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Kesselstein-Bekämpfung nach neueren Verfahren C. Cario stellt in der Zeitschrift für Dampfkessel und Maschinenbetrieb die neuesten Verfahren zur Bekämpfung der Kesselsteinplage wie folgt zusammen. Das Abklopfen des Kesselsteins sucht man durch mecha nischen Antrieb eines Klopfwerkzeuges zu erleichtern, z.' B. durch Luftdruck. Das Werkzeug ist- ein Preßlufthammer, von welchem ein Luftschlauch nach dem außerhalb des Kessels stehenden Luftkompressor führt. Dieses Verfahren eignet sich besonders dort, wo bereits für andere Zwecke Preßluft vor handen ist. Bei größeren Kesselanlagen lohnt sich die Beschaffung eines Kompressors für diese allein. In den meisten Fällen fehlt es an solchen, während in neuerer Zeit elektrische Kraft häufiger vorhanden ist. Deshalb hat man diese etwa seit Jahresfrist mit einigem Erfolg in den Reinigungsdienst gestellt. Adolph Schrör in Bremen hat dazu ein fräserartiges Werkzeug gebaut, das in einem Handgriffe rotiert; eine biegsame Welle ist von ihm nach dem außerhalb des Kessels stehenden Elektro motor geführt. Ein solcher Fräser verbraucht viel Kraft, und die Leistungsfähigkeit läßt zu wünschen übrig, weil der Kessel stein in feinsten Staub zermahlen wird. Schrör hat über Deutschland verteilt eine Anzahl Stellen eingerichtet, welche mit dem Apparat für Lohn die Kessel reinigen. Ein fast ganz gleiches Verfahren ist unter dem 13. Februar 1908 für Max Steyer in Charlottenburg patentiert. Sein Werkzeug ist sowohl an der zylindrischen Oberfläche als auch an der Stirnfläche mit Zähnen versehen. Wegen der sehr starken Staubentwicklung bei den rotierenden Kratzwerkzeugen wendet man neuerdings auch Absaugevorrichtungen an, die gleichzeitig betrieben werden und den Staub aus dem Kessel hinausbefördern. Anstriche der Kesselwandungen sind schon längere Zeit als Antiklebemittel bekannt, welche bewirken sollen, daß sich der Kesselstein von der Wand leicht ablöst und mit geringem Arbeitsaufwand entfernt werden kann. Am bekanntesten ist das Anstrichmittel von Gebr. Korn in Würzburg, das seinem Zwecke entspricht. Ein ähnliches Mittel kann man selbst her stellen, indem man Steinkohlenteer mit etwa 10 v. H. ge branntem, pulverisiertem Kalk vermischt. Der Kalk soll das im Teer noch enthaltene Wasser binden, damit der Anstrich besser trocknet und hart wird. Ein anderes Verfahren, die Kessel wandung vorzubereiten, bestellt darin, sie mit Graphit einzu bürsten, in gleicher Weise, wie eiserne Oefen geschwärzt werden. Anstrich aus Graphit mit Firnis, Vaseline, Milch oder dergleichen ist umständlicher, teurer und auch nicht wirksamer. Seit etwa einem Jahre wird die sogenannte »Magnetine« von Firnhaber & Braun in Mannheim in den Handel gebracht, in der Hauptsache roher Graphit mit Bimsstein- und etwas Aluminiumpulver gemischt, welches Mittel aber nicht auf die Kesselwände aufgetragen, sondern lose in möglichster Verteilung in das Kesselwasser geschüttet wird. Der Magdeburger Verein für Dampfkesselbetrieb stellte in einigen Fällen die Wirksamkeit dieses Mittels fest, die darin zu bestehen scheint, daß das Pulver sich zwischen die mineralischen Partikel legt und ihr Zu sammenhalten verhindert, sodaß sich neuer Kesselstein nicht bilden kann. Wo sich kein neuer bildet, löst sich der alte Kesselstein mit der Zeit los. Die Geschäftsinhaber erklären den Vorgang auch folgendermaßen. Das Pulver schwimmt vermöge seines kleinen spezifischen Gewichts in dem wallenden Wasser, bietet den mineralischen