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Sächsischer Landes-Anzeiger : 26.08.1888
- Erscheinungsdatum
- 1888-08-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-188808260
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18880826
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18880826
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1888
-
Monat
1888-08
- Tag 1888-08-26
-
Monat
1888-08
-
Jahr
1888
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 26.08.1888
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Sächsischer Sonntag, 2l>. August 1888. ML i Ul. «ir. tz. »ei>, Le» r ft-i lea, Sfisch. cht, lr li. lkß Tier MLl. UI'.U. ei. L me, Keorgwr. ameu- m:r der errmrt-r Sang, :-L2:crüc. »k- r meines . dos Nr. 109. — 8. Jahrgang. Der jeden Wochentag Abend (mit Datum de» tragenden Tages) znr Vcriendnng gelungende..Lnchüichc Laiivcs-Aiizcigcr" mit täglich einem besonderen Untcr- haltnngsblatte und mit dem Extrabciblatt ?»ttigcs Vildcrbnäi kostet bei den Ausgabe stelle» monatlich 70 Psg., lei de» Post-Aust. 70 Ps. (>888er PlgS.-Preisliste Nr. 5035.) Für Abonnenten erscheint je einmal im Jahr: Eo»u»ki'-Mcnbalmfahi>'l»»lirsl fnr Lachsen. «Si»tkr.Cisr„l»tl,»fnlnt>la»licsk snr Lachsen. Illnstr. .tlnlender SeS Sächsischen ikandboren. IlinstnrlcSIahledbnchdkrüandes.Anzriliers. mit „Cbemnitzer Stadt-Anzeiger". Nnpar reiiscke tägliche Zeitung für Saehfeu und Thüringen. stntcigkNlirksSde?,.Lächt.!!nndks-?ln;kIlirrr"r Raum einer schmale» Corvns.eile ISPka. Beoorrngic Zielte (>ivalt.Pcl>izc!le)30Pf, BeiWiedcrbolnng groner Annoncen Nabatt. Bei Vestcllnngcn von AnSivärtS ivolle man Jnseriionsbelrag (in Briesniarkc») besingen !je8Silbcn Corvnöschrift bilden ca. 1 Jene.) kliiiiviiceiiaiiiinlimc »nr bis Bormittag. Ptckll'. Ältsttiivkr Witlle. Bnchdriickrni. Otieinnitz. Tbeaterltrane 5 (Fernivrechstelle Nr. >38), Telegr-Adr.: LandeS-Aiizeiger, Chemnitz. Mit täglich eimm besonderen UnterWtungsblatt: l. Stieme Botschaft — 2. Sächsischer Grzä'hler — 3. Sächsische Gerichts Zeitung 4. Sächsisches Allerlei — 5. IllnstrirteS Nnterhaltnngsblatt — 6. Sonntagsblatt — (5rtra-Beiblatt: Lnstigcs Bilderbuch. Aultsgerichtliche Bekanntmachungen. Das im Grnndbnche auf de» Name» Wilhelm Friedrich August Lanter- bach eingetragene Grundstück, Wohnhaus, Garten »nd Feld, Nr. 355- oes Flurbuchs, Nr. 40 des Brandkatasters, Folinm 309 des Grundbuchs sür Ein siedel, geschätzt ans 2700 M., soll ini hiesige» Amtsgericht zwangsweise ver steigert werde» und ist der 27. September >838, Vormittags lO Uhr als An- meldetet»»!», ferner der 12. October 1888, Vormittags 10 Uhr als Versteigernilgstermin, sowie der 19. October 1888, Vormittags 10 Uhr als Termin zur Verkündigung des Vertheilnngsplans anberamnt worden. Die Realbcrcchtigteu werden ausgefordert, die aus dem Grundstücke lastenden Rück stände an wiederkchrende» Leistungen, sowie Kostensvrdcrnnge», spätestens im Aiimcldctermin anznmelden. Eine Uebcrsicht der aus dem Grundstücke lasten den Ansprüche »nd ihres Rangverhältnisies kann nach dem Anmeldetermin in der Gcrichtsschrcibcrci des »»terzcichneten Amtsgerichts cingesehen werde». Chemnitz, de» 20. August 1888. Königliches Amtsgericht. Das Konknrsverfahren über das Vermögen des Schnittwaaren- und Consectionsgcschästs-Jnhabecs Carl Friedrich Wilhelm Schindler in Chemnitz wird »ach erfolgter Abhaltung des Schlußtermins hierdurch ansgehoben. Chemnitz, den 23. Ang. >888. K. Aimsgericht. Telegraphische Nachrichten. Vom 24. August. Dorste«. Auf dem hiesigen Bahnhofe stieß der zwischen Essen und Winterswyl verkehrende Personenzng mit einem Gütcrznge