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Sächsischer Landes-Anzeiger : 08.04.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-04-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188804089
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880408
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880408
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-04
- Tag 1888-04-08
-
Monat
1888-04
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 08.04.1888
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M?«WWWWWWWWWWWWWW Nr. 81. — 8. Jahrgang. Der jeden Wochentag Abend (mit Datum de» folgenden Tage») zur Versendung gelangende „Sächsische La»VcS-V»zcigcr" mit täglich einem besonderen Unter- baltunaSblatte und mit dem Extrabeiblatt mistige» Bilderbuch kostet bei de» Nnrgabe- stellen mo»atlich?OPjg., bei denPost-Anst. 75 Ps. (1886er ZtgS.-PreiSliste Nr. oü3S.) ürAbonnenten erscheint je einmal im Jahr: Sächsischer lmliles-AWisikk Illustr. Aalender de» Sächsischen Landbote». Illustrirtes Iahresbuch de« LandeS-Anzeiger-. mit „Chemnitzer Stadt-Anzeiger . — liuparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. reigr Adr Land»Anzeger Eyemn»^ Untahnlümgsbkttt: i Kleine Botschaft - 2. Sächsischer Erzähler - 3. Sächsische Gerichts-Zeitnng 4 Sächsisches Allerler b. ^Unskrrrtes Unterkaltnngsblatt — 6 Sonntagsblatt — Erlra-Beiblatt: Lustiges Bilderbuch Sonntag, 8. April 1888. >a,elge»prei»de» „Sächs. Sauder-SnzelaeN"; Raum einer schmalen Corv»»z«Ile U» Pia. Bevorzugte Stelle (lspalt. Petitzeil«) 30 Pf. BeiWiederhvlnng grober Alino»cenRabatt, Bei Bestellungen vvn An»n>ärt» wolle niau JnsertionSbetrag (in Briefmarke») beifägen fie 8 Silben Corpn-schrist bilden ca. 1 Zeile.) Annoncenannahme nur bi» Bormittag. Lkckib AlkkM Wkil». Bnchvnilkerei, Cliciiiniiz. Theaterstraße 5 (Fernsprechstelle Nr. 138). Telegr -Adr.! Lander-Anzeiger, Chemnitz. Telegraphische Nachrichten. Vom 6. April. Nürnberg. Seit gestern Abend haben wir anhaltendes Schnee gestöber; heute Vormittag ist die ganze norddeutsche Post deshalb ausgeblieben. Polnisch-Ostrau. Gestern wurden durch eine Gruben-Explo- sion elf Bergleute getödtet. Wien. Eine Meldung der „Polit. Corr." aus Sofia bestreitet, daß die bulgarische Regierung wegen Aufstellung eines türkischen Truppenkordons Erklärungen in Konstantinopel gefordert habe. London. Hier ist der Glaube allgemein, daß die Königin auf ihrem Besuch in Berlin erst recht bestehen werde. Als Zweck der Reise gilt, die Werbung des Prinzen Alexander von Battenberg zu unterstützen. Die Presse ist sonst den Battenbergern abgeneigt, be günstigt aber die angeblich projektirte Heirath, weil sie hofft, Prinz Alexander werde eventl. mit deutscher Unterstützung nach Sofia zurückkehren können, wodurch englische Interessen gefördert würden. — Die Abendblätter bezeichnen den Zwischenfall Battenberg als Peinlich für England; es sei äußerst wichtig, daß die Beziehungen zwischen beiden Völkern und Regierungen herzliche bleibe». Der Reichskanzler. Chemnitz, den 7. April, Es ließ sich voraussehen, daß nach Kaiser Wilhelm's Hinscheiden auch Gerüchte über Rücktrittsgesuche des Reichskanzlers Fürste» Bis marck nicht auf sich warten lassen würden. In der Natur der Sache liegt eS, daß nach dem Ableben eines Monarchen von dem ersten Minister Dies und Jenes gesprochen wird, was man auf einen Rücktritt vom Amte deuten könnte, denn ein Regierungswechsel bringt stets eine tiefgreifende Acnderung mit sich, wenn die letztere auch nicht immer deutlich an die Oberfläche tritt. Wir erinnern nur daran, daß nach dem Tode König Ludwigs von Bayern sofort der Rücktritt des Ministerpräsidenten