Schlammteilchen große Oberfläche dar und soll sie anregen, sich auf das Pulver statt auf die Kessel wandungen abzusetzen. Anderseits soll durch das stark bewegte Pulver die Kesselwandung gerieben und blank erhalten werden. Dabei wird indessen übersehen, daß im Betriebe große Pausen vorkommen, z. B. während der Nacht, und daß gerade dabei die Niederschläge vor sich gehen, gefördert durch die Abnahme von Druck und Temperatur. Auch liegt kein Grund dafür vor, daß die Niederschläge für die Partikel des Mittels mehr Neigung haben sollen als für die festen Kesselwände. Nicht in allen Fällen hat günstige Wirkung festgestellt werden können. Es wird weiterer Beobachtungen bedürfen, um die näheren Um stände aufzuklären. Aehnliche Wirkung haben schleimbildende Stoffe, unter denen seit vielen Jahren das Catechu bekannt ist. In etwas veränderter Form wird es in neuerer Zeit als »Categulith« von Brückner, Lampe & Co. in Berlin C angeboten. Das Mittel ist besonders im Berliner Bezirk gut eingeführt und wird dort von vielen Seiten als vollständig befriedigend gelobt. Ein anderes, noch neues Verfahren von Heinrich C. Sommer in Düsseldorf besteht darin, die Wasserrückstände innerhalb des Speise-Einführungsrohres auszuscheiden, welches in den Kessel hineinreicht. Zu diesem Zweck ist das Rohr oben in den Kessel durch den Dampf- und Wasserraum bis auf die Kesselsohle und über dieser entlang bis in die Nähe des Ablaßstutzens geführt. In Höhe des Wasserspiegels ist das Rohr zu einem Injektor ausgebildet, wodurch das mit einigen Atmosphären Ueberdruck eintretende frische Wasser heißes aus den oberen Wasser schichten ansaugt, nötigenfalls auch etwas Sodalösung aus einem von außen zu füllenden Gefäße. Dabei sollen sich die mine ralischen Stoffe durch Wärme und Soda ausscheiden und nahe am Ablaßstutzen abgelagert werden, damit sie bei jedem Oeffnen des Ablaßhahns aus dem Kessel geschwämmt werden. Während alle vorstehend aufgeführten Verfahren nur den Zweck haben können, den sonst festen Ansatz der Wasserrück stände in losen Schlamm überzuführen, gibt es Verfahren, bei welchen die Kesselsteinbildner abgeschieden werden, bevor das Wasser in den Kessel gespeist wird. Das neueste Verfahren dieser Art, das sich durch merkwürdige Einfachheit aus zeichnet, ist das Permutit-Verfahren, erfunden von Dr. R. Gans, Vorsteher des Laboratoriums für Bodenkunde der Königlichen geologischen Landesanstalt in Berlin. Natrolith = Na, Al,Si,O, + 2H,O, also ein basisches Alumi- natsilikat (aus der Gruppe der Zeolithe) läßt sich künstlich in körniger oder blätteriger Form herstellen und wird von der Firma J. D. Riedel A.-G., Berlin, unter dem Namen »Permutit« in den Handel gebracht. Läßt man durch ein damit gefülltes Gefäß gipshaltiges Wasser wie durch ein Filter fließen, so gibt das Permutit das Natron ab und nimmt dafür den Kalk auf, während in dem Wasser ‘statt des Gipses sich schwefelsaures Natron bildet, das so leicht löslich ist, daß es keinen Kessel stein ansetzt. Man erzielt also dasselbe wie durch chemische Reinigung mittels Natronlauge; nur ist das Verfahren viel ein facher, weil dem zu reinigenden Wasser keine Chemikalien zu gemessen werden: das unlösliche Permutit tauscht mit dem Wasser nur Kalk und Natron aus, solange im Wasser Kalk und im Permutit Natron enthalten ist. Wenn letzteres erschöpft ist, hört die reinigende Wirkung des Permutits auf, und es hat die Zusammensetzung des Chabasits: CaAlSi, O0 + 2H,O erhalten. Aber es braucht nun nicht als unbrauchbar fortgeworfen