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—!M ^ .7^? , "7" '.'W^--' "^".—Wff Nr. 219. — 8. JalnMii!,. Der jeden Wochentag Abend (mit Datum des folgenden Tages) zur Versendung gelangende „Sächsische L«ideS-A„zcigcr" mit täglich einem ExtrO'Beiblatt; 1. Kleine Botschnst 2. Sächsischer Erzähler S. Sächsische Gerichtszeitung 4. Sächsisches Allerlei 5. Jllustrtrtes Unterhnltungsblgtt «. Sonntagsblatt 7. Lustiges Bilderbuch kostet bei den Ausgabestellen monatlich 7V Psg-, bei den Post-Anstalten 75 Psg. (Post-Zeitungs-Prcisliste Nr. S03ö.) Sächsischer Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. Verlags-Expedition: Alexander Wiede, Bnchdruckerei, Chemnitz, Theaterstrabe Rr. 6. Fernsprech-Anschluß Nr. 136. — Telegramm-Adresse: Landes-Anzeiger, Chemnitz. Mittwoch, 19. September 1888. Bo» den Hanptblättern des „Sächsischen LandeS-AiizeigerS" erscheint (ohne dessen tägliche Extra-Beiblätter) eine billigere Sonder-Ansgabe unter dem Titel: Chemnitzer General-Anzeiger für monatlich nnr 50 Psg. mit Zulragen; außerhalb Chemnitz nionatl. 07 Pf. m. Ztr. (Zeitungs-Preisliste 9. Nachtr- Nr. 1350».) FürAbonnente» erscheint je einmal imJahr: Eommer-Lisenbahnsahrulanhesk für Sachsen. Winter-Eisendahnfahr-lanheft für Sachsen. Jllustr. Kalender des Sächsischen Sandboten- Sllastrirte- Jahresbuch deSLandeS-AnjeigerS. ' H H Anzrigenpreis: Nanm einer schmalen Coronszcile 15 Psg. — Bevorzugte Stelle (lsvaltige Petitzcile) 30 Psg, — Bei Wiederholung großer Anzeigen Preisermäßigung. — Bei Bestellungen von Auswärts wolle man de» Einrückungsbetrag (in Briefmarke») beifügen >je 8 Silben Cvrpnsschrist bilden ca. 1 Zeile.) — Anzeigen können nnr bis Vormittag angenommen werde», da Druck und Verbreitung der großen Auflage längere Zeit erfordern. — Tie Anzeigen finden ohne Preisaufschlag gleichzeitig Verbreitung durch den „Chemnitzer General-Anzeiger" (billigere Sonder-Ansgabe der Hauptblätter des „Sächsischen Landes-Anzeigers" ohne dessen tägliche Extra-Beiblätter). Amtslrerichtliche Bekanntmachungen. In dem ConcurSverfahren über das Vermögen de- Handelsmanns Christoph Berlhold Emil Reinhold Kroll in Altchemnitz ist z»r Abnahme der Schlußrechnung des Verwalters, zur Erhebung von Einwendungen gegen das Schlutzvcrzeichniß der bei der Verthcilung zu berücksichtigenden Forderungen und zur Beschlußfassung der Gläubiger über die nicht verwerthbbaren Vcr- mögensstücke der Schlußtermin ans de» 8. Oktober 1888, Vormittags 10 Uhr vor dem Königlichen Amtsgerichte Hierselbst bestimmt. Chemnitz, den 12. September 1888. Königliches Amtsgericht. Telegraphische Nachrichten. Vom 17. September. Wien. Der bulgarische Minister Natschewitsch, auf welchen in Rttstschuk ein Attentat verübt worden, befand sich in Bularest wegen Verhandlungen über eine Anleihe, welche indes) scheiterten. — Zu folge der „Polit. Corr." wurden soeben drei der Theilnahms an Räubereien überwiesene bulgarische Flüchtlinge an Bulgarien ansge- licfert, da sie des Anrechtes auf Behandlung als politische Emigranten verlustig gegangen sind. Bern. Im Monat Oktober werden Handelsvertrags-Unter handlungen zwischen der Schweiz einerseits nnd den Regierungen Deutschlands und Oesterreich-Ungarns andererseits wieder ausge nommen. Vom 18. September Mittags. Berlin. Der preußische Gesandte beim Papste, Schlözer, fährt h.tttc Nachmittag 5'/^ Uhr von hier nach Friedrichsruh und dürfte dort einige Tage verweilen, worauf er sich nach Rom begeben wird. Politische Rundschau. Chemnitz, den 