von Lutz angekündigt wurde; »och oftmals hat man seitdem von dieser Möglichkeit gesprochen, aber Herr von Lutz ist heute noch im Amte. Und so wird man wahrscheinlich wiederholt auch sagen, der Reichskanzler wolle sich zurückzichcn, aber im Amte wird er deshalb doch bleiben. Man verkennt eben Stellung und Character des Reichskanzlers vielfach vollständig. Fürst Bismarck ist kein Minister, der immer nur seinen eigene» Willen durchsetzen will; in allen großen Fragen der Zeit hat er nicht seinen Willen Kaiser Wilhelm aufgedrungcn, er hat nur seinen Rath gegeben, und die kaiserliche Entscheidung ist die höchste Instanz geblieben und wird cs' nnch fernerhin bleiben. Der Kanzler ist kein Minister der Kabinets- sragen; Wäre er das, hätte er schon längst zurücktrcten müsse». Während seiner Amtirung haben sich in Berlin hinter den Coulisscn Dinge ab gespielt, die auch den mächtigen Kanzler zeitweise in die Enge getrieben haben, aber daraus ist niemals ein Bruch entstanden. Der Fürst reichte wohl auch wiederholt sein Entlassungsgesuch ein, aber als Kaiser Wilhelm darunter sein „Niemals" geschrieben, war dieser Fall abgcthan. Hätte der Reichskanzler etwa dieselbe Stellung wie in England der Minister präsident, jene Friktionen hätten sich überhaupt nicht ereigne» können, denn in London gilt i» der Politik tatsächlich des Premierministers Wort und nicht das der Königin. Ebenso hat Fürst Bismarck auch dem Reichsparlament gegenüber ganz andere Nachgiebigkeit gezeigt, als ein britischer Kabinetschcf sie zeigen würde. Er hat reichliche parlamentarische Niederlagen zu verzeichnen, die in England jedesmal einen Ministerwechsel herbeigcführt haben würden, und ist doch am Platze geblieben. Aus Allem erhellt, daß für die Zukunft gar keine Rede davon sein kann, sagen zu wollen, die innere Politik des Kanz lers ist unantastbar. Das letztere ist sie niemals gewesen. Es sind zweifellos Meinungsverschiedenheiten zwischen Kaiser und Kanzler in einzelne» inneren Fragen vorhanden, aber aus dem geklärten Mein ungsaustausch geht ja stets das Gute hervor. Der erste Minister ist eben dazu da, seinen Rath dem Monarchen zu geben, nicht aber, jenem seine Politik in allen Einzelheiten anfzudringen. Betrachtet man die Verhältnisse von diesem thatsächlichen Gesichtspunkte, so wild man von selbst zugeben, daß hier die Gefahr einer Kanzlcrkrisis nur in ganz außerordentlichen Momenten cintreten kann, und solche liegen zur Stunde nicht vor. Der deutsche Reichskanzler muß eine sehr feste Stellung haben, das würdigt nicht zum mindesten Kaiser Friedrich selbst. Wenn nun mit Unrecht jetzt eine interne Angelegenheit der Kaiser familie als Grund einer Kanzlcrkrisis hingestellt ist, so baut sich diese Be gründung auf Voraussetzungen auf, die thiirichter nicht sein können. Wir wollen die Verhältnisse einmal betrachten. Zwischen der Prinzessin Victoria von Preußen, der zweitältcsten Tochter Kaiser Friedrichs, und dem Fürsten Alexander von Battenberg/ dem vormaligen tapferen Vulgaren- sürsten, besteht schon seit langer Zcil eine wahre Hcrzcnsncignng. Es ist selbstverständlich, daß die hohen Eltern, die in ihrer Ehe so viel Glück gefunden, wünschen, auch ihren Kindern freie Wahl zu lasten, und sie werden schwerlich etwas gegen den ritterlichen Battcn- bcrger einzuwcnden habe». So lange Fürst Alexander in einer zweifelhaften Stellung in Bulgarien war, war an eine Vermählung nicht zn denken. Jetzt ist der Fürst seit mehreren Jahren wieder in Deutschland, und man sagt, Fürst Bismarck habe mit Rücksicht aus die politischen Beziehungen zum Zaren sich energisch der Verbindung einer preußischen Prinzessin mit dem Gegner