zu werden, sondern tauscht jetzt umgekehrt ebenso bereitwillig den Kalkgehalt wieder gegen Natron aus, wenn man es mit einer Kochsalzlösung übergießt; diese braucht nur etwas (auf 50 °) angewärmt zu sein. Das Permutit ist dann aufgefrischt, in seinen anfänglichen Zustand zurückversetzt und übt nun von neuem seine reinigende Wirkung aus. Dabei geht fast nichts von dem Permutit verloren. Die Permutitmasse wird in einem eisernen oder hölzernen, zylindrischen, unten konisch zulaufenden Filtergefäß eingelagert. In dem Konus liegt ein perforiertes Blech als Siebboden, darauf eine Schicht aus grobem Kies; dann folgt eine Schicht aus feinem Kies, darauf liegt die Permutitschicht. Diese wird mit einer lockeren dichten Schicht feiner Holzwolle bedeckt, welche mittels eines geteilten, perforierten, mit Leinwand überzogenen Deckels festgehalten wird. Dicht darüber mündet das Abfluß rohr für das gereinigte Wasser, welches im rohen Zustande unten am Konus zugeführt wird. Tritt das Wasser aus einer Pumpe ein, so kann damit gleichzeitig das Reinwasser auf eine beliebige Höhe in einen Vorratsbehälter getrieben werden. Die Höhe der Permutitschicht im »Filter« richtet sich nach .der Durchflußgeschwindigkeit des Wassers und dessen Härte und ist durch Erfahrung ermittelt. Die Breite der Schicht richtet sich nach der verlangten Leistung an Reinwasser. Zum Zweck der Auffrischung wird eine 15 bis 2oprozentige Lösung von (mit Holzkohle denaturiertem) Kochsalz in warmem Wasser hergestellt, durch Beutel filtriert und in ein entsprechend großes Gefäß gepumpt, das sich über dem Filter befindet. Nachdem alles Wasser von dem Filter abgelassen ist, läßt man die Salz lauge darauf treten und sechs Stunden lang einwirken, während man es intermittierend hindurchgehen läßt. Zum Schluß wird die nun kalkhaltige Lauge abgelassen und das Filter mit Wasser durchgespült, bis dieses nicht mehr auf Kalk und Kochsalz reagiert. Die Auffrischung wird entweder in der Nachtpause vorgenommen, oder es werden zwei Filter zum Wechselbetriebe aufgestellt. Das zu reinigende Wasser kann bis auf o° Härte herunter gebracht werden, oder man kann nach Belieben einen Rest von einigen Härtegraden bestehen lassen, indem man die Ge schwindigkeit des Wasserdurchflusses durch das Filter regelt. Eine Nachreaktion im Kessel, wie beim Kalk-Sodaverfahren, tritt hier nicht ein; ebenso fällt die bei letzterem üble Be lästigung durch Kalkstaub und Kalkschlamm, durch den Um gang mit Soda und dergl. vollständig fort. Verbraucht wird nur das billige denaturierte Kochsalz. In einer Berliner Fabrik befindet sich eine solche Anlage, geliefert von Halvor Breda G. m. b. H., Berlin-Charlottenburg, zur täglichen (xostündigen) Enthärtung von 35 bis 40 cbm Kesselspeisewasser von 10 deutschen Härtegraden. Dazu sind aufgestellt zwei Filter von je 2,4 m Höhe und 1,2 m Durch messer, von denen immer nur eins im Betriebe ist. Jedes ent hält etwa 700 kg Natriumpermutit in einer Schicht von 70 cm Höhe. Die Durchflußgeschwindigkeit beträgt 65 bis 70 1 minütlich. Innerhalb der ersten vier bis fünf Tage liefert das Filter Wasser von o Härtegraden, worauf die Härte allmählich zunimmt, am siebenten Tage auf 4,5 bis 5 ’. Dann wird das Filter abgestellt und mit einer Lösung von 150 bis 180 kg Koch salz in 900 bis 1000 kg Wasser aufgefrischt. Ein während dreier Monate mit permutiertem Wasser gespeister Kessel zeigte nach einem Bericht des Lieferanten keine Spur von Kesselstein und erwies sich auch nach jeder übrigen Richtung als tadellos.