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Nr.5 PAPIER-ZEITUNG 147 Baumwollstauden als Rohstoff für Papier Bork, a. d. Lippe, 26 Dezember 1908 Kürzlich machte ich eine Reise durch die Vereinigten Staaten von Amerika und bis zur Hauptstadt Mexikos. In Texas, wo ich von früher noch einige Beziehungen habe, hielt ich mich mehrere Wochen auf und hörte von meinen Freunden, daß man damit umgehe, Fabriken anzulegen, um aus den ab gestorbenen, bis jetzt wertlosen Baumwollstauden Papierstoff herzustellen, wovon man sich, im Großen betrieben, wunderbare Erfolge versprach. Jetzt wird mir hierüber ein Zeitungs-Aus schnitt gesandt, den ich beifüge. Es wäre gewiß von allgemeinem Interesse, Ihre Ansicht darüber zu hören, ob dieser Baumwollstaudenstoff geeignet sein dürfte, den Holzschliff wesentlich zu beeinflussen. Ich glaube es vorläufig nicht; denn wenn es auch ungeheure Mengen von Baumwollstauden in den Südstaaten gibt, so wird die Her stellung nicht so billig sein, wie man sich vorstellt. Ob die Ausbeutung irgendwo schon im Großen betrieben wird, habe ich nicht in Erfahrung bringen können. Ein Stöckchen Baum wollstaude füge ich bei. Wolfg. Kapp Der amerikanische Zeitungsausschnitt lautet in Ueber- setzung: Eine Gesellschaft mit 500000 Dollar Kapital wurde in Atlanta gegründet, um aus Baumwollstauden Papier herzustellen. Angeblich betragen die Herstellungskosten etwa 15 Dollar die Tonne; bewahrheitet sich dies, so dürfte der Holzpapiertrust aas dem Felde geschlagen werden. Das uns gesandte Stückchen Baumwollstaude ist ein dünner Zweig von etwa 8 mm Durchmesser mit dünner braunschwarzer Rinde und einem mit lockerem Mark ge fülltem Kern von etwa 4 mm Durchmesser. Das Holz dieses Zweiges ist hellgelb und von beträchtlicher Härte. Unseres Erachtens können diese dünnen Zweige von der schwarzen Rinde nur durch kostspielige Arbeit so befreit werden, daß die Rinde den aus dem harten Holz ge wonnenen Stoff nicht verunreinigt. Dies sowie die Er fahrungen, die man sonst mit Stauden gemacht hat, führen uns zur Annahme, daß diese Rohpflanze trotz ihres massen haften Vorkommens dem Nadelholz keinen ernsten Wett bewerb als Papierrohstoff machen kann. Verein der Zellstoff- und Papier-Chemiker Internationaler Kongreß für angewandte Chemie, London 1909 Hierdurch geben wir bekannt, daß die Herren Frank Lloyd i. F. Edward Lloyd Ltd. in Sittingbourne die Besichtigung der großen Lloyd’schen Anlagen in Sittingbourne und Capt. Ed. Partington die der Glossoper und der Kellner-Partington’schen Anlagen bei Manchester unsern am Internationalen Kongreß in London teilnehmenden Vereinsmitgliedern freundlichst gestatten werden. Die Kommission zur Vorbereitung der Teilnahme am Internationalen Kongreß für angewandte Chemie London 1909 I. A.: Dr. A. Klein * * * Zum Mitglieder-Verzeichnis (Siehe Nr. 3, S. 69) Als Mitglieder haben sich gemeldet: Herr Ing. Franz Koeser, Direktor der Zellulosefabrik Fulda in Fulda-Kohlhaus. F. J. Bernsau, G. m b. H., Papierfabrik in Erkrath, Rheinprovinz. Julius Glatz, Papierfabrik in Neidenfels b. Lambrecht. Gebrüder Dietrich, Papier- und Zellstoffabrik in Merseburg. Herr Hisashi Nakamura, Government paper mill, Printing Bureaux, O/i, Tokyo, Japan. Papierfabrik Gauting Dr. Haerlin 6 Söhne in Gauting, Oberbayern. Anstelle der Herren Clayton Beadle und Dr. Henry P. Stevens ist die Firma Clayton Beadle & Stevens, Labo ratorium in London, London Bridge, S. E., 15, Boro, als Mitglied in den Verein aufgenommen worden. Unser Mitglied, Herr Dipl.