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1604 PAPIER-ZEITUNG Nr. 41 gewiesen. Bei den Besichtigungen läßt sich eine absichtliche Entfernung höchst selten feststellen; wo solche ermittelt wurde, sind die Strafbestimmungen der Unfallverhütungs-Vorschriften zur Anwendung gebracht worden. Selbst Betriebsleiter und Werkführer, die meist aus den Kreisen der Arbeiter entnommen werden, sind sich vielfach noch immer nicht der Bedeutung der Unfallverhütung und ihrer eigenen Verantwortlichkeit bewußt, obgleich sie vorbildlich wirken sollten und könnten. Von größerer Tragweite ist eine erhebliche Anzahl anderer Mängel. Bemerkenswert ist das Fehlen von Hauptausrückungen bezw. Notsignalen in 16 Fällen gegen 28 im Vorjahr, mangel hafter Riemenschutz 17’1 (173), Nichtbeachtung der Vorschriften für Fahrstühle 78 (108). Trotz der geringeren Zahl besichtigter Betriebe ist bezüglich des Schutzes an Schwungrädern fast die selbe Anzahl Mängel gefunden worden wie im Vorjahr, nämlich 212 gegen 213. Zahnradschutz wurde in 552 Fällen gegen 644 im Vorjahr vermißt. Die Zahlen des Berichtsjahres sind wieder beträchtlich genug, da an diesen Maschinenteilen, namentlich an den Zahnrädern, Unfälle bei richtig und vollkommen aus geführtem Schutz in nennenswerter Zahl nicht mehr Vorkommen könnten. An Steindruckpressen usw. sind im Berichtsjahr mehr Mängel beobachtet worden als im Vorjahr, nämlich 283 gegen 227; an Buchdruckmaschinen sind weniger vorgefunden worden, 326 gegen 452. Bezüglich der Schneidemaschinen ist, unter Berücksichtigung der geringeren Anzahl der Besichtigungen, die Zahl der Mängel — 852 gegen 1023 als verhältnismäßig gleich groß zu be zeichnen. Die Versicherten selbst haben bisher hinsichtlich der Mit wirkung an der Unfallverhütung zumeist versagt. Etwas er zieherisch kann hier eine entsprechende Anwendung der in den Unfall verhüt ungs-Vorschriften enthaltenen Strafbestimmungen wirken. Einige Betriebsunternehmer, die bestrebt sind, für größtmöglichen Schutz Sorge zu tragen, aber hinsichtlich der Benutzung von Schutzvorrichtungen auf Widerstand bei den Arbeitern stoßen, haben diesbezügliche Wünsche ausgesprochen. Eine bedeutende Stärkung des persönlichen Verantwortlichkeits gefühls der Arbeiter und größere Gewissenhaftigkeit, wie sie von Personen ohne Unfallpraxis als Mittel zur Verminderung der Unfälle vorgeschlagen werden (vgl. z. B. Professor Wilhelm Kübler in Nr. 3391 der Leipziger Illustrierten Zeitung vom 25. Juni 1908 und Carl Klein in Heft 3 der Sozial-Technik VIII. vom 1. Februar 1909), kann nach den bisherigen Erfahrungen weder durch Bestrafung noch durch andere Mittel erzielt werden. Eine wirklich merkbare Besserung läßt sich, wie die jähr lich gefundenen Mängel beweisen, dadurch erreichen, daß die Unfallquellen immer vollkommener verstopft werden. Vor allem aber ist bei dem ständigen Wachstum der Berufsgenossenschaft erforderlich, dafür zu sorgen, daß nicht neue Unfallquellen den alten hinzugefügt werden. Utn die Arbeiter und sich selbst vor Schaden zu bewahren, dürfen ausnahmslos den Maschinen-Lieferanten, die Schutz vorkehrungen nicht liefern wollen oder können, Aufträge nicht mehr zugewendet werden. Ferner kann nicht dringend genug empfohlen werden, neu anzuschaffende Maschinen nur unter der schriftlichen Bedingung zu kaufen, daß sie den Unfallverhütungs-Vorschriften