zn- sammc». Beide Lokomotiven und sieben Wagen wurden beschädigt, zwei Beamte verwundet. Wien. Graf Kaknoky reist heute Abend «ach Eger, wo er morgen mit Herrn Crispi zusammentrisft. Die Reise wird allseitig als ei« Akt ganz besonderer Höflichkeit angesehen. — Der „Polit. Corrcsp." zufolge hat der deutsche Kaiser sich vo» der Kaiserin Elisa beth und dem Erzherzog Karr Ludwig die Uebernahme der Pathe»- stellen bei der Taufe seines jüngstgeborcnen Sohnes erbeten. Belgrad. Vom Javorgebirge und von der südliche» Grenze kommen fortwährend Klagen über Einfälle von Arnautenbanden. Am Javor errichteten türkische Räuber ein befestigtes Lager, von wo ans sie Beutezüge unternehmen. Paris. Präsident Carnot wünscht, daß die allgemeinen Neu wahlen schon im März oder April, also vor der Eröffnung der Aus stellung, stattfinden. Berlin, 25. Anglist, Mittags. Provinzial-Stcucrdirckwr Hcllwig ist heute hier gestorben. Wien, 25. August. Das hiesige „Fremdenblatt" sagt anläßlich der Begegnung Kalnvkys und Crispis: Weder in Fricdrichsruhe noch in Eger werde ans den Nahmen der Friedens-Politik hcraiis- getrelcn. Man dürfe daher a'uch der Begegnung in Eger mit jener Gcnuglhnng entgegensetzen, welche allen Friedensfreunden die crncnlc Bekräftigung eines zum Schutze des europäischen Friedens geschlossenen Bundes gewähre. Politische Rundschau. Chemnitz, den 25. August. Deutsches Reich. Znr Bciwobnnng der Kaisermanöver werden die Feldmarschälle Erzherzog Albrecht von Oesterreich und Großfürst Nikolaus von Rußland in Berlin cintrcffen. — Ob Fürst Bismarck nach Kissingen reisen wird, steht immer noch nicht fest. Recht wahrscheinlich ist cs nicht, denn nächste Woche kommt Kalnoky nach Fricdrichsruhe. — Der italienische Premierminister Crispi ist am Freitag aus Flic"'.'! ''- oo? bei seiner in Karlsbad verweilenden Familie z» kurzem Auscnlhalte cingctrvffen. Dort wird Herr Crispi auch den Besuch des österreichischen Ministers des Auswärtigen cmpsangen und sodann direct, ohne Wien zu berühren, nach Rom znrückrciscn. Was die Besprechungen in Fricdrichsrnhc anbetrifft, so geht die allgemeine Uebcrzciignng dahin, daß keine neuen, solgcnschweren Beschlüsse gefaßt sind. Auf Grund des bestehenden Bundesvertrages zwischen dem deutschen Reiche und Italien ist die allgemeine politische Lage einer genauen Erörterung unterzogen, wobei sich die völlige Uebercinstiinm- nng der beiden Staatsmänner und ihrer Ansichten ergab. — Nach einer Meldung der „Köln. Ztg." aus Aachen verlautet, der Preußische Kultusminister lasse Erhebungen anstelle« über die bei der letzte» Heiligthnmsfahrt angeblich vorgekommenc» Wnnderhcilnngcn. — Das Neueste unter der Sonne ist: Die „Norddeutsche Allge meine" protcgirt die Dictatnrgclüste Bvulcmgcrs. Das Organ des Reichskanzlers schreibt: „Die „Times" bringt einen Leitartikel über die großen Wahlerfolgc, welche der General Boulangcr soeben er rungen hat, und führt darin a»s, daß dieses Wicderanstanchc» des Bonlanger-Stcrncs, den man bereits nntergegangcn gewähnt hatte, i» Berlin unangenehm berühren würde. Dies ist ein vollständiger Jrrthum: in Berlin wird man stets mit Genngthuniig jeder Ent wickelung Frankreichs gegenübcrstehcn, die geeignet scheint, dem be nachbarten Lande Ruhe zu verschaffen und cs wieder zu einem zahlenden Abnehmer unserer Prodncte zu machen. Unter welcher Negierniigsform dies geschehen möge, ist eine Frage, die für un) gar keine Bedeutung hat. Wir haben keinerlei kriegerische Vclleitätcn, und jede französische Regierung, die den Frieden nicht bedroht, ist uns recht und wird uns willkommen sei». General Boulangcr hat hinreichende