18. September. Deutsches Reich. Von dcn Kaisermanövern. Kaiser Wilhelm lvar am Sonntag Abend nach dem Galadiner im Berliner Schlosse sofort nach Müncheberg zurückgefahren und nahm im dortigen Haupt quartier mit dem engeren Gefolge den Thee ein. Am Montag Vor mittag begab sich der Kaiser zu Pferde zunächst zum dritten Armee korps, das nordwestlich von Müncheberg Ausstellung genommen hatte; südöstlich von der Stadt standen die Garden. Auch die fürstlichen Gäste, welche in der Frühe mittels Extrazngcs ans Berlin in Münche berg ankamen, begaben sich zu Pferde nach dem Manöverfelde. Es fand Corpsmanöver des ganzen brandenburgischen Armeekorps gegen das Gardecorps statt, welches seinen definitiven Abschluß erst am Mittwoch erreicht. Das dritte Armeecorps brach über Müncheberg vor »nd drängte die Garden rückwärts, die sich kämpfend bis Hciners- dorf zurückzogcn, wo ihre Flanke durch einen großen See völlig ge deckt war. Dort kam cs zu einem furchtbaren Kampf, die Reserven des Gardecorps wurden in's Gefecht gezogen und drängten den Geg ner langsam zurück. Magazinfeuer und Artilleriesalven rollten un unterbrochen. Nach 1 Uhr wurde das Gefecht abgebrochen. Der Kaiser war während des Manövers bald hier, bald dort auf dem Kampfplatz» zu sehen, die einzelnen Phasen der Nebung auf das Ge naueste verfolgend. Die fürstlichen Manövergäste kehrten nach Berlin zurück, der Kaiser blieb in Müncheberg. Am Nachmittag fand Em pfang der städtischen Behörden statt. Abends soll in Müncheberg eine festliche Illumination prangen, der Kaiser hat eine Fahrt durch die Straßen zngcsagt. — Aus Frankfurt a. M. wird der „Post" gemeldet, daß der Kauf der Villa Reiß bei Croubcrg im Taunus für die Kaiserin Friedrich in der letzten Woche perfect geworden sein soll- Das herr liche Besitzthnm umfaßt einen großen Park, in welchem nach dcn Wünschen der Kaiserin während des Winters einige Veränderungen vorgcnommen werden sollen. Die Villa gehörte einem Kaufmann Reiß, von dessen Erben sie veräußert wurde. Der Kaufpreis soll eine halbe Million Mark betragen nnd Kaiser Wilhelm seiner Mutter mit dem Besitzthnm ein Geschenk gemacht haben. Villa Reiß erhielt von der Kaiserin Friedrich auch darum dcn Vorzug, weil sie auf preußischem Boden liegt. Der Geistersee. Original-Novelle von Gustav Höcker. Fortsetzung. Nachdruck verboten. II). Das Atelier Heinrich Zelters befand sich in einer stillen, garten artigen Straße der Vorstadt. Das hohe nach Norden gehende Fenster >e:gtc auf seinen untersten Scheiben die von ihm selbst gemalten Transparcntporträts Raphaels, Michel Angelas und Albrecht Dürers, t^ebcrall, wohin das Auge blickte, traf es auf etwas Altcrthnmlichcs oder Fremdartiges. Tie hohen Eichenschränke mit ihren kunstvollen Schnitzereien gehörten ebenso einem früheren Zeitgeschmäcke an wie Sopha und Sessel, von denen ein jeder wieder eine besondere Stil- gattnng repräsentirte. Die Wände waren mit Figuren und Land- schnftsstudien förmlich tapeziert, zwischen denen auch manch »»verkauft gebliebenes größeres Bild hcrabschante. Antike Statuen und Büsten, altcrthümliche Miisiiinstrnmente und Waffen, Käser- und Schmetter lings-Sammlungen und ansgestopfte Vögel von prächtigem Gefieder bildeten ein geradezu märchenhaftes Durcheinander. Ueber dem ganzen schwebte von der Decke herab ein mächtiger Steinadler mit ansgebrcitctcn Schwingen und das Modell eines Drei masters, der alle Segel beigesctzt hatte. Auf der Staffele! befand sich ein noch unvollendetes weibliches Porträt, in welchem