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Nr. 294 — 8. Jahrgang. Der jeden Wochentag Abend (mit Datum der folgende» Tage-) znr Versendung gelangende..Sächsische Landcs-Anzeiger" mit täglich einem Extra-Beiblatt: i. Kleine Botschaft L. Sächsischer Erzähler v. Sächsische GerichtSzcitnng 4. Sächsisches Allerlei 5. Jllnslrirtcü Unterhaltnngsblatt 6. Sonntagsblatt 7. LnstigeS Bilderbuch tostet bei den Ausgabestellen monatlich 70 Psg., bei den Post-Anstalten 75 Psg. (Post-Zeitnngs-PreiSliste Nt. 5035.) WiikS- Sächsischer Unparteiische tägliche Zeitung für Sachsen und Thüringen. VerlagS-Expedition: Alexander Wiede, Btichdrnckerei, Chemnitz, Theaterstratze Rr. S. Fcrnsprech-Anschluß Nr. 136. — Telegramm-Adresse: Landes-Anzeiger, Cbemnip Dienstag 18. December' 1888. Von de» Hauptblättcrn de- „Sächsischen LandeS-AnzeigcrS" erscheint (ohne dessen tägliche Extra-Beiblätter) eine billiger« Sonder-AnSgabe unter dem Titel: Chemnitzer General-Anzeige» für monatlich »nr SO Psg. mit Zutragen; außerhalb Chemnitz monatl. 57 Pf. m. Ztr. (Zeitungs-Preisliste 0. Nachtr. Nr. l3S0a») FürNbonncnten erschcintjc einmal imJahr. Eoiinner-Ciscubatuisahrolaiiheil für Sachse«: Vinter-Eisriibaiiiifalirpianlicst für Sachse». Illnstr. «„IciiSer des Sächstsche» Landbote», ItiiislrirlkS.taliresbiich des randeS-lliizeigers. Anzeigenpreis: Raum einer schmale» Corvnszeile lö Psg. — Bevorzugte Stelle (Isvaliige Petit.,eile) 3!) Psg. de» Einrückungsbetrag (in Briefmarken) beifügen tje 8 Silben Cvrpnsschrist bilden " ' ^ Die Anzeige» finden ohne Preisansschlag gleichzeitig Verbreitung durch den Bei Wiederholung großer Anzeigen Preisermäßigung. — Bei Bestellungen von Auswärts wolle mau de» Einrückungsbetrag (in Briefmarken) beifüge» tje 8 Silben Cvrpnsschrist bilde» ea. 1 Zeile.)"— Anzeigen können nur bis Vormittag angenommen werden, da Druck und Verbreitung der große» Auslage längere Zeit erfordern. — „Cheninitzer General-Anzeiger" (billigere Sonder-Ausgabe der Hanvtblättcr des „Sächsischen Landes-Anzeigers" ohne dessen tägliche Extra-Beiblätter.) Amisst erichtlicle Bekannt,,mchimstru. Im Handelsregister für den Stadtbezirk des untcrzcichnclcn Amtsgerichts wurde heute aus Folium 1681 veelautbart, daß dem Kaufmann Herrn Eduard Kliemche» für die Firma Seidler L Schreiber in Chemnitz Prokura erthcilt worden ist. Chemnitz, am 15.. December l888. Königliches Amtsgericht. Neueste Nachrichten. Budapest, 16. December. Großes Aufsehen erregt die Ber Haftung des Dircctors im Handelsministerium, Johann Kokan. Der selbe hatte am letzten Donnerstag 42.000 Gulden au die Central kaffe des Zollamts abzuliefern. Vor dem Schalter angelanzt, erklärte er plötzlich, er habe das Couvert mit 42 Stück Tausender-Noten verloren. Das leere Couvert wurde demnächst am Treppenabsatz des Zollgebüudcs zerrissen ausgcfundcn. Alle Welt war überzeugt, daß der hohe Beamte sich blos einer Fahrlässigkeit schuldig gemacht, während die von der Polizei eingeleilete Untersuchung Anhaltspunkte dafür ergab, daß der Ministerialdirccior Kokan den Verlust nur vorgespicgelt und thalsächlich die genannte Summe unterschlagen habe, worauf seine Verhaftung erfolgte. Belgrad, 16. December. Die Wahlen begannen heule im ganzen Lande. Nach den bis jetzt cingelansencn Telegrammen ver laufen dieselben unter großer Bctheiligung allseits ruhig. Die Radicalcn und Liberalen stimmen fast überall geschlossen und ge meinsam; in Belgrad, welches die Fortschrittler zu rette» hoffen, sind die Chancen ans radical-liberaler Seite, da der größte Theil der Beamten in diesem