Versprechungen gegeben, daß auch ihm, im Interesse Frankreichs, die Alifrcchtcrhaltnng des Friedens am Herzen liege, cs ist deshalb gar kein Grund vorhanden, uns wegen der Eventualitäten zu beunruhigen, die an die Wahl des Generals geknüpft werden: wir können mit einem boulangistiichen Frankreich ebenso gut in Ein tracht lebe», wie mit einem bviiapartistischcn. Es ist z»»i mindesten fraglich, daß General Bonlanger, falls derselbe zu gesteigertem Ein fluß kommen sollte, denselben in antidciitschem Sinne vcrwcrthen werde, und cs ist im Gegenthcil in hohem Grade wahrscheinlich, daß dcrGcneral vorsichtig vermeiden werde, eine errungene hohe Stellung den unberechenbaren Zufällen eines Krieges prciszngeben. Wir sind nach allem, was General Boulangcr in jüngster Zeit gesagt und ge schrieben hat,berechtigt ihn sür friedfertig zu halten,nnd wenn wir dasür auch keine sichere Bürgschaft für die Änfrechterhaltnug des Friedens er blicken, so sind wir »ns doch ganz llar darüber, daß es bei der augen blicklich in Frankreich herrschenden Stimmung überhaupt keine franzö sische. Negierung giebt oder geben kann, die uns in dieser Beziehung vollständig beruhigen würde. Aber General Boulangcr beunruhigt »ns sicher nicht mehr als ein Anderer, und wen» er hält, was er versprochen hat, wenn es ihm gelingt, Ruhe »nd Ordnung in Frank reich herznstcllcn, so werden seine Erfolge uns und ganz Europa willkommen sein." Das ist ein gegen die gegenwärtige französische Regierung gerichteter Hieb, wie er schärfer gar nicht gedacht werden kan». Der wird Leben in Paris geben. — Die Thätigkcit der deutschen Jnstructoren in Konstantinopcl scheint sich über lang oder kurz ihrem Ende zuneigcn zu wollen. Wenn auch jetzt noch eine Verlängerung der Contracte zu Stande kommt, werden die deutschen Herren es schließlich doch vorziehen, ein Land zu verlassen, Ivo sie sich zwar abmiihe», aber doch keinen wirklichen Erfolg erzielen. Sie haben emsig und mit großer Tüch tigkeit zu wirke» gesucht; sie haben statistische Aufzeichnungen ge macht, Denkschriften verfaßt, Reglements entworfen, zumeist wandertcn dieselben zu den türkischen Acten, ein Weg, der dem in den Papicr- korb glcichkommt. Der türkische Schlendrian, die Abneigung gegen alle Reformen scheint partout nicht zu beseitigen zu sein. Es ist heule noch ebenso, wie vor 50 Jahre», als der damalige Frhr. von Mollke vergebens den Türken gute Kathschlägc zn geben versuchte. — Zn der aus Zanzibar gemcldcle» Ucbcrgabc der Küste an die deutsche vstafrckanische Gesellschaft seitens des Sultans wird noch folgendes Genauere berichtet: Die Gesellschaft übt die Hoheitsrechle in dem Küstenstreifsn im Namen des Sultans von Zanzibar ans. Es handelt sich vornehmlich um die nachfolgenden Plätze: Wanga, Tanga, Pangani, Sacidani, Bagamoho, Dar-cs-Salaai», Onilva Kivindje, Qnilva Kisivani, Kisvcre, Mtschingabai, Sind! und Mikin- da»y. Zwischen diesen größeren Plätzen, von denen siebe» gute Häsen, die übrigen immerhin benutzbare Rheden dnrstelle», liegen eine Reihe von kleineren Orlschaften, so daß cs sich im Ganzen um 42 Zoll- stationcn handeln würde, von denen indessen die meisten Prohibitiv- stationen sind. Von den cmfgeführtcn Orten besitzen einige bereits einen recht lebhaften Verkehr, so Bagamoho, welches zn gewisse» Zeiten des Jahres an 25,000 Einwohner zählt. Bagamoho ist der Ausgangspunkt der große» Karawanenstraßen nach den ccntralafrika- »ischen Scec». Der in Frage kommende Küstcnstrcifcn zeichnet sich an den meisten Punkten durch eine außerordentliche Fruchtbarkeit ans. Dort gedeihen alle Arten von Hülscnfrüchle», Baumwolle »nd Tabak