Leopvldinc Nvthenhaag abermals die Züge Ophelias Ivicdcrcrkannt haben würde, welche sic mit so gewaltthätiger Hand unter der Maske der Griechin enthüllt hatte. Heinrich Zeller wollte sich für das Verdienst der jungen Dame um sein Opheliabild durch seine Kunst selbst dankbar erweise», indem er nachträglich ihr Porträt malte, um ihr damit ein freundliches Andenken zu bieten Es lvar etwa acht Tage nach dem Maskenbälle, und wi. finden dcn Maler in einer sehr verzweifelten Stimmung. Statt dcn Pinicl nahm er von Zeit zu Zeit eines der Zeitnngsblüttcr zur Hand, sie auf einem Tische lagen, und las darin, um cs in bitter», Unmnthe wieder von sich zu schleudern. Ein anderes Stück Papier, auf welchem Geschriebenes stand, schien seine heutige Reizbarkeit in noch höher.»'. Maße hcrausgcfordert z» haben, denn es l:g, zn einer Kogel zu- — Französische Blätter gefallen sich neuerdings wieder darin, über den Gesundheitszustand Kaiser Wilhetm's il. allerlei infame Skandalnachrichten zu verbreiten. Die Strapazen, denen sich der Kaiser bei dcn Manövern aussetzt, beweisen selbstverständlich zur Ge nüge, daß der hohe Herr so kerngesund ist, wie nur Jemand sein kann. — In Athen erörtert man die Frage, ob Prinzessin Sophie von Preußen, die Verlobte des Kronprinzen von Griechenland, zur griechisch- katholischen Kirche übertrete» wird oder nicht. Die griechische Ver fassung fordert den Glaubenswechsel nicht, sie enthält nur eine Be stimmung, welche einzig in Rücksicht der Kinder des jeweiligen Königs paares vorschreibt, daß sie im griechisch katholischen Glauben erzogen werden müssen. Dagegen ist keinerlei Bestimmung vorhanden, die hinsichtlich des Glaubens der durch Heirath zuwachsenden Mitglieder der königlichen Familie etwas vorschriebe. Damit ist die Frage wohl erledigt. — Der Besuch der Kaiserin Friedrich bei dem Prinzen Heinrich wird in Kiel Ende dieses oder Anfang nächsten Monats erwartet. Um dieselbe Zeit wird im Kieler Hafen ein englisches Geschwader anwesend fein. — Zn den Marinemanövern bei Wilhelmshaven wird nach träglich noch bekannt: „Die aus der Kaiserliche» Dacht „Hoheuzollern" abgehaltene Kritik über den Ausfall des Angriffes des feindlichen Geschwaders auf Wilhelmshaven am 12. Sept. lautete einstimmig dahin, daß die feindliche Flotte glänzend abgeschlagen und Wilhelms haven effektiv uneinnehmbar sei." — Der österreichische Minister des Auswärtigen, Graf Kalnoky, ist in Begleitung des Legationsrathes Grafen Wydenbruck in Friedrichs ruhe angekommen. Der Aufenthalt wird zwei bis drei Tage dauern. Der Besuch ist, wie schon betont, kein außergewöhnlicher Vorgang mehr. Seit dem Zustandekommen des deutsch-österreichischen Bünd nisses fanden die Zusammenkünfte der beiden leitenden Staatsmänner jährlich mit bestimmter Regelmäßigkeit statt, so daß man cs ein auf fallendes Ereigniß nennen müßte, wenn einmal die persönliche Be sprechung nicht zu verzeichnen wäre. Die Verständigung zwischen den beiden Staaten ist längst gefunden, die jährlich wiederkehrende per sönliche Berührung daher nur der Ausdruck des fortdauernden Ein verständnisses. Gleichwohl gewinnt der heurige Besuch Kalnoky's beim Fürsten Bismarck eine erhöhte Bedeutung dadurch, daß seit dem letzten Beisammensein der beiden Staatsmänner in Deutschland tiefeingreifende, weltgeschichtliche Veränderungen vor sich gingen, die von manchen Kleinmüthigen als geeignet angesehen wurden, die poli tische Lage in Europa umzugestalten und die Kriegsfurie zu entfesseln. Ebenso gaben sich