Sinuc stimmt. Die Negierung ordnen: eine telegraphische Verbindung des Nationaltheaters, wo die Skupschtina tagen wird, mit der Festung, dem Palaste und den Ministerien des Kriegs, des Inneren und der Eisenbahnen an. Konstantinopel, 16. December. Nach Berichten, welche ans Krctasbei de» hiesigen Botschaftern eingegangen sind, ist die Unzufrieden heit mit der Verwaltung Santynsky Paschas unter der christlichen Bevölkerung in ernstlicher Weise im Wachsen, die Absetzung desselben ist beim Grvßwessier beantragt worden. In Monastir ist nun auch Margarit, der Chef der dortigen rumänischen Schule, von den Türke» verhaftet worden. Berlin, 17. December. (Drahtnachricht unseres Anzeigers). Ein Antrag des Reichskanzlers auf Vermehrung von Nickelmünzen verlangt die weitere Ausprägung von 10-Pfennig-Stücken im Betrage von etwa 4 Millionen Mark und von 5-Pfe»nig-Stücken im Betrage von etwa 2 Millionen Mark, wovon die Münzstätten Berlin, München, Dresden, Stuttgart, Karlsruhe und Hamburg bezlv. rund 54, 14, 9, 10, 6, 9 Procent ausprägen sollen. Von Emin Pascha. sH Chemnitz, de» 17. December. Noch immer liegt keine absolute Sicherheit über die von dem Nrabcrführer Osman Digma dem britischen General Grcnfcll in Snakin gemachte Miltheilung vor, Emin Pascha und Stanley seien von den Truppen des Mahdi, nachdem ihre eigenen Truppen ge meutert, gefangen genommen worden. Die englische Regierung be zweifelt die Richtigkeit der Meldung, Private Kreise glauben daran. Osman Digma hat dem General Grensell nun zwar die Abschrift eines Brieses übergeben, welchen Stanley anerkanntermaßen vom Khedive von Egypten empfangen hatte, und die Copie ist richtig, aber der Brief kann auch dem tobten Stanley abgenommcn sein. Ebenso beweist ein Packet mit Snidcrpatroncn, welches Osman eben falls dem englischen General ülnrsandt hatte, nur, daß Stanley's Expedition zu Grunde gegangen ist, denn dessen Leute waren mit Snidcr Gewehren bewaffnet. Unerklärlich ist es weiter, daß der Mahdi nicht einige Zeilen von Emin's Hand übersandt hat, wenn dieser wirklich in seiner Gewalt ist. Das wäre doch der allerein- fachstc Beweis gewesen. Der Araber hat auf Grund seiner Mit- theilnngen die Uedcrgabe der Festung Suakin gefordert und gedroht, die beiden Gefangenen zu tödten, wenn seiner Forderung nicht ent sprochen wird. Wer kann wissen, ob diese Forderung nicht des Pudels Kern, die Behauptung von der Gefangennahme der beiden Europäer nur Beiwerk ist? Die Araber haben sich groß in solchen Listen während der ganzen Sudanunruhen erwiesen. In Brüssel sind aus Kairo für den König von Belgien Privattelegranime ein- gctrosfcn, in welchen allerdings auch ausgesprochen wird, die Nach richt sei, was Emi» aubetrefse, wahr; dagegen meint man, Stanley sei tobt, der Begleiter Emin Pascha's sei wohl der Italiener Casati. Bon der Bestätigung oder Nichtbestätigung der Katastrophe wird natürlich auch die Verwirklichung der deutschen Emin-Pascha-Expcdition abhäugcn. Ist Emin Pascha gefangen, so ist an seine Rettung durch eine Expedition nicht zu denken, der Ausbruch einer solchen würde nur seinen Tod beschleunige». Als bedeutsamster Beweis für die Unwahrschcinlichkeit der Nachricht ist Folgendes anzusehen: Die Gefangennahme Emin Pascha's durch Truppen des Mahdi soll am 10. Oktober erfolgt sein. Emin Pascha stand in Wadelai und von da bis zum Sitze des Mahdi, Ondurman, sind wenigstens 1600 Kilo meter. Von d'csem Orte aus bis Snakin ist die Karawanenstraße wieder 600 Kilometer, das sind also über dreihundert deutsche Meilen. Ein solcher Weg kann