schon heute und sicherlich wird man auch alle anderen Arten von tropische» Cultnren mit Erfolg dort betreiben könne». An die Ge sellschaft geht außer der Zollerhebung die Verwaltung und Justiz, auch alles öffentliche Land, die Forsten, die öffentlichen Gebäude, Befestigungen, Garnisonen, sowie das Bergwcrksrccht über. Italien. Vor acht Tagen wurde die diplomatische Note ver öffentlicht, welche die italienische Regierung a» Frankreich über den Massanahstreit richtete. Der Ton des Schriftstückes war ein sehr scharfer. Es wurde mit unverhüllter Denllichkeit nnsgeiprochen, daß Frankreich den ganzen Streit „nr angczcttelt habe, um sich an Italic» zn reiben, daß man in Paris geradezu darauf ausgehe, die Be ziehungen zwischen beiden Staaken zu verschlechtern Zum Schluß wurde dann aber gesagt, trotz aller dieser Jutriguen und Zcttclcicn betrachte die italienische Negierung den Zwischenfall nunmehr als abgeschlossen. Darauf folgte die Reise des Ministerpräsidenten Crispi nach Friedrichsrnhc, wo jedenfalls das Vcrhältniß zwischen Frankreich und Italien eingehend erörtert worden ist. Dieser Besuch lag den Franzosen schwer im Magen, dem Minister des Auswärtigen Goblet nicht minder die römische Note, »nd so setzte er sich hin und faßte ein neues Schriftstück ab, wodurch die Sache nun erst recht breitgetretcn wird. Herr Goblet wirst seinem italienischen Kollegen vor, daß dieser das Karnickel sei, welches den ganzen Streit ange- fangc», während Frankreich die Sache in Friede und Freundschaft haben kosen wollen, „nd wiederholt die früheren Behnnptnnge», Italien habe kein Recht znr Anuektio» von Massaiiah, mithin auch kein Recht, die früher bestandenen Verträge ttmznstoßc». Die Pforte werde entscheiden! So ist denn der Streit von Neuem cingcfädelt, und Herr Crispi wird sicher die Antwort nicht schuldig bleibe». Ob die Türke! für oder wider Italien sich ausspricht, ist natürlich glcich- giltig. Ebensowenig wie Frankreich und England ans die türkische» Proteste gegen die Okkupation von Tunis und Egypten gehört haben, würde Italien einen Einspruch gegen die Annettivn vo» Massauah und Umgebung beachten. So nnvorthcilhaft diese mehr als zweifel hafte Acqnisition für Italien ist, die römische Regierung glaubt es ihrer Ehre schuldig zu sein, daran festzuhallen, und deshalb wird sie auch daran fcsthaltcn. Frankreich. Aus Paris wird bestätigt, daß die ans acht Schiffen bestehende Reservcpanzcrflotte Plötzlich in Tvulon ausgerüstet ttl. eka-.r.nn in.inecen SW.Ucrl e. picre, -.! un'-re au ner Bee-.dig- sa;-- >ncr „ 5 Ael-'ü- . iisisi- Viktorine. Bon Karl Ncumann-Strela. Fortsetzung. Nachdruck Verbote». W aoer wollte sie beginnen? Im Gefühl der Ohnmacht einer ^-.npne gegenüber sank ihr tief das Haupt auf die Brust. Käme doch der Tod, der willkommene Freund, und brächte ihr das Ende, die Erlösung! Wäre sie doch bei den Tobten geblieben und nicht durch Ihn gerettet worden! Dan» hätte man den Sarg ge schlossen, ihn in den Hinteren Raum gebracht und neben den Sarg des Bruders gestellt. Zwar wäre cs entsetzlich gewesen, »venu sie im geschlossenen Sarge aus dem Starrkrampf erwacht, wenn erst dann der Bann von ihr gewichen wäre; aber die kurze Minute des Bewußtseins: lebendig begraben! war doch verschwindend gegen diese Stunden, diese Folterqualen und dieses Bewußtsein: vcrrathcn von ihm, geopfert um einer Dirne willen! ... Ja, der Tod, dem er sie entrissen, jetzt sehnte sic ihn herbei. Nacht war es um sie geworden, seit ihr Gram und Verzweiflung und Eifersucht das Herz zerrissen; und in die ewige Nacht hinüberzugchen, deren Schwingen schon ein mal sic nmranschten, dort