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1360 PAPIER-ZEITUNG Nr. 35 einigung von jetzt ab immer am Montag vor dein 15. jeden Monats stattfinden sollen. Am 3. Pfingsttage, 1. Juni, soll ein Ausflug zur Besichtigung des Materialprüfungs-Amts in Groß-Lichterfelde West stattfinden, woran auch dieunserer Ver einigung noch fern stehenden Fachgenossen teil nehmen können. Die Vorstandsmitglieder Georg Eckert, Rixdorf, Biebrichstr. 14, Otto Schulz, N, Gartenstr. 108, Emil Braun, Boxhagen-Rummels burg, Neue Bahnhofstr. 18, Friedrich Schreiber, SO, Muskauer straße 10, Reinhold Reich, Rixdorf, Pflügerstr. 82, Paul Schneider, Gerichtstr. 61, und Eugen Tietzen, Warschauer straße 32, sind gern bereit, nähere Auskunft zu erteilen und Anmeldungen entgegenzunehmen. Fr. Sehr. Die Sortiments-Buchbinderei Zweiter Teil Fortsetzung zu Nr. 32 Die Arbeiten an der Vergoldepresse Während der Großbuchbinder zum Prägen seiner Decken meistens ganze Platten hat, welche er nur mittels eines gleich großen Pappstücks an die Ausziehplatte der Ver goldepresse anzuhängen braucht, muß sich der Sortiments buchbinder die Platten gewöhnlich erst zusammensetzen. Hierzu hat er zuerst zwei Pappstücke zu schneiden. Diese müssen, wenn die Decke am Winkel angelegt oder freihän dig aufgelegt werden soll, genau so groß wie die mit Ueber- zug versehene Decke sein, brauchen aber nur die Größe der unüberzogenen Deckel zu haben, falls die Decke noch nicht eingeschlagen ist und nach Punkturen aufgelegt werden soll. Die Pappstücke können beide mittelstark sein, wenn man die Platte in der Presse anhängen kann, das für den Satz der Platte bestimmte muß dagegen dick und trocken sein, wenn wir freihändig auflegen müssen, da es sich andernfalls beim Anwärmen verzieht. Nun machen wir uns über die zu verwendenden Gravuren und Schriften schlüssig, setzen sie auf dem für die Einrichtung in der Presse be stimmten Pappstücke zusammen und kleben sie dann auf dem für die Platte bestimmten mit Wiener Papp (Schuster leim) fest. Hierbei ist es gut, zwischen zusammenstoßende Linien und zwischen Schriften, welche nicht gesperrt werden, die allerdünnsten Spatien oder dicke Papierstreif- chen zu schieben, denn wir verhindern dadurch Werfen der Platte und Abspringen der Gravuren von der Pappe infolge gegenseitigen Druckes des Metalls bei seiner Ausdehnung in der Wärme. Die Spatien und Papierstückchen dürfen in ihrer Höhe die der Gravüre nicht überschreiten, da sie erst nach leichtem Anpressen der letzteren entfernt werden können. Der Abstand zwischen den Schriftzeilen wird nach den längsten Buchstaben bemessen, zum Richten der Zeilen dienen Linienstücke oder Pappstreifen. Schriftsätze sollen mit ihrer Höhenmitte reichlich über der Höhenmitte der Decke oder der Platte stehen, man rückt sie olt bis in den Kopf hinein und dann gewöhnlich in die linke Ecke. In diesem Falle ist der Schriftsatz weder durch einen Punkt noch ein Ornament (Schlußzeichen) abzuschließen, hat viel mehr ganz frei zu stehen. Andernfalls muß mit ein wenig mehr Abstand von der letzten Zeile, wie die Zeilen unter einander haben, ein Schlußzeichen angebracht werden. Vor einem Schlußzeichen darf kein Punkt stehen. Bei ungleicher Plattenstärke von Gravüren und SChrif- ten sind die dünneren so weit zu unterlegen, daß sie mit den dickeren in gleiche Höhe treten. Breite Linien müssen selbst dann noch unterlegt werden, wenn sie mit den übrigen Gravüren gleichhoch stehen, weil sie sonst weniger ausdrucken. Ueberhaupt muß man darauf achten, daß schon auf der Einrichtungspappe alles gleich tief druckt, und was zurückbleibt, noch auf der Satzpappe unterlegen. Wenn man aber die noch losen Gravüren und Schriften erst ein mal auf dem Tisch der Vergoldepresse ordnet und unter einem stärkeren Pappenstücke abdruckt, sieht man schon, was schlecht ausdruckt und schon beim Ankleben auf der Satzpappe unterlegt werden muß. Denn die zu verschie denen Zeiten und aus verschiedenen Gravieranstalten be zogenen Stücke sind selten gleichdick. Soll die Platte lange aushalten, viele Drucke machen, starker Hitze ausgesetzt werden, wie besonders beim Druck mit Schlagmetall oder auf Seide und Samt, oder nach heißem Blinddruck noch zu Farbdruck gebraucht werden, dann muß sie mit zähem Leim ausgegossen werden, welcher die Satzteile mit der Pappe auch von der Seite her ver bindet. Zähen Leim erhält man bei Mischung von 3/, Leder- mit 1/3 Fischleim und etwas Glyzerin, oder wenn man dem Leim 