des russischen Selbst herrschers widcrsetzt, und Kaiser Wilhelm deshalb auch seine Einwilligung versagt. Kaiser Wilhelm ist entschlafen, der Vater der Prinzessin Victoria hat de» Kaiserthron bestiegen, und bei ihm steht nun die Entscheidung über das Glück der Liebenden. Aber eine Kanzlcrkrisis kan» daraus doch nicht entstehen. Die Dinge liegen sehr nnsach: Verzichtet Fürst Alexander auf jedwede Rückkehr nach Bul garien, sowie auf jede Einmischung in die Orientpolitik, so hat die Politik -bei seiner Vermählung auch nicht ein Wort mitzusprechcii. Auch dem Zaren wird es sehr gleichgiltig sein, wen der deutsche Prinz Battenberg heirathet. Gicbt Fürst Alexander hingegen die Gedanken an eine Rückkehr nach Bulgarien nicht auf, so wird nicht nur der Kaiser, sondern auch der Vater Bedenken tragen, in die Verbindung zn Willigen. Kaiser Friedrich wird seine Tochter nicht den Gefahren aussetzen, die ihr in dem unsicheren bulgarischen Staatswcsen drohen können; das wird ihm schon die väterliche Liebe verbieten. So liegen also die Dinge sehr einfach, »nd Grund zu irgendwelchen Differenzen ist nicht vorhanden. Diese könnten nur entstehen, wenn die Ein willigung zur Vermählung der Prinzessin Victoria mit dem Batten berger als bulgarischem Throncaudidaten gegeben würde, aber diese wird Kaiser Friedrich sicher nicht geben. Wir haben also keinen An laß- uns über einen derzeit möglichen Rücktritt des Kanzlers die Köpfe zu zerbrechen. Politische Rundschau. Chemnitz, den 7. April. Deutsches Reich. Kaiser Friedrich konferirte am Donnerstag Nachmittag fast zwei Stunden mit dem Reichskanzler Fürsten Bis marck. Das Befinden des Kaisers war am ganzen Tag ein günstiges. Abends um 7 Uhr traf Kaiserin Augusta zum Besuche der kaiserlichen Maiestätcn im Charlottenburger Schlosse ein und verweilte dort bis 8 Uhr. Am Freitag war das Befinden des Kaisers nach einer im Ganzen gut verbrachten Nacht gleichfalls ein günstiges. — Folgende Enthüllungen über des Reichskanzlers Demissions gesuch finden wir in eine», stets sehr gut informirten Wiener Blatte: Fürst Bismarck soll vergangenen Dienstag dem Kaiser Friedrich sein Demissionsgesuch überreicht haben. Dieser gewichtigen Nachricht folgte die freundlichere Meldung, der Kaiser habe das Gesuch des Kanzlers mit den wärmsten Worten der Anerkennung für dessen Ver dienste abgelehnt, und cs stehe die Veröffentlichung dieses kaiserliche» Schreibens in Aussicht. Es verlautet, daß der Kanzler zu dem Te- missionsgcsuch nicht durch einen ernsten Conflict, sondern durch Be scheidenheit »nd Courtoisie veranlaßt worden sei. Man erinnert sich des enthusiastischen Trinkspruchs, den Kronprinz Wilhelm znm Ge burtstage des Reichskanzlers auf letzteren ausgcbracht. Fürst Bis marck fühlte sich durch die Lobeserhebungen des Kronprinzen in eine ihm nicht gerade angenehme Lage gebracht, zumal angesichts eines Kaiserpaares, das eben erst auf den' Thron gelangt ist und doch die Ambition haben muß, selbst zu regieren und zu führen. Der Kanzler stand nun vor der Wahl, entweder den gespendeten Nnhmeskranz selbst gefällig zu behalten oder einen Schritt zu thu», der schließlich seiner Bescheidenheit und sicherem Takte ei» noch größeres Lob ciutragen mußte. Die Entscheidung konnte ihm nicht schwer falle». Weiter läßt sich die Höflichkeit nicht treiben, als sich selbst für sein Amt überflüssig zu halten. Selbstverständlich hat der Kanzler den wahren Grund seines Demissionsgesuches nicht angegeben, sonder» Gesund heitsrücksichten vorgeschoben, die ja auch wirklich vorhanden sind. Der Kaiser befand sich aber in der Lage, das wahre Motiv des Gesuches zu durchschauen, und lehnte, wie gesagt, mit