einzugchen, wo nur der Friede herrschte, war Verlangen und Sehnsucht, war ein Gefühl des Labsals für sie. Und Er? Und Er? Würde sie im Jenseits den Friede» finden, wenn er znrückblicbe in den Fesseln der Tänzerin? Würde das Weib nicht wieder über die Jungfrau lachen, die der Verraih an ihrer Liebe in de» Tod getrieben, und würde er nicht cinstimmen in ihre Lustigkeit? Was wäre die gerechte Strafe für dieses Weib? Wen» sie den verlöre, den sie in ihre Fesseln geschlagen! Ja, auch er in de» Tvd, auch er von ewiger Nacht umfangen: dann erst würde sie im Jenseits den Frieden finden, den er auf Erden ihr geraubt! Armes Mädchen! Wohin hatte der Gram sie geführt! Das dachte sie ohne Unterlaß, so sann und grübelte sie rastlos weiter; gleich einem endlosen Faden spann sie die schwarzen Gedanke» sor> und fort. War ihr im Schmerz und Zorn die Klarheit entschwunden? Hatte ihr der Haß das Denken verwirrt ? War ihr der Irrsinn genaht und preßte sich ihr, eine Beute seiner Macht, auf Stirne und Schläfen? . . . Es wurde Morgen und Mittag und Abend, und den Fade» ihrer schwarzen Gedanken spann Viktoriiie fort und fort. Dem Wirthe mußte cs anssalle», daß die Fremde nicht mehr aus dem Zimmer kam. Erst schickte er seine Fra» zn ihr hinein, die über d>e Blässe ihres Gesichtes »nd das unheimliche Feuer ihrer Augen ans das Höchste erschrak. Das Fräulein versicherte, sie sei »ich, krank; also ivvht etwas Liebeskummer vder dergleichen, meinte der Wirth, als seine Frau ünii diese Nachricht brachte. Von Neugierde und Thcilnahme erfüllt, begab dann er sich zu der Dame, die er mit pikanten Gcschichtchcn zn unterhalten und zn zerstreuen hoffte. Von einem dreifachen Morde, der jüngst in der Nachbarschaft passirt, kam seine gelenkige Zunge auf den Kettenhund, der den ältesten Knaben der Baronin von Monbeliard ins Bein gebissen und in Folge dessen von dem Lcibjägcr der Gnädigsten erschossen sei. Dan» ein ziemlicher Sprung zum Dorfe hinaus, wo eine vollkommene Mißgeburt zn sehen, halb ein Pferd und halb ein Schwein, mit einem Kopfe wie bei einem Huhn und einem Schweife wie beim Krokodil. Gesehen hätte er die Bestie zwar nicht, allein der eine Knecht des einen Großbauern in jenem Dorfe wäre stets bereit, einem Jede» dieses Wundervieh zn schildern und das Sakrament darauf zn nehmen. Endlich wieder in gleichem Sprunge vom Lande znr Stadt zurück. Ob das Fräulein denn schon vernommen, daß jetzt ein wclibcrühmlcr Mann in Slraßburg verweile? Vor Kurzem sei der Graf Caglivstro hier »»gekommen, der uralte und immer junge Herr, der sich Tank seiner Wunder und seiner Schönheit-)- Wasser ewiges Leben und ewige Jugend verschaffen könnte. Er hätte gewiß und Wahrhaftig schon gelebt, als die Inden das rothe Meer durchzogen und der Heiland am Kreuze gelitten hätte. Das wäre doch sicher schon etwas lange her, und dies machte dem Grafen so leicht kein Zweiter nach. Seine Gattin befände sich bei ihm, eine wunder bar schöne Fra», in die sich alle Gaffer verliebten, und mit Allen meinte sic es herzlich gut. Denn stolz war weder sic noch ihr Ge mahl, der Gold fabriciren, Geister beschwören und jedwede Kranlheit heile» könnte. Wer lahm zu ihm käme, ginge ohne Krücken von dannen, wer das Zipperlein hätte, den befreie er im Umsehen davon, und wer vom Teufel besessen, dem legte er nur die Hand ans den Leib und triebe ihm den Sata nas aus. Mit einem Worlc ein Herr, der Alles könnte und Alles verstände. Keine einzige Sprache wäre ihm unbekannt, denn zum Exempel spräche er griechisch und porln- giesisch, englisch und spanisch, mexikanisch und hindvstanisch, chinesisch und — und „Ei zum