Biele gelegentlich der Reise Kaiser Wilhelms II. nach Peterhof der Ansicht hin, als vollziehe sich jetzt eine Schwenk ung in der Außenpolitik des deutschen Reiches und das Fricdens- bündniß mit Oesterreich und Italien werde, wenn auch nicht gelöst, so doch zum Vortheile Rußlands und seiner Ansprüche im Orient gelockert werden. Nichts von alledem trat ein. Die bulgarische und mit ihr die Orientfrage hat sogar nachgelassen, unmittelbar eine brennende zu sein; Crispi stattete dem Fürsten Bismarck seinen Besuch ab und lourde herzlichst ausgenommen; er kam dann mit Kalnoky zusammen und jetzt begrüßt dieser seinerseits den Fürsten Bismarck, während Kaiser Wilhelm demnächst in Wien und Rom vorsprechen wird — wahrlich eine nachdrücklichere Bestätigung und Bekräftigung des mitteleuropäischen Friedeusbnndes auch nach den Thronwechseln in Deutschland kann nicht gedacht werden. Das aber ist Wohl die beste Bürgschaft für die Fortdauer des Friedens in Europa. — Die „Norddeutsche Allgemeine" überraschte am Sonntag die politische Welt durch die Wiedergabe des gestern mitgetheilten Ber liner Briefes der „Jndopendance belge", in welchem, wenn nicht der Rücktritt.des Fürsten Bismarck, so doch seine Zurückziehung auf das Altcnthcil im Interesse der Schöpfung des Reichskanzlers, nämlich des deutschen Reiches, sanft aber entschieden als eine Forderung hin gestellt wird, zu welcher sich Kaiser Wilhelm II. bekenne. Man würde den Auslassungen des belgischen Blattes schwerlich eine besondere Be deutung beigelcgt haben, wenn der Reproducirung durch die „Nord deutsche Allgemeine Zeitung" eines der bei ihr landesüblichen groben Dementis auf dem Fuße gefolgt wäre. Statt dessen ist das Kanzlcr- sammengcballt, auf dem Fußboden. Mitunter auch ließ er seinen Blick über die Werke seines Pinsels schweifen, welche die Wände be deckten, und dann zeigte sein Antlitz den Ausdruck tiefen Mißbehagens, wie cs eine zu Selbstzwcifcln geneigte Künstlerscele wohl dann und wann ergreift. Endlich warf er sich in dcn Sessel vor seiner Staffelet und versenkte sich so tief in die Betrachtung des noch unfertigen Por träts, daß er ein mehrmaliges leises Klopfen an der Thür gänzlich überhörte, Erst nach einer kräftigeren Wiederholung desselben schaute er auf nnd rief: „Herein!" worauf eine mit eleganter Einfachheit gekleidete Dame in das Atelier trat. Es war das uns bereits be kannte Original des Bildes, welches die Gedanken des Malers eben erst so lebhaft beschäftigt hatte. „Ich fürchtete schon, Sic seien krank, Fräulein Klairisse," sagte Heinrich, indem er der Besucherin dcn Mantel abnahm, „da Sie eine so lange Panse in den Sitzungen eintretcn ließen." „Ich konnte die Baronin nicht gut verlassen," antwortete Klai- rissc. „Wir hatten auf der Nachhausesahrt vom Maskcuballc das Unglück, umgeworfcn zn werden, und während der Baron und ich mit dem Schrecken davonkamen, erlitt die Baronin eine Verstauchung des Oberarms." „So waren Sie also auf dem Kasinoballe?" fragte der Maler. „Allerdings!" rief Klairisse, über diese seltsame Frage des rothen Dominos nicht wenig befremdet. Heinrich bemerkte ihre erstaunte Miene nicht, denn er stand seit wärts mit den Vorbereitungen zur Sitzung beschäftigt. Klairisse be trachtete ihn eine Weile aufmerksam nnd schüttelte dann dcn Kvpf; wenn diese Unbefangenheit Täuschung war, so lvar sie meisterhaft ge spielt. Sic befand sich noch zu sehr unter dem Eindrücke ihrer Uebcr- uischnng, um das Näthfel weiter zn verfolge». Sie wollte abwartcn nnd