warmer Anerkennung des Zartgefühles des Kanzlers dasselbe ab. Bei dem echten Patriotismus des Reichskanzlers scheint die Annahme überhaupt kaum berechtigt, daß er in diesen besonders für das deutsche Kaiserhaus kritischen Zeiten, so lange ihm noch das Feld für seine Wirksamkeit offen steht, freiwillig auf seine» Posten verzichten werde. — Die „Nationalzeitung" schreibt in dieser Sache: „Die er neuten Bemühungen, für den Prinzen Alexander die Hand der Prin zessin Victoria zu erringen, sind indessen erfolglos geblieben und schon deshalb Anlässe zu einem Conflict, wenn derselbe jemals gedroht haben sollte, zur Stunde nicht mehr vorhanden. Von einer Demission des Fürsten Bismarck ist daher in keiner Weise die Rede." — Zur Berichtigung mancher Ungenauigkeiten und Entstellungen des Toastes, welchen Kronprinz Wilhelm am Geburtstage des Reichs kanzlers auf den Fürsten Bismarck ansgebracht hat, ist die „Nordd. Allg. Ztg." autorisirt, in Nachstehendem den Wortlaut des Trink spruches zu bringen: „Euere Durchlaucht! Unter den 40 Jahren, welche Sie soeben erwähnten, ist wohl keines so ernst und schwer wiegend gewesen, als das jetzige: der Kaiser Wilhelm ist hcimgegangen, dem Sie 27 Jahre lang treu gedient! Mit Begeisterung jubelt das Volk unserem jetzige» hohen Herrn zn, der Mitbegründer der Größe des jetzigen Vaterlandes ist. Ew. Durchlaucht werden Ihm, wie wir Alle, mit derselben altdeutschen Mannestreue diene», wie dem Dahin- gcschiedcnen. Um mich eines militärischen Bildes zu bedienen, so sehe ich unsere jetzige Lage an, wie ein Regiment, das zum Sturm schreitet; der Negimentscommandeur ist gefalle», der Nächste im Commando reitet, obwohl schwer getroffen, noch kühn voran. Da richten sich die Blicke auf die Zahne, die der Träger hoch emporschwenkt. So halten Ew. Durchlaucht das Reichspanier empor. Möge cs, das ist unser innigster Herzenswunsch, Ihnen noch lange vergönnt sein, in Gemein schaft mit unserem geliebten »nd verehrten Kaiser das Reichsbanner hvchznhalten. Gott segne und schütze denselben und Ew. Durchlaucht." — Der Reichskanzler hat an den Bundcsrath das Ersuchen ge richtet, derselbe möge sich damit einverstanden erklären, daß künftig der Vorsitz der Reichsschulkommissivn einem Verwaltnngsbcamten des Reiches übertragen werde. — Die „Nat.-Ztg." schreibt: Der Reichstag hat soeben 700,000 Deutschen für den Kriegsfall verschärfte militärische Beipflichtungen auferlegt und fast 300 Millionen Mark bewilligt; es heißt, die Stellung unseres Herrscherhauses zu den Staatsangelegenheiten völlig zu verkennen, wenn man auch nur die Möglichkeit zngiebt, daß die Wirkung derartiger Opfer durch die Rücksicht auf persönliche Wünsche, wie sie einem Ehcproject zu Grunde liegen, aügeschwächt werde» könnte. Woher dasselbe auch stammen mag, wir sind überzeugt, daß die Zustimmung des Kaisers dazu in dem Augenblick ausgeschlossen war, in welchem man die politische Seite in Erwägung ziehen mußte, und daß der Reichskanzler nicht nöthig hatte, an seinen Rücktritt zu denken. — Nach dem Inkrafttreten des Reichshaushaltsetats für 1888/89, durch welchen die erforderlichen höheren Summen bewilligt worden sind, ist nunmehr die Umwandlung der deutschen Gesandtschaft in Madrid in eine Botschaft formell erfolgt. Bei der bisherigen Ge sandtschaft in Madrid waren außer dem Gesandte» ein Legativns- Sccretär und ein unbesoldeter Attachü zur Bewältigung der Geschäfte erforderlich. In Rücksicht auf die wachsende Zunahme der Gesandt- schaftsgeschäfte schien es angezeigt, statt des bisherigen Attaches einen zweiten Botschaftssekretär anzustcllcn. Dieser Posten ist dem Gerichts- Assessor Or. v. Waldthausen, bisher