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2002 PAPIER-ZEITUNG Papiermachertage in Wiesbaden 21.24. Juni Die Papiermachertage in Wiesbaden nahmen, wie die gleichen Veranstaltungen der Vorjahre, schönen Verlauf. Nachdem am Nachmittag des 21. Juni Versammlungen der Vereine Deutscher Holzstoff- und Deutscher Zellstoffabrikanten statt gefunden hatten, begannen die Festlichkeiten am Abend mit einem Empfang im Kurhaus. Hier saß man in kleinen Gruppen auf der Terrasse, begrüßte alte Bekannte, knüpfte neue Bekannschaften an, sprach dem Wein zu und lauschte den Klängen der Kurmusik. Die heitere Stimmung erreichte ihren Höhepunkt, als sich nach dem Empfang eine große Zahl 4er Teilnehmer im Restaurant »Mutter Engel« zusammen fanden, wo man bis zu später Nachtstunde beieinander blieb. Dienstag, der 22. Juni, gehörte der Berufsgenossenschaft. Vormittags fanden Vorstandssitzung und Delegiertenver- Sammlung statt. Während dessen besichtigten die Damen und unbeteiligten Herren die Sehenswürdigkeiten von Wiesbaden und die Ausstellung. Auf den Nachmittag hatte die Sektion Rheinland zu einer Rheinfahrt eingeladen. Um '/■i4 Uhr versammelten sich die Teilnehmer am »Nassauer Hof«, von wo Sonderzüge der Straßenbahn sie nach Biebrich brachten. Hier wurde ein Salondampfer bestiegen, und alsbald ging es bei herrlichem Wetter in flotter Fahrt den Vater Rhein hinunter. Gleich nach der Abfahrt be gann das von der Sektion dargebotene Mittagsmahl, eine Militärkapelle ließ lustige Weisen erklingen, und fröhliche Stimmung entwickelte sich. Beim Mahl hielten der Sektions vorsitzeride Herr Renker und der Genossenschaftvorsteher Herr Kommerzienrat Marggraf Tischreden, und ein Tafel- lied von Herrn Direktor Castorf aus Penig wurde ge sungen. Gegen 7 Uhr wurde am Loreleyfelsen gedreht, und die Heimfahrt nach Biebrich angetreten. Jetzt wurde die Laune immer ungebundener, Umzüge mit Musik wurden veranstaltet und allenthalben auf Deck getanzt. Gegen 11 Uhr langte man wieder in Wiesbaden an. Mittwoch, am 23. Juni, fand um 9 Uhr vormittags Vor standssitzung des Vereins Deutscher Papierfabrikanten im »Nassauer Hof« statt. Es folgte um 11 Uhr die Hauptver- Sammlung des Vereins. Der Vorsitzende, Herr Brückner, eröffnete mit der Begrüßung der Vertreter der Behörden, der Gäste und der zahlreich erschienenen Mitglieder. Die Vertreter der Handelskammer Wiesbaden, des Vereins der österr.-ung. Papierfabrikanten und des schweize rischen Vereins entboten dem Verein ihren Gruß. Der Vorsitzende gedenkt der im letzten Jahre ver storbenen Mitglieder, zu deren Ehrung die Versammlung sich von den Plätzen erhebt. Dann spricht er über die leider noch schlechte Geschäftslage und erwähnt einen Be richt des Herrn Direktors Castorf, der festgestellt hat, daß die Verzinsung der Fabriken des Papierfachs durchschnitt lich nur 3,87 v. H. beträgt. Alle Bemühungen, einen Zu sammenschluß zwecks Besserung zu erzielen, waren bisher erfolglos. Die Finanzreform bedrohe die Industrie schwer, die Politik der Agrarier sei schädlich und Beitritt zum Hansa-Bund empfehlenswert. Herr Kommenzienrat Max Krause in Berlin habe angeregt, daß Papiermacher und--Ver arbeiter zusammengehen sollen. Diesem Wunsch soll Folge geleistet werden. 1. Geschäftsbericht. Dieser liegt gedruckt vor und für die darin geleistete Arbeit wird dem Generalsekretär der Dank des Vereins ausgesprochen. Bei Besprechung des Be richts wird getadelt, daß darin die Abhängigkeit von Amerika hervorgehoben und die agrarische Zollpolitik als nützlich hingestellt ist, da diese Ausführungen leicht falsch aufgefaßt werden könnten. Auch die Schilderung der Lage könnte den Eindruck erwecken, als sei das Papierfach den drohenden Gefahren nicht gewachsen. Die Angst vor der Gesellschaft »Papyrus« wird für unberechtigt erklärt, da diese auch auf gute Preise halten müsse. Die Holzeinfuhr sei nicht so stark, wie der Bericht erscheinen lasse. Aus einer Erörterung der Tarifierung von Papier auf der Eisen bahn geht hervor, daß darüber mancherlei Meinungsver schiedenheiten bestehen. 2. Kassenbericht und Entlastung des Geschäftsführers. Die Entlastung wird einstimmig erteilt. 