-Ing. D. Steiner, verlegte seinen Wohnsitz von Rözsahegy, Ungarn, nach Darmstadt, Rheinstraße 25. Mitgliederzahl: 168. Hauptversammlung am 23. und 24. November 1908 im Papierhaus zu Berlin Stenographisches Protokoll der Verhandlungen Fortsetzung zu Nr. 1 von 1909 Vorsitzender: Wir kommen nun zum zweiten Punkt, dem Vortrag des Herrn Prof. Dr. Klason aus Stockholm über Die Gerüche in den Sulfatzellstoff-Fabriken Prof. Dr. Klason: Dadurch, daß man das Aetznatron mit Natriumsulfid vertauschte, bekam man, was selten in dieser bösen Welt vorkommt, mehr als man eigentlich beabsichtigt hatte. Man beabsichtigte ein billigeres Alkali zu haben, aber man bekam dadurch auch kräftigere Faser und höhere Ausbeute. Doch, wie es immer vorkommt, brachte diese Veränderung nicht lauter Vorteile, sondern sie brachte auch große Nachteile: man bekam den bekannten üblen Geruch. Es ging wie mit den Leuten in den chemischen Laboratorien: diejenigen, die die Stinkerelen machen, fühlen sie nicht, die Leute in der Umgegend dagegen desto mehr. Die Fabrikanten fanden also diesen Geruch garnicht belästigend, aber die Bewohner in der Umgegend er hoben allmählich Einspruch gegen diese Fabrikation. In Schweden ist sie besonders in die Höhe gegangen, denn dort werden zurzeit im Jahr etwa 80000 Tonnen Sulfatzellstoffs aus Nadelhölzern hergestellt. Mit Hygienikern darf man nicht scherzen, und jetzt ist man soweit gekommen, daß etwas ge schehen muß, daß Verbesserungen im Sulfatstoff-Verfahren vor genommen werden müssen, welche die üblen Gerüche beseitigen oder herabmindern. Jeder Unparteiische muß die Berechtigung dieser Forderung zugeben. Hauptforderungen für zweckmäßiges Arbeiten in Sulfatzell stoff-Fabriken sind: 1. Man soll Weißlauge herstellen, die einen möglichst großen Gehalt an Schwefelnatrium hat, denn dann wird die Ausbeute größer und die Faser besser; 2. Man soll möglichst wenig Natriumsulfat verwenden, denn dann arbeitet man sparsamer; 3. Man soll möglichst wenig üble Gerüche ent wickeln. Es fragt sich nun, sind diese drei Forderungen mit einander verträglich, d. h. läßt sich ein Verfahren ausfindig machen, das guten Verlauf in allen diesen Richtungen ermöglicht? Diese Frage kann nur behandelt werden, indem man dem Verlauf des Kocbverfahrens und der Soda-Wiedergewinnung in seinen Grund lagen nachgeht. Ein eigentümlicher Zufall hat es mit sich ge bracht, daß ich vielleicht die größten Voraussetzungen hatte, diese Fragen zu lösen. Ich habe mich nämlich ziemlich gründ lich mit der Sulfatstoff-Herstellung vertraut gemacht, mich auch In früherer und neuerer Zeit eingehend mit den übelriechenden Merkaptanen und Alkalisulfiden beschäftigt. Namentlich ersann ich vor bald 30 Jahren ein Verfahren zur quantitativen Bestimmung von Schwefelwasserstoff und Merkaptan, wenn beide Stoffe gleichzeitig vorhanden sind. Dieses Verfahren besteht in Ueber- iührung dieser Stoffe in Quecksilberverbindungen mittels Queck silbercyanids. Es bildet sich dabei einerseits reines Schwefel quecksilber, anderseits weißes reines Qaecksilbermercaptid nebst Cyanwasserstoff gemäß der Reaktion: Hg (CN) 2 4- 2 HSCH 3 — Hg (SCH,), + 2 HCN Hg (CN), + H a S = HgS + 2 HCN Da die genannten Quecksilberverbindungen völlig unlöslich und unveränderlich sind, können sie ihrer Menge nach durch Wägen bestimmt werden. Wird dann der trockene Niederschlag mit reiner Salzsäure gekocht, so wird das Mercaptid nach der Formel zerlegt Hg (SCH,),+ HCl = Hg 8 ^ 3 + HSCH, d. h. die Hälfte des Merkaptans wird entwickelt. Dieses wird in Alkohol absorbiert und dann mit Jod nach einem von mir ausgearbeiteten Verfahren titriert, eine Reaktion, die nach fol gender Formel verläuft 2 CH,SH —2= CH, SCH, + 2 HJ Quecksilbersulfid wird auch von kochender Salzsäure nicht angegriffen. Die Bestimmung eines Merkaptans gehört demnach zu den schärfsten analytischen Verfahren, die es gibt. Wie die Herren wissen, ist jede chemische Untersuchung abhängig von der Ausfindung eines quantitativen Verfahrens, und die Untersuchung wird umso besser, genauer und sicherer, je bequemer, je schärfer das Verfahren ist. Daß die üblen Gerüche der Sulfatstoff-Herstellung Merkaptan- Verblndungen sind, bat man seit langem vermutet und auch ausgesprochen, man ist jedoch der Sache nicht näher auf den Grund gegangen. Ich habe mich mehrere Jahre mit dem Lignin, wie es In den Nadelhölzern vorkommt, beschäftigt, und ich habe gesucht, ge nügende Beweise dafür zu ermitteln, daß dieses Lignin zu den aromatischen Verbindungen gehört, in deren Seltenketten auch Methoxylkomplexe (OCH,), wie die in den Anisolen, vor kommen. Also Lignin Ist ein Anisol, und grade diese Methyloxyl- komplexe sind es, welche diese schlechten Gerüche veranlassen.