im Auswärtigen Amte beschäftigt, verliehen worden. — Der „Köln. Ztg." wird aus Berlin geschrieben, der hoch selige Kaiser Wilhelm habe in den letzten Tagen den Rest seiner Lebens kraft darauf verwandt, um die Erfahrungen seiner langen und ruhm reichen Herrscherlaufbahn und seine geheimsten Gedanken als dauerndes Vermächmiß a» den Träger der Zukunft der Dynastie zu übermitteln. Mit brechender Stimme habe er noch die Mahnung ausgesprochen, auf Rußland Rücksicht zu nehmen und die Empfindlichkeiten des Kaisers von Rußland zu schonen. Der sterbende Monarch habe da mit den staatsmännischen Gedanken ausgesprochen, der ihn sein ganzes Leben begleitete, und der in den letzten Jahren ein Gemeingut aller politisch geschulten Deutschen geworden. Der Artikel schließt mit dem Ausdrucke des Vertrauens, daß auch in Zukunft, selbst unter Opfern, an dieser maßvollen, zurückhaltenden Politik werde festgehalten werden. — Mit großer Bestimmtheit geht die Nachricht »m, der Abg. von Bennigsen werde entweder das preußische Ministerium des Innern oder das Reichamt des Innern übernehmen. Im letzteren Falle werde Herr von Bötticher preußischer Handclsminister werden. Oesterreich-Ungarn. Die Alarm-Nachrichten über BismarLK Rücktritt, die aus Köln und Berlin in Wien eintrafen, erregten das gewaltigste Aufsehen. Die Mehrzahl der Wiener Blätter will nicht an die Nachricht glauben. Die „Deutsche Zeitung" meint, die Dinge seien wohl noch lange nicht so weit gediehen, daß Bismarck ent schlossen sei, seine Entlassung zu nehmen, aber es sei schon viel, wenn er andenten lasse, daß er im Nothfall dazu bereit sein würde. — Nach militärischen Berichten ans Wien beabsichtigt die österreichisch- ungarische Krigsverwaltung eine Vermehrung der Infanterie und der Jäger. Nach Pcster Berichte» ist auch eine Vermehrung der Feld- Artillerie um 86 Geschütze geplant. Frankreich. Der französische Kriegsminister Freycinet hat eine Cirkular-Ordre an den Korpskommandanten gerichtet, worin er seine» festen Willen ansspricht, in der Armee der Disziplin zu unbedingter Geltung zu verhelfen. Nöthig thut das allerdings, aber bisher hat sich Freycinet nur als ein Mann erwiesen, dessen Energie recht viel zu wünschen übrig ließ. — Boulangrr ist auch in der Dordogne als Kammerkandidat aufgestellt worden. Am Donnerstag Abend wurde er ans dem Pariser Boulevard von der Menge erkannt und mit Hoch rufen verfolgt, so daß er in eine vorüberkommende Droschke flüchtete. England. Die deutsche Kanzlerkrisis beschäftigt die allgemeine Aufmerksamkeit in hohem Grade. Meistens sieht man die Heiraths- angelegenhcit als Ursache für die Krisis an und nicht wenige Blätter ergreifen Partei dafür, indem sie ausführen, Kaiser Friedrich wisse ebenso gut wie der Reichskanzler die Folgen eines solchen Schrittes zy beurtheilen. Der „Standard" will wissen, daß der Reichskanzler dem Kaiser eine Denkschrift unterbreitete, die alle möglichen Folgen einer Vermählung der Prinzessin Bictoria mit dem Prinzen von Bat tenberg hervorgehoben habe. Daraufhin sei die Verlobung einstweilen verschoben worden. — Der englische Major Templer ist von dem Kriegsgericht beschuldigt worden, Geheimnisse verrathen zu haben. Rutzland. Petersburger Blättern zufolge sind wieder zwei baltische Pastoren, Pastor Holst an der Jacobskirche in Riga und Propst Döbener aus Kaltzenau, der «rstere nach Saratow, der letztere nach Astrachan ohne richterliches Erkenntniß verbannt worden. Unter diesen Verhältnissen werden, wenn dem fanatischen Obcrprvkurator. Pobcdonoszcw in Petersburg nur die nöthige Zeit gelaffen wird, alle nicht griechisch-katholischen Geistlichen der Ostseeprovinzen