimrat Alberti u. a. folgendes aus führte: Nachdem das Deutsche Reich sich entschlossen hat, sich an der Brüsseler Ausstellung zu beteiligen, müsse man alles auf- bieten, damit das Deutsche Reich gut vertreten sei. Das Interesse für die Brüsseler Ausstellung in Deutschland sei trotz der vor kurzem noch vorhandenen Ausstellungsmüdigkeit lebhaft. Dies sei begreiflich im Hinblick auf die Bedeutung des belgischen Marktes für die deutsche Industrie. Belgien sei zwar ein kleines Land, aber die belgische Einfuhr ist von 1897 bis 1906 von 11/, Milliarde auf 2,7 Milliarden gestiegen. Belgiens Be völkerungsdichtigkeit (227 Personen auf den qkm) übertreffe selbst Deutschlands dichtestes Bevölkerungsgebiet. Auf der letzten Pariser Weltausstellung habe vor allem ein Kampf um Rußland als Absatzgebiet stattgefunden, in St. Louis um den Absatz nach Mittel- und Südamerika. Bei der Brüsseler Aus stellung handle es sich nicht nur darum, nach Belgien Absatz zu gewinnen, sondern ihn auch nach Frankreich zu erweitern und nach Großbritannien zu erhalten. Frankreich werde in Brüssel mit großer Machtentfaltung auftreten. Deutschland werde auf der Brüsseler Ausstellung nicht belgische Hallen mieten, sondern eigene Hallen errichten und die Baukosten dafür von den verschiedenen vertretenen In dustrien einziehen. Die deutsche Ausstellung soll ein einheit lich geschlossenes Bild bieten, dann wird sie des Erfolges sicher sein. Dazu gehöre aber auch, daß das graphische Ge werbe sich an der Ausstellung beteilige. Herr Dr. Volkmann betont, daß der Buchgewerbe-Verein in dieser Angelegenheit seine Mitglieder hinter sich haben müsse. Unter dieser Voraussetzung habe man bereits 2 Ausschüsse ein gesetzt, einen für den Buchgewerbe-Verein und die selbständige Gruppe der Photographie, einen für das eigentliche Buchgewerbe, für alle technische und wirtschaftliche Betätigung innerhalb des Gewerbes. Der Ausschuß für die Photographie sei bereits zu sammengetreten. Das photographische Fach werde al selb ständige Gruppe ausstellen, jedoch unter Führung des Deutschen Buchgewerbe-Vereins. Verwaltungsdirektor Wörnleln fügt über die Anordnung der Gruppen hinzu, daß die Reichsdruckerei den Mittelpunkt bilden werde, dem die übrigen Ausstellungsgruppen sich angliedern sollen. Für Buchgewerbe und Pnotographie ist erste Be dingung, daß die ausgestellten Gegenstände auf hoher Stufe hin sichtlich der Ausführung stehen, also das Beste, was geleistet werden könne. Die Anordnung müsse einheitlich sein, daher sei selbständige Einrichtung der Räume seitens der Aussteller ausgeschlossen. Wenn jeder mitarbeite, werde das Buchgewerbe gleich gut vertreten sein, wie 1904 in St. Louis. Hinsichtlich der Kosten bemerkt Herr Dr. Volkmann, daß in Würdigung des großen Interesses, welches das Buchgewerbe an Ausstellungen stets bekundet, sich die Reichsverwaltung zu einem sehr erheblichen Kostenbeltrag für unsere Gruppen ent schlossen habe, der von Einfluß auf die Platzmiete der einzelnen Aussteller sein werde. Namens der Reichsdruckerei sagte dann ein Regierungsrat die Beteiligung zu. Der Vorsitzende des Fachverbandes Deutscher Steindruckerei besitzer, Herr Löwenhelm, gab bekannt, er habe eine Rundfrage erlassen, welche Betriebe sich beteiligen würden. Leider habe die Rundfrage ein schlechtes Ergebnis gehabt. Die Hälfte der Steindruckereien habe nicht geantwortet, die andere Hälfte habe, mit Ausnahme von 15 Firmen, sich völlig ablehnend ver halten. Nur 5 Firmen gaben zustimmende Antworten. Somit könne auf nennenswerte Beteilignng der Steindruckerelen nicht gerechnet werden. Herr Dr. Volkmann bittet, sich durch dieses Ergebnis nicht abschrecken zu lassen. Es gebe viele Firmen, die später doch mitmachten. Reichskommissar Alberti betont nochmals die Notwendig keit zahlreicher Beteiligung. Es bandle sich um ein Duell mit Frankreich