Donnerwetter!" schrie und plapperte die gelenkige Zunge Plötzlich zur Thüre hi». „Kann denn ein ge quälter Wirth nicht mal fünf Minute» seine Ruhe haben? Ja doch, ich komme ja gleich, Tn brauchst draußen gar nicht so laut nach mir zu schreie»! Wo blieben wir also stehe», bcrchric Made moiselle? Halt, richtig, bei der immcnse» Klugheit des Grasen. Daß aber ein solcher Herr auch seine Feinde hat, läßt sich leider »ich: verschweigen. Da wollen seine Gegner von ihn: behaupten, daß er Gist in seinem Kabinct verwahre, wie ein Stndirter seine Büche, oder eine Hansfran im Keller ihren Kohl. Gifte, Mademoiselle, so schreckliche, so furchtbare, so gräßliche Gifte — kurz und gut Gift — Ja zum Donnerwetter! Ich komme ja schon! Dieses mörde rische Schreien auf dem Flur! Jesus Maria, ist solch ein Wirth ei» geplagtes Geschöpf! Na adieu, wcrthe Dame, sehen Sic bald wieder munterer aus, und nächstens mehr von diesen grausamen Giften!" Hinter dem Schwätzer schloß sich die Thür. Als kälte sich Plötzlich ein Vorhang erhoben, vor dem Vikiorine bisher gestanden, und ein Blitz hätte das Dunkel erhellt, in dem sic sich befunden: so mit einem Male kam cs über sie, und vor sich sah sie den Weg, der sie zum Frieden führte und zur Erlösung. Die Blässe ihres Gesichtes wich einem Strahl der Freude; wie ein Leuchten, wie Jubel und Triumph drang es ans ihren dingen hervor. Unglück liches Mädchen, in deren Herz sich der Stachel des Grames und der Eiiersncht immer tiefer bohrte, über die der Irrsinn immer größere Macht gewann! Die ewige Nacht sür sie und ihn! Dank dem Gifte war nur ihr und durch sie auch ihm der Tod gewiß! Den Weg hatte ihr der Wirth gewiesen; nun sollte ihr Caglivstro die Brücke nach dem Jenseits bauen. Würde er sich weigern, ihr das Gist zu reichen? Nur ein einziges Wort von ihrem Vater, den der Graf be trogen, und der große Lügner »nd Betrüger war dann ja ihrer Macht. Ta war er vor wenigen Jahren auch in ihrer Heimath ge wesen und hatte wie in Straßbnrg die Menge hintcrgange». Durch allerlei Knuste und Kuren, die im Grunde nie gelungen, hatte er die Leute »m ihr Geld gebracht; und seine schöne Gattin hatte sich in die Hänicr der Bürger cingeschlichcn, so manchen Man» bclhürt und das Glück der Familien untergraben. Auch Herrn la Fonrcade zn nmgarnen, war Wohl ihre Absicht gewesen, doch hatte sie dieselbe nicht erreicht. Dann war auch ihr Gatte dem Kaufherrn genaht, und leider mit Erfolg. Im Moment einer größere» Summe be dürftig, da nach seiner Bchanplnng das Pariser Wechslcrhans de» Kreditbrief verspätet an ihn abgcschickt, wußte er Herrn la Fourrade so lange in den Oqren zn liegen, bis dieser ihm glaubte und die Snmmc übergab. Doch leider war der edle Okras schon am nächsten Morgen sammt dem Geldc vernhwnndcn, und nie wieder hörte der Uanfhcrr von ihn!. Ter Verlust wurde verschmerzt, durch ein glück liches Unternehmen ersetzt. Wie aber, sagte sich Biktorine, wenn jetzt die Tochter des Betrogenen vor den Betrüger tritt und zn ihm spricht: Weigerst Du Tich, mir ein Gift zn reichen, so erzähle ich den Thoren und Verblendeten, die vor Deiner Thüre stehe», was Tn meinem Vater augelqa». Gicbst Du mir aber den Trank, so sichere ich Dir Schweigen zn, und Tein Ansehen in dieser Stadt . >rd nicht durch mich gefährdet, Tn kannst in SIraßdurg Deine Limste weiter treiben .... Würde er sieh weigern? Er war in ihrer Macht und sollte ihr jene Brücke dancn, ans der sic Philibcrt mit sich nehmen wollte in die ewige Nacht. Fortsetzung folgt. Hierzu „Lustiges Bilderbuch" für die Separat-Abonncuten dessclbeu.
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