aber unmöglich in zwei Monaten zurückgelegt werden, wenn man Terrain und Klima in Anrechnung bringt. Im englischen Parlament ist die Regierung nach ihrer Haltnng in dieser Sache befragt worden. Der Schatzsckretär Goschen erklärte, die im Besitz der Regierung befindlichen Nachrichten seien so unbe stimmt, daß es unmöglich sei, daraufhin die militärischen Maßnahmen zum Entsätze der von den Arabern hart bedrängten Festung Suakin einzustellen, bis nach vielen Wochen das Schicksal von Emin und Stanley festgestcllt sein werde. Die Negierung habe keine Beweise der Gefangenschast derselben, außer der Thatsache, daß ein Brief oder die Abschrift eines Briefes, welcher im Besitze Stanley's ge wesen, sich scheinbar im Besitze eines OsficierS des Mahdi befinde. Es sei außer Frage, daß die Belastung der Truppen in dem heißen und engen Quartier in Suakin mit der Gewißheit eines großen Lebensverlustes durch Krankheit verbunden sei, ebenso stehe es außer Frage, dieselben jetzt sortzubringcn. Es sei auch unmöglich, bei dem die englischen Truppen belagernden Feinde eine Waffenruhe nach» znsuche». Die Regierung werde aber ihr Möglichstes thun, um die Wahrheit der Nachricht festznstellen und eventuell wegen der Frei lassung von Emin und Stanley zu unterhandeln. Die Operationen in Suakin sollten inzwischen weder eingestellt noch beschleunigt werden. Etwas Anderes kann die britische Regierung auch thatsächlich kaum thun, nachdem die verkehrte Gladstone'sche Politik die Sndanwirren s. Z. verschärft hat. General Gordon war bereits ein Opfer dieser Unruhen, wir wollen wünschen, daß Emin und Stanley oder Casati nicht das gleiche Schicksal haben. Daß der Mahdi seine Gefangenen hinrichtcn läßt, braucht man übrigens trotz seiner Drohungen noch nicht zu glauben. Die Araber haben längst cingcschen, daß auch sie ohne die Kenntnisse der Weißen nicht bestehen könne», und im eigenen Bvrthcil suche» sie also die am Leben zu erhalten, die ihnen nützlich sind. vr. Schnitzer ist als Kenner der Sndanverhältnisse aber eine große Kraft und er steht den Eingeborenen außerordentlich nahe. Der Drohung brauchte, auch wenn Emin gefangen ist, also immer »och nicht der blutige Vollzug z» folge». Wir müssen nun die näheren Nachrichten abwarten. Ist die Hiobspost wahr, so würde sie leider auch den Mnth der aufrührerischen Araber in Ostafrika stärken. Jeder Sieg über einen E ,ropäer nutzt dem ganzen Acaber- thum und giebt ihm den Eingeborenen gegenüber erhöhte Bedeutung. Alles hätte vermieden werden können, wenn s. Z. England rasch entschlossen Gordon ein paar tausend Mann zu Hilfe schickte und den Aufstand dämpfte. Den entwichenen günstigen Moment bringt keine Mcnlchenmacht zurück. Jetzt einen Krieg gegen die Sudan-Araber führen zu wollen, erheischt ganz außerordentliche Mittel, die anf- znwenden weder England noch ein anderer Staat Lust hat. Politische Nrmdscharr. Chemnitz, den 17. December. Deutsches Reich. Der schon lange krankc Prinz Alexander von Hesse», Vater des Fürsten Alexander Battenberg, ist am Sonn abend Vormittag in Darmstadt gestorben. Prinz Alexander, der in Hessen sehr populär war, ist der Oheim des regierenden Großherzvzs von Hessen und geboren am 15. Juli 1923. Er gehörte von 1810 bis 1852 der russischen Armee an, im Herbst 1853 trat er als Generalmajor in die österreichische Armee ein. 1359 machte er den italienischen Feldzug mit und zeichnete sich in der Schlacht bei Solferino in ganz besonderer Weise ans. 1666 übernahm er im Feldzuge gegen Preußen ans den Wunsch seines Kriegsherrn das ihm vom Könige von Württemberg »»getragene Kommando des 8. deutschen Bundcscvrps unter dem Oberbefehl des Prinzen Carl von Bayern. Zum großherzoglich hessische» General der Cavallcrie 1966 ecnaunt, erfolgte 1868 seine Beförderung zum österreichischen General der Cavallerie. Prinz Alexander war Chef des schleswig-holsteinische» Dragoncr-Negimeutes Nr. 13 und zweiter Inhaber des 2. groß- herzoglich hessischen Infanterie-Regimentes Nr. 116. Am 10. Septbr. 