der Papierverarbeitungs-Berufsgenossenschaft entsprechen, und daß fehlende oder ungenügende Schutzvorrichtungen auf Kosten der Verkäufer nachgeliefert bezw. abgeändert werden müssen, falls solches sich bei der Besichtigung als nötig erweist. Rat und Begutachtung vom unfalltechnischen Standpunkte aus stehen den Genossenschaftsmitgliedern und ihren Liefe ranten von Seiten der Berufsgenossenschaft stets kostenlos zur Verfügung; es kann daher der Einwand nicht gelten, daß man nicht wissen könne, welche Schutzvorkehrungen an den Ma schinen gemäß den Unfallverhütungsvorschriften notwendig sind. Den Mitgliedern der Berufsgenossenschaft wird ein Schein zur Verfügung gestellt, nach welchem sich die Lieferanten bei Bestellungen verpflichten, ihre Maschinen mit den notwendigen Schutzmaßnahmen zu liefern. Es wird dringend ersucht, diesen Schein bei Aufträgen zu benutzen und nur zu bestellen, wenn die Verpflichtung über nommen wird. Es wird gebeten, die Lieferanten namhaft zu machen, die sich der bezeichneten Verpflichtung nicht unterziehen wollen; diejenigen, welche sie übernehmen, werden fortlaufend ver öffentlicht werden. Seit der letzten Veröffentlichung haben sich noch folgende Maschinen-Firmen zur Unterzeichnung des Scheines bereit erklärt: Actiengesellschaft vormals F. Martini & Cie., Maschinen fabrik, Frauenfeld (Schweiz); Adolph Gante, Maschinenfabrik und Mechanische Werkstatt, Berlin C, Friedrichsgracht 59; Paul Müller, Maschinenfabrik, Fachgeschäft für Druckereien, Berlin S 42, Ritterstr. 26; Paul Trützschler & Gey (Inh. Paul Trützschler), Maschinenfabrik in Crimmitschau i. Sa. In einigen Fällen ist von einzelnen Maschinenfabrikanten die Unterzeichnung des Verpflichtungsscheines mit der Be gründung abgelehnt worden, daß sie sich nicht verpflichten könnten, an vor Jahren gelieferten Maschinen nachträglich .Schutzvorkehrungen unentgeltlich anzubringen. Die Ver pflichtung zur Nachlieferung bezieht sich selbstverständlich nur auf die in dem Schein selbst näher zu bezeichnenden Maschinen und auf die zur Zeit der Unterschrift geltenden Unfallver hütungs-Vorschriften. Gerichtliche Entscheidungen haben festgestellt, daß die Maschinenlieferanten für Unfälle haftbar sind, die dadurch ent stehen, daß Maschinen ohne die nach heutigen Erfahrungen er forderlichen Schutzmaßnahmen geliefert wurden. Die Betriebs inhaber selbst und ihre Bevollmächtigten und Beamten haben ebenfalls zu gewärtigen, daß sie sich wegen fehlender Schutz vorkehrungen einer strafrechtlichen Verfolgung aussetzen und außerdem nach Reichsgerichtsurteil für die der Berufsgenossen schaft entstandenen Schäden haftbar gemacht werden können. Nicht minder ist strenge Beachtung des Abschnitts A VIII, 3 der Unfallverhütungsvorschriften geboten, durch welchen es den Betriebsleitern zur Pflicht gemacht ist, persönlich oder durch die Werkstättenvorsteher, Meister oder Aufseher jeden neu in den Betrieb oder in eine andere Betriebsabteilung eintretenden Arbeiter von den Gefahren der ihm zu übertragenden Arbeit vor Beginn derselben genau zu unterrichten. Dabei darf von den Vorgesetzten nicht übersehen werden, sich zu überzeugen, ob der betreffende Arbeiter genügend mit der Maschine vertraut ist und ob er den Zweck und die Anwendung der vorhandenen Schutzvorkehrungen kennt. Besonders ist dafür bei der An- lernung jugendlicher Arbeiter Sorge