genau beobachten, aber während er malte und sie ihm dazu saß, bemerkte sie nichts in seinem Wesen als eine tiefe Verstimmung. „Sic sind mißgelaunt, um nicht zn sagen bekümmert," unter brach Klairisse ein längcrcs Schweigen. „Ich schließe ans dieser Frage, daß Sie die öffentlichen Bcurlhci- lnngcn meines nencslen Bildes noch nicht gelesen haben, welches seit einigen Tagen ausgestellt ist," gab der Maler zur Antworv blatt offenbar bestrebt, die Tragweite des von der ganzen übrigen deutschen Presse übersehenen, schon am 10. September erschienenen Artikels besonders hervorzuhebe», ohne auch nur mit einem Wort die Richtigkeit der belgischen Behauptungen und Schlußfolgerungen in Zweifel zu ziehen. Alles, was die „Nordd. Allgcm. Zeitung" dazu sagt, ist die Versicherung, daß der Artikel schwerlich aus konser vativen deutsche» Kreisen stammen werde, was auch Niemand be hauptet hatte. Da nun das Kanzlerblatt die Angabe ruhig abdruckt, ihr eigenes Dementi der bevorstehenden Veränderungen im Reichs dienste iverde früher oder später sich als unrichtig erweisen, so muß man annehmen, daß man in der Wilhelmstraße Kenntniß davon hat, aus welch gut orientirten Kreisen jener enthüllungsreiche Brief stammt. Ja der That frappirt auf den ersten Blick die Darlegung jene» Berliner Briefes, daß, nachdem der Kaiser dem jungen Element in der Armee einen so weiten Spielraum eingeräumt, nachdem er so deutlich seinen Willen einer allgemeinen Verjüngung zu erkennen ge geben, er schwerlich in der Regierung des Reiches es beim Alten lasten wolle. Dies erinnert an jene schon vor Wochen umher schwirrenden Gerüchte, nach denen es den^Wünschcn Kaiser Wilhelms entsprechen würde, den Reichsdienst scho s jetzt auch für die Tage organisirt zn sehen, in denen Fürst Bismarck nicht mehr unter uns weilen würde. Dazu wäre, wie man meinte, neben dem Reichs- kanzleramt die Errichtung von mindestens vier Reichsministeriru. wünschenswerth, und zwar für Marine, Krieg, Finanzen und Post. Inwieweit sich diesen Strebungen Einsprüche von Einzclstaate» gcgen- überstellen, entzieht sich der allgemeinen Kenntniß. Jedenfalls aber wird man amiehmen dürfen» daß, nachdem das Kanzlerblatt trotz seines eigenen Dementis diese Frage von Neuem zur Diskussion ge stellt hat, sie nicht so bald von der politischen Tagesordnung ver^. schwinden dürste. «EU — Ans eine Adresse des evangelischen Bundes an den Kaiser ist die folgende Erwiderung erfolgt: „Berlin, den 6. September 1838. Seine Majestät der Kaiser und König haben die Adresse der General versammlung des Evangelischen Bundes zur Wahrung der deutsch- protcstanlischen Interessen vom 13. d. M. gern entgegengenommen und lassen für den Ausdruck tiefsten Schmerzes über den Heimgang Allcrhöchstihren Herrn Vaters, sowie für die damit verbundenen Heils und Segenswünsche aus Anlaß der Allerhöchsten Thronbesteigung herz lich danken. Die Bestrebungen des Bundes auf Erhaltung nnd Be lebung echt evangelischen Glaubens, ans Beseitigung des Parteihaders in der Kirche, auf Erbauung nnd Förderung des religiösen und kirch lichen Lebens ans dem Grunde des Bekenntnisses zu Gottes ewigem Wort und Christi alleinigem Mittleramte find Seiner Majestät, gleich wie Allcrhöchstihrcm Herrn Vater, durchaus wohlgefällig. Zugleich vertrauen Allerhöchstdieselben, daß der Bund bei seiner Thätigkeit in Wort und Schrift der gegnerischen Glaube,isüberzcugung die Achtung nicht versagen und die daraus sich ergebende Duldung nicht verleugnen werde. Im Allerhöchsten