1883 feierte er sein öOjährigcs militärisches Dienstjubiläum. Seit 1851 war er mit der Prinzessin Julie Battenberg in äußerst glück licher Ehe vermählt. — Die verlorene Chiffre. Man wird sich »och erinnern, so meldet die „N. A. Z.", daß vor einiger Zeit die Nachricht von einer verlorenen Chiffre des auswärtigen Amtes durch die Presse ging. Wie wir erfahren, sind diejenigen Missionen und Konsulate, die sich im Besitz der nach dem Tode des hochscligen Kaisers Friedrich eine Zeit lang verschwunden gewesenen Chiffre befanden, zur Verbrennung derselben ausgefordcrt worden. Bon allen bezüglichen Stellen sind nunmehr die Protokolle über die erfolgte Verbrennung eingegangen. — Die „Kölnische Zeitung" richtet einen heftigen Angriff gegen den englischen Botschafter Morier in Petersburg, da derselbe sich als entschiedener Dentschseind gezeigt habe. Der Prozeß Geffcken habe Ermittelungen über die Beziehungen Moriers zu innerdeutschen Verhältnissen nöthig gemacht, und die Resultate dieser Ermittelungen hätten bis zu der Vermuthung geführt, daß Morier als englischer Vertreter in Darmstadt Bazaine im August 1870 die erste Nachricht über den Vormarsch der Deutschen über die Mosel mitgetheilt hätte. — Fürst Bismarck hat in Friedrichsruhe den Besuch mehrerer Afrikareisendcn empfangen und mit denselben konferirt. — Zuverlässige Einzelheiten über die vom Grafen Herbert Bismarck dem Reichstage angekündigte ostafrikanische Vorlage sind noch nicht bekannt. Wahrscheinlich wird sie aber die Errichtung von vier deutschen Militärstationen in Ostafrika und die Bildung von vier Kompagnien Kolonialtruppen zu je 150 Mann Nichteuropäer und 10 deutsche Offiziere und Unteroffiziere fordern. Da die Zan zibarküste nach wie vor unter der nominellen Herrschaft des Sultans von Zanzibar bleibt, muß natürlich mit diesem eine Einigung über die deutschen Garnisonen herbeigeführt werden, die aber wohl aus keine Schwierigkeiten stoßen wird. — Der Reichstag wird nach Wiederaufnahme seiner Thätigkeit im neuen Jahre zunächst den Etat feststcllen; daneben sollen, soviel wie möglich, die Kommissionsberathungen über die Altersversorgungen und das Genossenschastsgesetz befördert werden. Es könnte sein, daß nach Fertigstellung des Reichshaushaltes zum Abschluß dieser Arbeit eine kurze Vertagung des Plenum- eintritt, während welcher dem preußischen Landtage voller Spielraum gegönnt wäre, seine Arbeiten zu fördern. Für die Berufung des Landtages bleibt die Zeit zwischen dem 10. und 15. Januar k. I. im Auge behalten. — Die Gesammtdienstzeit der deutschen Volksschnllehrer mit der Waffe umfaßt fortan 20 Wochen; nämlich zehn Wochen die erste Hebung, sechs Wochen die zweite, vier Wochen die dritte. Die Volksschullehrer sind also mit den Ersatzreservisten völlig gleich gestellt. — Was wird aus der deutsche» ostafnkanischen Gesellschaft? Trotz der Colonialdebatte im Reichstage schwebt diese Frage immer noch völlig in der Luft. Der „Nat.