zu tragen, namentlich wenn ihnen Arbeiten an Maschinen übertragen werden. Personen, die trotz wiederholter Ermahnungen von unachtsamen und leicht sinnigen Hantierungen nicht ablassen können, müssen von der artigen Arbeiten ausgeschlossen werden. Selbstverständlich sollen mit der Bedienung besonders gefährlicher Maschinen nur ältere, erfahrene Arbeiter betraut werden. Die Zahl der Unfälle, welche jugendliche Arbeiter be troffen haben, hat sich gegen das Vorjahr etwas vermindert. Abstellung alter, Vermeidung neuer Mängel. Die Besichtigungen werden in der Regel ohne vorherige Ansage und ohne Aus nahme in Begleitung des Betriebsunternehmers oder seines Vertreters vorgenommen. Die bisherige bewährte Form der Mitteilung des Besichtigungsberichts an die Betriebsunternehmer und die Vorstände ist unverändert geblieben. Wo es erforder lich erscheint, werden die Besichtigungsberichte durch Abgabe von Sonderabdrücken über Schutzmaßnahmen, Normal-Skizzen blättern, besondern Skizzen und Verpflichtungsscheinen ergänzt. Von den Betriebsunternehmern werden die verlangten Maß nahmen meist willig durchgeführt. Vereinzelt finden sich Be triebsinhaber, die glauben, daß ihr Betrieb in vollkommener Ordnung sei, wenn bisher noch keine Unfälle vorgekommen sind, oder wenn er seitens der Gewerbe-Inspektion besichtigt worden ist. Abgesehen davon, daß diese Behörde zum Teil ganz andere Aufgaben als die berufsgenossenschaftliche Auf sicht hat, ist letztere infolge ihrer besonderen Kenntnis der Un fallmöglichkeiten in der betreffenden Industrie verpflichtet, eine genauere Prüfung vorzunehmen. Den Betriebsunternehmern würde häufig eine nachträgliche Anbringung von Schutzmaßnahmen erspart bleiben, wenn solche wenigstens an neuen Einrichtungen und Maschinen in voll kommener Weise angebracht würden. Bei Wiederbesichti gungen müssen daher vielfach frühere Anordnungen wiederholt werden. Wiederbesichtigungen würden ein günstigeres Ergebnis beii steter Benutzung des früher erwähnten Verpflichtungsscheines- seitens der Mitglieder bei Maschinenkäufen ergeben. Kontrolle der nicht besichtigten Betriebe wird durch die- Bearbeitung der Unfallanzeigen ausgeübt. Im Berichtsjahr wurden den Sektionsvorständen in 72 Fällen entsprechende Mit teilungen gemacht, durch welche erforderlichenfalls die nach trägliche Anbringung von Abschützungen veranlaßt wurde. In zwei Fällen, in denen Betriebsunternehmer der Auf forderung des Sektionsvorstandes, die nach den Unfall-Ver- hütungsvorschriften erforderlichen Maßnahmen zu treffen, nichd nachgekommen sind, hat der Genossenschaftsvorstand Strafen von 10 bezw. 30 M. verfügt. Außerdem wurden in 28 Fällen, über Genossenschaftsmitglieder Strafen in der Höhe von 3 bis- 500 M. verhängt, und zwar in 21 Fällen wegen unterlassener An meldung von Betriebsveränderungen, in 3 Fällen wegen Nichtr beantwortung der vom Betriebe eingeforderten Fragebogen, in 2 Fällen wegen nicht rechtzeitiger Betriebsanmeldung, in je einem Falle wegen Nichteinreichung der Lohnnachweisung und. wegen unrichtiger Angaben in der Lohnnachweisung. Die Versicherten verhalten sich den Schutzmaßnahmen; gegenüber vielfach recht gleichgiltig. In 40 Fällen wurde bei den Besichtigungen fcstgestellt, daß vorhandene Schutzvor richtungen entfernt und in einigen Fällen ganz abhanden ge kommen waren. In 6 Fällen, in denen durch die Unfall-