10 v. H. seines Trockengewichts venezianischen Terpentin zusetzt. Letztere Mischung muß aber stetig unterrührt werden. Sie ist wasserfest. Zuletzt wird die Pappe hinten mit Kaliko überzogen, und muß dann beschwert in mäßiger Wärme, am besten in der warmen Presse unter leichtem Druck, gut austrocknen. Dann wird sie blank geputzt. Muß die Platte freihändig aufgelegt werden, so rückt man sie, mit der Pappe nachoben, auf dem zuprägendenGegenstandezurecht, nötigen falls unter Beihilfe von zwei Zirkeln, einen für die Richtung in der Höhe, den andern für die in der Breite, und macht erst einen kalten Vordruck, aber nur gerade so tief, daß man sich wieder hineinfühlen kann. Man kann aber die Platte auch mit derPappe nach unten ausrichten, und um diese herum oben und seitlich mit geschärfter Schneiderkreide Striche ziehen, nach welcher man dann die erwärmte Platte auflegt, wobei man den kalten Vordruck spart. Da aber auf Leder Kreide nicht angiebt, ohne Eindrücke zu hinterlassen, kann man hierbei nur nach dem ersten Verfahren arbeiten. Nun wird die Prägeplatte auf einer geraden und sauberen Eisenplatte, beschwert mit einer andern Metall- oder Steinplatte (Schärf stein, Farbenstein), gleichmäßig erwärmt, der Vordruck ge macht, wieder nur tief genug zum Hineinfühlen, und aus gepinselt, bei Kaliko, Saxonialeinen und Kunstleder einmal, bei Leder und Alpha zweimal, andern wenig oder gar nicht appretierten Stoffen zwei- bis dreimal, die frühere Grundie rung muß aber bei der nachfolgenden immer schon trocken sein. Ist die letzte Grundierung auch so weit trocken, daß sie beim Draufdrücken mit dem Finger nicht mehr klebt, so kann das Gold aufgetragen werden. Ob es Zitron- Gelb- oder Orange-Gold sein muß, richtet sich, wenn das Buch keinen Goldschnitt hat, nach der Farbe der Decke, sonst nach dem Goldschnitt. Doch auch dieser sollte sich nach der Farbe der Decke richten, damit alle Farben, denn auch das Gold wirkt als solche, übereinstimmen. Das läßt sich nicht lehren, sondern ist Gefühlssache und nur so viel läßt sich sagen, daß man zu dunkler Deckenfarbe zwar auch dunkles Gold, niemals aber bei einer hellen Decke auch helles Gold verwenden darf. Beim Aufträgen des Goldes auf Leder wird dieses ganz mager mit Süßmandelöl be strichen, welches man vor dem Golddruck möglichst einziehen läßt. Bei andern Stoffen wie Leder wird Oel nicht verwendet, sie vertragen es nicht, sondern die Decken werden vor dem Auflegen des Goldes nur über die Haare gezogen. Alles aufgelegte Gold muß mit sauberer und feiner Watte gut angedrückt werden. Bei manchen Arbeitsstoffen, wie z. B. Saxonialeinen und Kunstleder, bei zu starker Hitze auch bei Kaliko, klebt das Gold, besonders beim freihändigen Auflegen der Platte wegen zu langer Einwirkung der Hitze oder wenn die Platte stellenweise zu heiß ist, neben und zwischen dem Drucke, der Druck schmiert. In diesem Falle ist es vorteil haft, die Druckstelle, nachdem man die Decke über die Haare gezogen hat, gut aber mager mit Vergoldepulver einzureiben, wenn man dann nochmals über die Haare zieht, und nun erst das Gold auflegt, wird es dann bei rich tiger Hitze der Platte rein stehen. Der Druck muß im all gemeinen in ruhigem Zeitmaß ausgeführt werden: 1. Druck, 2. Anhalten, 3. Hub. Für Saxonialeinen und Kunstleder darf die Platte nur wenig warm sein, für Kaliko und Leder wärmer, für Alpha und andere wenig appretierte Stoffe so heiß, daß Wassertropfen ohne Zischen kochen. Zischend heiße Platten darf man überhaupt nicht verwenden, außer bei Atlas und Samt, wenn auf Pulver gedruckt wird. Da bei wird Atlas und Seide gut mit Pulver bestäubt, am besten mittels einer Büchse mit Florboden, durch welchen man das Pulver aus der Büchse über der Seide ausklopft. Dies kann über einem Papierausschnitt in Größe der Platte geschehen, wobei dann das Pulver die Stelle für den Druck genau angibt. Sonst legt man die Platte mit der Pappe auf das Pulver, bürstet dieses ringsherum weg, und erzielt denselben Erfolg. Das Gold wird lose aufs Pulver gelegt, und der Druck der heißen Platte muß scharf sein und lange anhalten, am besten bis zur Abkühlung der Platte. Samt und Plüsch muß nach Strichen mit Schneiderkreide sehr heiß und scharf vorgedruckt werden, und der Druck hierbei einige Zeit andauern. Dann muß man einpulvern wie bei Seide und das Gold doppelt auflegen. Die heiße Platte soll mit großer Vorsicht, ohne viel zu rücken, auf gelegt werden, der Druck scharf sein und wie bei Seide