auf wirtschaftlichem Gebiet. Herr Löwenheim gibt darauf einzelne Ablehnungsschreiben aus Steindruckereibetrieben bekannt, aus welchen bittere Klagen über die außerordentlich hohen Einfuhrzölle in Oesterreich usw. zu entnehmen sind, sodaß an Vergrößerung der Absatzgebiete durch Ausstellungen kaum gedacht werden könne. Wenn es mit den Zöllen so weiter gehe, werde es immer schwieriger, unsere Stellung auf dem Weltmärkte zu behaupten. Der Reichskommissar bittet, ihm die verlesenen Schrift stücke zwecks Weitergabe an das Reichsamt des Innern zu überlassen. Dieses könne sie bei der Neugestaltung der Handels verträge verwenden. Die Angehörigen des Buchdruckgewerbes haben, wie Herr Bär mitteilte, bis jetzt noch keine Gelegenheit gehabt, zur Be schickung der Ausstellung Stellung zu nehmen. Man werde nunmehr diesbezügliche Schritte unternehmen. Herr Säuberlich meint, daß die reinen Buchdruckerefen der Sprache wegen auf Geschäfte nach Belgien nicht rechnen können. Herr Kommerzienrat Biagosch ist außerstande, namens der Maschinenindustrie für buchgewerbliche Zwecke eine bestimmte Er klärung abzugeben, doch glaubt er annehmen zu können, daß in seinem Fach Geneigtheit zur Beteiligung bestehe. Seine Firma (Karl Krause, Leipzig) werde sich dann nicht ausschließen. Seitens Herrn Vörsters wird bezüglich des Buchverlags aus geführt, daß die Sprachgrenze die Ausfuhr von Büchern hindere. Er glaubt aber, daß man einen Teil der Verleger wissenschaft licher Werke zur Beteiligung bewegen könne. Her Kommerzienrat Giesecke hält die Beteiligung der Schriftgießereien wegen des jetzt schon bestehenden Konkurrenz kampfes auf ausländischen Absatzgebieten für wünschenswert. Für den Verein der Verleger deutscher illustrierter Zeitschriften erklärt Herr Schanz, daß sich dieser beteiligen werde. Dagegen kann Herr Oldenburg keine Erklärung namens des Deutschen Musikalienhändlervereins abgeben; er werde die Sache nunmehr bei seinen Fachgenossen anregen und für sie werben. Zum Schlüsse gab Herr Geheimrat Ravene alle jene Zweige der deutschen Industrie bekannt, die sich bereits fest für eine Beteiligung ausgesprochen haben. Ausstellung künstlerischer Besuchskarten in Stuttgart In der König Karl-Halle des Museums wurden dieser Tage die auch in Nr. 75 von 1908 beschriebenen und z. T. abgebildeten Besuchskarten als Wanderausstellung des Deutschen Buch gewerbevereins gezeigt. Aus den Typographischen Gesellschaften Bremen. Typographischer Klub. Am 4. Januar waren »Wett bewerbsarbeiten der Hamburger Typographischen Gesellschaft« ausgestellt. Es waren 78 Entwürfe auf 20 Tafeln, und die Arbeiten zeigten Fleiß und gutes Können. Eingänge lagen vor von den Schriftgießereien Stempel, Klingspor und Flinsch. Bei deren Besprechung betonte Herr Miller als Sprecher der tech nischen Kommission, es sei ein Fortschritt, daß die Gießereien ihre Neuheiten jetzt in einheitlichen Heften herausgäben, statt der früher beliebten Gesamtproben. Die jetzige Art erleichtere dem Setzer auch die Behandlung des Materials. Am 11. Januar sprach Herr Photograph Grienwaldt über »Eigenste Berufsarbeit«. Redner war dem Wunsche des Typo graphischen Klubs, einen Vortrag zu halten, gern gefolgt. Der lehrreiche und interessante Vortrag fand verdiente Würdigung. In der Aussprache wurde auch auf den Artikel in dem Weih nachtsheft des »Archiv für Buchgewerbe« verwiesen: »Mehr setzen — weniger bauen.« Eine vorzügliche Ausstellung künstlerischer Photographien (Typen aus dem Bremer Altenheim und Porträtstudien) ver schönerte den Abend. —f. Für die Anzeigensteuer! Wie das »Stuttg. N. Tagebl.« be richtet, hat die Ulmer Handelskammer in ihrer letzten Sitzung sich mit der Reichsfinanzreform befaßt und hat die Anzeigen steuer, entgegen den vielen Kundgebungen aus dem Reich, eine Mehrheit in der Kammer gefunden, nicht aber die Plakatsteuer. —s—