Aufträge beehre ich mich, dem Vorstande hiervon Kenntniß zu geben. Lucanus." — Die Ruhe in, zanzibaritischen Küstengebiet von Ostafrika scheint doch noch nicht ganz gesichert zu sein. Wie die „Times" aus Zanzibar meldet, ist der Sultan mit dem deutschen Generalkonsul immer noch bemüht, die aufgeregten Araber in Pangani und Tanga zn beschwichtigen. Italien. General Driquct, der Commandenr des Armeecorps von Florenz, wird Kaiser Wilhelm im Aufträge des Königs Humbert an der Grenze des Königreiches Italien begrüßen. — In Nom bildet sich auch ein Comitee ans den Bewohner», welches zu Ehren der Anwesenheit Kaiser Wilhelms Privat-Festlichkeiten zu veranstalten be absichtigt, wie namentlich eine Illumination mit bengalischen Flammen und venetianischen Laternen der Straße», welche Kaiser Wilhelm passirt, um sich zu der von der Stadt Nom auf dem Kapitol ge gebenen Abeiidfcstlichkeit zu begeben. Das Festcomitee in Neapel hat definitiv beschlossen, den Stadtplatz mit 18,000 Gasbrennern von verschiedenen Farben zu erleuchten und große Raketen-Garbcn vorzu- bereite», welche vom Fort St. Elmo aufsteigen und einen Ausbruch des Vesuvs darstellc» solle». Jrankreich. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt in bemerkens- werther Weise ohne jeden weiteren Comincntar: Der Londoner „Wenn diese Urtheile gerecht sind," bemerkte Klairisse, „so müssen sie Ihre neue Schöpfung noch über die „Ophelia" stellen." „Lesen Sie selbst," sagte Heinrich, indem er der jungen Dame die Zcitnngsblcitter überreichte, mit denen wir ihn schon vorher be schäftigt sahen. „Lesen Sie, Fräulein Klairisse, und wenn Sic wissen wollen, wie eine gestnrzteGröße aussieht, so schanenSie mich an." Zögernd schickte sich Klairisse zn einer Lektüre an, von der sie sich nach den Worten des Malers nichts Gutes versprechen durfte. „Bon all den Erwartungen," hieß es in der einen Kritik, „welche der „Tod der Ophelia" für die künftigen Schöpfungen des Künstlers erweckte, finden wir in seinem neuesten Werke auch nicht eine einzige erfüllt. Der rasch erlangte Ruf scheint Herrn Zelter zn Kopfe ge stiegen zn sein nnd, berauscht von der in so reichem Maße gesunde,,en Anerkennung, hat er sich blindlings auf die Unfehlbarkeit seines Genies verlasse». Mit der Ophelia gab „ns der Maler eine schöne Leiche, bot er »ns eine Darstellung des Todes in der Verklärung der Poesie. Sein neues Bild zeigt nur lebende Figuren und ist doch von oben bis unten ei» einziger Leichnam, ans welche», uns die Fäulniß eines in der Zersetzung begriffenen Talents c»,widert." Fast den gleichen Gedanken entwickelte ein zweiter Kritikus, indem er schrieb: „Die todte Ophelia hätten wir aus dem Wasser ziehen nnd dem Leben znriickgebe» mögen, — diese ihre Nachkommenschaft aber verdiente lebendig begraben zn werden, und Herr Zelter hat, ohne daß er cs wollte, das Sceiiarinm des Hamle! gewissenhaft ein- gchalle», indem er ans die ertrunkene Ophelia die Todteiigräbersceiie folgen ließ, in welcher leider der Kritik die Hauptrolle zuertheilt ist." Nicht glimpflicher ließen sich noch andere Stimmen vernehmen, wonach cs keine», Zweifel unterlag, das; der Tod der Ophelia nur ei» glücklicher Wurf gewesen sei, wie ihn jeder einmal im Leben thut, und all der Nimbus, der »», das Haupt des Malers geleuchtet, gleiche eine», schnell vcrplatzendcn Brillcinticucrwcrk, das nur um so tiefere Finstcrniß zurncklasse. Klairisse ließ von de» Blättern eines „ach dem andere» bestürzt in ihre» Schoos, sinken. ^ . Forlietzimg ivlgt- /