3. Bericht über den Hilfsverein für Eachgenossen der Papier-Industrie. Der Beitrag des Vereins wird wiederum bewilligt. Der Hilfsverein kann auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken, denn Mitgliederzahl, Vermögen des Hilfs vereins und der Sterbekasse sind gestiegen. Der Ueber- Nr. 5 schuß der Sterbekasse wird zu Gunsten der Mitgliede’ wendet werden. Den Stiftern, insbesondere Herrn 1 merzienrai Füllner, wird gedankt. 4. u. 5. Neuwahlen und Wahl eines zweiten stellvertrei den Vorsitzenden an Stelle des Herrn Richard SchaeuffeE Es wird vorgeschlagen, einen Herrn aus den Kreisen de Packpapierfabrikanten in den Vorstand zu wählen. Vor: geschlagen wird hierfür Herr Kommerzienrat Schulte, Düsseldorf. Zum zweiten stellvertretenden Vorsitzenden wird gewählt Herr Kommerzienrat Zangers, zum Vorstand zugewählt wird Herr Kommerzienrat Schulte, die aus- scheidenden Herren werden wiedergewählt. Für Herrn R. Schaeuffelen wird Herr Dr. Gottstein neugewählt. Alle Herren nehmen die Wahl an. 6. Entwurf einer Reichsversicherungs - Ordnung. Auf Grund eingehenden Berichts kommt der Verein zu einem Beschluß, welcher einzelne Punkte des Entwurfs der Reichs versicherungs-Ordnung näher beleuchtet und aufs ent schiedenste die Errichtung eines neuen Amtes verwirft, welches die Berufsgenossenschaften unterstützen und über wachen soll. Die auf dem deutschen Berufsgenossenschafts tage erstatteten Berichte sollen allen Mitgliedern zugänglich gemacht werden. 7. Bildungswesen des Vereins. Die Berichte der Ver treter der Bildungsanstalten beweisen, daß das Bildungs wesen in durchaus zufriedenstellender Weise geleitet wird und gute Erfolde aufweist. 8. Die Entwürfe des preußischen und badischen Wasser gesetzes werden besprochen. 9. Zollfragen. Herr Generalsekretär Ditges verweist auf die Mitteilungen hierüber im Geschäftsbericht und stellt fest, daß leider die meisten Eingaben des Vereins ab schlägig beschieden wurden. Herr Günther, Greiz, hebt hervor, daß die österreichischen und Schweizer Zoll behörden sehr wenig freundlich verfahren sind. Er be leuchtet die durch einzelne Zollbehörden ausgeübten Un gerechtigkeiten und rät, in Zukunft auf bessere Zoll- tarifierung bedacht zu sein. 10. Versorgung der Papierfabriken mit Harz. Der Verein hatte beschlossen, einen Vertreter zum Studium der Frage nach Florida zu senden. Die Angelegenheit ist aber auf einen toten Punkt geraten, weil die nötigen Mittel nicht ein gegangen sind. Die Aussprache ergibt, daß die Ansichten über diese Frage noch nicht genügend geklärt sind. Die Weiterbehand lung wird der Harzkommission anvertraut, zu derKommerzien- Rat Zanders und Dr. Gottstein zugewählt werden. 11. Feuerversicherung. Der Vorstand hat beschlossen, dem Schutzverband beizutreten. Mit den Privat-Gesell- schäften wird eine Vereinbarung getroffen werden. In der hierzu nötigen Besprechung soll Herr Kommerzienrat Zanders die Interessen des Vereins vertreten. 12. Vorreinigung der Lumpen. Zu diesem Punkt meldet sich niemand zum Wort. 13. Verschiedenes. Der Vorstand bittet die Mitglieder, die vom Verein herausgegebenen vertraulichen Listen streng vertraulich zu behandeln. Herr Kommerzienrat Zanders beantragt, eine Statistik der Papierherstellung einzuleitcn und mit dieser Arbeit den Vorstand zu betrauen. Der An trag wird angenommen. Die eingehenden Zahlen werden streng vertraulich behandelt werden. •Al s Ort der nächsten Versammlung wird Goslar gewählt. Nach Schluß der Versammlung fand eine Sitzung des Arbeitgeberverbandes Deutscher Papier- und Zellstoff- Fabrikanten statt. Während der Sitzungen wurde den Damen und nicht be teiligten Herren ein schönes Orgelkonzert im Kurhaus dar geboten. Um 5 Uhr nachmittags folgte das Festmahl im Nassauer Hof, welches mit zahlreichen Tischreden gewürzt war, und bei dem Tafellieder von Herrn Direktor Castorf und Herrn Generalsekretär Ditges gesungen wurden. Nach dem Essen blieben die Teilnehmer bei einer vom Verein Deutscher Papierfabrikanten gestifteten Bowle und zwang losem Tanzvergnügen in fröhlicher Stimmung noch bis spät in die Nacht beisammen. Am Donnerstag, 24. Juni früh, folgten die Teilnehmer einer Einladung der Höchster Farbwerke. Mit Sonderzug ging es nach Höchst, wo in zweistündigem Rundgange die sehr interessanten Werke besichtigt wurden. Ein von den Farbwerken in ihrer Festhalle dargebotenes Frühstück be schloß die genußreichen Festtage. Dr." Hans Hofmann