denselben Weg gehen, denn sein Ziel ist die völlige Rnssificirnng der Ostsee provinzen in jeder Beziehung. Für ihn gehört hierzu die Bekehrung aller Einwohner zur russischen Kirche, und er ist nicht der Mann, > vor Zwangsmitteln zurückzuschrecken. Es ist bezeichnend, daß gegen diese grausame Gloubensverfolgung nicht ein einziges russisches Blatt auftreten will oder aufzutreten wagt. Orient. Die Türkei hat den griechischen Gesandten um Auf klärung ersucht über den eigenthümlichen Umstand, daß Herr vonNe- lidow, der russische Gesandte, nach Athen gereist ist, während der griechische Ministerpräsident Trikupis in Petersburg sich befindet. — Die Türkei hat an der ostrumelischen Grenze zwei vollständige Armee korps aufgestellt. Die offizielle Begründung bilden Quarantänemaß regeln, aber cs wird nicht recht daran geglaubt. Man denkt viel mehr an bevorstehende militärische Maßnahmen. Die Stimmung in bulgarischen Rcgierungskreisen ist sehr ernst. Sächsisches. — Mit heute (7. April) ist die Trauer, welche das Königs, sächs. Heer aus Anlaß des Todes weiland Sr. Majestät des Kaisers Wilhelm auf die Daner von vier Wochen angelegt hatte, zu Ende gegangen. — Das vom Landtag genehmigte Finanz-Gesetz ans die Jahre 1888/89 seht die Ueberschüsse und Zuschüsse des ordentlichen Staatshaushaltes auf 83,358,314 Mk. jährlich, die Gcsammtbcdürf- nisse des anßerordenllichen Etats auf 28,744,500 Mk. fest. Zur Deckung des Aufwandes sind zu erheben: a. die Grundsteuer nach 4 Pf. von jeder Steuereinheit, b. die Einkommensteuer, o. die Steuer vom Gewerbebetriebe im llmherziehe», 6. die Schlachtsteuer, ingleichen die Uebergangsabgabe der vercinsländischen Fleischwelke, e. die Erb schaftssteuer, k. der Urkundcnstempel. In jedem der beiden Jahre der Finnnzperiode wird den Schulgemeinden ein Theil der Einnahmen an Grundsteuer zur Abminderung der Schullasten überwiesen. Die zu überweisenden Beträge werden für jeden Stcuerflurbezirk nach 3 Pfennigen von jeder der beim Rechnungsabschlüsse auf das lctzlvor- ausgegangene Jahr vorhanden gewesenen Steuereinheiten berechnet und jedesmal im Monate August durch die Bezirkssteuereinnahmen an die Steuergemeinden gezahlt, welche dieselben unverkürzt an die Schulgemeinden abzuliefern haben. Empfangsberechtigt für die zur Vertheilung gelangenden Beträge sind die Schulgemeinden der con- scssionellen Mehrheit. Differenzen über die Vertheilung der an die Stcuergemcinden gezahlten Summen sind von den Schulaufsichtsbe hörden zu entscheiden. — Dresden. Zu Königs Geburtstage, am 23. d. M., findet auf dem Alaunplatze Parade statt. An derselben werden sämmlliche Truppentheile der Garnison Dresden, sowie das 1. Jäger-Bataillon Nr. 13 zu Frciberg und das 1. Husarenrcgimcnt Nr. 18 zu Großen hain theilnehmen. — I» auswärtigen Zeitungen ist neuerdings mit- getheilt worden, in Dresden sei der TyphuS epidemisch aufgetreten.. Die „Dresdner Nachr." bemerken hierzu: Es werde zur Beruhigung der Einwohnerschaft kaum der ausdrücklichen Feststellung bedürfen, daß diese Mitthcilung eine völlig unbegründete sei. Von den betr. auswärtigen Blätter», welche die falsche Nachricht verbreitet habe», dürfte eine Berichtigung erwartet werden. — (Die „Dredn. Nachr.", welche über die Typhus-Epidemie in Chemnitz mancherlei Unrichtiges brachten, haben es an einer thatsächlichen Berichtigung leider nur selbst auch fehlen lasse». Wir erinnern hierbei nur an den Borwurf, daß in Chemnitz großer Schmutz zu finden sei. Am», d. Red.) — Dresden, 6. April. Ai» 37. Deccmbcr v. I. trat bekannt lich eine Anzahl Mitkämpfer des glorreichen Feldzuges 1870/71 zn
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