-Ztg." wird hierüber von einen, mit den ostasrikanischen Verhältnissen genau bekannten Reichstags abgeordneten geschrieben: „Die Debatte über den Windthorst'schcn Antrag hat das Gebiet der eigentlichen Colonialpolitik genügend be rührt, um die Ueberzeugung zu bestärken, daß die jetzige Lage des ostafrikanischen Küstengebietes unhaltbar und eine baldige definitive Lösung unabweisbar ist. Für den Augenblick mag eine Land- und Seeblokade genügen; die endgiltige Lösung ist aber nur in einem Uebergang der von der deutschen ostafrikanischen Gesellschaft erworbenen -MS >1 Hoheitsrechte an das Reich z» erblicken." Wenn die Küste dauernd s gehalten werden soll, bleibt etwas Anderes allerdings nicht übrig, i Die ostafrikanische Gesellschaft ist mit ihrem Gclde fertig und kann i nichts mehr anfange». Allerdings hat dann das Reich verschiedene Millionen anfzuwendc». — Bei der deutschen Colunialgcscllschaft für Südwestafrika sind leider wenig erfreuliche Nachrichten cingetrosfcn. Der Häuptling Kamaherero in dem unter deutschem Schutz stehenden Hereroland, dessen Unzuverlässigkeit bekannt ist, hat de» deutschen Schutzvertrag und die Couccssionen, welche der deutschen Gesellschaft von ihm ertheilt worden sind, für ungiltig erklärt und einem eng lischen Unternehmer Lewis eine neue Äeneralconcessio» ertheilt, in welcher der deutsche Neichscommissar nnd die deutsche Bergbehörde ignorirt, der Hausbau verhindert und die Missionare ansgewiesen wurden. Der Neichscommissar Göring befindet sich in Begleitung, der Herren FrielinghanS und Franken wohlbehalten in der Walfisch» bai; die übrigen deutschen Angestellten sind ans der Heimreise be griffen; die deutsche Cvlvnialgcsellschaft für Südwestafrika H-U. uz-, zwischen ihre» Beamte» den telegraphischen Befehl zugehen lasten, bis auf Weiteres das Gesellschafisgebict nicht zu verlasse». lieber diesen neuen Colonialstreit wird zwischen Deutschland und England wohl bald eine dirccte Vereinbarung erzielt werden. — Zn neuen Kämpfen an der Zanzibarküste ist es noch nicht wieder gekommen, doch stehe» bei den im Besitz der Aufständischen befindliche» Orten Kilwa und Lindi noch große Streitkräftc Araber, die wahrscheinlich auch gewaltsam zur Raison gebracht werden müssen. Dar-es-Salaam, Bagamoyo, Kilwa und Lindi dürsten deutsche Garni sonen erhalten. — Auf Samoa ist der de»tschf>cu»dliche König Tamasese von seinem Gegner Mataafa jetzt entschieden geschlagen worden und hat sich dem Sieger unterworfen. Mataafa hat unter dem Name» Malictoa II. die Negierung der Samoa inseln einstweilen übernommen. Die letzten Ereignisse spielten sich folgendermaßen ab: Seit den Kämpfe» im September war Tamasese mit zweitausend Anhängern bei Salatafa, zwölf Meilen von Apia, verschanzt. Am 5. November zog Mataafa mit ung-fähr 8000 Mann gegen Tamasesc's Forts zum Angriff. D e Tumafaga-Mannschasten, welche den Ruf habe», die besten Krieger der Inseln zu sei», cröfsneten den Angriff. Wieder holt wurden sie mit beträchtliche.» Verlust zurückgeschlagen, da Tamasese's Leute wie Verzweifelte fochten. Zwei Tage war so be- ? reits resultatlvs gefochtcu, als Mataafa seine Schaarcn thcilte, die Aufmerksamkeit des Gegners auf die Front lenkte, und dann seine s Feinde im Rücken überfallen ließ. Als Tamasese sah, daß er auf « : allen Seiten umzingelt war, gab er Befehl, die Waffen zu strecken» und stellte sich Mataafa selbst als Gefangenen. Dieser letzte Kampf hatte zwei Stunden gedauert, beide Parteien hatten mehrere hundert Todte und Verwundete. Mataafa ist jetzt alleiniger König und Herrscher von Samoa und hat den deutschen Konsul davon in Keunt- niß gesetzt. Apia ist als neutrales Gebiet erklärt worden. Oesterreich-Ungar«. Der König von Schweden hat dem Kaiser Franz Joseph den Rang eines schwedischen Generales ver liehen. — Im katholischen Severins-Verein in Wien hielt Fürst Friedrich Wrede als Bevollmächtigter Kardinal Lavigerie's eine Rede, in welcher er zu thalkrästiger Aktion gegen den Sklavenhandel in Ostasrika anfenerte. Fürst Wrede setzte auseinander, die Fruchtbar keit Afrika's sei so groß, daß es Alles mit Zinsen zmückzuzahlen im Stande sei» werde, was Europa für diese» Wclttheil thue. Oester reich habe keine politischen Verpflichtungen Afrika gegenüber, hier könne das Gefühl für die Pflichten der Menschlichkeit frei walten. Die Rede wurde beifällig ausgenommen. — In der Wiener Universität hat am Sonnabend die feierliche Enthüllung einer Kaiser statue stattgefnnden. Die Mitglieder der Slndentcuvcrbindungen fuhren in vollem Wichs in 60 Wagen vor der Universität vor, wo dieselben von dem Rektor empfangen und in den Fcstsaal geleitet wurden. Hier hatten sich das gcsammte Prufcssorcn-Kollegium, der Unterrichtsminister von Gautsch und zahlreiche Festgäste versammelt. . Nach der vom Professor von Zcißberg gehaltenen Rede folgte die Enthüllung unter lebhaften Ovationen. Italien. Der Prinz Eugen von Savoyen-Cauguan ist am Sonnabend Vormittag in Turin gestorben. Der Prinz war rin Enkel des Urgroßhcims des Königs und am 14. April 1816 geboren. Ec war Aomiral der italienischen Flotte. Die Kammern vertagte» sich zum Zeichen der Trauer auf mehrere Tage. — Auf Befehl des italienischen KricgSministers sollen säinmtliche Sperrforts längs der französischen Grenze durch Telephon und Telegraph mit einander verbunden werden. Frankreich. Alle Politik ist in Frankreich vor dem großen Bankerott der Lesseps'schcn Panamagcsellschast zurnckgetrete». 630,000 Franzosen haben Papiere dieser Gesellschaft, die glücklich 1500 Mill. Franken an den Mann gebracht hat. Die Negierung hat versucht, der Gesellschaft unter die Arme zu greifen, aber die Kammer hat alle Vorlagen mit großer Mehrheit abgclehnt. Die kleinen Rente»- besitzcr in der Provinz sind außerordentlich erbittert, sie wüthen gegen Lesseps und gegen die Republik, während die Boulangistcn und Mo narchisten sich schadenfroh die Hände reiben. Der Krach ist nicht die Folge eines »»glückliche» Zufalles, sondern der leichtfertigen Ver waltung, die jetzt von gerichtlichen Commissaren gchaudhabt wird. Eine neue franchsischc Gesellschaft wird sich ja wohl bilden, aber ob sie den ganzen Ausfall decken kann, ist mehr als fraglich. — Die vor mehreren Jahren cingeführle Listcn-(Bczirks-)Wahl soll wieder aufgehoben werden. Den Republikanern hat dieses Wahlsystem bei den Parlaments Wahlen am mcistcn Schaden gebracht, und deshalb beeilt sich die Negierung, die Kreiswahl (entsprechend den deutschen Reichstagswahlen) wieder einznfnhren. Die bezügliche Vorlage soll den Kammern demnächst zugehen. England. Gladstone hat auch wieder einmal eine größere Rede gehalten. Er forderte darin die Räumung von Suakin, wovon England gar keinen Nutzen habe, nnd sprach die Hoffnung aus, Europa werde von einem Kriege verschont bleiben. Alle Völker wollten den Frieden, aber leider gefährdeten manche Negierungen denselben durch ihre Jntriguen. Belgien. Die Lage im belgischen Hcuncgau wird immer ernster. Zwei Infanterieregimente,: sind bereits in das Strcikgebiet verlegt. Der Brüsseler Geueralstaatsanwalt ist selbst am Platze und leitet die Untersuchungen. Die Verhaftungen dauern fort. Die Feldhüter verkünden überall unter Trommclschlag, daß fortab alle Arbeiter, welche arbeiten wollen, von Polizei, Gendarmerie und Bürger«